Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 122
Konjunkturaufschwung auch im Bereich des Möglichen ist. Ich
würde mir das Gleiche für die Stadt Wien wünschen.
Hier vielleicht einen kleinen Sidestep zum Budget an
sich: Alle Oppositionsparteien und wahrscheinlich auch Teile oder einige
Mandatare der Regierungspartei, die nicht so gut informiert sind wie die
Stadträte, leiden darunter, dass man aus dem Budgetexemplar nicht wirklich
herauslesen kann, wofür das Geld ausgegeben wird. Es sind da so Positionen wie
"Darlehen an Vereinigung mit Erwerbscharakter oder ohne Erwerbscharakter
et cetera", wie auch immer. Es verstecken sich zweistellige
Euro-Millionenbeträge in einzelnen Zeilen, deren Inhalt überhaupt nicht
identifizierbar ist. Nun weiß ich schon, ich bin ja lang genug hier im Hause
tätig, die Belehrungen kenn' ich, das ist eben die Systematik des Budgets und
das geht nicht anders. Aber es gibt ja auch die Möglichkeit, dass man
Sachausweise auf freiwilliger Basis erstellt, wenn man nichts zu verbergen hat,
nämlich dass man, abgesehen von der Budgetsystematik, die einzuhalten ist,
deklariert, was man wirklich mit dem Geld anzufangen beabsichtigt. Das ist
eben, wie gesagt, dann umso notwendiger, wenn man in einer ungeheuren Höhe
Zuwächse an Wirtschaftsförderungsmitteln ankündigt und im Einzelnen nicht
wirklich bekannt ist, wofür das jetzt punktgenau ausgegeben wird oder welche
neuen Maßnahmen - neue, ich betone das - man damit setzen möchte.
Der Einsatz von Finanzmittel ist natürlich noch nicht
alles, was eine Wirtschaftspolitik in einer Stadt können muss. Es ist wichtig,
die Wirtschaft monetär zu fördern, es ist sehr wichtig, aber es ist nicht
ausreichend und ich möchte ganz zum Schluss doch noch erwähnen, dass es für den
Wirtschaftsstandort, für einen Wirtschaftsraum, natürlich auch sehr, sehr
wesentlich ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen, sowohl was die
Infrastruktur, also alle technischen Hilfsmitteln, betrifft, als auch was das
Wirtschaftsklima betrifft.
Da gehören halt auch so Dinge dazu, wie dass man sich
auch Bereichen widmet, wie Ansiedlungspolitik, Politik, um Betriebe in der
Stadt zu halten, im Wege über vernünftige Grundstücksvergaben oder sonstige
Unterstützungen, die natürlich alle EU-konform sein müssen. Aber um diese
Bemühungen ist es in letzter Zeit, wo wir so massiv in die Technologiepolitik
hineingehen, eher still und leise geworden.
Dazu gehören auch eine Verwaltungsmodernisierung und
ein weiterer, ich sage absichtlich weiterer Bürokratieabbau, weil ich damit
anerkenne, dass es schon Bürokratieabbau mit einer deutlichen
Effizienzsteigerung gegeben hat. Wir kennen alle die Einzelbeispiele, die auch
Herr Bgm Häupl gern strapaziert, wenn es heißt, Genehmigungsverfahren müssen
verkürzt werden, in welch beeindruckend kurzen Zeiträumen für Großinvestoren
Genehmigungen erteilt werden und wie rasch Genehmigungsverfahren, wie
blitzartig Genehmigungsverfahren abgewickelt werden können, speziell wenn es
sich um Container im öffentlichen Raum handelt.
Aber was wir brauchen und wo es noch krankt, ist die
Verkürzung der Genehmigungsverfahren für die vielen kleinen Projekte, die die
klein- und mittelständische Wirtschaft hat. Ich sage nur, da krankt es, ob es
um eine Parkpickerlgenehmigung, um eine Ladezonengenehmigung oder um eine
Betriebsanlagengenehmigung geht. Da kann mir niemand einreden, dass das schon
im kürzest möglichen Zeitraum und mit der höchsten Effizienz abgewickelt wird.
- Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster
ist Herr GR Dr Serles zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. - 15 Minuten
haben Sie.
GR Dr Wilfried Serles (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Herr Finanzstadtrat! Meine Damen
und Herren!
Die Diskussion über das Budget 2003 ist eine
Gelegenheit und Chance für die Mitglieder des Gemeinderats,
wirtschaftspolitische Bilanz über die Maßnahmen, aber auch Versäumnisse einer
Stadt zu ziehen, die sozialdemokratisch regiert ist und wo es daher eine klare
Verantwortung gibt. Diese wirtschaftspolitische Bilanz fällt aus unserer Sicht
- möglicherweise überrascht Sie das nicht - im Bereich der Budgetpolitik, im
Bereich der Arbeitsmarktpolitik, aber auch im Bereich der Standortpolitik
eindeutig negativ aus. Im Bereich der Budgetpolitik deswegen, weil von den
antizyklischen Maßnahmen, die der Herr Finanzstadtrat heute in seinem
Eröffnungsstatement erwähnt hat, bei genauer Betrachtung reichlich wenig übrig
bleibt.
Herr Finanzstadtrat, wenn Sie in diesem Gemeinderat erklären,
dass die Investitionsausgaben der Stadt steigen, dann stimmt das einfach nicht!
Sie streuen uns hier Sand in die Augen! Eine Steigerung der
Investitionsausgaben kann zwar errechnet werden, stimmt aber mit der Realität
nicht überein. Wir haben die Investitionsquote dieser Stadt sehr genau
nachgerechnet und wissen, dass die Investitionsquote in dieser Stadt weiterhin
sinkt, von 14,2 Prozent im Jahr 1999 auf 11,9 Prozent im Budget 2003.
Das ist schlicht und einfach zu wenig, um antizyklische Konjunkturpolitik zu
betreiben. Deswegen ein klares Nein zur Budgetpolitik, die diese Stadtregierung
unter Ihrer Leitung vorgibt.
Unsere Bilanz fällt auch auf dem Gebiet der
Arbeitsmarktpolitik negativ aus. Sie muss deswegen negativ ausfallen, weil im
Gegensatz zu dem, was Herr Klubobmann Oxonitsch heute argumentiert hat, die
Arbeitslosenquote Wiens deutlich schlechter ist, als die des restlichen
Österreichs. Wir haben es mit Zwischenrufen bereits festgemacht, aber es muss
auch von diesem Rednerpult aus betont werden. Die Arbeitslosenquote Wiens
beträgt im ersten Halbjahr dieses Jahres 9,4 Prozent, die
Arbeitslosenquote in Österreich beträgt 6,6 Prozent. Jeder Arbeitslose in
diesem Land, in dieser Stadt ist ein Arbeitsloser zu viel, aber Wien hat auf dem
Bereich des Arbeitsmarkts eindeutig größere und ernstere Probleme als das
restliche Österreich.
Wir wollen auch festhalten, dass inzwischen jeder zweite
Arbeitslose in Österreich ein Wiener Arbeitsloser ist. Das ist bedauerlich. Die
Bilanz unter Bgm Häupl fällt mit 30 000 Arbeitslosen mehr eindeutig
negativ aus. Daher müssen wir leider auch im Bereich der Arbeits-
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