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Mitschrift

Mein Name: Hans Salomon. Geboren: 10.9.1933 in Wien. Und meine Eltern waren geschieden, also haben sich scheiden lassen, da war ich zwei Jahre alt. Also ich hab meinen Vater nie persönlich ... .. also nie mit ihm zusammengelebt. Er war dann allerdings einige Jahre später, während dem Krieg, vier Jahre in Dachau. Weil er sich negativ über Hitler geäußert hat. Das hat damals schon genügt. Allerdings hat er das überstanden, ist zurückgekommen und wollte, dass ich bei ihm wohne. Aber ich wollt das nicht, ich wollt bei meiner Mutter bleiben. Meine Mutter. Was hat die eigentlich gemacht? Damals, kann ich mich erinnern, war sie in einer Fabrik Vorarbeiterin. In einer ... Die haben Zinkleimverbände hergestellt. Das war im Krieg. Mein Vater war, glaub ich, Zuschneider. Aber eigentlich hat er sich hauptsächlich mit Astrologie beschäftigt. Und hat dann im KZ für SS-Leute Horoskope hergestellt. Und hat damals als einer der wenigen Häftlinge deswegen lange Haare tragen dürfen. Weil die anderen waren alle geschoren. Und er hat sich immer mit Astrologie beschäftigt. Gegenüber von der Wohnung in der Schumanngasse, da war ein Milchgeschäft. Und da hat's damals gegeben die sogenannte Magermilch. Und die hat, wenn man geschaut hat ... Am Rand war die etwas blau. Und die Frau hat gesagt: "Geben Sie mir einen Viertelliter Blaue." Sofort Gestapo. Das war eine Kritik am System. Oder es war auch so, dass meine Mutter noch versucht hat, dass ich doch in eine höhere Schule gehen kann. Sie hat nur gesagt, sie hat gehört damals, wie der Direktor gesagt hat: "So, das hat das Kind in der Klasse gesagt, schicken Sie sofort die Gestapo zu den Eltern." Es hat Kinder gegeben, die haben ihre Eltern denunziert. Haben gesagt, die haben schlecht über Adolf Hitler gesprochen. Es war teuflisch. Es waren ja Millionen von Menschen im KZ, die nicht gewusst haben, wie sie dazu kommen überhaupt. Und ich kann mich erinnern, in der Klasse wo ich war, hat's auch einen halbjüdischen Mitschüler gegeben. Und das war interessant: Sein Vater hat noch in Afrika unter Rommel gekämpft, hat eine Auszeichnung, irgendein Eisernes Kreuz gehabt. Und der war auch Halbjude. Aber eines Tages war dieser junge Mann nicht mehr in der Klasse. Und dann haben die gesagt: "Was ist mit dem, warum kommt er nicht?" - "Ja, die Gestapo hat die ganze Familie verhaftet." Das war eine Zeit, die kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Aber ich hab's ja selbst erlebt. Wir haben dasselbe bekommen wie alle anderen. Wir haben ja diese Lebensmittelkarten gehabt für soundso viel Gramm Fleisch in der Woche. Und ich kann mich erinnern, in der letzten Zeit hat's nur mehr gegeben acht Deka Brot am Tag und einmal in der Woche Fleisch. Das hat mir aber nichts gemacht, ich wollt eigentlich nie Fleisch essen. Ich bin fast ein Vegetarier. Ich mein, Fisch ess ich gern, aber so ... Wenn ich jetzt auf das zurückkommen darf: Säugetiere sind unsere Verwandten. Und ich denk, wenn ich unsere Verwandten esse, dann ist das eine Art Kannibalismus. Meine Mutter hat in einer Fabrik gearbeitet, die einen relativ sicheren Luftschutzkeller gehabt hat. Und sie hat immer schon die Erlaubnis gehabt, dass, wenn ich damals ... Das hat geheißen "der Kuckuck", ein Warnsignal im Radio. Wie eine Vorwarnung für einen Luftangriff. Wenn ich den Kuckuck gehört hab, hab ich mich in Bewegung gesetzt und bin zu ihr in die Fabrik gegangen, war dort im Luftschutzkeller. Da waren nur lauter Frauen dort. Und eines Tages, es war wenige Tage vor Kriegsende, hat man gehört, wie eine Bombe eingeschlagen hat. Da war so ein Rauschen, ssssch, und dann der Knall. Dann ist grauer Staub bei den Fenstern reingekommen. Die Frauen, die dort alle gearbeitet haben, waren hysterisch ... .. und haben Weinausbrüche gehabt. Und ich war damals vielleicht schon cool, mir hat das nichts gemacht. Und wir haben's überstanden, wir sind nicht getötet worden durch diesen Angriff. Und dann, kaum war das aus, dann kommt ein Freund zu mir. Dorthin, wo ich mit meiner Mutter in der Fabrik war und sagt: "Du, bei euch zu Hause hat's auch eingeschlagen." Am selben Tag wie dort die Bombe war. Das war wirklich abrasiert. Und, also, das war ungefähr zehn Tage vor Kriegsende. Die Russen haben am Boden gekämpft. Die Amerikaner - alles nur aus der Luft. Und ich muss auch sagen, dass zum Beispiel nach dem Krieg die Russen sehr viel ... Ja, die haben zwar gesagt, die haben Frauen vergewaltigt, aber das haben Amerikaner auch gemacht. Aber sie haben viel geholfen. Zum Beispiel gegenüber war ein Haus. Da hat ein SA-Mann am Ende des Krieges aus lauter Zorn, weil sie bemerkt haben, es geht zu Ende, eine Panzerfaust hineingeschossen. Und das Haus hat dann von oben herunter gebrannt. Die Russen haben geholfen, das Haus zu löschen. Also die waren nicht so schlimm, wie sie dargestellt wurden. Und sie haben auch - die haben ja selber nichts gehabt - aber sie haben uns mit Erbsen und alles Mögliche - die zwar wurmig waren, aber sie haben auch nichts anderes gehabt - versorgt. Und dann später bei den Amerikanern war's ein Paradies im Verhältnis. Aber ich hab mit den Russen auch kein Problem gehabt. Hitlerzeit ... Ich war Mischling zweiten Grades. Damals hat's acht Volksschulklassen gegeben. Und nach der vierten war immer die Entscheidung, geht man weiter in die Volksschule oder in die Hauptschule oder in die damalige Oberschule. Und mein Zeugnis war so, dass ich in die Oberschule hätte gehen können, aufgrund meines Zeugnisses. Aber aus rassischen Gründen ... war's nicht möglich. Und zwar ist damals der Schulrat in die Klasse gekommen, hat mich angeschaut und hat gesagt: "Du weißt ja, dass ich wegen dir gekommen bin." Und die Schüler haben alle schon gewusst, um was es geht. Dann hat er gesagt ... Also alles, was er mich geprüft hat, war fair. Es hat nichts gefragt, was ich nicht wissen konnte. Und dann hat er irgendwann gesagt, ob ich schon einmal mit einem Gewehr geschossen habe. Und ich hab damals beim Kalvarienberg gewohnt, da hat's so Standln gegeben, wo man Rosen schießen konnte. Und ich hab nicht genug Geld gehabt. Ich hab gesagt: "Ich hab noch nie geschossen." Hat er gesagt: "Daran sieht man, dass du kein deutscher Junge bist." "Du kannst nicht in eine höhere Schule gehen." Ich hab müssen weiter in die Volksschule gehen. Nach zwei Jahren ist das dann aber alles rausgekommen, hab ich eh schon gesagt, zwei Jahre ... Dann bin ich in die Hauptschule und ins Gymnasium. Dann hab ich's aufgegeben. Ich hab nicht mehr aufholen können, was die anderen vorher gelernt haben. Und dann hab ich schon beschlossen, dass ich Jazzmusiker werden will. Hab mir eine Klarinette gekauft, das hab ich mir noch in der Schule zusammengespart, vom Geld vom Schmalzbrot, was mir meine Mutter mitgegeben hat. Ich hab jedes Brot um einen Schilling verkauft, bis ich mir eine Klarinette kaufen konnte. Und dann hab ich angefangen, zuerst einmal beim Fatty George Klarinettenunterricht zu nehmen. Dann beim Hans Koller und beim Karl Kovarik. Und eines muss ich auch noch sagen: Da hat's einen Bassisten gegeben in Wien, der Helmut Reinberger. Bei den "Spitzbuben" hat man ihn gekannt. Der war auch ein guter Jazzbassist, aber das hat niemand gewusst. Und da hat's gegeben gegenüber von der Weinhauser Kirche einen Club von den Amerikanern, der hat geheißen "Castle Club". Dort waren jeden Samstag Nachmittag Jam Sessions. Österreichische Musiker, die in amerikanischen Clubs gespielt haben, haben dort reinkönnen. Und da hat mich der Reinberger hineingenommen. Da hab ich den Willy Meerwald, Fatty George, Krejcsik kennengelernt. Koller erst später. Aber ich hab berühmte Jazzmusiker dort kennengelernt. Ich war ganz fertig, dass ich dort überhaupt hineingedurft hab und solche Menschen kennengelernt hab. Vor Kriegsende hat's was gegeben, das hat geheißen KLV-Lager. Kinderlandverschickung. Da sind Kinder von hier weggeschickt worden, damit sie vor Bomben geschützt worden sind. Da war ich im damaligen Protektorat. Das war in Böhmen und Mähren. Dort in einem KLV-Lager. Da ist es uns sehr gut gegangen. Waren 70 junge Burschen, die ... Wir haben in einer großen Villa dort, das war in einem Kurort, gelebt. Es ist uns gut gegangen. Und was noch lustig war: Wir waren vier "Jungens" - haben sie damals gesagt, in einem Zimmer. Und da hat's immer einen gegeben, einen Stubenältesten. Ich war zwar der Zweitjüngste, aber die anderen haben mich respektiert. Jetzt war ich der "Stubenälteste". Und da haben wir gehabt einen Unterführer, der U-Führ, haben wir zu dem gesagt. Der war ungefähr 15, alles HJ. Ich hab also sechs Jahre nur Braunhemd getragen mit dem schwarzen Knoten, Hitler und so weiter. Dann hat's einen "Lama" gegeben, das war der Lagermannschaftsführer. Der hat immer erlaubt, wann Unterricht sein durfte oder nicht. Der wollt immer nur, dass man exerziert hat, hat alle Unterrichte abgesagt. Aber die Lehrer, die mit waren, haben nichts gesagt. Weil die waren froh, dass sie dort waren und nicht einrücken mussten. Und das war also sechs Monate und ist eigentlich gut gegangen. Und ein Freund von mir, der war Mischling ersten Grades. Der durfte dort nicht hinfahren. Er war Halbjude, ich war Vierteljude, das haben sie gerade noch toleriert. Und dann später ... Da waren wir sechs Monate und nachher sind wir überstellt worden, das hat geheißen "Bad Mscheno", das war irgendein Kurort. Und in der Nacht haben sie uns mit dem Zug in die Steiermark gebracht, nach Mönichwald. Irgendwie haben sie gesagt, das wird da gefährlich. Jetzt waren wir dort und dort ist es uns total schlecht gegangen. Da war nichts zum Essen. Wir haben gelebt von Fallobst, miserabel. Und nach einem Monat ist meine Mutter hingekommen, hat gesagt, sie hat nicht für das unterschrieben und hat mich nach Wien gebracht. Und in Wien haben wir zuerst gewohnt in der Schumanngasse im 17. Bezirk. Und dann ... '79 sind wir dort ausgebombt worden. Das war ungefähr ... eine Woche vor Kriegsende. Und dann stehst du auf einmal auf der Straße, weißt nicht wohin. Ich hab einen Freund gehabt, einen Hamburger, der damals in Wien als Pflegekind war. Da hab ich zwei Nächte bei seinen Pflegeeltern gewohnt. Und meine Mutter hat dann eine Wohnung gekriegt von einer Tante, die bei dem Angriff ums Leben gekommen ist. In der Sechsschimmelgasse. Und da war der Onkel Gustav. Das war ein Deutscher, der ein Nazi war, aber der uns immer geholfen hat. Trotzdem. Aus familiären Gründen. Und in der Sechsschimmelgasse hab ich viele Jahre gewohnt. Dann hab ich schon viel mit ame- rikanischen Musikern zu tun gehabt. Ich war ... Eines meiner wichtigsten Dinge war 1978 beim "Newport Jazz Festival" mit der "International Youth Band". Das war also von jedem Land ein Musiker. Nur von Österreich waren zwei. Da war der Erich Kleinschuster auch dabei, weil der tschechische Posaunist, der vorgesehen war, keine Ausreisebewilligung bekommen hat. Und in Newport haben wir natürlich Gott und die Welt kennengelernt. Gerry Mulligan. Dann haben wir gespielt mit dieser Band einen Nachmittag. Und ich hab ein Solostück gehabt, da musste ich vor der Band zum Mikrofon gehen. Und unten ist gesessen der Miles Davis, der Gerry Mulligan, der Cannonball Adderley, der John Coltrane. Und wie ich die gesehen hab - ich hab geglaubt, ich geh zum Schafott. Wie ich das Solo spiel ... Da sitzen einige: Jetzt hören wir uns den einmal an. Aber später in einem Interview hat der Miles Davis gesagt, dass der Dusko Goykovich, das war der jugoslawische Trompeter, und ich ihm von der Band als Solisten am besten gefallen haben. Ich war natürlich ... ganz stolz und glücklich. Und ungefähr zwei Jahre später war er mit seinem Quintett, wo der Coltrane auch dabei war ... Die sind immer alle zum "Fattys Saloon" gegangen, und da war er und ich hab ihn darauf angesprochen. Er war normalerweise sehr unfreundlich, ein Weißen-Hasser. Aber er hat immer mit weißen Musikern Shows gespielt, auch mit Joe Zawinul. So gesehen ... er war kein Rassist. Und ich hab ihn angesprochen und er hat gesagt, er kann sich erinnern und mich auf ein Glas Sekt eingeladen. Das vergess ich mein Leben nicht. Und ich hab, wie gesagt, berühmte Musiker kennengelernt. Also eben Miles Davis, Cannonball Adderley, Gerry Mulligan. Und, ah ja, Louis Armstrong. Da kommt auch noch was dazu. Den haben wir einmal begleitet mit der Band. Und beim letzten Abend hat der Gerry Mulligan für alle Teilnehmer noch dort eine Party gegeben. Muss damals viel Geld gehabt haben. Der Gerry Mulligan hat viel Geld verdient. Obwohl er auch ein Junkie war, aber trotzdem. Und bei dem sind wir an einem Tisch gesessen mit Louis Armstrong und seiner Band. Und da war die Velma Middleton dabei. Und die hat den Kleinschuster gefragt: "Was macht ihr jetzt dann eigentlich?" Wir waren noch zwei Wochen in New York, haben aber eigentlich nichts zu tun gehabt. Hat sie gesagt: "Nächste Woche spielen wir auf Long Island." "Wenn ihr wollt, Corner so und so, kommt dorthin." "Ihr könnt mit uns mit dem Bus dorthin fahren." Sind wir hingekommen, der Louis ist schon drin gesessen, ganz vorne, wir waren hinten. Und er hat natürlich nicht gewusst, dass er eine Woche ungefähr oder zwei Wochen vorher mit uns gespielt hat. Als Bigband-Musiker ist man sowieso anonym. Und berühmt waren wir auch nicht. Also sind wir halt mitgefahren. Und am Rückweg ist er dann aufgetaut und hat uns gefragt, ob wir in sein Haus kommen wollen, da war eine Party bei ihm. Er war total lustig, hat uns dauernd Witze erzählt, die wir nicht verstanden haben. Er hat einen ziemlich argen New-Orleans-Slang gesprochen. Und zum Schluss war's dann so, da waren zwei weiße Amerikaner, die anderen waren alle Afro- amerikaner, die waren vom Fernsehen. Und die wollten mit ihm ein Buch besprechen. Was er bei der Sendung für einen Text zu sagen hat. Die hat er links liegen lassen. Hat uns immer nur die Witze erzählt. Und die haben uns dann reingenommen nach New York City mit dem Auto. Haben gesagt: "Habt ihr verstanden, was er gesagt hat?" Wir haben gesagt: "Eigentlich nicht." Haben sie gesagt: "Macht euch nichts draus, wir auch nicht." Er war sehr lustig. Louis Armstrong war nie ein Weißen-Hasser. Hat nie Probleme mit Weißen gehabt, also, das muss man sagen. Es war auch eine der wichtigsten Begegnungen in meinem Leben. Damals hat sein Manager ... Ich hab meine Telefonnummer hinterlassen. Da haben wir uns getroffen und ich habe mit ihm im Hotel Ambassador, wo er gewohnt hat, einen Kaffee zusammen getrunken. Dann hat er mich natürlich zu dem Konzert in der Stadthalle eingeladen. Dann hab ich eine kurze Liebesaffäre mit der Sarah Vaughan gehabt. Das war auch 1958. Das war so, dass wir mit dieser "Newport Festival Band" eine Woche in Brüssel bei der Weltausstellung gespielt haben, im amerikanischen Pavillon. Am ersten Tag war dort eine Pressekonferenz, und ich habe sie gesehen. Ich habe sie schon als Sängerin immer verehrt und sie war so schön. Und da war noch dabei der ... Da waren andere Bands auch noch. Der Sydney Bechet und eher Ältere. Und sie hat ein eigenes Trio gehabt. Und hat aber beim selben Festival gesungen. Ich habe immer schon geschaut von der Weiten. Am ersten Abend ist es mir gelungen - wir waren eingeladen in einem Jazzclub in Brüssel - mir ist es gelungen, dass ich neben ihr sitze. Ich habe gesagt: "I'm in love with you." Sie hat nicht gewusst, wie sie darauf reagieren soll. Ich habe ihr das unverblümt gesagt, und ich war ein Nobody. Dann haben wir uns aber immer gesehen dort in der Pause. Und in ihrer Garderobe haben wir uns geküsst. Sie hat gesagt: "You know, I'm very shy." Super, und dann, am letzten Tag ... Das ist immer heftiger geworden, das Ganze. Am letzten Abend hat sie gesagt: "Du, pass auf, wir tun da die ganze Zeit so herum." "Heute Nacht kommst du zu mir ins Hotel. Dann werden wir uns lieben." Ich war schon ganz aufgeregt. Und gerade an dem Abend war es so, dass wir nach dem letzten Konzert - sie mit ihrem Trio und ihrem Manager - weggingen. Und ich war mit denen. Wir sind an einem Tisch gesessen in diesem Restaurant. Und am Nebentisch hat's irgendwelche Belgier gegeben, die geschimpft haben auf die Schwarzen und so weiter. Da ist sie total hysterisch geworden, hat ihren Manager unterm Tisch mit dem Fuß getreten und geweint. Jetzt war natürlich alles zerstört. Sie hat gesagt: "Komm nachher zu mir ins Hotel, aber das wird nichts werden." Ich war bei ihr und bin mit ihr im Bett gelegen. Sie ist weinend in meinen Armen eingeschlafen, aber kein Sex. Am nächsten Tag in der Früh musste ich nach Wien fliegen. Sie hat gesagt, sie muss nach San Remo und noch irgendwohin in Europa und nachher wieder nach New York. Sie hat meine Telefonnummer gehabt. Es hat ja damals auch schon Telefone gegeben. Zwar keine Handys, aber doch. Ich bin nach Wien und war total zerstört und hab mir gedacht: "Jetzt habe ich sie doch nicht geliebt!" Nach zwei Tagen ruft sie mich aus San Remo an und sagt: "I love you and I miss you so much." Und ich hab mir gedacht, wah, das ... Ich habe gewusst, dass sie in Ostende in einem Club singen wird, aber ich hab nicht genau gewusst, wo. Das war damals nicht so, dass man im Internet schaut. Ich hab gewusst, in Ostende. Ich bin mit der Bahn um mein letztes Geld hingefahren, hab mir ein billiges Hotel genommen und geschaut, ob ich Plakate seh von ihr - "The Devine Sarah Vaughan". Hat sie in einem Casino in Ostende gesungen. Ich bin dorthin gegangen und habe gefragt, in welchem Hotel sie wohnt. Dort bin ich hingegangen, hab sie angerufen. Sie hat gesagt: "Where are you?" - "I'm here." Dann hat sie gesagt, ich soll raufkommen in ihr Zimmer. Da waren noch drei andere schwarze Sängerinnen. Ich will nicht sagen schwarz, afroamerikanisch. Die hat sie dann weggeschickt, und dann haben wir einen Nachmittag lang sehr viel nachgeholt. Ich war dann noch drei Tage dort. Das war die ganze Zeit so. Sie ist dann nach Amerika geflogen und ich nach Wien. Das war die Affäre. Das Zweite war ... Nach dem Tod von meiner zweiten Frau 1979 hab ich gedacht, ich weiß nicht. Da ist dann der Sommer gekommen, ich hab Urlaub gehabt im Volksgarten und im Theater. Ich kann jetzt nicht allein irgendwo ans Meer fahren. Dann hab ich beschlossen, ich fahre nach Amerika, nach New York. Da war ich ja schon vorher mit der "Newport Band". Und dann wollt ich nach Las Vegas, weil ich wollte die Shows sehen. Nachdem ich ja 35 Jahre bei den Vereinigten Bühnen gespielt hab, war ich ja auch an den Shows interessiert. Dann haben wir hier in Oberlaa einmal eine Show gehabt. Das war ein Konzept, da waren zwei Bigbands. Die "SFB Bigband" unter Paul Kuhn und ... unsere Band unter Erich Kleinschuster. Die Marlena Shaw war dort. Die ist immer von einer zur anderen Band gegangen. Da war dann interessant, sie hat zwar Bigband-Noten mitgehabt, aber der Regisseur hat die Idee gehabt, dass sie ein Stück allein singt: "What are you doing the rest of your life". Sie hat aber keine Noten gehabt. Fritz Pauer, der damals der Pianist war ... Ich hab eine LP von dem Stück gehabt. Damals hat es noch keine CDs gegeben. Die LP habe ich am nächsten Tag mitgebracht, er hat sich's angehört und dann gespielt. Dadurch ist sie aufmerksam geworden auf mich, dass ich das von ihr habe, bevor ich sie gekannt habe. Das war dasselbe ... Am Abend nach der Aufzeichnung vor der Show sind wir dann zu einem Heurigen in Oberlaa gegangen. Ich glaub, der heißt Windisch. Da sind wir immer hingegangen und sind uns dort nähergekommen. Bei der Gelegenheit habe ich ihr gesagt, dass ich die Absicht habe, nach New York und Las Vegas zu fahren. Sie hat gesagt: "Las Vegas? I live in Las Vegas." Sie hat gesagt: "Du kannst bei mir wohnen, wenn du kommst." Ich war dann in Las Vegas. Marlena hat mich auch abgeholt. Zuerst hat sie gesagt, ich kann bei ihr wohnen. Aber sie ist daraufgekommen, dass ihr Haus 40 Kilometer außerhalb vom Strip ist. Sie hat mir schon ein Zimmer in einem Holiday Inn reserviert und wollte mir das zahlen. Hab ich gesagt: "Das brauch ich nicht." Wir haben uns täglich gesehen, waren bei vielen Shows. Unter anderem zum Tony Bennett. Den habe ich durch sie kennengelernt. Wir waren bei ihm in der Garderobe, der war total freundlich. Dann, wie hat die geheißen? Ich habe dort etliche Künstler kennengelernt. Sie ist mit mir überall hingegangen. Dann hab ich gesagt: "Ich kenn mich schon aus." Dass sie nicht immer mitgeht. Da war nämlich ein Handicap bei ihr: Sie hat nämlich fünf Kinder gehabt, und die haben alle bei ihr im Haus gewohnt. Sie ist aber jeden Tag in die City reingekommen. Wir sind einmal sogar zu Dean Martin gegangen. Der hat mir eigentlich nie gefallen. Ich habe mir dann später gedacht, dass das für die gewesen sein muss, als ob ich zum Heinz Conrads gehen muss oder so. Sie war also ... Wir sind uns auch nähergekommen. Nach drei Wochen bin ich wieder nach Wien geflogen. Das war damals schon nach dem Tod meiner zweiten Frau. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben wir sofort ... Zuerst war Wien nur russisch besetzt. Aber im September waren die Alliierten. Und die Amerikaner haben sofort ihren eigenen Sender gehabt, Blue Danube Network, WOFE. Und ich hab zum ersten Mal Jazz gehört. Und das hat mich damals so ins Herz getroffen, dass ich gedacht hab: Nur so was möcht ich machen. Das war eigentlich der auslösende Punkt. Ich hab vorher nie Jazz gehört. Und im Radio hab ich dann Duke Ellington und Count Basie gehört. Und dann Miles Davis und so. Da war ich fertig. Und wenn ich solche Künstler später persönlich kennengelernt hab, das war ... Miles Davis zum Beispiel. Und was in Wien interessant war: Einer der wesentlichen Einflüsse war unter anderem Friedrich Gulda. Mit dem hab ich gespielt. Joe Zawinul. Und das war ... Das waren eigentlich meine ganzen Erlebnisse hier in Wien und die Leute, mit denen ich dann spielen durfte. Ich hab dann das Glück gehabt, dass ich Musiker hier kennengelernt hab. Hab dann sieben Monate lang in Tulln, also eigentlich Langenlebarn ... Da hat's am Flugplatz einen amerikanischen Club gegeben. Wir sind jeden Tag vom "Glam Galas" aus mit einem Bus hingeführt worden. Das war das erste Mal, dass ich in einer professionellen Band spielen durfte und viele Stücke gelernt hab. Das meiste hab ich auf der Bühne gelernt. Die Standards, zum Beispiel "You go to my head", "Blue Moon", die habe ich schon vor 50 Jahren kennengelernt. Das war dann mein Erlebnis mit den Amerikanern. Ich war also immer sehr amerikanophil und auch afroamerikanophil. Ich habe schwarze Musiker verehrt. Wie ich dann Miles, Coltrane und Cannonball kennengelernt habe - das war immer das Ärgste für mich, solche Menschen - von denen so eine Energie ausgeht. Und das war noch interessant: Vor circa elf Jahren habe ich mit meiner Big Band in der Staatsoper bei einem Jazz Festival mit Ray Charles gespielt. Wir haben ihn begleitet. Die Probenarbeit mit ihm war nicht sehr angenehm. Erstens einmal: Der Manager hat zwar die Noten geschickt ... Dann hat er uns ins Hilton Hotel zu einer Probe bestellt. Es ist aber außer ihm niemand hingekommen. Ray Charles haben wir sowieso erst auf der Bühne gesehen. Da hat es einen Soundcheck gegeben, aber sonst nichts. Das war irgendwie ... in einer Weise unprofessionell. Ich habe vorher mit dem Fehring in der Stadthalle zwei Konzerte mit der Ella Fitzgerald gespielt. Das war total professionell. Die hat ihre Noten dort gehabt und hat jedes Stück durchgesungen. Wir haben gesagt, dass sie das nicht durchmachen braucht, aber nein, nein, sie hat das gemacht. Ray Charles ist also, wie gesagt, gar nicht zur Probe gekommen. Und sein Manager, der auch sein Schlagzeuger und Bandleader war, hat gesagt: "Wir machen das alles beim Soundcheck." Vor der Vorstellung war das natürlich hart, weil der hat so eine dicke Mappe gehabt, mit ungefähr - was weiß ich - 200 Stücken drin oder mehr. Und dann hat er gesagt: "Jetzt nehmt euch Nummer soundso raus." Dann haben wir uns das aufgelegt und haben das mehr oder weniger vom Blatt geprobt. Und am Abend haben wir es schon spielen müssen. Er selber ist erst am Abend auf die Bühne gekommen. Wir haben ihn nie vorher und nachher gesehen, mit seinem komischen Gang. Ich habe das Glück gehabt, dass ich ungefähr drei Meter entfernt von ihm auf der Bühne gesessen bin. Da gibt es übrigens ein Foto davon. Eines muss man sagen: Die Energie, die von so einem Menschen ausgeht, wenn man in seiner Nähe ist - das kann man nicht beschreiben. Das war eines der größten Erlebnisse überhaupt. Ich habe privat bei Fatty George Unterricht genommen. Bei Hans Koller und Karl Kovarik, Klarinettenunterricht. Der Koller war ganz komisch. Der hat mich immer Paganini-Etüden auf der Klarinette spielen lassen. Er saß im Nebenzimmer und hat Schmalzbrote gegessen. Ich habe aber sehr viel von ihm gelernt. Aber Koller war verrückt. Es war zum Beispiel so, er hat eigentlich in Deutschland gelebt. Er ist einmal im Jahr zu uns in den Volksgarten gekommen und ist dort mit seinem Tenorsaxophon eingestiegen. Er hat schon wieder ganz anders gespielt als ein Jahr vorher. Der war immer jemand, der immer ... vorangegangen ist. Der wollte nie stehenbleiben. Koller hat mich sehr beeinflusst, und ich habe ihn immer bewundert. Ich habe ihn eigentlich immer begleitet, wenn er irgendwohin gegangen ist, zum Friseur. Ich war froh, wenn ich mit ihm auf der Straße spazieren gehen durfte. Überhaupt, alle diese Musiker - wenn ich in deren Nähe war, das war für mich immer ... die Ausstrahlung ... Es war mir wichtig, dass ich von solchen Menschen überhaupt akzeptiert worden bin. Der Fatty George war eigentlich damals der berühmteste und für mich noch immer der beste österreichische oder europäische Jazzklarinettist. Er hat in vielen amerikanischen Clubs gespielt. Fatty George haben sie zu ihm gesagt. Er hat eigentlich Franz Pressler geheißen. Und weil er dick war, haben die Amerikaner halt Fatty George gesagt. Das war dann so. Der Fatty war komischerweise nie in Amerika und ich glaube, wenn er nach Amerika gegangen wäre, hätte er auch als Klarinettist dort Karriere gemacht. Er hat gespielt wie die besten amerikanischen Klarinettisten. Ich weiß nicht, warum er das nicht gemacht hat. In Fattys Band hab ich nie gespielt. Ich habe aber mit ihm in seinem Lokal gespielt. Dort habe ich übrigens einmal eine Woche mit Oscar Pettiford gespielt. Der war total verrückt. Und dann war's so, das hat nach dem Fatty irgendwann aufgehört. Nein, vorher hat er noch im ehemaligen "Tabarin" gespielt. Da hat er die "Two Sound Band" gehabt. Die hat Dixieland und auch Modern gespielt. Durch Willy Meerwald bin ich viel in die Szene gekommen. Für mich war das eine schöne Zeit. Mit solchen Musikern spielen zu dürfen. Dann habe ich Jahre, ich kann nicht sagen wie viele, mit Johannes Fehrings Big Band gespielt. Und da haben wir auch etliche berühmte Sänger, eben damals die Ella, begleitet. Fehring war eigentlich der Wichtigste fast. Es war die erste Big Band in der ich gespielt habe. Er hat immer zu allen Musikern "Bursche" gesagt, "schau, Bursche". Ich habe angefangen zu arrangieren und er hat gesagt: "Schau, Bursche, das schreibst besser so." Er hat mir später dann, wie er Filmmusik geschrieben hat, ein sogenanntes "Particell" gegeben und hat mir immer gesagt, dass ich das arrangieren soll. Ich habe mir immer gedacht, warum, wenn er eh selber so gut schreibt. "Nein, nein, Bursche, du machst das am besten." Mit Fehring waren wir sehr lange auf Tournee. Also das längste war mit Peter Alexander, dreieinhalb Monate, dann auch mit Udo Jürgens und Freddy Quinn. Da gibt es auch eine interessante Geschichte - nix Anzügliches. Wir haben zwölf Jahre lang im Volksgarten gespielt, und eines Tages haben die gesagt: "Die Leute wollen keine Big Band mehr." Zufällig hat damals der Rolf Kutschera den Auftrag bekommen, das Theater an der Wien als Musicaltheater zu übernehmen. Da haben wir das Glück gehabt, dass wir mit der ganzen Band ins Theater an der Wien übersiedelt sind. Natürlich war das für uns nicht dasselbe. Die Musik war für uns nicht so - sie hat uns nicht allen gefallen. Aber es war für uns eine Existenzgrundlage. Es spielen heute noch viele jüngere Jazzmusiker noch immer im Raimundtheater oder im Ronacher. "Cats" haben wir sieben Jahre lang gespielt. Fünf Jahre im Theater an der Wien, zwei Jahre im Ronacher. Wir haben auch Abstecher gemacht. Wir haben das in Westberlin, in Ostberlin und in Moskau gespielt. In Moskau habe ich meine vierte Frau kennengelernt. Eine Russin, die hab ich dann nach Wien "importiert". Das war für mich schon ein Erlebnis. Bei ... "Elisabeth" war Uwe Kröger. Der war so gut. Wenn der auf die Bühne gekommen ist und gesagt hat "Ich bin der Tod", dann habe ich jedes Mal Gänsehaut gekriegt. Es war das erste Musical, das damals nicht amerikanisch war. Es war mehr oder weniger deutsch - oder österreichisch. Ich habe eigentlich gerne bei den Vereinigten Bühnen gespielt. Austropop, sagen viele, hat begonnen mit Marianne Mendts "Glock'n". Die Musik habe ich schon vorher geschrieben. Ich weiß nicht mehr, wie ich das genannt habe - instrumental. Der Fehring hat die Idee gehabt, hat der Bronner gesagt, bei ihm in der Fledermaus ist eine junge Sängerin: "Hört euch die an." Vielleicht kann man mit der was machen. Fehring und ich sind zusammen hingegangen. Sie hat dann ihre erste LP gemacht, das war die "Glock'n". Mit der verdiene ich noch immer viel an Tantiemen. Ich bin überzeugt, dass sie möglicherweise ... Sie war sowieso gut, aber ein Teil ihrer Karriere ist auf das zurückzuführen. 1952 habe ich im Sommer mit Roland Kovac mit einer zusammengestellten Band in Pörtschach beim "Werzer" gespielt. Und es war so, dass wir ... Es waren gute Musiker in der Band, aber nicht alle waren gut. Wir haben geprobt, und es war schlimm. Unser Manager hat am ersten Tag mehr Gage verlangt, als ausgemacht war. Der Direktor ist so dagesessen. Wir haben einen sehr guten Pianisten mitgehabt, Gerhard Stohanzl. Der hat sowohl gut Klavier als auch Vibrafon gespielt. Er war aber Religionslehrer. Und nach einer Woche ... Dort waren oft so Strandfeste. Die Frauen waren leicht gekleidet, aber nicht so schlimm, wie man sich das vorstellen könnte. Er hat gesagt, er will in diesem Sündenpfuhl nicht bleiben. Und er hat gesagt, er geht weg. Hab ich gesagt: "Was bist du für ein Christ, du lässt uns hängen?" Nein, er hält es nicht aus. Jetzt haben wir keinen Pianisten mehr gehabt. Es ist ein Telegramm gekommen, dass ein Pop-Pianist namens Joe kommt. Wir haben einen Bassisten dabeigehabt, den Johnny Fischer, der gesagt hat: "Wenn das der Joe ist, dann kündige ich sofort, mit dem will ich nicht spielen." Die haben vorher einmal Probleme in Deutschland gehabt. Tatsächlich war das der Joe. Wir haben den ersten Tag wie in einer Scheune geprobt. Und der Joe hat gesagt wie er das gehört hat: "Nein, ich fahr sofort wieder heim, mit denen will ich nicht spielen." Irgendwer hat ihm dann gesagt, dass ich in der Band bin. Da hat er gesagt: "Na gut, dann bleib ich da." Wir hatten eine sehr schöne Zeit. Sowohl musikalisch ... Die Band ist dann verkleinert worden auf ein Sextett. Wir haben gut gespielt. Wir waren so eng, dass manche Leute geglaubt haben, wir wären schwul. Wir sind Tag und Nacht zusammengeklebt. Wir waren am Wörthersee Bootfahren, Paddeln, Schwimmen und so weiter. Diese Freundschaft ist über lange Zeit so geblieben. Auch wie er dann in Amerika war. Und es war einmal so, dass ... Ich bin einmal mit meiner ersten Frau nach New York und er hat gesagt: "Ihr könnt meine Wohnung haben." Er hat uns die Wohnung dort zur Verfügung gestellt. Ganz lieb. Seine Frau, die Maxine, hat uns schon überall in der Wohnung angeschrieben, da ist das, da ist das. Und eine Flasche Champagner als Willkommensgeschenk in den Kühlschrank gestellt. Ich habe mit Joe über Jahrzehnte die beste Freundschaft gehabt. Und wie er gehört hat, dass ich mit meinem dritten Herzinfarkt im Spital bin, hat er gesagt: "Heast, was ist los mit dir?" "Heast" war immer seine Anrede. Ich habe nie gedacht, dass er früher sterben wird als ich. Für mich war er immer sehr sportlich und körperlich fit. Ich bin jetzt noch sehr traurig über das Ganze. Wir haben mit der Vera Auer in einem Lokal in Linz gespielt, das hat "Terrassencafé" geheißen. Es war ein Sextett. Es war unter anderem so: Vera Auer wollte immer nur George Shearing spielen. Das war aber für das deutsche, österreichische Publikum fad. Joe hat immer schon einen Sinn für Kommerzialismus gehabt. Er hat zum Beispiel Peter Kreuder sehr gut imitieren können. Wir waren mit der Bandleaderin, Frau Auer, per Sie und er hat während des Spielens zu ihr gesagt: "Frau Auer, bitte legen Sie bei der nächsten Nummer die Schlegeln weg." Dann haben wir Peter Kreuder gespielt. Dann hat's was gegeben im selben Lokal ... Zuerst haben wir zum Tanz gespielt und auch für irgendwelche Artisten, die mehr oder weniger schlecht waren. Um Mitternacht ist das Lokal geteilt worden durch einen Vorhang. Ein Teil war die Bar und da haben wir was machen müssen, was viele junge Menschen nicht mehr wissen: "anspielen". Wir müssen anspielen wie die Schrammeln, beim Tisch, was die Leute gern hören wollen. Joe hat Akkordeon gespielt, Attila Zoller die Gitarre und ich Bass. Ein Gast hat gesagt: "Meine Herren, bitte spielen Sie einen Querschnitt aus dem 'Land des Lächelns'." Wir haben nicht ein Stück daraus gekannt. Joe hat gesagt: "Wissen Sie, da braucht man einen Sänger dazu." Und wir haben einen Schlagzeuger dabeigehabt, und Joe hat gesagt: "Unser Schlagzeuger könnte das, aber der hat frei." Da kommt der bei der Tür rein der Gast sagt: "Kommen Sie her, 'Land des Lächelns'." Der hatte keine Ahnung. Peinlich. Und unter anderem war Folgendes: Da kommen wir zu einem Tisch, sagt eine Dame ... Damals hat man etwas gegolten, wenn man gesagt hat, man hat in der Schweiz gespielt - haben wir aber nicht. Das war, wie wenn man heute sagt, man hat in Amerika gespielt. Und die Dame sagt: "Können sie 'Gigi'?" Und der Joe sagt: "Wissen sie, wir haben gerade ein halbes Jahr in der Schweiz gespielt, wir können das nicht." Und sie hat gesagt: "Aber 'Gigi' singt doch der Vico Torriani." Sagt der Joe: "Sie werden lachen, aber in der Schweiz kennt den kein Mensch." Diese Ausreden waren sehr oft. Es war eine sehr lustige Zeit mit ihm. Wir haben immer viel Spaß gehabt. Es gibt einen Geheimtipp neben all den anderen Wiener Jazzlokalen seit einigen Jahren, das sogenannte "ZWE". Das schreibt sich Z-W-E. Ich weiß nicht, warum das so heißt, aber jeder Musiker kennt das "ZWE". Das gibt es seit einigen Jahren, und es ist ein ganz wichtiges Lokal in der Jazzszene. In Wien ist die Lebensqualität sehr hoch im Verhältnis zu anderen Städten. Zum Beispiel auch in Amerika. Der Obama kämpft jetzt noch für ein Sozialsystem, wie es wir haben. Ich war einmal mit einer Thailänderin verheiratet, die hab ich gefragt: "Was gefällt dir an Wien?" Hat sie gesagt: "Das alles so in Ordnung ist." Habe ich gesagt: "Jetzt weißt du, wofür ich so viel Steuern zahle." Ich habe aber eigentlich kein Problem. Man zahlt viel Steuer. aber wenn man unsere Stadt anschaut, wie alles gepflegt ist und instandgehalten wird. Ja, die Autofahrer schimpfen über die Baustellen, aber das ist alles eigentlich zu ihrem Besten. Wien ist eine sehr gepflegte Stadt und hat viel Lebensqualität. In Amerika hab ich eines gemerkt: Ich bin Wiener und ich liebe Wien und ich habe gemerkt, dass auch viele amerikanische Musiker gerne in Wien leben und gerne in Wien musizieren. Viele.

Archiv-Video vom 12.08.2014:
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Hans Salomon (Saxophonist)

Wir und Wien - Erinnerungen Wien gilt zu Recht als Musikhauptstadt: das Neujahrskonzert, die Wiener Staatsoper, Schrammelmusik ... Und wir denken an die Repräsentanten der Unterhaltungsmusik und auch daran, dass Wien im Zusammenhang mit Jazzmusik eine große Tradition zu bieten hat. Neben dem unvergessenen Joe Zawinul etwa ist auch sein bester Freund, der Saxophonist Hans Salomon, unermüdlich in der Weltgeschichte des Jazz unterwegs.

Länge: 43 Min. 19 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien

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Wiener Märkte digital

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Wiens Märkte werden digital: Standler*innen können nun Marktplätze bequem via PC, Handy oder Tablet buchen – das natürlich rund um die Uhr. Der Marktplatz kann dann am gebuchten Markttag sofort bezogen werden. Auch Anträge können im One-Stop-Shop der Stadt Wien unter www.mein.wien.gv.at für zum Beispiel fixe Zuweisungen, Schanigärten oder marktbehördliche Bewilligungen online gestellt werden. Ein weiteres Service: der Status der Anträge ist auf der Übersichtsseite abrufbar.
Länge: 1 Min. 51 Sek. | © Stadt Wien - Magistratsabteilung 59
Enthüllung neue Pionierinnen

Enthüllung neue Pionierinnen

Zum Frauentag holt die Stadt Wien zwei neue „große Töchter“ vor den Vorhang: Im Arkadenhof des Rathauses werden für Ingeborg Bachmann und Luise Fleck zwei Gedenktafeln in der Pionierinnengalerie enthüllt. Die Galerie stellt außergewöhnliche Frauen der Stadt, ihr Engagement, ihr Handeln und ihre Leben in den Mittelpunkt. Ingeborg Bachmann war eine heimische Schriftstellerin, die als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts gilt. In ihren Werken widmete sich die Klagenfurterin Themen wie die Rolle der Frau in der männlich geprägten Gesellschaft oder den Konsequenzen und dem Leid von Kriegen. Sie verstarb 1973 in Rom, seit 1977 wird jährlich der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen. Luise Fleck war die erste österreichische und weltweit zweite Frau, die als Filmregisseurin und Produzentin Erfolg hatte. Sie führte bei mehr als 100 Filmen Regie und schrieb auch 20 Drehbücher. Besondere Bekanntheit erlangte sie in der Zeit während der Wende von Stumm- zu Tonfilmen. Sie starb 1950 in Wien. Die nun 30 Porträts der großen Töchter der Stadt können noch bis 31. März im Arkadenhof des Wiener Rathauses besichtigt werden.
Länge: 2 Min. 47 Sek. | © Stadt Wien / KOM

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