«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 22.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 55

 

eine Überprüfung von 100 000 Meldungen gar nicht so einfach ist.

 

Wir werden ja immer, und wahrscheinlich Sie genauso, mit Beschwerden, zum Beispiel von Wohnungseigentümern konfrontiert, in denen diese uns erzählen, dass sie auf Grund irgendeiner behördlichen Maßnahme - sagen wir, einer Exekution - von der Existenz eines angeblichen Mitbewohners erfahren haben. Die wissen gar nichts davon, das ist gar nicht selten, kommt oft genug vor und bringt den betroffenen Personenkreis, nämlich die Leute, die hier als angebliche Vermieter fungieren, in echte Bedrängnis.

 

Ich glaube, dass hier, unabhängig vom Wiener Wahlrecht, dringend Abhilfe zu schaffen ist, und dass durch die Überprüfung der Meldeabgabe in irgendeiner Form gewährleistet ist, dass das auch eine echte Meldung ist, dass die Unterschriften stimmen, und dass auch sonst die Gegebenheiten richtig sind.

 

Daher können wir der Einführung einer Briefwahl in Wien nicht zustimmen, so wie wir auch der Meinung sind, dass die Nebenwohnsitze hier in Wien nicht Gegenstand des Wiener Wahlrechtes sein können. Entscheidend aus unserer Sicht wäre nämlich ganz was anderes: Es wäre die forcierte Stärkung direkt demokratischer Einrichtungen herbeizuführen, aber nicht, wie heute zum Beispiel, bei der Volksbefragung und Volksabstimmung, durch Einführung der Briefwahl, sondern meine Damen und Herren, durch Abbau all jener massiven Hürden, die in Wien solchen Bürgerbegehren entgegenstehen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau Abg Vassilakou. Ich erteile es ihr.

 

Abg Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren!

 

Lassen Sie mich aus Anlass des heutigen Geschäftsstückes eigentlich woanders beginnen, und zwar im ureigensten Bereich, geradezu im Kernstück der Wiener Gemeindewahlordnung. Wir haben eine Wahlordnung, die mehrfach von den Parteien der Opposition kritisiert worden ist, wir haben eine Wahlordnung, an der unser heutiger Landtagspräsident und damaliger Innenstadtrat maßgeblich beteiligt war, deswegen spricht man ja heute noch, zumindest in Oppositionskreisen, immer vom Hatzl´schen Wahlrecht. Ich hoffe, dass Sie mir diese kleine Respektlosigkeit verzeihen. Nichtsdestotrotz also ist ja dieses Hatzl’sche Wahlrecht, das berühmte, auch jenes Meisterwerk, auf dem die absolute Mehrheit der Wiener SPÖ bis heute beruht.

 

Was bewirkt dieses Wahlrecht? Dieses Wahlrecht bewirkt, dass Mandate in Wien unterschiedlich teuer sind. Und zwar dort, wo die SPÖ stark ist, sind sie besonders günstig und dort, wo sie im Aufteilungsverfahren sozusagen Schwächen haben könnte, sind sie besonders teuer. Also, ich bringe Ihnen ein konkretes Beispiel aus der Wahl 2005: Ein Grundmandat kostete - unter Anführungszeichen - 6 000 Stimmen, wohingegen ein Restmandat 9 000 Stimmen kostete. Ein Grundmandat in Favoriten, kann ich mich erinnern, war um 6 000 Stimmen zu haben. So kommt es auch, dass die Wiener SPÖ, die traditionell besonders viele Grundmandate erringen kann, sehr leicht sehr viele Grundmandate hat, und dann im zweiten Verfahren sozusagen, wo eben die Restmandate aufgeteilt werden, kommt es dann einfach dazu, dass sie sehr viel teurer werden, und genau diese Mandate sind es übrigens, die vor allem für die kleineren Oppositionsparteien von Bedeutung sein könnten.

 

Meine Damen und Herren, wir haben damals bei der Einführung mehrfach kritisiert und immer wieder vor jeder Wahl, also in den vergangenen zwei Wahlgängen und heute wieder aus diesem Anlass, dass dieses Wahlrecht in Wahrheit nicht korrekt ist, dass dieses Wahlrecht durchaus stark verbesserungswürdig ist, dass es durchaus Sinn machen würde, hier eine Änderung herbeizuführen, die bewirken würde, dass eben Mandate gleich teuer oder auch gleich günstig sind, wie man es nimmt, das heißt, dass es die Möglichkeit gibt, sowohl Grundmandate als auch Restmandate mehr oder weniger mit einer ausgeglichenen Stimmenanzahl zu verteilen.

 

Und dieser Antrag - ich gehe davon aus, er wird der lieben Wiener SPÖ bekannt sein, weil er bereits mehrfach von den Oppositionsparteien eingebracht worden ist - wird aus Anlass des heutigen Geschäftsstückes erneut eingebracht. Es ist ein Antrag von mir und dem Klubobmann der Wiener ÖVP, Dr Matthias Tschirf, und wir fordern Sie einmal mehr auf, die Wiener Wahlordnung, die dringend reformbedürftig ist, in Richtung eines echten proportionalen Wahlrechtes zu reformieren.

 

Wir fordern Sie auf, sich vom Hatzl´schen Wahlrecht zu verabschieden, wir fordern Sie auf, für faire Verhältnisse zu sorgen, und zwar für alle Parteien, die in diesem Wiener Landtag vertreten sind, und wir fordern Sie auf, Ihre absolute Mehrheit nicht weiterhin auf - wenn Sie so möchten – kluge, geschickte Tricks in der Wahlordnung zu stützen, sondern ganz einfach mit einem fairen Wahlrecht anzutreten, und wenn Sie es dann schaffen, tatsächlich eine absolute Mehrheit erneut zu erringen, dann sagen wir alle, Hut ab.

 

Aber wir gehen davon aus, dass dann, wenn diese Wahlordnung reformiert werden würde, ganz einfach mit 49 Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit der Mandate nicht mehr möglich sein wird. (Beifall bei den GRÜNEN und bei der ÖVP.)

 

So, und jetzt lassen Sie mich kurz, sozusagen nachdem wir dieses grundsätzliche Demokratiedefizit, das wir in Wien haben und das nach wie vor besteht, aufgezeigt haben und wo Sie heute eine Chance hätten, das vielleicht zu beseitigen, lassen Sie mich also, nichtsdestotrotz, auf das eigentliche Geschäftsstück zu sprechen kommen, das uns heute zur Beschlussfassung vorliegt.

 

Das ist ein für die Grünen durchaus schwieriges Geschäftsstück, denn einmal mehr kann man hier feststellen, dass es sehr schwer sein kann, seine Zustimmung einem ganzen Maßnahmenpaket zu erteilen, das einerseits ein paar sehr gute Maßnahmen enthält - manchmal auch Maßnahmen, die man jahrelang bereits gefordert hat -, und dann doch auch ein paar sehr

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular