Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 81
man nämlich unter dem Aspekt der ökologischen Vertretbarkeit
nur 314 Liter pro Sekunde entnehmen.
Uns stört das nicht weiter, wir bleiben bei unseren
2 690 Litern. Wir beuten also die Umwelt aus, wir beuten das
Quellgebiet aus, und wir nehmen nicht zur Kenntnis, dass es schon etwas
ausmacht, wenn der Wasserstand der Salza um 7,5 Zentimeter sinkt.
Vielleicht sind Sie als Kanufahrer oder Paddler dort unterwegs und denken sich:
Was stört mich das? Hauptsache, ich kann noch fahren! - Faktum ist, dass dieser
Niedrigstand für Flora und Fauna große Folgen hat.
Schauen wir uns einmal die Fakten an, wo man hier
sparen könnte: Nach wie vor betragen die Rohrverluste in Wien zirka 8 bis
10 Prozent. Andere Großstädte wie Frankfurt schaffen bereits jetzt
2,5 Prozent. Hier könnte man sparen.
Vom Brauchwassereinsatz ist ja schon gesprochen
worden. Warum muss man Parks oder Straßen mit Trinkwasser gießen?
Ich möchte aber auf das Vergiften zu sprechen kommen,
denn das ist auch ein Punkt im Zusammenhang mit dem, was die Vorrednerin
gemeint hat, nämlich dass wir Wasser schützen und als höchstes Gut achten
sollten. Wir haben im vergangenen Juni einen Antrag für eine
Sanierungsoffensive der Häuser mit Bleiverrohrung gestellt. Das hat zu
interessanten Reaktionen geführt: StR Faymann hat uns mitgeteilt, dass eine
Bestandsaufnahme der Wiener Haushalte undurchführbar wäre, denn die Leitungen
sind unter Putz verlegt.
Herr Stadtrat! Stellen Sie sich vor, das haben wir
auch schon gewusst! Und wir haben nicht gefordert, dass man jetzt alle Häuser
aufstemmt, sondern wir haben gefordert, dass man Trinkwasserproben entnimmt und
untersucht, ob es Bleiwerte gibt, die nicht vertretbar sind, vor allem deshalb,
weil die Studie bei einigen Häusern dringenden Handlungsbedarf geortet hat.
Interessant ist, was uns Frau StRin Kossina in der
Antragsbesprechung im Ausschuss gesagt hat. Auf meinen Hinweis, dass es nicht
nur gesundheitspolitisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch vertretbar wäre, der
Bevölkerung eine Gratisuntersuchung anzubieten, da "Global 2000"
die Kosten mit zirka 12 EUR berechnet hat - Frau StRin Kossina kam leider
auf das Doppelte -, hat die Frau Stadträtin trotzdem gemeint - wortwörtliches
Zitat -: "Wer Angst hat, muss halt 300 S zahlen." - Schütteln
Sie nicht den Kopf, Herr GR Schuster, sie hat es gesagt!
Frau StRin Kossina! Uns ist tatsächlich die Spucke
weggeblieben. Ist das die Art und Weise, wie von Seiten der Mehrheitspartei mit
der Gesundheit der Bevölkerung umgegangen wird?
Faymann hat dann noch einen Vorschlag gehabt und
gemeint, es sei nicht etwa die Aufgabe der Bauwirtschaft, sich hier um das
Gesundheitswesen und um gute Qualität des Trinkwassers zu kümmern, sondern das
wäre eben Aufgabe der Gesundheitspolitik. Er hat damit nicht etwa seine
Amtskollegin Pittermann gemeint - oh nein! -, sondern er hat den Bund gemeint
und angeregt, dass hier eine entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen wäre.
So nicht, meine werten Kollegen! Das ist eine
Wasserpolitik, die den Tag des Wassers in Wien zum Tag des Pudels gerinnen
lässt, wenn man hier groß redet und faktisch nichts umsetzt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Mag Gerstl zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Gerstl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich glaube, das Thema Wald und Wasser ist dazu
angetan, dass man sich über diese Dinge den Kopf zerbricht, möglichst ohne
Emotionen darüber diskutiert - und nicht parteipolitisches Kleingeld daraus
schlägt. 1,4 Milliarden Menschen, das heißt rund ein Fünftel der gesamten
Menschheit, leben ohne ausreichende Trinkwasserversorgung. 2,4 Milliarden
Menschen, oder rund 40 Prozent aller Menschen, müssen auf
Abwasserentsorgung verzichten. 5 Millionen Menschen sterben jährlich an
den Folgen verdreckten beziehungsweise verseuchten Wassers.
Faktum ist, dass das Wasser in der Welt zu einer
immer knapper werdenden Ressource wird. Der Wasserbedarf nimmt doppelt so
schnell zu wie die Weltbevölkerung. Wasserverschwendung und Wasserdefizite bei
Technologien gerade in der Dritten Welt - aber nicht nur dort, auch in Wien -
sind dazu angetan, uns zum Nachdenken darüber zu bewegen, wie man die
Wasserversorgungssysteme verbessern kann und leck gewordene
Wasserversorgungssysteme wieder dicht macht. Bis zu 40 Prozent des Wassers
gehen durch lecke Leitungen verloren!
(Ruf bei der SPÖ: In Wien nicht! - GR Christian Oxonitsch: Eben nicht in Wien!)
40 Prozent weltweit! Aber auch in Wien, Herr Kollege Oxonitsch, geht
Wasser verloren, wenngleich nicht so viel.
In der globalen Wasserversorgung müssen laut
Schätzung der Weltbank in den nächsten zehn Jahren rund
600 Milliarden S investiert werden, und es zahlt sich daher aus,
darüber nachzudenken: Wie schaffen wir diese Finanzierung? Wie schaffen wir es,
dieses Geld zu bekommen, um die nötigen Investitionen auch sicherzustellen?
Wir brauchen eine neue Wasserethik, die einen nachhaltigen
Umgang mit der Gesamtressource Natur zum Ziel hat. Es ist ganz klar, dass das
wirkungsvollste Leistungsinstrument für eine solche Wasserethik die Gebühren
für Wasser sind, und das legt auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie fest. Sie
sieht vor, dass man nach dem Grundsatz "you pay what you use" handeln
sollte, und das bedeutet auch, dass wir in Wien durchaus eine Senkung der
Wassergebühren vornehmen sollten, denn - wie Sie sicherlich wissen - wir haben
hier eine Überdeckung von 28 Prozent. So verhält sich die Gemeinde Wien
derzeit bei der Einhebung der Wassergebühren! Sie könnten hier wirklich
leistbare Preise sicherstellen. Und Sie könnten mit Ihrem eigenen Antrag, den
Sie heute noch hier einbringen wollen, auch sicherstellen,
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