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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 146

 

hat der Immobilienlobby in der ÖVP, aber auch anderswo, die Schlüssel in die Hand gegeben, Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter seit nunmehr 30 Jahren zu blockieren. Es braucht eine Reform des Mietrechtsgesetzes, keine Frage, und da muss sich die ÖVP auf Bundesebene endlich bewegen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Heute diskutieren wir aber Maßnahmen, die die Stadt auf Grund der steigenden Wohnkosten ergreift, und auch hier müssen wir Kritik üben. Die Möglichkeit, im eigenen Wirkungsbereich einen Mietendeckel einzuziehen, lässt man ungenützt. Stattdessen wird den GemeindebaumieterInnen neben dem Wohn-Bonus einmalig eine halbe Nettomiete gutgeschrieben. Das hilft, reicht aber aus unserer Sicht nicht, denn gleichzeitig werden die Mieten im maximal zulässigen Rahmen erhöht. Sie vollziehen also in Wien genau das nach, was Sie als Regelung auf Bundesebene kritisieren. Das ist für uns nicht nachvollziehbar und auch ein bisschen unredlich.

 

Wir bringen deshalb einen Antrag ein, die Mieten im Gemeindebau zu deckeln. Wir können damit 500.000 Menschen im Gemeindebau entlasten, das sind immerhin 25 Prozent der Wiener Bevölkerung. Es ist kontraproduktiv, dass Sie die Mieten im Gemeindebau maximal erhöhen. Für 500.000 WienerInnen im Gemeindebau bedeutet das einen starken Anstieg der Lebenshaltungskosten, und das in Zeiten einer Inflation, die gerade Menschen mit niedrigen Einkommen besonders betrifft. Es wohnen nun einmal besonders viele Menschen mit niedrigen Einkommen im Gemeindebau. Deshalb fordern wir den Mietendeckel für den Wiener Gemeindebau. Das können wir hier im Haus regeln. Da gibt es keine Ausreden, da gibt es auch niemanden, der das blockieren könnte, also können wir das einfach machen, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Unser Vorschlag für einen Mietpreisdeckel für den Gemeindebau orientiert sich am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank. Die Mieten im Gemeindebau sollten maximal um 2 Prozent pro Jahr angehoben werden. Liegt die Inflation unter 2 Prozent, dürften dann die Mieten natürlich höchstens mit der Inflation angehoben werden. Damit würden MieterInnen mitten im kommunalen Wohnbau bei hoher Inflation nicht weiter zur Teuerung beitragen. Ein Mietpreisdeckel im Gemeindebau würde vielmehr inflationsdämpfend wirken, und genau solche Maßnahmen brauchen wir jetzt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Städte wie Graz, Innsbruck oder St. Pölten haben gezeigt, dass Mietpreisdeckel umsetzbar sind. Diese Städte haben im Gegensatz zu Wien die Mieten im kommunalen Wohnbau gedeckelt und haben den gesetzlichen Maximalrahmen für Mieterhöhungen nicht ausgereizt. Der Hebel, den wir mit 220.000 Gemeindewohnungen in Wien in der Hand haben, ist ungleich größer, also nutzen wir diesen Hebel.

 

Ein Mietpreisdeckel im Gemeindebau würde auch den MieterInnen in privaten Mietwohnungen zu Gute kommen, denn niedrige Mieten im kommunalen Wohnbau und im gemeinnützigen Wohnbau wirken preisstabilisierend auf den ganzen Markt. Dieser Umstand wurde gerade gestern wieder in einer Aussendung der Frau Vizebürgermeisterin mit einer Studie von WIFO und Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen im Auftrag der MA 50 bestätigt. Der kommunale Wohnbau ist das größte Mietwohnungssegment in Wien, 29 Prozent der Mietwohnungen in Wien sind Gemeindewohnungen. Wenn Wiener Wohnen die Mieten stark erhöht, dann wirkt das preistreibend, und wenn Wiener Wohnen einen Mietdeckel einführt, wirkt das preisdämpfend. So einfach ist das. Das heißt, die Entscheidung für den Mietpreisdeckel im kommunalen Wohnbau hat indirekt Auswirkungen auf die Mietpreisentwicklung in der gesamten Stadt, und zwar auch bei privaten Mietwohnungen. Das heißt, zusammengefasst, ein Mietpreisdeckel im Gemeindebau wirkt preisdämpfend für private Mietwohnungen und ein Mietpreisdeckel für den Gemeindebau wirkt allgemein inflationsdämpfend.

 

Zum Schluss noch eine Anmerkung zur angekündigten Reform der Wohnbeihilfe: Wir begrüßen es, dass Sie wesentliche Forderungen des grünen Wohngelds aufgegriffen haben. Was wir kritisch sehen, ist, dass man mit der Anhebung der Einkommensstufen jetzt bis Anfang 2024 wartet. Das kann mir auch niemand erklären. Es braucht nur eine Verordnung der Landesregierung, das ist kein Zauberwerk, und die Menschen haben jetzt schon Probleme mit den gestiegenen Wohnkosten. Da finde ich, das muss schneller gehen und das geht auch schneller. Nehmen Sie die Mieterhöhungen im Gemeindebau zurück, ziehen wir eine Mietzinsobergrenze für den kommunalen Wohnbau ein, machen wir Wien zum Vorbild in Sachen Mietpreisdeckel. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Dr. Sittler. Ich erteile es ihm.

 

15.52.33

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Frau Vizebürgermeisterin!

 

Ich muss mich schnell halten, es sind noch so sieben, acht Minuten. Ganz neu gibt es ein Buch „Lexikon der Wiener Gemeindebauten“, und am Klappentext heißt es: Das neue Standardwerk zu einem wichtigen Wiener Thema. Ja, der Gemeindebau ist ein wichtiges Thema, und in diesem Vorwort ist die Frau Vizebürgermeisterin dabei, Lobeshymnen auf den Gemeindebau und die historischen Leistungen zu schreiben. Genau das ist das Thema: Das sind historische Leistungen, die 220.000 Wohnungen sind gebaut, und seit 2019 wird angekündigt und wird wieder weitergebaut. 2019 ist der Gemeindebau Neu, der erste mit dem Barbara-Prammer-Hof in Favoriten, entstanden und danach ist immer wieder angekündigt worden, 2.500 auf 4.500, am Schluss auf 5.500 neue Wohnungen, die nicht da sein sollen, sondern die auf den Weg gebracht sind. Wenn sie schon nicht bis 2025 gebaut sind, denn das war anscheinend von Anfang an nicht klar, so sollten sie doch auf den Weg gebracht werden. Wenn man sich das anschaut, ist es schon so, dass seit 2019 920 tatsächlich neue Gemeindewohnungen gebaut wurden und 2.650 Gemeindebauwohnungen geplant sind. Das sind immer noch 2.000 Wohnungen, die hier fehlen. Das ist nicht wenig, denn Wohnungen müssen gebaut werden, die Kosten steigen, und wer kann das sonst tun

 

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