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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 95

 

möchte ich noch Folgendes anmerken, und zwar, wir bitten in Zukunft ganz dringend um Budgetwahrheit, sodass wir vielleicht Budgets beschließen können, die den tatsächlichen Erfordernissen entsprechen und nicht Nachdotationen erfordern. Mein Ausschusskollege Dr Ulm hat im November letzten Jahres hinsichtlich des Integrationsfonds angemerkt, dass man sichtlich nur ein Halbjahresbudget beschließt, weil es hat nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder wäre der Integrationsfonds nur mit der Hälfte an Mitteln bedacht gewesen oder es käme zu Nachdotationen. Und genau das ist eingetreten. Wir bitten sehr, in Zukunft diese Situation zu vermeiden.

 

Sowohl im Bereich der Ausländerintegration als auch bei der Integration von Behinderten ist viel getan worden, aber es erfordert noch eine zufriedenstellende Umsetzung, denn wir erfüllen nach wie vor die Vorgaben des Behinderteneinstellungsgesetzes nicht, zahlen jährlich eine Größenordnung von 1,5 Millionen EUR Ausgleichstaxe. Ich denke, man könnte dieses Geld für Behinderte einsetzen in sinnvollen Projekten. Wir würden sehr gerne wissen, welche Maßnahmen zur Behebung des Behindertenanteils an den Dienstnehmern der Stadt Wien gesetzt werden.

 

Für die Wohnsituation der Ausländer ist eine Besserung der sozialen Situation der in Wien lebenden Ausländer dringend notwendig. Noch immer ist es eine Tatsache, dass fast die Hälfte der ausländischen Wohnbevölkerung in nur sieben Bezirken wohnhaft ist. Das ist eine Form der Gettoisierung. Es ist ganz klar, dass es hier zu Problemen und zu aggressivem Verhalten kommt. Frau Stadträtin, wir hätten uns gewünscht, dass durch eine behutsame Maßnahme oder sinnvolle Anreizmodelle die Ausländer auf das Wiener Stadtgebiet verteilt werden.

 

Aber eigentlich gipfelt ja das Ganze, und das muss ich jetzt schon erwähnen, in der beharrlichen Weigerung der SPÖ, für die in Wien lebenden Ausländer die Gemeindebauten schrittweise generell zu öffnen. Es gibt zwar diese Regelung von Notfallswohnungen, aber das ist nicht genug. Und die Öffnung der Gemeindebauten würde vor allem einkommensschwächeren MigrantInnen Zugang zu menschenwürdigen Unterkünften bieten. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es würde überhaupt eine Positivspirale dadurch in Gang gesetzt werden. Aber wir denken ja, dass Ihre Stammwählerschaft zu diesem Schritt nicht bereit ist.

 

Weiters stellen wir das Erlernen der deutschen Sprache in den Mittelpunkt unserer Integrationsbemühungen. Das ist eine unserer Bemühungen und unserer Ziele, dass das letzte Kindergartenjahr beispielsweise gratis ist. Das Erlernen der deutschen Sprache ist für Kinder eigentlich rasch und schnell möglich. Je mehr die hier lebenden Zuwanderer die deutsche Sprache können, je besser sie sie können, desto mehr dringen sie in Berufsfelder vor, die jenseits von einfachen Hilfsdiensten ist. Höhere Bildung bedeutet bessere Chancen auf einen Job und auch ein geringeres Risiko, arbeitslos zu werden.

 

Ich verweise hier auf eine Studie aus den Niederlanden, 600 Seiten stark, von der Parlamentarischen Untersuchungskommission, die das Modell der multikulturellen Parallelgesellschaft als gescheitert ansieht und als Fazit einfach sagt: Wer zuviel Wert auf kulturelle Vielfalt und zuwenig Anpassung der neuen Bürger an das Leben und die Kultur im Zuwanderungsland legt, scheitert am Integrationsmodell, und vor allem wurde verabsäumt, die Sprache zu erlernen, also es verpflichtend einzufordern, wie sie sich ausdrücken.

 

Bezüglich der Magistratspensionsreform werde ich mich heute kurz halten, da wir dieses Thema morgen ausführlich behandeln. Aber ich möchte doch einiges dazu sagen.

 

Wir diskutieren morgen eigentlich, wie die Pensionssicherungsreform der Bundesregierung auch für die Beamten der Gemeinde Wien nachvollzogen wird. Leider jetzt auch nur in kleinen Ansätzen. Wieder einmal hinkt Wien dem Reformtempo der Bundesregierung nach. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der vorgelegte Entwurf der Wiener Magistratspensionsreform wird dem Begriff Reform, wie gesagt, kaum gerecht. Selbst angesichts der von StRin Brauner im Antrag zu diesem Entwurf geäußerten Finanzierungsprobleme werden nur halbherzige Maßnahmen produziert, Bedienstete zweier Klassen in Wien selbst geschaffen und die Beamten des Bundes und von anderen Bundesländern desavouiert. Und das große gemeinsame Ziel der Pensionssystemharmonisierung wird bewusst torpediert. Die große Pensionssicherungsreform wurde für Generationen denkend angelegt. Ganz oben stand das Ziel der Zukunftssicherung, unserer bewährten Alterssicherung, ihre Finanzierbarkeit. Die Bundesregierung hat zuerst Analysen gemacht, sie hat Experten befragt, sie hat sich Diskussionen gestellt, sie hat die Auswirkungen für Menschen bedacht und auch soziale Abfederungsmaßnahmen bewusst in die Reform eingebaut. Österreich steht einfach vor nicht wegzudiskutierenden Tatsachen. Wir werden immer älter, die Zahl der Geburten wird immer geringer. Früher, vor 30 Jahren, hat man durchschnittlich 42,7 Jahre gearbeitet, heute 37 Jahre. Die Situation: Wir leben immer länger, wir hören früher auf zu arbeiten und steigen später ins Berufsleben ein. Und das ist vielleicht die wichtigste Zahl: Früher sind 1 000 Beitragszahler knapp 350 Pensionisten gegenübergestanden, und in einigen Jahren könnte das Verhältnis eins zu eins sein.

 

Um auch den künftigen Generationen unser eigentlich ausgezeichnetes Pensionssystem finanzierbar und leistbar zu halten, war ein energisches und zukunftsweisendes Anpacken einer Reform notwendig.

 

Und übrigens stelle ich hier die Frage, ob ohne die Reform der Bundesregierung die Wiener SPÖ-Stadtregierung auf den Gedanken gekommen wäre, überhaupt nur diese halbherzige Magistratspensionsreform in Angriff zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir können dem Gesetzesentwurf der Wiener Magistratspensionsreform nicht zustimmen, weil es sich um eine unserer Meinung nach misslungene Reform handelt, die den Tatsachen nicht ins Auge sieht und dem

 

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