Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 106 von 122
geben wollen, aber de facto bleibt es. Und - das wird Herrn
StR Faymann freuen - Androsch verlangt außerdem die Abschaffung der
Wohnbaufinanzierung.
Und die geforderten Maßnahmen soll Androsch gemeinsam
mit Gusenbauer ... - Ich nehme ja nicht an, dass Herr Androsch mit Herrn Dr
Gusenbauer drei Tage vor der Wahl in die Öffentlichkeit geht und ein Pressegespräch
abhält, ohne das vorher abgesprochen zu haben! Ich glaube nicht, dass Herr Dr Androsch,
dem man ja alles andere als politische Unerfahrenheit nachsagen kann, dies ohne
Genehmigung und ohne Einverständnis mit dem Bundesparteivorsitzenden der SPÖ
ausgesagt hat.
Androsch sagt, es sei einfach nicht möglich, dass jeder
Einzelne mehr dazubekommt und man gleichzeitig ein ausgeglichenes Budget
erreicht. Da wird sich selbst Herr Dr Gusenbauer mit seiner angekündigten Neuverschuldung
von 3 Prozent schwer tun. Er will ja von der jetzigen Linie des
Nulldefizits, die er ja eine Zeit lang sogar in die Bundesverfassung aufnehmen
wollte, wieder weg, er will ja wieder hin zu einer Neuverschuldung. Das fügt
sich ja durchaus in das Bild sozialdemokratischer Finanz- und
Wirtschaftspolitik: Mehr Schulden machen - und die zukünftigen Generationen
sollen es dann zahlen!
Das ist nicht unsere Politik, das wissen Sie. Sie werden
in den nächsten Tagen und Wochen einmal genau sagen und zeigen müssen, wie Sie
es anlegen werden wollen. Dann werden Sie wahrscheinlich bei Ihrer Rhetorik,
die Sie bislang gehabt haben, eine 180-Grad-Wendung machen. Nur: Wir haben es
nicht vergessen und die Bürger haben es auch nicht vergessen. Sie haben das ja
recht gut kommuniziert, das kann ich Ihnen gerne zugestehen. Aber ich glaube,
dass Sie hinsichtlich dessen, was Sie selbst in den letzten drei Jahren kommuniziert
haben, nämlich dass der Bund an allem schuld ist, von dem Fluch der bösen Tat
eingeholt werden.
Eines vielleicht noch schnell zum Budgetvollzug,
worauf ich hier auch hinweisen möchte. Ich habe - so wie Sie natürlich auch -
einen Kontrollamtsbericht über die Instandsetzungsarbeiten an der städtischen
Schule in Wien 19, Krottenbachstraße 108 vor mir liegen. Es ja immer ganz
interessant, auf der einen Seite den Voranschlag zu lesen, der, jetzt will ich
nicht sagen, Hausnummern, aber sagen wir einmal Wunschziffern enthält. Das ist
vielleicht ein bisschen freundlicher formuliert. Aber wenn man sich dann den
Budgetvollzug anschaut - und das soll man schon auch immer wieder in Relation
setzen, um die Bedeutung und die Wertigkeit eines Budgets zu sehen -, dann ist
es ganz gut, sich auch einmal anzuschauen, was konkret geschehen ist und wie konkret
mit dem Geld umgegangen wird.
Nur ein Auszug aus diesem Kontrollamtsbericht. Hier
kann man lesen, dass auf der einen Seite beispielsweise für Planungsarbeiten
rund 11 000 EUR veranschlagt wurden, aber schlussendlich dann für
Planungsarbeiten rund 64 000 EUR angefallen sind. Das ist so Wunsch
und Wirklichkeit zwischen Budget und Budgetrealität. Das ist genau das, was auch
diesem Budget anzuhaften scheint.
Wieso kommt es - das Kontrollamt schreibt das auch in
dankenswerter Offenheit her; das ist anzumerken -, dass beispielsweise etwa die
MA 23 die Bauleistungen noch vor dem Abschluss der Planungsarbeiten ausschrieb?
- Das ist auch ganz interessant, wenn man zuerst zu bauen anfängt, nachher
plant man, und dann wird es natürlich schlussendlich um etliches teurer.
Wobei ich heute - wir werden das bei einer anderen
Gelegenheit vielleicht noch etwas genauer debattieren - auch auf die
Vorgangsweise eingehen möchte, Ausschreibungen durchzuführen, Angebote zu
bekommen und dauernd zu sagen: Mit dem, was ich hier angeboten bekommen habe,
bin ich in der Form nicht zufrieden, aus welchen Gründen auch immer. Da gibt es
eine wunderbare Erklärung: Aus wirtschaftlichen Gründen - das ist ein
herrlicher Grund, eine Ausschreibung aufzuheben - bin ich mit dem Ergebnis
nicht einverstanden. Ich mache ein neues Verfahren und stelle dann fest, dass
es beim neuen Verfahren schlussendlich teurer wird als beim ersten Verfahren.
Aber nicht nur das. Es wird nicht nur teurer bei der zweiten Ausschreibung,
sondern es ist dann so, dass man gegenüber dem, was angeboten wurde,
schlussendlich bei der Abrechnung mehr als das Doppelte bezahlen muss, als
ursprünglich geplant war.
Das ist ein Kontrollamtsbericht, der meines Erachtens
so symptomatisch ist und uns Auskunft gibt über Ihre Art und Weise der
Budgetierung, der Budgetwahrheit, des Umgangs mit dem Geld. Und so, wie Sie es
auf der Bundesebene gemacht haben, so machen Sie es auf Landesebene. Daher ist
man, glaube ich, nicht nur gut beraten, das Budget abzulehnen, ich glaube auch,
dass die Menschen in diesem Land gut beraten sind, bei Wahlentscheidungen dafür
Sorge zu tragen, dass Sie keine Regierungsverantwortung auf Bundesebene haben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau
GRin Malyar hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Martina Malyar (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Sozialbudget ist natürlich ein Herzstück im Voranschlag
2003, und diese in Zahlen gegossene Politik der Wiener Roten, der Wiener
Sozialdemokraten, zeigt, dass wir hier einen ganz eindeutigen Standpunkt vertreten,
nämlich dass wir eindeutig auf der Seite der Schwächsten in unserer
Gesellschaft stehen.
Alle diese Schwachen und Schwächsten haben einen
konkreten Namen, und wie ich an einigen Beispielen zeigen möchte, sind es auch
ganz konkrete Beispiele für unsere Politik. Damit kann ich gleich auch auf
einige der Vorredner eingehen.
Ich nenne zum Beispiel die langzeitarbeitslose ehemalige 15-Stunden-Billa-Kassierin
Gerda, den 8-jährigen mehrfach behinderten Marco, die in Scheidung lebende
arbeitssuchende Alleinerzieherin Petra oder den obdachlosen Günther C.,
der ursprünglich aus Gänserndorf kommt, oder den afghanischen Flüchtling
Abdul M. aus Traiskirchen oder das kleine 2-jährige Mädchen Jennifer,
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