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Landtag, 20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 56

 

Meinung haben zu können und sich nicht von den Eltern in der politischen Wahl vertreten lassen zu müssen.

 

Jetzt aber ganz kurz zu den Punkten, die die Stadt Wien betroffen haben. Es wurde von Kollegin Jerusalem der Vorwurf erhoben, dass die Stadt Wien keine oder zu wenige Angebote für Jugendliche stelle. Die Frage, wie man zu dieser Sichtweise kommen kann, fasziniert mich geradezu. Ich darf dazu nur kurz ein paar Fragen an Sie stellen: Zeigen Sie mir international eine Stadt, die über 25 Millionen EUR im außerschulischen Bereich für die Jugend ausgibt! Zeigen Sie mir international eine Stadt mit einer flächendeckenden Versorgung mit Jugendzentren! Zeigen Sie mir eine Stadt mit einem flächendeckenden Angebot an mobiler, aufsuchender Streetwork-Arbeit! Zeigen Sie mir eine Stadt mit Hunderten von Angeboten pro Jahr für Kinder und Jugendliche, nämlich gratis und niederschwellig, so wie es zum Beispiel der Verein wienXtra anbietet! - Sie werden keine Stadt finden, weil es international keine Stadt gibt, die mehr für Kinder und Jugend tut und mehr für Kinder und Jugend ausgibt als Wien. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Die Verwechslung von Zuständigkeiten des Bundes mit solchen Wiens haben wir hier sehr oft als Thema, heute war dies wieder im Schulbereich der Fall. Das kommt gebetsmühlenartig immer wieder - auch wenn es sich dabei um keine Glaubensfrage handelt, sondern einige Dinge stehen diesbezüglich in der Verfassung, und wir Politiker sollten diese ernst nehmen. Auch in Bezug auf die Täterkampagne steht sogar im Bericht, dass sich da das BMSG und das Bundesministerium für Justiz herausgehalten haben - meines Wissen keine Behörden oder Stellen oder Teile der Stadt Wien.

 

Was überbleibt, ist Folgendes: Der Bund blockiert, wehrt sich in vielen Fragen, wo es um Kinder und Jugendliche und um deren Zukunft geht. Die Stadt Wien nimmt deren Anliegen ernst. Deswegen auch der große Dank an die Kinder- und Jugendanwaltschaft, die da ein starker Partner ist. Ich habe oft den Eindruck, auch was dieses Vertretertum betrifft: Es gibt immer Leute, die wissen ganz genau, was Jugendliche wollen. Wenn es irgendwie leicht ginge, könnte man ja Kinder und Jugendliche sogar abschaffen, wenn ohnedies alle anderen alles erledigen können.

 

Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass es gut wäre - auch für Politikerinnen und Politiker - anzuerkennen, dass Kinder und Jugendliche, junge Menschen, die Zukunft einer Gesellschaft sind und dass sich eine Gesellschaft nur weiterentwickeln kann, wenn man Kindern und Jugendlichen auch Chancen gibt und sie ernst nimmt - eine Wahrheit, die die Politik in Wien trägt und von der ich hoffe, dass sie in Zukunft auch von allen politischen Kräften in diesem Land geteilt werden kann. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Sommer-Smolik. Ich erteile es ihr.

 

Abg Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dank an die Kinder- und Jugendanwaltschaft von Seiten der GRÜNEN wurde hier schon von Kollegin Jerusalem zum Ausdruck gebracht. Auch von meiner Seite möchte ich Dank aussprechen für den Bericht und für die sehr engagierte Arbeit, die die Kinder- und Jugendanwaltschaft verrichtet.

 

Es wäre natürlich jetzt verlockend, nach Jürgen Wutzlhofers "Wien ist so super!"-Rede auf seine Ausführungen einzugehen. Ich möchte mir das aber ersparen und nur sagen, dass ich manche seiner Sichtweisen nicht teile.

 

Ich möchte aber schon noch etwas zum Thema Schulmediation im 9. Bezirk sagen: Es stimmt schon, dass das jetzt im 9. Bezirk von der roten Bezirksvorstehung umgesetzt wird, ja. Es ist aber auch die Aufgabe einer Bezirksvorstehung, wenn ein Antrag, der ein grüner Antrag war, in der Bezirksvorstehung angenommen oder beschlossen wird, diesen dann auch umzusetzen. (Abg Mag Sonja Wehsely: ... ist beschlossen worden! – Abg Jürgen Wutzlhofer: Habt ihr die absolute Mehrheit im 9.?) In diesem Antrag ist das alles drinnen gestanden: Dass das finanziert wird und gemacht wird. Und dann muss man das als Bezirksvorstehung auch umsetzen, denn sonst, muss ich sagen, ist die Bezirksvorstehung fehl am Platz. (Abg Barbara Novak: Habt ihr die Absolute?)

 

Ich möchte nun aber zu einem Kapitel kommen, das im Bericht doch relativ ausführlich behandelt wird, nämlich zu den Jugendkonten. Dieser Punkt ist eigentlich von meinen VorrednerInnen nicht behandelt worden, was mich wundert, denn er zeigt ein Problem auf, das sich in dieser Stadt, aber auch in diesem Land sehr massiv zu manifestieren beginnt, nämlich dass immer mehr Jugendliche in die Schuldenfalle tappen. Und einen Grund dafür orte ich schon auch bei den Jugendkonten und bei dem Umstand, dass es sehr leicht möglich ist, zu diesen Jugendkonten zu kommen.

 

Es ist in diesem Bericht ja auch sehr ausführlich erklärt, wie die einzelnen Institute damit umgehen. Es wurde von der Schuldnerberatung eine stichprobenartige Umfrage unter 3 000 SchülerInnen zwischen 16 und 18 Jahren durchgeführt, und diese zeigt sehr deutlich auf, wie von den Bankinstituten, den Geldinstituten diesbezüglich umgegangen wird, wie leicht es gemacht wird, an Geld zu kommen. So haben von diesen 3 000 SchülerInnen zwei Drittel ein Konto, ohne ein fixes Einkommen zu haben; und von diesen zwei Dritteln können die Hälfte das Konto auch überziehen.

 

Wenn ich mir anschaue, was mit diesen Jugendlichen passiert, die dann plötzlich so ohne Rahmen ihr Konto überzogen haben - und auch, ohne wirklich darauf hingewiesen worden zu sein, was es heißt, sein Konto zu überziehen -, mit welchen Folgebelastungen sie sich damit vielleicht auch die Zukunft verbauen, dann meine ich schon, dass das ein Bereich ist, den man sich auch von der Seite der Politik einmal genauer anschauen muss und wo man sich fragen muss, ob nicht hier massiv die Zusammenarbeit mit der SchuldnerInnenberatung gesucht werden muss, um nicht einer Verschuldung von jungen Menschen Vorschub zu leisten, solange sich das noch halbwegs in einem Rahmen hält, wo das möglich ist.

 

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