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Landtag, 3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 130

 

ten Maßnahmen, die teils schon gesetzt sind oder teils in Finanzierung oder Ausführung stehen, sicher helfen werden, die Sicherheit in den Tunneln zu verbessern.

 

Meine Damen und Herren! Im Zuge dieser gesamten Tunneldiskussion ist allerdings etwas ein bisschen in Vergessenheit geraten und ich möchte das noch einmal aufzeigen. Wenn Sie in einem Tunnel sind, dann gibt es an sich größtenteils zwei Möglichkeiten für Unfälle: Entweder Sie fahren mit jemandem frontal zusammen oder Sie haben einen Auffahrunfall. Jetzt denken Sie einmal darüber nach! Es gäbe die Möglichkeit, diese zwei Unfallursachen, die fast ausschließlich alle Unfälle herbeiführen, zumindest zu reduzieren, indem ich darüber nachdenke, wie viele Röhren ein Tunnel überhaupt haben soll. Eine Fahrrichtung, zwei Fahrtrichtungen? - Sie werden mir zugestehen, dass, wenn es zwei Tunnel mit verschiedenen Fahrrichtungen gibt, zumindest ein Unfallrisiko, nämlich das des Frontalzusammenstoßes, minimiert, wenn nicht auf Null gesenkt werden kann.

 

Das ist schlüssig, aber in der gesamten Diskussion ist leider nur über die Autotunnel diskutiert geworden, jedoch überhaupt nicht über andere Tunnel. Natürlich gibt es Straßentunnel, gar keine Frage, es gibt U-Bahn-Tunnel, es gibt aber auch Eisenbahntunnel.

 

Meine Damen und Herren! Der Herr Landeshauptmann hat gerade in der Beantwortung der Frage Nummer 8 gesagt - ich habe ihm aufmerksam zugehört -, am 31. August gab es keine Sicherheitsmängel, die 400 Leute sind Gott sei Dank alle in die nächste Station gekommen, es hat an sich dann auch keine Probleme, keine Panik gegeben. Aber ich kann Ihnen, Herr Landeshauptmann, und auch all jenen, die den Bericht oder die Antwort mit verfasst haben, eines sagen: Das hat seinen Grund auch in der Tatsache - ich fahre dort jeden Tag mit der U-Bahn -, dass auf diesem Stück glücklicherweise kein Gegenverkehr ist. Ich möchte nicht darüber nachdenken, was passieren könnte, wenn diese 400 Personen auf der Seite auf einem 60 Zentimeter breiten Gehsteig hinauseilen und unglücklicherweise unter Umständen dort gerade ein Gegenzug der U-Bahn fährt. Ich bin mir nicht sicher, ob der sicherheitshalber noch gebremst hätte werden können. Ich bin sicher, dass einer der maßgeblichen Gründe, dass hier zum Glück wirklich nichts passiert ist, auch darin besteht, dass man dort in eine Richtung und nicht im Gegenverkehrsbereich fährt.

 

Das heißt, wir müssen die Tunnel von der Ausgangssituation her betrachten: Sind sie Straßentunnel, U-Bahn- oder Eisenbahntunnel?

 

Da wir in Wien den längsten Eisenbahntunnel Österreichs, aber wahrscheinlich auch Europas bauen beziehungsweise planen - auch wenn das Projekt derzeit gestoppt ist -, nämlich einen Tunnel mit 28 Kilometern Länge, komme ich nicht umhin, diese dringliche Anfrage zum Anlass zu nehmen, über die Sicherheit in diesem Tunnel nachzudenken, denn die Sicherheit in diesem Tunnel betrifft nicht nur den Bund alleine, auch wenn das Eisenbahngesetz gilt, sondern sie betrifft natürlich auch das Land Wien, weil ja das Land Wien durch Beschlüsse, die damals von SPÖ, ÖVP und den Grünen gegen uns gefasst worden sind, zugestimmt hat, diesen Tunnel einröhrig zu bauen.

 

Meine Damen und Herren! Ich will, weil es die Zeit nicht erlaubt, gar nicht darüber diskutieren, ob es jetzt ein Sicherheitskonzept zum Lainzer Tunnel gibt oder nicht. Ich habe immer die Behauptung aufgestellt, es gibt keines, aber das ist jetzt ganz egal. 1994 hat die Firma Basler und Partner im Auftrag der HL-AG so ein Tunnelsicherheitskonzept erarbeitet. Es ist an sich unserer Meinung nach gar keines, außerdem ist es überstempelt mit "überholt". Sei's drum! (Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den GRÜNEN.)

 

Gehen wir das einmal durch! Die Firma Basler und Partner hat der HL-AG und natürlich auch dem Land Wien das empfundene Risiko ausgerechnet, und zwar gibt es - das ist wirklich zum Lachen, meine Damen und Herren - beim Lainzer Tunnel statistisch errechnet 0,54 Tote pro Jahr. Das ist irrsinnig lustig, ich glaube es Ihnen. Aber Ihr Verständnis für die Bevölkerung ist ohnehin null, daher lachen Sie ruhig weiter. Machen Sie, was Sie wollen. Uns interessiert das nicht.

 

Das empfundene Risiko beträgt also 0,54 Tote im Jahr. Basler und Partner haben aber auch ausgerechnet, was bei einer Zweiröhrigkeit passiert, wie das Risiko dann ausschauen würde. Sie sind draufgekommen, dass es nur minimal auf 0,49 Tote reduziert wäre. Das ist ein rein statistischer Wert. Nur, meine Damen und Herren, das ist durch nichts nachvollziehbar, und der grundlegende Fehler der Studie von Basler und Partner ist der, dass in Wirklichkeit, so tragisch es ist, nur von den Toten ausgegangen wird, bei Eisenbahnunfällen aber die Verletzten, die Schwerverletzten und die auf Dauer Invaliden volkswirtschaftlich gesehen wesentlich mehr ins Gewicht fallen. Daher ist es eine Verfälschung der Risikostruktur, wenn man behauptet, man braucht die Zweiröhrigkeit nicht, weil die Zahl der Toten statt 0,54 dann halt 0,49 beträgt. Das ist meiner Ansicht nach menschenverachtend. Aber gut, die HL-AG hat sich darauf eingelassen.

 

Das Nächste: Es gibt die Österreichische verkehrswissenschaftliche Gesellschaft, die in ihrem Band Nr 40/1997 eine Studie, erstellt von Univ Prof Dr Riessberger von der TU-Graz, veröffentlicht hat, dass der 30 Kilometer lange Koralm Tunnel - also eigentlich vergleichbar mit dem Lainzer Tunnel - unbedingt zwei Röhren haben sollte.

 

Wenn man sich weiters die Sicherheit mit den Notausstiegen anschaut, so gibt es mindestens genauso viele Gutachter und Wissenschafter, die behaupten und feststellen, dass horizontale Fluchtwege mit einer zweiten Röhre oder einem Hilfsstollen wesentlich günstiger, besser und billiger sind, als diese vertikalen Ausstiege, die jetzt in den Lainzer Tiergarten führen.

 

Es gibt im derzeitigen System - und das ist wirklich komisch - überhaupt kein Lüftungssystem im Lainzer

 

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