«  1  »

 

Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 99

 

Wir bieten Ihnen heute volles Programm. (Heiterkeit bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

Ich darf die unterbrochene Sitzung des Gemeinderats wieder aufnehmen.

 

Ich darf Ihnen Folgendes mitteilen: Die Präsidiale, alle vier Klubobleute, sind sich in voller Übereinstimmung einig, dass Ordnungsrufe, die vom Vorsitzenden erteilt werden, zu akzeptieren sind. Die Sache wird nicht besser, wenn man sie wiederholt. Ich darf Ihnen somit, Herr GR Blind, nochmals für die vor wenigen Minuten getätigten Äußerungen einen Ordnungsruf erteilen. Punkt 1.

 

Punkt 2: Es war nicht möglich, eine Distanzierung von den gegebenen Äußerungen zu erzielen, dies unter anderem auch deshalb, als das exakte Wortprotokoll auf Grund der Kürze der Zeit noch nicht vorliegt. Ich darf mir als Vorsitzender gestatten, nach Vorlage dieses Wortprotokolls gemeinsam mit den Klubobleuten dies noch im Rahmen der heutigen Sitzung zu besprechen.

 

Ich darf weiters noch einmal festhalten, wissend um die Emotionen, wissend um den Ernst des Themas, dass wir ein gemeinsames Gedankengut haben, dass wir uns, glaube ich, alle der Demokratie verpflichtend einig sind, dass dies in diesem Haus nicht wiederkehrt.

 

In diesem Sinne darf ich die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und darf Herrn GR Dr Salcher das Wort erteilen.

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich glaube schon auch, wenn ich auf die Galerie schaue und weiß, dass hier heute eine Klasse der Sir-Karl-Popper-Schule ist, dass wir den jungen Menschen zeigen sollten, dass wir in der Lage sind, ein sehr sensibles Thema mit unterschiedlichen Auffassungen in einer Art und Weise zu diskutieren - bei aller Härte -, die dieses Hauses würdig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Österreichische Volkspartei lehnt jede Form von politischem Extremismus ab, besonders natürlich auch jedes Wiederaufflammen des Nationalsozialismus. Wir haben daher auch Verständnis für die Sorge mancher Bürger, dass es am Heldenplatz im Zuge des 8. Mai zu Szenen kommen kann, die wir alle nicht haben wollen. Ich meine, jedem aufrechten Demokraten dreht es den Magen um, wenn er daran denkt, was derartige Bilder von Sieg-Heil-Rufen oder von Neonazis am Heldenplatz, einem sehr sensiblen Platz, auslösen könnten, nicht nur bei der Wiener Bevölkerung, sondern auch im Ausland.

 

Ich sage auch sehr klar: Mein Entsetzen ist aber kein einseitiges. Ich war auch entsetzt über die linke Gewalt in Salzburg bei den dortigen Antiglobalisierungsdemonstrationen. Ich habe selber als Zeuge miterlebt, wie anlässlich der Angelobung der Bundesregierung hier ganz nahe in der Lichtenfelsgasse Horden vorbeigezogen sind, die geschrieen haben "Widerstand, Widerstand, Schüssel, Haider an die Wand". Mir dreht es den Magen wegen des "Sieg Heil"-Rufens auf der Kärntner Straße, aber mir graut auch davor, wenn solche Worte, egal in welchem Zusammenhang, im österreichischen Parlament ausgesprochen werden. Ich finde es auch für falsch, egal in welchem Zusammenhang, wenn seinerzeit ein Abgeordneter der GRÜNEN eine Nazifahne im österreichischen Parlament gezeigt hat. Mit diesem Thema muss man sehr sensibel umgehen, meint die Österreichische Volkspartei, und ich glaube, auch der österreichische Innenminister ist ein Garant dafür, dass er das kann.

 

Die politische Haltung des Innenministers ist klar. Er hat selber in seiner politischen Zeit Anti-Burger-Demonstrationen mitorganisiert. Es ist schon erstaunlich, dass dieselben politischen Gruppen, die ihm auch öffentliches Lob dafür gegeben haben, wie liberal und tolerant er die teilweise nicht angemeldeten Donnerstags-Demonstrationen behandelt hat, jetzt zum Vorwurf machen, dass er die Demonstrationen, wo noch nicht klar ist, und es ist bis heute nicht klar, was am 8. Mai passieren wird, quasi schon im Vorfeld verbietet. Das ist die Falle, in die wir nicht gehen sollten. Ich möchte Sie daran erinnern: Das Erste, was die Nationalsozialisten gemacht haben, war, die Versammlungsfreiheit aufzuheben. Daher sollten wir Widerstand leisten, aber intelligenten und wirksamen Widerstand. (Beifall bei der ÖVP und des GR Heinz Christian Strache.)

 

Und der Innenminister ist kein guter Innenminister, wenn er Demonstrationen, die dem einen gefallen, zulässt und die anderen verbietet, sondern er ist dann ein guter Innenminister, wenn er die Versammlungsfreiheit in diesem Land garantiert, wenn er aber Versammlungen und Demonstrationen verbietet, sobald sie entweder gewaltsam sind oder Wiederbetätigung zeigen. (GR Harry Kopietz: Die "Sieg Heil"-Rufe in der Kärntner Straße!) Ich habe gesagt Kärntner Straße und Parlament; in beiden sollten derartige Dinge nicht stattfinden.

 

Das Problem ist, und Sie sprechen das an, Versammlungen vorab zu verbieten, weil die Gefahr besteht, dass strafbare Handlungen gesetzt werden. Wenn wir das zum Prinzip machen, das ist es derzeit nicht, dann müssten wir zum Beispiel auch die Opernball-Demonstrationen vorab verbieten, weil es auf Grund der Vergangenheit ganz klar ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu strafbaren Handlungen kommt, eine sehr große ist. Ich glaube daher, dass man sehr sensibel mit diesem Thema umgehen müsste. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Die Trauerkundgebung allein ist nicht schon problematisch für Sie?) Frau Stadträtin, nach dem jetzigen Stand der Information liegt bis jetzt im Innenministerium keine Anmeldung für eine Demonstration mit dem Thema vor. Wenn das der Fall wäre, was Sie sagen, würde der Innenminister sofort diese Veranstaltung verbieten. Bis dato liegt das nicht vor. Das ist mein Stand der Information. Wenn Sie einen anderen haben, ist es in Ordnung. (GR Harry Kopietz: Wissen Sie nichts von der Trauerkundgebung?) Entschuldigen Sie, ich möchte mich an meine Redezeit halten.

 

Ich möchte einen politischen Lösungsvorschlag hier auch einbringen. Wenn viele der Meinung sind, dass der Heldenplatz ungeeignet ist zum Beispiel für derartige Demonstrationen, oder wenn es auch nur die Gefahr gibt, dann sollten wir das tun, was auch in Deutschland der Fall ist, dort von der CDU betrieben, nämlich so

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular