«  1  »

 

Landtag, 3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 102 von 130

 

um hier kurz zu einem anderen Vertrag zu sprechen, also nicht zu jenem Vertrag, der abgeschlossen wird, wenn ein so genannter Ausländer gedenkt, in diesem Land Grund zu erwerben. Ich bitte Sie, auch darüber nachzudenken, dass Grunderwerb auch ein Zeichen von Integration und von Integrationswilligkeit ist. Denn es bedeutet, dass jemand sich so sehr diesem Land zugehörig fühlt, dass er sogar beschlossen hat, hier in Österreich zu investieren und dies damit zum Ausdruck zu bringen.

 

Aber ich möchte, wie gesagt, nicht über diesen Vertrag sprechen, sondern ich möchte aus aktuellem Anlass über einen anderen Vertrag sprechen, jenen Vertrag, der seit vorgestern in aller Munde ist: den Integrationsvertrag. Dazu muss ich sagen, meine Damen und Herren, dass es viele Verträge gibt. Es gibt gute Verträge, es gibt schlechte Verträge - aber dieser Vertrag, den uns hier die Bundesregierung vorgelegt hat, ist wirklich nur noch als kondensierter Schwachsinn zu werten. (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 

Das ist ein Vertrag, den niemand allen Ernstes eingehen kann und den niemand allen Ernstes eingehen können will. Ich spreche hier bis zu einem gewissen Grad fast als Betroffene. Aus bestimmter persönlicher Betroffenheit habe ich auch Befürchtungen. Denn bis vor ein paar Wochen hat es geheißen, es soll einen Integrationsvertrag geben, der gut sein soll, der aber ohnehin nur gelten wird für Schlüsselkräfte und für Leute, die neu zuziehen - und das ist eh gut für sie.

 

Dann hat es geheißen: für sie und für ihre Familienangehörigen. Daraufhin ist - bis vor ein paar Tagen noch! - versichert worden: Für diejenigen, die da sind, soll der Vertrag nicht gelten. Auf einmal hat es geheißen: Nein, für die Arbeitslosen, die allesamt irgendwie arbeitsunwillig sind, soll er gelten. Plötzlich heißt es jetzt seit zwei, drei Tagen: Nein, er gilt auch für diejenigen, die da sind, sofern sie arbeitslos sind, also sofern sie nicht aufenthaltsverfestigt sind oder sofern sie noch nicht über eine unbefristete Aufenthaltsbe-willigung, also Niederlassungsbewilligung verfügen.

 

Da denke ich mir: Na ja, wenn das so weitergeht - es dauert wahrscheinlich noch ein paar Wochen und Monate, bis dieser Vertrag vom Nationalrat in Geset-zesform beschlossen wird -, wer sagt mir, dass es nicht vielleicht möglich ist, dass jemand sagt: Moment einmal, was ist mit den zu Unrecht Eingebürgerten, was ist mit den zu früh Eingebürgerten?

 

Der Kärntner Landeshauptmann hat das ja schon längst entlarvt, nicht wahr, dass hier lauter Menschen zu Unrecht oder zu früh eingebürgert werden. Also warum nicht denen auch noch einen Integrationsvertrag aufpappen und sie auch noch zu Kursen verdonnern? - Also das sage ich Ihnen: Ich gehe zu keinem Kurs, ganz sicherlich nicht!

 

Aber es soll ja nicht nur mich betreffen - irgendwie ist es wirklich ein Wahnsinn, diese Art und Weise, mit Menschen in diesem Land umzugehen. Wer weiß, wenn sie damit so weitermachen, finden sie vielleicht auch noch ein paar Österreicher - so echte Österreicher -, die ebenfalls nicht gut Deutsch sprechen, und vielleicht muss man ihnen auch noch einen Deutschkurs vorschreiben, sonst verlieren sie die "Arbeitslose" oder müssen auswandern oder weiß ich was tun. In diesem Land ist leider inzwischen alles denkbar.

 

Wie auch immer - dieser Vertrag ist menschenverachtend, er ist kontraproduktiv und er ist für Österreich schädlich. Das möchte ich kurz anhand von drei Argumenten darlegen.

 

Zunächst einmal: Menschen wegen mangelnder Deutschkenntnisse abzuschieben, verstößt nicht nur gegen die Menschenrechtskonvention, es verstößt auch klarerweise gegen die österreichische Verfassung. Das heißt, es ist verfassungswidrig, und da es verfassungswidrig ist, ist es auch nicht praktikabel. Denn der allererste Mensch, der deswegen ausgewiesen werden soll - was tut er? - Das ist vollkommen klar: Er klagt und geht bis zum Verfassungsgerichtshof - im Übrigen, das möchte ich auch schon ankündigen, mit Unterstützung der GRÜNEN, ganz sicher mit finanzieller Unterstützung der GRÜNEN.

 

Er klagt, er kommt vor den Verfassungsgerichtshof, und er bekommt dort Recht. Also hat man hier vor, etwas zu beschließen, von dem man in Wirklichkeit jetzt schon weiß - und das müssen die Damen und Herren von der Bundesregierung doch wissen! -, dass man es nie wird umsetzen können.

 

Jetzt muss man sich fragen: Wozu beschließt man dann etwas, von dem man weiß, dass man es nicht einhalten und nicht umsetzen kann? - Da muss ich sagen, die einzige Antwort, die mir logischerweise einfällt, ist: um Eindruck zu schinden. Das ist billige Eindruckschinderei, und das, bitte, auf Kosten von Betroffenen, auf Kosten einer ganz großen Bevölkerungsgruppe, die jetzt erniedrigt werden soll, die jetzt als integrationsunwillig abgestempelt werden soll und deren Mitglieder jetzt als unmündige Kinder behandelt werden sollen.

 

Das alles geschieht nur, um einer bestimmten Klientel - und das sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, diese Klientel, die das will, schrumpft von Tag zu Tag -, um dieser schrumpfenden Klientel zu signalisieren: Wir tun ja etwas gegen die Ausländer, ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, wir bleiben bei unserem Wort, das haben wir immer versprochen, das können wir! Wir packen das eigentlich nicht so gut in der Sozialpolitik, mein Gott, wir packen das in der Bundespolitik eigentlich überhaupt nicht gut in den letzten Monaten, wir haben immer mehr Schwierigkeiten, die Wähler laufen uns davon. Aber in einem Bereich sind wir kompetent: Ausländerhetze! Also hetzen wir eben, machen wir Gesetze, und signalisieren wir, wie gesagt, dass wir bei unserem Wort bleiben.

 

Dies dann Integrationsvertrag zu nennen, ist derart zynisch - dann nennen Sie es bitte irgendwie anders, aber nehmen Sie das Wort "Integration" nicht in den Mund!

 

Zweitens. Diese Vorgangsweise ist für die Demo

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular