Gemeinderat,
18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 74
vorgekommen sind, aber wenig Zeitgenössisches.
Richtig wird auch in Bezug auf die BesucherInnenzahlen
gesprochen. Wenn man vergleicht, wie viele Besucher in andere Institutionen
gehen und wie viele ins Historische Museum gehen, ist da - jetzt freundlich gesagt
- ziemlich einiges an Nachholbedarf und an Neupositionierung drinnen. Immerhin
spricht in einem Interview ein Universitätsprofessor auch davon - Zitat -:
"Mein Bild vom Historischen Museum ist, da schläft etwas am Rande des
Karlsplatzes dahin. Jedenfalls hat das Museum es in den letzten zehn Jahren
nicht geschafft, mich als bewussten Besucher zu bekommen." Das spricht
etwas an, worüber man jetzt bei einer Nachfolge- und Orientierungsdiskussion
sehr wohl arbeiten sollte.
Zwar bin ich der Erste, der immer fest Watschen von
der SPÖ einfängt, wenn ich sage: SPÖ-Besetzung, SPÖ-Besetzung, SPÖ-Besetzung,
aber man soll nur aufpassen, dass man diesen Begriff nicht dort inflationiert,
wo er nicht primär richtig ist. Man kann viel darüber diskutieren und streiten
- und da kritisiere ich auch stark den Herrn Kulturstadtrat -, aber hier
angesichts einer diskussionswürdigen, kritikwürdigen Studie reine SPÖ-Politik
vorzuschieben, halte ich für falsch.
Ich bin froh über die Diskussion, die stattfindet.
Ich bin froh, dass sich Marie Ringler auch mit diesem Enquete-Antrag zu Wort
gemeldet hat. Ich würde mich freuen, wenn dem Rechnung getragen wird, was mit
den Anträgen gestern leider abgelehnt wurde. Ich freue mich auf eine sinnvolle
Diskussion und würde mir mehr an so kontroversen Studien auch bei anderen
Institutionen der Stadt Wien sehr wünschen. - Danke schön. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
Nächster ist Herr GR Dr Salcher zum Wort gemeldet.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich bin dankbar
dafür, dass das erste Mal ein Wort gefallen ist, das auch in der Enquete im
Historischen Museum der Stadt Wien relativ spät gefallen ist. Es ist dort viel
über Struktur und Prozesse, über Herrn HR Düriegl, über die Damen und Herren,
die das Gutachten geschrieben haben, gesprochen worden, aber das Wort "Besucher"
ist relativ spät gekommen und das ist mir persönlich ein sehr wichtiges Wort.
Ich schaue mir
relativ viele Museen in der Welt an - ich bin fast ein Museumsfan -, egal ob
das eine Gemäldegalerie, ein Museum of contempory art, ein Kriegsmuseum, ein
Friedensmuseum, das Holocaust-Museum oder das Filmmuseum ist. Es gibt nur zwei
Arten von Museen auf der Welt: Solche, in die man gern hineingeht, die spannend
sind, die interessant sind, wo man etwas lernt, und solche, die einen an die
Wandertage erinnern, wenn es verregnet war und man zur Strafe ins Museum gehen
musste.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Allerwichtigste,
was es für dieses neue Museum der Stadt Wien geben muss, ist, dass es ein
Besuchermuseum sein soll. (Beifall bei der ÖVP. - Amtsf StR Dr Andreas
Mailath-Pokorny: In welche Kategorie fällt es jetzt?)
Sie haben eine Studie in Auftrag gegeben, die Ihnen
eine Antwort auf die Frage bringen sollte. Ich drücke mich aber nicht um den
Inhalt, den das erfüllen sollte. Wir haben, glaube ich, auch bei der Enquete
sehr deutlich gesehen, dass Inhalt in dieser Frage nicht etwas ist, das man an
Experten delegieren kann, ohne die Kompetenz der Experten, die dort aufgetreten
sind, in Zweifel zu ziehen, aber die waren sehr unterschiedlich und haben auch
sehr unterschiedliche Dinge vor. Da ist es legitim, von der Politik klar und
deutlich zu sagen, was wir wollen. Und das sage ich auch sehr klar und
deutlich: Es soll weiterhin ein historisches Museum sein, in dem alle
Zeitepochen, natürlich inklusive der Zeitgeschichte, präsentiert werden. Es
soll ein Stadtmuseum sein. Und es soll drittens, das sage ich auch klar und
deutlich, ein Museum der Stadt Wien und ein Wiener Museum bleiben. Das ist mir
ein Anliegen.
Ich sehe dort weniger die Gefahr eines verstaubten
Heimatmuseums, wie das eher tendenziell in diesem Bericht dargestellt wurde.
Ich glaube, dass es zwar einige gibt, die davon träumen, dieses neue Museum
dann als ein Instrument der einseitigen Gesellschaftsveränderung zu
präsentieren, in der die Geschichte umgeschrieben wird - das ist die
Hauptbefürchtung, die die FPÖ heute bringt (GRin
Mag Heidemarie Unterreiner: Das stimmt nicht!) -, aber ich sage gleich
dazu, das ist nicht meine Hauptsorge. Meine Hauptsorge ist, dass das ein kaltes
und kopflastiges Museum ist, weil modern ist für mich nicht, wenn keiner hingeht.
(Beifall bei der ÖVP.)
Kunst hat spannend zu sein, Kunst hat sinnlich zu
sein, gerade und auch in einem Museum. Ich sage das deshalb, weil ich weiß, wie
schwer das zu erreichen ist und dass es weitaus mehr schlechte als gute Beispiele
gibt. Ich möchte diesen Aspekt der Besucherorientierung deshalb so betonen,
weil er mir auch in der Studie etwas zu kurz kommt. Ich wünsche mir eine
spannende Auseinandersetzung, ein Lernen, ein Erlebnis zu schaffen, Spaß und
Freude zu haben. Das ist das, was ich mir von einem Museum erwarte.
Ich glaube, es ist das Schöne - darauf bin ich ein
bisschen stolz und darauf können wir, glaube ich, alle stolz sein, die wir uns
heute an der Debatte beteiligen -, dass Wien wirklich die Kulturhauptstadt der
Welt ist, würde ich fast sagen, weil ich kann mir keine andere Stadt der Welt
vorstellen, wo in einer Aktuellen Stunde des Gemeinderats darüber diskutiert
wird, dass das Historische Museum der eigenen Stadt ausgegliedert wird. Aber
ich finde das als etwas sehr Positives und als etwas Tolles.
Ich habe heute auch meinen Überraschungseffekt gehabt. Ich
möchte mich jetzt nicht an der Debatte um Herrn HR Düriegl beteiligen, weil das
hat Dr Marboe ohnehin schon viel kompetenter und auf Grund eines persönlicheren
Verhältnisses gemacht. Eines muss ich aber schon sagen, wenn die Marie Ringler
heute offensichtlich ihre Träume vom Dornröschen geoutet und irgendwie das
Märchen modernisiert und umgeschrieben hat, weil wenn man ins Historische
Museum kommt und
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