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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 126

 

wieder in den Griff bekommen kann, eingefallen ist, kann nämlich nur bedeuten: Entweder es wird eingespart – was ich aber nicht wirklich glaube –, oder es gibt neue Steuern. Betreffend beide Bereiche überbieten sich die Koalitionsparteien, die SPÖ mit einer Bankensteuer, die ÖVP mit einem Beamtenstopp. Die Gewerkschaft hat aber bereits ausgerichtet, dass das nicht möglich ist, dass es keine Einsparungen bei den Beamten geben kann. Man sieht eine Vielzahl von Erhöhungen und Ähnlichem vor, die SPÖ redet auch von einer höheren Mehrwertsteuer, und davon spricht auch die ÖVP.

 

Die SPÖ spricht von einer so genannten Reichensteuer sowie von der Finanztransaktionssteuer beziehungsweise einer Bankenabgabe. Der Finanztransaktionssteuer wurde jetzt gerade auf globaler Ebene eine Absage erteilt. Erst vorgestern wurde in Toronto beschlossen, dass eine derartige Steuer auf europäischer Ebene beziehungsweise auf globaler Ebene nicht kommen kann, und in Ländern wie den USA, Brasilien, Kanada ist dafür überhaupt kein Verständnis zu bekommen. Und die deutsche Kanzlerin Merkel ist mit ihrer Idee intensiv untergegangen.

 

Wenn man das jetzt nur auf nationaler Ebene einführt, dann gibt es Probleme wie in Großbritannien, wo man auch davon spricht, das auf nationaler Ebene einzuführen, woraus sich aber eine Benachteiligung der Wirtschaft ergibt. Auch das muss man sich genau überlegen!

 

Nun aber zu einem Bereich, in dem die Stadt Wien selbst etwas tun können hätte, um die Krise besser abzufangen. Die Frau Stadträtin hat im Jahr 2009 und auch schon davor davon gesprochen, dass die Investitionen erhöht werden müssen. Da hat sie recht! Das ist aber nicht geschehen!

 

Ich denke jetzt etwa an den größten ausgelagerten Bereich der Stadt Wien, nämlich an die Wiener Stadtwerke. Die Wiener Stadtwerke sind unwahrscheinlich stolz darauf, dass sie heuer 3 Milliarden EUR an Umsätzen gehabt haben. Das Interessante dabei ist: Es gibt höhere Einnahmen beim Stromverbrauch, obwohl der Stromverbrauch zurückgegangen ist. Der Stromverbrauch ist um zirka 10 Prozent zurückgegangen, trotzdem sind die Einnahmen um zirka 10 Prozent gestiegen. Das kann nur bedeuten, dass der Strom zu teuer ist! Das Gleiche gilt fürs Gas.

 

Die zweite Frage ist: Wieso ist der Verbrauch geringer? – Weil doch einige Wiener Kunden zu anderen Anbietern übergegangen sind, um günstiger Strom beziehungsweise Gas zu beziehen. Das hat selbstverständlich die Auswirkung, dass Wienstrom und Wien Energie weniger Einnahmen erzielen. Und es wäre durchaus eine soziale Überlegung der Wiener Stadtwerke, die Preise herunterzusetzen und nicht – wie schon vorgesehen ist – ab 1. Jänner 2011 um 13 beziehungsweise um 16 Prozent zu erhöhen.

 

Ein zweiter Punkt ist die Arbeitslosigkeit, die heute schon sehr intensiv besprochen wurde. Im Geschäftsbericht der Wiener Stadtwerke wird stolz darauf hingewiesen, dass die Wiener Stadtwerke innerhalb der nächsten 5 Jahre, bis 2014, 500 Lehrlinge ausbilden, die ihre Berufsausbildung dort abschließen können. Wenn man das aufs Jahr umlegt, werden im Jahr zwischen 100 und 130 Lehrlinge von den Wiener Stadtwerken aufgenommen. Das bedeutet bei einem Mitarbeiterstand von 15 400 Mitarbeitern rund 0,7 bis 0,8 Prozent.

 

Kollege Stark hat heute darauf hingewiesen, dass der größte Arbeitgeber Wiens die KMU sind. Wenn ein solches Unternehmen mit 10 Mitarbeitern nur einen Lehrling aufnimmt, dann sind das schon 10 Prozent! Wenn ein mittleres Unternehmen mit 50 Mitarbeitern einen Lehrling aufnimmt, dann sind das wenigstens noch 2 Prozent. Was aber tut die Stadt Wien? – Anstatt zu versuchen, gerade in den eigenen Betrieben, wo man dafür verantwortlich ist und das umsetzen kann, mehr Lehrlinge in das duale Lehrsystem aufzunehmen, betreibt man eher überbetriebliche Ausbildung und schafft neue Lehrwerkstättenplätze! Ich erinnere daran: Wir haben erst vor 3 bis 4 Monaten ein Paket von insgesamt 100 Millionen EUR beschlossen, in dem für 89 Millionen EUR 1 000 neue Lehrarbeitsstellen erstellt wurden.

 

Meine Damen und Herren! Das heißt, jede Lehrarbeitsstelle kostet 89 500 EUR. Frau Kollegin Leeb hat zuerst gesagt, dass sie zu den Lehrlingsausbildnern gehört: Sie würde sich sehr freuen, wenn sie pro Lehrling 89 500 EUR bekommen würde! Und viele kleine Unternehmen würden sich darüber auch sehr freuen! Ich glaube, diese wären schon mit ein paar 1 000 EUR sehr zufrieden!

 

Ich verstehe, dass die Lehrwerkstätten vor allem in schlechten Zeiten etwas durchaus Wichtiges sind, um die Jugend in einen Lehrberuf zu bringen. Das Problem dabei ist für mich, dass dadurch die Arbeitslosigkeit nur um die Lehrzeit, also um 3 bis 4 Jahre, nach hinten verschoben wird und die dann Ausgebildeten eben nicht schon mit 15, sondern erst mit 18 oder 19 Jahren das Problem der Arbeitslosigkeit haben.

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich habe keine Zeichen gesehen, wie Sie den in Lehrwerkstätten durchaus gut ausgebildeten Lehrlingen etwas Vernünftiges bieten wollen, damit Sie diese nicht nachher notgedrungen in die Mindestsicherung schicken müssen, die wir jetzt erst beschlossen haben. Das wäre nämlich der falsche und schlechteste Weg!

 

Meine Damen und Herren! Es wurde heute schon besprochen, dass sich in vielen Bereichen auch eine Verschuldung in Schweizer Franken zeigt. Ich weiß schon, Frau Stadträtin! Das Zurückzahlen der Verschuldung in Schweizer Franken ist nicht von einem Tag auf den anderen notwendig. Das ist natürlich eine Tagesfeststellung. Das weiß Kollege Margulies selbstverständlich auch.

 

Es ist aber ganz deutlich zu sehen, dass durch die Wirtschaftspolitik und die Krise etwas geschehen ist: Die Europäische Zentralbank, die immer der Hüter einer harten Eurowährung war, ist durch die Politik von diesem Weg abgekommen und ist jetzt auf einmal ein Transferleister, und zwar ein Transferleister an die vorhin genannten PIGS-Staaten Portugal, Italien, Griechenland und Spanien sowie Irland. Das führt dazu, dass die Europäische Zentralbank auf einmal etwas tut, was sie nie tun dürfen hätte: Sie kauft nämlich schlechte Staatsan

 

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