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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 76

 

betrachtet. Denn das ist ein Beruf, für den man eine komplexe Ausbildung braucht, da kann man nicht Ärzte zwischendrin schnell einschleusen und das den Patienten zumuten. Man mutet damit auch den Jungärzten etwas zu, wofür sie weder ausgebildet noch per se durchs Studium geeignet sind.

 

Aber ich frage Sie, Frau Stadträtin: Die vierte Schicht ist europaweit und weltweit weder üblich noch fachlich zu vertreten. Dies ist ein beschämender Zustand, den sich nur die reiche Stadt Wien leistet, und Sie, Frau Stadträtin, sind dafür verantwortlich. Wie lange, Frau Stadträtin, werden Sie multimorbiden, alten und kranken Menschen zumuten, zwischen Mitternacht und fünf Uhr früh regelmäßig diese Behandlung in Anspruch nehmen zu müssen?

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Frau Gemeinderätin!

 

Erstens haben bei allen Apparaten, wie ich vorhin ausgeführt habe, primär einmal Ärzte damit begonnen, sie in die Behandlung einzuführen. Bei den Dialysen waren es Ärzte, bei der Herz-Lungen-Maschine waren es Ärzte. Im Bereich der Zellseparatoren hat den ersten mein Mann gehabt und nach kurzer Einschulung damit begonnen, ich habe das damals übernommen. Wir haben vier Jahre ohne jedes Pflegepersonal bei den Patienten gearbeitet, selbst gereinigt und sterilisiert, also all die Tätigkeiten wie „geprimt“, die heute das Pflegepersonal macht. Es ist beim Installieren eines Kits und beim Primen nicht unbedingt nötig, dass man dafür den Pflegeberuf erlernt hat. Es muss ja auch Zusatzpersonal aufgeschult werden.

 

Die Überwachung und Bedienung von Apparaten wird zum Teil auch international in manchen Bereichen von eigenen Operatoren wahrgenommen. Es ist nicht so, dass man einen Arzt von der Promotion weg hinsetzt, sondern er wird natürlich eingeschult werden müssen. Aber das müssen auch Pflegepersonen, auch eine Pflegeperson kann üblicherweise ohne Aufschulung einen Dialyseapparat selbstverständlich nicht bedienen. Wer immer das glaubt, zeigt, dass er keine Ahnung davon hat, was sich in der Medizin oder in der Pflege abspielt. Es ist für die Bedienung von Apparaten nicht unbedingt die eine oder die andere Ausbildung absolut erforderlich, und ob ein Patient reagiert oder ob er Schwierigkeiten hat und wie die Elektrolyte zu bewerten sind, das wird wohl auch ein junger Arzt wissen, oder auch, wann er einen anderen zu rufen hat. Das ist, bitte, kein Grund. Da sind andere Gründe dahinter, dass man das nicht will, und auch international ist das möglich.

 

Die vierte Schicht hat sich in Wien deshalb ergeben, weil wir wesentlich mehr - nämlich über 300 pro Million Einwohner - Dialysepatienten haben als in den Bundesländern. Dort ist das eine Zahl weit unter 300, wahrscheinlich auch dadurch, dass wir die Indikation sehr weit stellen. Ich glaube, Wien ist das einzige Bundesland, das zum Beispiel Patienten mit multiplem Myelom oder mit einer Knochenmarkstransplantation noch dialysiert. Es gab Ärzte in Wien, die solchen Patienten die Dialyse verweigert haben; dann steigen die Zahlen nicht sehr rasch.

 

Ich bin nicht für die vierte Schicht, und wir setzen alles daran, dass wir untertags die Patienten so versorgen können, dass eine vierte Schicht unnötig ist. Aber bevor ich einem einzigen Patienten eine Dialyse verweigere, werde ich immer für die vierte Schicht sein. Es wird immer so sein, dass akut manches mehr nötig ist, weil es rascher kommt, und dann wird man den Patienten die Möglichkeit geben. Ich würde es schlecht finden - ich habe unlängst erst einen Kollegen aus einem Bundesland getroffen und gefragt, wie viele Myelom-Patienten er dialysiert, und er hat gesagt: Keinen, weil sie keine Myelom-Patienten dialysieren. Man kann also den Zugang sehr wohl steuern. Denn dass wir in Wien so exorbitant mehr Menschen mit metabolischem Syndrom als in allen anderen Bundesländern haben, ist unvorstellbar.

 

Wenn man daher etwas angreift und sagt, dass sich das reiche Wien das nicht leistet, dann sollte man auch sehr genau die Zahlen vergleichen und nicht immer jedem Lobbyismus und jeder Befindlichkeit auf den Leim gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Vierte Zusatzfrage: Frau GRin Korosec.

 

GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

 

Ich freue mich, dass Sie den Vorschlag von StR Dr Hahn aufnehmen wollen, über Pilotprojekte des WIKRAF hier zu finanzieren. Das halte ich für sehr positiv.

 

Meine Frage geht jetzt in folgende Richtung. Wir werden immer älter, und es ist bekannt, dass gerade Dialysepatienten über 75 besonders stark ansteigen. Welche Trendabschätzung für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre gibt es, und welche Vorkehrungen werden Sie treffen?

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Frau Gemeinderätin!

 

Man rechnet mit einem ungefähr 6-prozentigen Anstieg. Wir wissen noch nicht, wie weit wir mit Präventionsprogrammen eben das metabolische Syndrom etwas in den Griff bekommen. Das wirkt sich in Wien stärker als in den Bundesländern aus, bedingt durch unseren Lebensstil.

 

Wie gesagt, es gibt jetzt Gespräche auch mit privaten Betreibern darüber, dass man das in Form einer Kooperation durchführt. Es kommt, wie gesagt, Niederösterreich nicht in Frage. Sie wissen, der WIKRAF kann immer nur innerhalb der Landesgrenzen tätig sein, wie ja jeder Fonds immer nur innerhalb seiner Landesgrenzen und nicht außerhalb bezahlen kann. Es kann der WIKRAF nicht einmal für Ybbs bezahlen, weil Ybbs nicht in Wien ist, obwohl es zum Bereich der Stadt Wien gehört. Das ist gesetzlich so strikt geregelt.

 

Wie gesagt, wir wollen die Peritonealdialyse weiter forcieren. Es gibt Besprechungen mit der Krankenkasse, um die Dialyse im Hanusch-Krankenhaus auszuweiten. Im Übrigen müssen in erster Linie baulich die Bereiche, in denen wir jetzt Dialysegeräte stehen haben, verändert

 

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