Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 81
die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Renate Winklbauer:
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die
Debatte ist eröffnet. Herr GR Mag Chorherr hat sich zum Wort gemeldet.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen
und Herren!
Wir werden diesem Akt selbstverständlich zustimmen.
Ich möchte den Wiener Gemeinderäten und
Gemeinderätinnen, insbesondere von der ÖVP und der FPÖ, auch eine Empfehlung
geben, von Sonntag auf Montag in der Nacht aufzubleiben und sich die
Oscar-Übertragung im Fernsehen anzuschauen. Da hat es nämlich zum ersten Mal
seit sehr langer Zeit - ich meine, nicht entsprechend gewürdigt in der
Öffentlichkeit - eine österreichische Filmproduktion geschafft, für den Oscar
nominiert zu werden: "Copy Shop". Wer letztes Jahr bei der Grünen
Kino-Weihnacht war, hat ihn dort sehen können. Wir zeigen dort, gerade aus
visionärer Sicht, jene Filme, die einen Oscar bekommen. Im Vorjahr war das
nämlich auch so. Ich möchte das nur als Beleg bringen, wie es Virgil Widrich
neulich in einem Interview gesagt hat: "Vielleicht nützt das Stammtischargument
Oscar."
Tatsache ist - ich mache das selten, mich von dem
Pult aus mit der Bundespolitik auseinander zu setzen -, dass die Streichungen
auf Bundesebene gerade im Filmbereich und gerade, weil Kollege Marboe auch
zuhört, den ich persönlich schätze, der sich aber dazu nie entsprechend
geäußert hat, mit 40 Prozent in der einheitlichen Meinung aller, die sich
mit dem Film beschäftigen, verheerend für die österreichische Filmwirtschaft
sind. Es ist jetzt bereits so, dass die Wiener Filmfinanzierung, die wir heute
beschließen werden, höher ist, als die Bundesfilmfinanzierung. (StR Dr Peter Marboe: Und warum? Erinnern
Sie sich, warum sie höher ist?) Warum? - Weil der Bund um 40 Prozent
gekürzt hat. (GR Dr Matthias Tschirf:
Weil es der StR Marboe gemacht hat!) Wenn Sie es hören wollen: Ja, der
Kollege Marboe hat sich, als er amtsführender Stadtrat war, sehr für den Film
eingesetzt. Ich gehe Sie auch gar nicht an, dass Sie da etwas schlecht gemacht
haben! (StR Dr Peter Marboe: Ich glaube
schon!)
Wien allein, Herr Kollege, kann die österreichische
Filmproduktion aus Eigenem nicht tragen. (StR
Dr Peter Marboe: Richtig!) 40 Prozent sind was? Vielleicht kommt Ihnen
da auch ein Zwischenruf über die Lippen! Ich erspare mir jetzt, all das
vorzulesen, was richtigerweise gesagt wurde. Gerade in einer Zeit - das sage
ich jetzt auch vor der Frau Unterreiner (GRin
Mag Heidemarie Unterreiner: Ich passe auf!), die in ihren Reden oft
irgendein Kunstwerk sui generis darstellt (GRin
Mag Heidemarie Unterreiner: Das ist gut!) -, wo der österreichische Film
auf nahezu allen internationalen Festivals Erfolge einfährt, an die wenige
geglaubt haben, stellt sich Morak hin und sagt, so schlecht könne die
Filmfinanzierung nicht sein, weil wir alle Preise gewinnen, nicht bedenkend,
dass diese Filme, wie "Hundstage", der der Frau Kollegin Unterreiner
besonders ans Herz gewachsen ist, weil sie sich schon öfters damit auseinander
gesetzt hat, wie "Copy Shop", wie "Vollgas" in letzter Zeit
- ich will sie jetzt nicht alle aufzählen -, Produktionen, die aus der
Filmakademie gekommen sind, aus jener Zeit stammen, wo es noch eine im
internationalen Vergleich ohnehin bescheidene Filmfinanzierung gegeben hat.
Jetzt gibt es ein wirtschaftliches Argument dafür:
Das ist Beschäftigung.
Es gibt ein kulturelles Argument, vielleicht kann das
bei der FPÖ, bei der Sportministerin, einfahren: Wir schlagen Deutschland
unausgesetzt auf Festivals. In Deutschland gibt es seitenweise in Feuilletons
Auseinandersetzungen, was in Österreich los ist und wieso es der deutschen
Produktion mit RTL, mit Pro 7 und mit den anderen Privatgesellschaften im
Fernsehbereich, die laufend beauftragen, nicht gelingt, annähernd jenen Erfolg
auf Festivals zu erreichen.
Zum Beispiel "Hundstage": ein Lob an das österreichische
Kinopublikum. Das waren nicht nur - wie Sie immer sagen - 2 000 oder
3 000. Ich habe jetzt nicht die Zahl von gestern, aber die Zahl von vor
zehn Tagen. Damals waren es bereits 100 000 Zuseherinnen und Zuseher, die
zeigen, dass gut gemachte preisgekrönte Filme auch Publikumserfolge sein
können, wenn die entsprechende Unterstützung durch eine Filmfinanzierung auf
der Bundesebene gegeben ist.
Das ist ein Debakel, das sich hier abspielt! (StR Dr Peter Marboe: Was können Sie hier
dagegen machen?) Ich lausche begierig auf Zwischenrufe vom Kollegen Morak.
Entschuldigung, das war jetzt ein Freud'scher Versprecher! Das wollte ich Ihnen
nicht antun! (StR Dr Peter Marboe: Weil
es ins Parlament gehört!) - Weil es ins Parlament gehört.
Herr Kollege Marboe, so sehr sind Sie als Person
nicht in die Nachfolgegespräche um den neuen Parteiobmann involviert, dass Sie
nicht trotzdem Zeit finden könnten, auch auf Bundesebene beim Kollegen Morak
ein bisschen etwas zu tun. Ich möchte mich nicht mit der ÖVP und ihrer
Situation auseinander setzen, aber Ihre Assets sind nicht so, dass Sie jetzt
nach einem Typus von Ihnen, die Wiener ÖVP, oder immer so Leute wie der Herr
Prochaska, gieren, aber das geht mich jetzt nichts an. Primär könnten Sie auf
Bundesebene doch etwas sagen. Ich meine das im Ernst.
Da geht jetzt etwas den Bach hinunter, das
unabsehbare Auswirkungen hat. Gerade, weil mir das so wichtig ist, möchte ich
das hier sagen, auch weil sich von der FPÖ und ÖVP, glaube ich, noch niemand
zum Wort gemeldet hat. Vielleicht wird sich der Kollege Salcher von seiner
Lektüre trennen, oder der Kollege Marboe, der sich - ich sage es ja -
erfolgreich um den österreichischen Film bemüht hat, als er Stadtrat war. Jetzt
könnte er ein Wort einlegen. Das ist mir wirklich wichtig!
Da sind wir derartig weit. Lassen Sie mich das
gesellschaftspolitisch argumentieren. (GRin
Mag Heidemarie
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