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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 120

 

Ausbildung in Schule und Beruf zu schaffen. Weiter als die Stadt Wien von allen diesen gesetzlichen Vorgaben entfernt ist, kann man schon nicht mehr weg sein. Sie vollziehen dieses Gesetz nicht. Wenn man sich das Budget ansieht, so kommt man zu dem Schluss, dass Sie auch im kommenden Jahr nicht vorhaben, dieses Gesetz zu vollziehen. In einem Rechtsgutachten des Jugendwohlfahrtsgesetzes wird auch festgestellt, dass die gesetzliche Lage so ist. Die Juristen der MA 11 leugnen das auch gar nicht, das ist Gesetzeslage, aber Sie setzen sich einfach darüber hinweg. Im Grunde genommen ist es so, dass es nicht stattfindet, hat ganz andere Gründe.

 

Wenn der Jugendwohlfahrtsträger seinen Pflichten aus der Vormundschaft nicht nachkommt, ist der Minderjährige berechtigt, sich bei einer gerichtlichen Behörde zu beschwerden. Allenfalls stellt sich darüber hinaus bei Nichtbeachtung der übernommenen Verpflichtung die Frage einer strafrechtlichen Verantwortung des Jugendwohlfahrtsträgers. Sie wissen das, ignorieren die gesetzliche Lage seit Jahren und haben offensichtlich vor, sie auch in Hinkunft zu verletzen. Da komme ich Ihnen jetzt nicht mit Fallbeispielen, die die Sache bildlich begreifbar machen würden, wie das nämlich ist, wenn einer ohne Hose und Schuhe im Jugendamt landet und dann von der Polizei weggebracht wird, weil sich das Jugendamt nicht mehr zu helfen weiß.

 

Ich weiß, Sie leiden schrecklich. Ich rechne Ihnen das hoch an, dass Sie leiden, Herr GR Vettermann. (GR Heinz Vettermann: Die Geschichte geht anders! Ich kenne sie! – GR Mag Sonja Wehsely: Die Geschichte ist so, wie Sie sie darstellen, falsch!) Das ist falsch? Wir werden demnächst unsere Recherche fertig haben. Da gibt es so viele grauenhaft Fälle. (GRin Mag Sonja Wehsely: Sie reden immer nur von Einzelfällen!)

 

Nehmen wir den sanftesten Fall. Nehmen wir an, ein 16-jähriger Jugendlicher kommt zum Jugendamt, winterlich gut gekleidet und bittet darum, untergebracht zu werden. Da gibt es verschiedene Varianten. Da gibt es die Variante, dass er weggeschickt wird. Das ist Hunderte Male der Fall gewesen. Oder wollen Sie dem widersprechen? (GRin Mag Sonja Wehsely: Sie halten die Rede!) Besser nicht, lassen wir es dabei. Hunderte Male weggeschickt.

 

Dann gibt es die Variante, zum Verein Duara geschickt. Dort darf er eine Woche ohne Matratze, glaube ich, bleiben. Alles schrecklich, ohne Matratze. Dann muss er auch von dort weggehen. Mittlerweile ist das Haus zu Recht zugesperrt worden.

 

Dann gibt es die Variante, dass das Jugendamt einen Platz findet und der Mensch irgendwo untergebracht wird.

 

In jedem Fall aber ist das Jugendamt weit davon entfernt, die Erziehung des Minderjährigen und die Vormundschaft mit allen Begleiterscheinungen zu übernehmen.

 

Ich stelle daher an dieser Stelle einen Antrag, ohne Ihnen jetzt die Begründung vorzulesen. Ich denke mir, das wird eine gute Gelegenheit für die Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion sein, zu zeigen, dass sie ebenfalls der Meinung sind, dass diese Jugendlichen bei uns aufgenommen und versorgt werden müssen.

 

Der Beschlussantrag lautet wie folgt:

 

"1. Jeder unbegleitete minderjährige Flüchtling wird vom Jugendamt entsprechend den Richtlinien und Qualitätsstandards der Jugendwohlfahrt untergebracht." – Ich denke, dagegen können Sie nichts haben, es wird wahrscheinlich auch Ihre Meinung sein, dass dem so sein soll. –

 

"2. Das Jugendamt übernimmt alle gesetzlich definierten Aufgaben eines Vormundes." – Ich nehme an, Sie werden auch dagegen nichts haben.

 

"3. Es erfolgt ein jährlicher Tätigkeitsbericht des Jugendamtes über die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, beginnend mit dem Jahr 2003, der den GemeinderätInnen ausgefolgt wird."

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Ich möchte in der gebotenen Kürze noch kurz auf das Fiasko an den Pflichtschulen Wiens eingehen. Ich denke im Speziellen an die Volksschulen. Ich nehme an, Sie werden in letzter Zeit so viele Mails wie ich erhalten, wo die Berichte aus den Schulen nunmehr schön langsam eintrudeln. Wir sind zusammengefasst in der Situation, dass der Vertrag zwischen Bund und Wien, im Finanzausgleich geschlossen und unterschrieben vom Bgm Häupl mittlerweile 8 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an den Pflichtschulen weggekürzt hat. Wenn man die Supplierreserve einrechnet, dann sind es 8 Prozent.

 

Nunmehr kommt aber eine zweite Sache dazu, nämlich die Frühpensionierungen. Damit konnte jeder rechnen. Die Schulen haben damit gerechnet, weil sie gewusst haben, dass dieses Schrecknis auf sie zukommt. 750 an der Zahl. Mir wurde noch vor drei Wochen im Stadtschulrat versichert, dass mit 1.12.2003 all diese Posten nachbesetzt werden. Ich bin noch einmal hingegangen und habe noch einmal gefragt, ob das stimmt, ob wir uns darauf verlassen können, dass diese Posten nachbesetzt werden. Es hat geheißen, sie werden alle nachbesetzt. (GRin Barbara Novak: Es hat geheißen, dass jede Klasse einen Lehrer haben wird!) Es ist durchaus möglich, dass Sie jetzt nicht von selber wissen, woher ich die Auskunft bekommen habe. Ich kann Namen und Zeitpunkt nennen. Und zwar hatte ich am Tag vor der letzten Einserkollegiumssitzung ein Gespräch mit dem Herrn Dr Weidinger, wo ich mehrfach nachgefragt habe und er mir noch einmal versichert hat, dass man sich darauf verlassen kann, diese Posten werden nachbesetzt.

 

Wir können uns vorstellen, dass das Sparpaket von Bund und Wien mit einer Reduktion von 8 Prozent an Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen bei der Qualität Einbußen und Löcher gerissen hat, dass es nur so kracht. Ich wiederhole das jetzt nicht. Wir können das alle in den entsprechenden Papieren und in den Aussagen der LehrerInnen und DirektorInnen nachlesen. Wenn zu diesen 8 Prozent nun überfallsartig – das ist der springende Punkt, damit hat niemand rechnen können –

 

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