Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 133
möchte ich heute einbringen, damit auch die Gemeinde Wien hinkünftig ein modernes Rechnungswesen hat, das mit dem Rechnungswesen des Bundes vergleichbar ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, auch Sie werden heute einen Antrag einbringen – ich glaube, mein Nachredner Kollege Reindl wird das tun –, in dem Sie die Stadträtin auffordern, Mittel zu ergreifen, dass der Bund sich für eine Weiterentwicklung der Veranschlagungs- und Rechnungsabschlussverordnung, also der aktuellen Kameralistik, mit mehr Transparenz einsetzen wolle. – Ich sage Ihnen, gehen Sie gleich ins neue System! Dieses ist besser und moderner und schafft Vergleichbarkeit und Transparenz auf der Bundes- und Landesebene. Gehen Sie ins neue System, schließen Sie sich unserem Antrag an, der besser ist als Ihrer, weil Ihr Antrag leider nicht in die Zukunft gerichtet ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Ein weiterer Kritikpunkt findet sich in dem Beschlussantrag von Rot-Grün, der heute eingebracht werden wird, auf den ich noch kurz eingehen möchte: Es ist dies ein weiterer Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Sie führen nämlich in der Beschlussbegründung des Antrags in Bezug auf Spekulationsgeschäfte in Zusammenhang mit dem Wiener Rechnungswesen aus, dass Sie weiterhin die verantwortungsvolle Gebarung des Finanzmanagements der Stadt Wien sicherstellen wollen.
Meine Damen und Herren von Rot und Grün! Sie werden verstehen, dass wir das nicht unterstützen können, denn aus unserer Sicht liegt hier keine verantwortungsvolle Gebarung. Aus unserer Sicht ist es mit der Finanzgebarung insbesondere im Bereich von Spekulationsgeschäften – und um diese geht es auch in diesem Antrag –, nicht weit her! Es wird zwar immer gesagt – und auch die Frau Finanzstadträtin hat heute wieder gesagt –, es gäbe keine Spekulation auf der Ebene der Gemeinde Wien. In Wirklichkeit ist die Sachlage leider eine andere: Wir wissen, dass es ein umfangreiches Portfolio an Schweizer-Franken-Krediten auf Ebene der Gemeinde Wien gibt, die fast 38 Prozent der Gesamtverbindlichkeiten der Gemeinde ausmachen und sich mit 1,65 Milliarden EUR zu Buche schlagen. Ich erinnere noch einmal an die Aussage der Oesterreichischen Nationalbank, die da lautete: Frankenkredite sind Spekulationskredite!
Wir haben dazu heute von Frau Finanzstadträtin Brauner schon Interessantes gehört, nämlich, dass die Gemeinde Wien aus den Frankenkrediten nicht aussteigen, sondern diese Kredite rollieren wird. Das soll sein! Aber das Rollieren kostet auch Geld. Erlauben Sie mir, dass ich dazu ein aktuelles Zitat eines Geschäftsführers anführe, dessen Beratungsunternehmen gerade die Finanzen in Salzburg kontrolliert. Der Geschäftsführer des auf Gemeindefinanzen spezialisierten Beratungsunternehmens, das sich der Salzburger Finanzaffäre widmet, nimmt Stellung zur Rollierung von Großkrediten und der Hoffnung, dass der Schweizer-Franken irgendwann wieder eine Kursrelation zum Euro hat, die gegen 1,46 EUR tendiert und somit zu realisierende Verlusteine minimiert. Eine ziemlich blauäugige Hoffnung.
Ich zitiere Herrn Geschäftsführer Stich, der ein ausgewiesener Experte ist: „Die geäußerte Hoffnung, verlorenes Geld über den Markt wieder zurückzugewinnen, ist nichts anderes als eine bewusste Fortsetzung riskanter Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Steuerzahler.“ (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Das sagt ein Experte, und das bitte ich Sie auch hier zu berücksichtigen! Wir wollen keine weiteren Spekulationsgeschäfte und fordern deshalb eine Follow-up-Prüfung durch den Rechnungshof. Eine Follow-up-Prüfung aller Finanzinstrumente, auch wenn es sich jetzt nur um Buchverluste im Wert von 300 Millionen EUR im laufenden Jahr handelt, die nicht budgetwirksam sind. Wir verlangen, dass evaluiert wird und dass externe Experten sich das Wiener Portfolio anschauen, bewerten und uns als Gemeinde raten, welche Schritte hier am besten zu setzen sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Es gibt aber nicht nur ein umfangreiches Schweizer-Franken-Portfolio auf der Ebene der Gemeinde Wien, sondern es gibt auch eine Reihe von Derivativgeschäften, die im Umfeld der Gemeinde getätigt worden sind, nämlich durch angeschlossene Unternehmen der Gemeinde Wien. Im Speziellen handelt es sich hier um ein Derivatgeschäft der Wiener Stadthalle BetriebsGesmbH. Auch das wurde heute schon angesprochen, und es gibt auch einen ausführlichen Bericht des Wiener Kontrollamtes dazu. Allerdings steht in diesem Bericht noch nicht, dass am 3. Dezember eine der kritisierten Schweizer-Franken-Optionen fällig war. Und wir wissen seit 3. Dezember dieses Jahres, dass hier ein Buchwertverlust im Sinne eines tatsächlichen Verlustes eingefahren wurde, denn die 3,5 Millionen EUR sind als tatsächlicher Verlust realisiert worden. Wir reden also nicht mehr nur über Buchwertverluste.
Wir haben aus diesem Grund, weil wir einfach sicher sein wollen und meinen, dass Kontrolle wesentlich ist, im Frühjahr dieses Jahres das Wiener Kontrollamt gebeten, die Derivatgeschäfte der Gemeinde Wien und der Wien Holding zu prüfen. Das Prüfungsergebnis liegt noch nicht vor, aber wir sind alle schon gespannt darauf, denn dann wird wohl das belegt sein, was heute heftig diskutiert wurde: Gibt es in Wien weitere Spekulationsgeschäfte im Derivatbereich, ja oder nein? – Wir lassen uns überraschen und hoffen als Steuerzahler, dass das nicht der Fall ist. Wir hoffen es, wissen es aber nicht und warten deshalb auf den Prüfbericht des Kontrollamtes.
Ein dritter Bereich, der heute schon angesprochen wurde und der durchaus auch als Spekulationsgeschäfte bezeichnet werden kann, ist ebenfalls im Umfeld der Gemeinde Wien angesiedelt: Es handelt sich hier um sogenannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte, deren Abschluss allerdings nicht in der Amtszeit der Frau Finanzstadträtin Brauner in die Wege geleitet wurde. Die Gemeinde Wien ist aus diesen Cross-Border-Leasing-Geschäften in der Zwischenzeit weitestgehend schon wieder ausgestiegen, weil man in der Finanzkrise erkannte, in welches Chaos die Gemeinde Wien bei diesen Geschäften hineinschlitterte. Das wurde bewertet und es wurden auch budgetwirksame Verluste eingefahren. Bedauerlicherweise weiß jedoch kein Mensch, wie hoch
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