Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 99
haben, dass Prof Mommsen sich nicht über einzelne
Prozentsätze geäußert hat, dann klingt das für mich immer ein wenig so wie die
Diskussion darüber, ob 6 Millionen Juden ermordet worden sind oder ob es
doch "nur" - unter Anführungszeichen - 4,5 Millionen waren, oder
ob es doch mehr als 6 Millionen waren. Ich denke, dass solche Prozentsätze
und solche absoluten Zahlen in einer solchen Diskussion, die von Moral und
Ethik geprägt sein sollte, eigentlich keinen Platz haben sollten. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter
(unterbrechend): Herr Gemeinderat, es ist 16 Uhr.
GR Dr Michael LUDWIG (fortsetzend):
Ich komme schon zum Schluss.
Ich möchte nur abschließend noch einmal darauf
aufmerksam machen, dass dieses begleitende Symposium zur Wehrmachtsausstellung
in vielen Aspekten, wie ich meine, auch erhellende Ergebnisse über die öffentliche
Rezeption der ersten sowie der zweiten Ausstellung bringen kann. Historiker und
Politologen befassen sich auch damit, wie diese beiden Ausstellungen in der Öffentlichkeit
wahrgenommen worden sind.
Wir werden deshalb als Sozialdemokraten nicht nur den
vorliegenden Akt unterstützen, sondern wir werden auch alle Maßnahmen setzen,
die im Rahmen unserer Möglichkeiten in dieser Stadt bestehen, dass es am
8. Mai keine gewalttätige Demonstration gibt, dass es keine Demonstration
von rechtsradikalen, rechtsextremen Organisationen gibt, die das Ansehen
unseres Landes und unserer Stadt beschädigen. Wir werden alle unsere
Möglichkeiten einsetzen, damit es niemals wieder in unserer Stadt derartige
Entwicklungen, Ereignisse und Vorkommnisse geben wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Gemeinderäten der GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke
schön. - Ich unterbreche die Debatte zur Postnummer 32, weil es nachher ja
noch Wortmeldungen gibt.
Wir kommen nun zu dem Verlangen, dass die von den GRe
Heinz Christian Strache und Ing Gunther Wolfram eingebrachte, an den Herrn
Bürgermeister gerichtete dringliche Anfrage (PGL/02055/2002/0001-KFP-MDGF)
betreffend die "Zukunft der Sofiensäle in Wien" vom Fragesteller
mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über diesen Gegenstand
stattfinde.
Gemäß § 37 Abs. 5 der Geschäftsordnung hat
auf Verlangen vor der mündlichen Begründung die Verlesung der dringlichen
Anfrage zu erfolgen. Das wurde so von den Freiheitlichen auch gewünscht.
Ich bitte daher die Schriftführerin um die Verlesung
dieser dringlichen Anfrage.
Schriftführerin GRin Brigitte Reinberger: "Die Rettung der Sofiensäle ist für die
Stadt Wien kulturelle und historische Verpflichtung!
Die Wiener Sofiensäle sind als kulturhistorische Institution
ein wesentliches Kulturgut dieser Stadt. Die klassizistischen Sofiensäle, im
Volksmund auch liebevoll 'Sofie' genannt, wurden bereits im Jahre 1826 unter
dem Tuchscherergehilfen Franz Morawetz als Eigentümer errichtet. Nach dem Umbau
1838 dirigierte Johann Strauß Vater den Ball zur Eröffnung.
1864 wurde der Walzer 'Morgenblätter' von Johann
Strauß Sohn im Rahmen des Concordiaballs uraufgeführt. Die Sofiensäle waren bis
in die jüngste Zeit Veranstaltungsraum für wesentliche Ereignisse des
kulturellen Schaffens dieser Stadt.
Im August des Vorjahres hat ein verheerender Brand -
dessen Ursache bis heute noch nicht restlos aufgeklärt wurde - die Sofiensäle
massiv zerstört. Die Eigentümer haben seitdem alle nicht denkmalgeschützten
Teile niederreißen und einzig den Ballsaal stehen lassen.
Die Entscheidung des Bundesdenkmalamts vom
16. April 2002, die Reste der Sofiensäle weiter unter Denkmalschutz zu
stellen, war für uns Freiheitliche jedenfalls ein Grund zur Freude, aber auch
zur Besorgnis, da der Betreiber bereits festgestellt hat, dass er nicht bereit
sei, die Sofiensäle wiederherzustellen.
Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher gemeinsam
mit den Mitunterzeichnern gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den
Gemeinderat der Stadt Wien an den Herrn Bürgermeister nachfolgende dringliche
Anfrage:
1. Welche Bedeutung messen Sie den Sofiensälen als
Teil der kulturellen Identität dieser Stadt bei?
2. Welchen Standpunkt haben die Vertreter der Stadt
Wien im Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamts eingenommen?
3. Haben Sie als Vertreter Wiens Stellungnahmen
gegenüber dem Bundesdenkmalamt auf Grund der Empfehlung des Denkmalbeirats zur
Aufrechterhaltung des Denkmalschutzes abgegeben?
4. Welche konkreten Schritte wurden seitens der Stadt
Wien seit dem Brand der Sofiensäle unternommen, um im Zusammenwirken mit dem
Bundesdenkmalamt Maßnahmen zur Bewahrung der Bausubstanz der Sofiensäle anzuregen?
5. Hat es seit dem Brand der Sofiensäle Gespräche mit
den Eigentümern der Sofiensäle über die weitere Zukunft der historischen
Bausubstanz im Rahmen eines Gesamtprojekts gegeben?
6. Falls ja, welchen Inhalt hatten diese Gespräche
beziehungsweise zu welchen Ergebnissen haben die Gespräche geführt?
7. Falls nein, warum nicht?
8. Sind Sie bereit, mit Bund und Eigentümer über eine
zukünftige Gestaltung und Finanzierung der Sofiensäle in Gespräche einzutreten?
9. Sind Sie bereit, sich für das Zustandekommen einer
Sonderfinanzierung gemeinsam mit dem Bund - neben einer allfälligen
Mittelaufbringung durch den Altstadterhaltungsfonds - im Rahmen eines weiter
gehenden Gesamtprojekts einzusetzen, um den Erhalt und die Wiedererrichtung der
denkmalgeschützten Teile der Sofiensäle zu ermöglichen?
10. Sind Sie bereit, im Rahmen eines Runden Tisches,
Bund, Land und Eigentümer, Vertreter der im Rathaus vertretenen Parteien sowie
Vertreter interessierter Gruppen, wie Bürgerinitiativen, zu gemeinsamen Gesprächen
über die Zukunft der Sofiensäle einzuladen?
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