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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 122

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bevor Kollege Margulies jetzt zu Wort kommt, möchte ich bekannt geben, dass Kollege Wagner noch 8 Minuten hat. Kollege Margulies hat 2 Minuten und 30 Sekunden.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Da freue ich mich aber über diese Kürze. (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Wir auch!) Gut. Ich werde versuchen, es kurz und knapp zu machen.

 

Das Wiener Gesundheitssystem erinnert an eine Mängelverwaltung auf relativ hohem Niveau (GR David Ellensohn: Noch!), noch auch relativ hohem Niveau, denn wenn man die Wirtschaftspläne des KAV liest und auch diejenigen Summen, die im Bereich des Wiener Budgets bereitgestellt werden, dann ist, wenn es nicht zu einer generellen Änderung kommt - ich werde das später noch kurz skizzieren -, binnen der nächsten fünf Jahre damit zu rechnen, dass dieses Niveau nicht aufrechtzuerhalten sein wird. Leidtragende sind gegenwärtig sowohl die Bediensteten in den Spitals- und Pflegeberufen - weil zum Teil Planposten nicht besetzt werden, Karenzvertretungen gemacht und Überstunden geleistet werden müssen und so weiter -, als auch die Patienten. Wir alle wissen, dass man mittlerweile auf Operationen länger wartet, wir alle wissen, dass man in Ambulanzen länger wartet als früher. Es gäbe also noch viele Verbesserungsmöglichkeiten auch im Bereich der Wiener Krankenanstalten.

 

Im Bereich der Krankenanstalten wäre das insbesondere die gemeinsame Koordination und Abstimmung eines Wiener Krankenanstaltenplans, der tatsächlich einem Wiener Krankenanstaltenplan entsprechen würde und nicht ein Papierl ist, aus dem letztendlich weder Leitlinien einer Wiener Gesundheitspolitik herauszulesen sind noch tatsächlich Entwicklungsszenarien der Wiener Spitäler für die Zukunft. - So viel zu Wien.

 

Nachdem für das Unternehmen KAV - wie Kollegin Pilz ja auch schon in ihrem Antrag klargestellt hat - ein Budget vorliegt, das eigentlich nicht wirklich zu lesen ist, weil sämtliche detailliertere Information fehlt, und aus den zuvor genannten Gründen, lehnen wir diesen Wirtschaftsplan ab.

 

Aber jetzt zu den Weihnachtsmannwünschen von ÖVP und FPÖ. Da glaube ich ja manchmal, ich bin in einem schlechten Film. Ihre Bundesregierung verspricht permanent: Wir senken die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent!, gleichzeitig fordern Sie aber das, das und das im Gesundheitssystem ein. Ihre Landeshauptleute sind mitverantwortlich dafür, dass es in Wirklichkeit keine sinnvolle Abstimmung des österreichischen Gesundheitswesens gibt, eine Koordination wirklich österreichweit. Das wäre notwendig. Man muss gerade im Gesundheitssystem endlich einmal wegkommen von diesem Grätzeldenken. Das betrifft aber nicht nur die Landeshauptleute, sondern das geht weiter in die einzelnen Primariate et cetera.

 

Ein letzter Punkt - denn ich sehe, das Lamperl blinkt - zu Ihren Weihnachtsmannwünschen. Wenn Sie tatsächlich glauben, die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent senken zu können und ein Gesundheitssystem aufrechterhalten zu können, das das gegenwärtige Niveau tatsächlich verbessert, dann ist das die Quadratur des Kreises. Und ich unterstelle Ihnen jetzt: Das, was Sie wollen, ist eine Zweiklassenmedizin.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend): Bitte, den Schlusssatz.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (fortsetzend): Ich komme zum Schluss.

 

Sie wollen eine Zweiklassenmedizin, denn anders geht es nicht. Das Gesundheitssystem wird etwas kosten, und entweder bezahlen wir es durch unsere Steuern und Abgaben oder wir bezahlen es privat. Wenn wir es privat bezahlen, so wie Sie es wünschen, können sich die Ärmeren in diesem Land das Gesundheitssystem nicht mehr leisten. (Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Schlusssatz!) Daher lehnen wir Ihre Gesundheitspolitik ebenso ab. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste zum Wort gemeldet: Frau GRin Lakatha. Ich darf bekannt geben: Sie haben 10 Minuten, die Sie sich mit Herrn Kollegen Pfeiffer teilen müssen. Wie auch immer, das ist nicht mein Problem.

 

GRin Ingrid Lakatha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Dass Sie der Meinung sind, dass das Wiener Gesundheitssystem ein ausgezeichnetes ist, das ist verständlich. Aber wie erklären Sie dann, dass bei Herzpatienten in der Akutchirurgie derartige Probleme entstehen? Wieso ist es in einer Stadt möglich, dass bei der Orthopädie Leute, die Schmerzen haben, sechs bis zwölf Monate wenn nicht länger auf eine Operation warten müssen? (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Weil bis zu 35 Prozent aus den Bundesländern kommen!) Sie sterben sicher nicht, aber sie haben die ganze Zeit Schmerzen. Und bei dem Punkt, wo wir leicht Geld einsparen können, nämlich bei der Vernetzung der Krankenhäuser, wodurch Doppelbefundungen, und zwar sinnlose und kostspielige Doppelbefundungen, eingespart werden könnten, geht auch nichts weiter.

 

Ich würde sagen, das Gesundheitssystem ist gut, aber es bedarf noch einer wesentlichen Verbesserung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte jetzt noch kurz auf einen Bereich eingehen, für den Sie auch zuständig sind, Frau Stadträtin. Bis zum Jahre 2010 werden die Zahlen der Pflegebedürftigen in Österreich von 600 000 auf 800 000 steigen, bis zum Jahre 2010 wird also mehr Pflegepersonal benötigt werden. Statistisch gesehen - aber das wird Sie wahrscheinlich dann nicht mehr betreffen in dieser Funktion - rechnet man damit, dass man bis zum Jahre 2040 um 30 000 bis 35 000 Menschen mehr als Pflegepersonal braucht.

 

Es ist ganz klar, dass kein Land und selbstverständlich auch nicht der Staat ohne die unbedankte Mithilfe der Angehörigen bei der Pflege kranker Menschen auskommt. Die Feststellung, dass das Pflegegeld alles ausgleicht, ist etwas, was man nicht gelten lassen kann, denn Pflege, psychische Belastung, Sorgen um die Kranken und Angehörigen können nicht mit Geld

 

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