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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 81

 

Wir sollten gemeinsam versuchen, eine Belastungslawine wie im heurigen Jahr zu verhindern.

 

Der Herr Bürgermeister hat ja vor einem Jahr in seiner Antrittsrede ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht, ein Angebot, das er an alle Fraktionen in diesem Haus gerichtet hat. Die freiheitliche Fraktion erneuert heute daher auch ihr Angebot, solche Strukturreformen in Zukunft gemeinsam in Angriff zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Dr Stürzenbecher gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoch geschätzter Herr Berichterstatter! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wie meine Vorredner werde ich es auch mit der Praxis halten, dass ich weniger zum sicher auch interessanten Geschäftsstück selbst spreche, sondern schwerpunktmäßig zu den Tarifanpassungen.

 

Hier fällt mir als Erstes einmal optisch schon das grüne Plakat ein mit den 25 Prozent Tarifsenkungen, bis zu 25 Prozent. Ich habe mich extra jetzt noch erkundigt und habe gehört, dass in allen Städten in Deutschland, wo die Grünen regieren oder mitregieren, nirgends ein derartiges Modell durchgesetzt wurde, aber nicht einmal andiskutiert, richtig diskutiert wurde. Und das ist einmal ein ziemlich eindeutiges Zeichen, dass selbst dort, wo die Grünen realistisch und regierungsfähig sind, sie dieses Modell für einen Unsinn halten. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Auch in Skandinavien gibt es das nicht, in Frankreich gibt es das nicht, sonst weiß ich auch kein vergleichbares Land, wo es das gibt. Dieses Modell ist für ein einziges Land geeignet, nämlich für das Schlaraffenland. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Dort wird so ein Modell sicher passen. Aber dort fliegen einem ja die Backhühner in den Mund und dort kann man das vielleicht machen. Aber man kann es nirgends machen, wo seriöse Politik betrieben wird. Und deshalb ist es für Wien ungeeignet. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Aber wir sind ja gar nicht böse, und es liegt ja irgendwie auf der Hand, dass die Opposition die Tarifanpassung kritisiert. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Tariferhöhung!) Das finde ich normal. Was mich verwundert ist aber schon, dass diese Kritik doch primär populistisch und polemisch ist und eigentlich die Argumentationskraft wenig sachlich. Deshalb erlaube ich mir eine kleine Vorbemerkung. Wenn man ohnehin vom Geschäftsstück abweicht, kann man ja noch mehr Vorbemerkungen auch machen.

 

Und zwar glaube ich, dass das Wesentliche überhaupt bei der Wiener Politik ist, dass sie auf Fakten aufbaut, dass sie auf Grund von Fakten eine seriöse und verantwortungsvolle Gestaltungspolitik betreibt. Und das ist die Grundursache dafür, dass eben gerade vor ein, zwei Wochen wieder bekannt geworden ist, dass durch ein hochrenommiertes internationales Institut Wien in puncto Lebensqualität von weit über 100 Groß- und Millionenstädten wieder an zweiter Stelle ist. Und darauf können wir stolz sein, glaube ich. (Beifall bei der SPÖ.) Nur Zürich liegt vor uns. Zürich hat aber nur 400 000 Einwohner, dadurch ist es vielleicht auch etwas leichter. Aber an zweiter Stelle sein von weit, weit über 100 Groß- und Millionenstädten, das ist wirklich ein Spitzenplatz, ist Folge von seriöser, verantwortungsvoller, konzeptiver Politik über Jahre und Jahrzehnte. Wenn wir die Rezepte der Opposition allgemein oder auch in der Verkehrspolitik oder des öffentlichen Verkehrs verwirklichen würden, würden wir wahrscheinlich nur mehr am 30., 40. oder 50. Platz oder noch weiter hinten sein, und darauf können die Wienerinnen und Wiener verzichten, würde ich sagen. Ich glaube, diese Führungsposition sollte bleiben, und das macht man mit sinnvoller, verantwortungsvoller Politik, nach sinnvollen wirtschaftlichen Kriterien, gepaart mit sozialer Verantwortung, aber nicht mit Lizitieren und mit Populismus.

 

Aber jetzt konkret zum Thema. Die moderate Tarifanpassung ist eine sinnvolle und bestens vertretbare Lösung, ein Kompromiss zwischen den betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten der Wiener Linien und den Interessen der Stadt Wien, dass die Preise natürlich möglichst niedrig sein sollten. Und der Herr Stadtrat und Vizebürgermeister hat es ja schon in der Fragestunde erwähnt, dass ein externes betriebswirtschaftliches Gutachten der BDO Auxilia GesmbH eine Erhöhung bis zu 13,9 Prozent für gerechtfertigt halten würde, und zwar dann, wenn man den Tariflohnindex, den Verbraucherpreisindex und die bei den Wiener Linien stattgefundenen Qualitätssteigerungen als Basis nimmt. Also, 13,9 Prozent wären betriebswirtschaftlich gerechtfertigt. 8,2 Prozent sind herausgekommen. Ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Haben Sie die Rede des Herrn Stadtrats gehört?) Sie waren, glaube ich, herinnen, wie der Herr Stadtrat das beantwortet hat am Vormittag. Haben Sie jetzt die Antwort von ihm, die zwischen 9 und 10 Uhr erfolgt ist, vergessen? - Wenn Sie die Antwort gehört haben und nicht vergessen haben, dann wissen Sie die Antwort, und ich erspare sie mir deshalb. (Beifall bei der SPÖ. - GR Dipl Ing Martin Margulies: Also, Sie haben sie nicht gehört!)

 

Also 8,2 Prozent, und ich kann damit sagen: Die Wiener Linien sind nach wie vor eine der billigsten Anbieter in EU-Millionenstädten oder auch sonstigen vergleichbaren Städten. Es gibt da schöne Tabellen. Ich könnte zum Beispiel von vergleichbaren Städten die Monatsnetzkarte anführen. Der Preis für die Monatsnetzkarte beträgt in Wien in Zukunft 45 EUR. In München, eine durchaus vergleichbare, durchaus auch sehr gut verwaltete Stadt, kostet sie 48,50 EUR, in Hamburg 73 EUR, in Berlin 56 EUR und auch in Zürich, obwohl es die einzige Stadt im Ranking vor uns ist, 47,30 EUR. Also, Wien liegt auch hier am besten.

 

Oder die Jahresnetzkarte, um noch einen zweiten Vergleich heranzuziehen: 417 EUR in Wien, in München 461 EUR, in Hamburg 713 EUR, in Berlin 532 und auch in Zürich mehr als bei uns, nämlich 444 EUR.

 

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