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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 146

 

ben oder von zu Hause nichts mitbekommen. Da wird sowohl der Kreis der Bezugsberechtigten erweitert als auch die Unterstützungsbeiträge aufgestockt.

 

Mit einem Gesamtvolumen von 15 Millionen EUR gehen wir einen wichtigen und richtigen Schritt und, wie ich glaube, auch einen ersten Schritt in dieser Frage, weil Kinderarmut ein ganz massives und wichtiges Thema auch in Österreich und auch in dieser Stadt ist. Da dürfen wir nicht wegschauen. Deswegen ist es unser aller Anliegen, hoffe ich, hier weitere Schritte zu gehen. Ich bitte Sie aber für diesen Punkt um Zustimmung. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und von GR Mag. Josef Taucher.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächste Rednerin ist Frau StRin Mag. Pühringer zu Wort gemeldet. Sie sind am Wort.

 

12.06.07

StRin Mag. Judith Pühringer|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt. Trotzdem gibt es Kinder - ja, auch hier in Wien -, die hungrig in die Schule oder hungrig in den Kindergarten gehen. Das ist schlichtweg ein Skandal, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Insofern war Ihre Rede, Kollegin Emmerling, jetzt auch zutiefst widersprüchlich, denn einerseits präsentieren Sie das große Paket gegen Kinderarmut im Wert von 15 Millionen EUR und andererseits argumentieren Sie, warum diese Gebühren scheinbar ein Naturgesetz sind und hier nicht gestoppt werden können. Ja, die GRÜNEN sind für eine Valorisierung von Gebühren, aber doch nicht in Krisenzeiten und auch nicht in Zeiten von Kinderarmut. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das Gratismittagessen, liebe Kollegin Emmerling, verweisen Sie in das Reich der Phantasie und sagen, darüber könnten wir schon diskutieren. Warum diskutieren wir nicht darüber? Warum diskutieren wir nicht über so etwas Wesentliches und Essenzielles wie ein Gratismittagessen für alle Wiener Kinder, liebe Kolleginnen und Kollegen? (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Mir erscheint das ganze Thema Kinderarmut wirklich ein bisschen wie ein Lippenbekenntnis. Ich finde, die Bekämpfung von Kinderarmut ist so grundlegend, ist so basal, ist so dringend und ist so offensichtlich, dass diese Frage einfach nicht aufschiebbar ist. Das ist keine Diskussion, die wir irgendwann führen sollten, das ist eine Diskussion, die wir jetzt führen müssen, denn es geht zutiefst um die Frage, ob sich Familien aus armutsgefährdeten Haushalten das Schulessen oder das Essen in Kindergärten in Zukunft noch leisten können oder nicht. (GR Markus Ornig, MBA: Ja!)

 

Das ist das Basalste, das ist das Grundlegendste, worum es geht: Ein warmes Mittagessen, ein gesundes Mittagessen in der Schule, ein Essen, das in Wirklichkeit Basis und Grundlage dafür ist, um gut lernen zu können, um als Schülerin oder Schüler gut durch den Tag kommen zu können und gut aufnahmefähig zu sein. Insofern finde ich es eigentlich unverständlich, dass wir uns bei so einem wesentlichen Thema nicht einig sind. Wir sind uns nicht einig, was die Gebührenerhöhung betrifft, und wir sind uns auch nicht einig, was die Einführung eines Gratismittagessens in den Schulen betrifft, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was das Gratismittagessen betrifft: Ich möchte gerne darüber diskutieren, warum ein Gratismittagessen eine sehr, sehr gute Idee ist. Eigentlich ist es ja für alle einleuchtend. Für die, die noch nicht überzeugt sind: Ich habe eine Studie gefunden, die ich unglaublich spannend finde. Es ist eine Studie aus dem Jahr 2021 von zwei schwedischen Universitäten, von der Universität Lund und der Universität Stockholm. Das Interessante ist, dass Schweden in vielen Gemeinden bereits in den 1940er Jahren des letzten Jahrhunderts Gratismittagessen eingeführt hat. Da das sozusagen schon so früh passiert ist, konnte man die Lebensverläufe in Studien nachvollziehen. Was passiert später mit Kindern, die ein Gratismittagessen in der Schule bekommen haben?

 

Diese Ergebnisse sind unglaublich interessant. Sie zeigen nämlich in dieser Langzeitstudie - dieser Studie, die wirklich über ganze Lebensphasen von Kindern gegangen ist -, dass ein Gratismittagessen in der Schule Kinder tatsächlich größer macht - und zwar wirklich im Sinne der Körpergröße - und dass das Gratismittagessen die Gesundheit fördert und zu besseren Bildungschancen führt, inklusive mehr Studienanfängen. Es gibt - in dieser Studie nachgewiesen - viel mehr Studienanfänge von Kindern, die ein Gratismittagessen hatten. Natürlich profitieren ärmere Kinder mehr von so einem Mittagessen und haben den größeren Nutzen, aber auch Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern profitieren von so einem Gratismittagessen.

 

In Wien sind wir von so einem Gratismittagessen in den Wiener Schulen leider noch immer weit entfernt. Bis vor Kurzem waren wir auch noch weit davon entfernt, dass es eine Anhebung der Einkommensgrenzen bei der Essensbeitragsbefreiung gegeben hat. Da gab es jetzt, glaube ich, was diese Bemessungsgrundlage betrifft, einige Verwirrung. Während die Mindestsicherung und die Einkommen nämlich jährlich steigen, wurden die Einkommensgrenzen von 1.100 EUR für die Essensbeitragsbefreiung in Kindergärten und in der schulischen Nachmittagsbetreuung in Wien seit Jahren nicht valorisiert. Diese fehlende Valorisierung hat natürlich die Benachteiligung von Kindern in finanziell armen Familien weiter verstärkt.

 

Die Plattform für Alleinerziehende - ich möchte das nur noch einmal chronologisch in Erinnerung rufen - hat bereits im November 2022 laut Alarm geschlagen, was die Valorisierung betroffen hat. Was haben wir gemacht? - Im Dezember 2022, also einen Monat später, haben wir als GRÜNE hier im Gemeinderat eine Dringliche Anfrage zum Thema „Sozialleistungen gegen Teuerung absichern“ eingebracht. Wir haben Ihnen das vorgerechnet. Wir haben gefragt: Wo bleibt diese automatische Valorisierung in der Wertsicherung der Wiener Sozialleistungen? - Eine Frage - nur zur Erinnerung -, die übrigens im Bund zu dieser Zeit bereits eindeutig beantwortet wurde: Im Bund gibt es diese automatische Valorisierung aller Sozialleistungen nämlich bereits, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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