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Mitschrift

Ich bin als Heribert Michael Huber ... .. auf die Welt gekommen. Und seit meinem ersten Engagement in Würzburg heiße ich Michael Heltau. Meine Eltern ... Ich habe wunderbare, wunderschöne Eltern gehabt. Sie leben nicht mehr. Mein Vater hieß Georg, meine Mutter Jakobine. Ich habe zwei Schwestern. Von denen eine auch leider nicht mehr lebt, die zwei Jahre jünger ... .. als ich ist ... war. Die hieß Edith. Und dann kam eine Nachzüglerin, die hieß Heidi - Heidemarie. Und das ganze ... .. jugendliche Leben, die Kindheit hat bis zum fünften Lebensjahr in Ingolstadt stattgefunden. Wo ich eben auf die Welt gekommen bin. Mit fünf Jahren sind wir durch den Beruf meines Vaters, der bei der Autobahn gearbeitet hat, nach Österreich gekommen, ins Salzkammergut. Nach Seewalchen am Attersee. Und mit sechs Jahren bin ich dort in die Volksschule gekommen in Seewalchen am Attersee. Und das war ... .. die Fortsetzung eines großen Glückes, dass ich ... Bis zu meinem Ende des fünften Lebensjahres war ich in einer Großfamilie. Mit Urgroßeltern, Großeltern, Eltern und einer großen Verwandtschaft mit Onkeln und Tanten. Und ... ja, ich hatte das Gefühl, die waren alle sehr glücklich, dass ich auf der Welt war und dass es mich gegeben hat. Und mit diesem unerhörten ... unerhörten Nest und Reservoir an Liebe, mit dem ich diese ersten fünf Jahre meines Lebens hatte, konnte eigentlich nichts mehr wirklich schief gehen, habe ich das Gefühl gehabt. Und von da an war ich ein wirklich ... .. war ich sehr, sehr offen für Menschen. Und es waren auch Menschen offen für mich. Es war dann beispielsweise in dieser Volksschule in Seewalchen das Fräulein Reisinger. Sie war die erste Lehrerin. Und diese erste Lehrerin, das ist ja für einen Menschen etwas ganz, ganz Entscheidendes und vor allem damals gewesen. Die war eine ... Das war eine Wundertäterin. Für die Bauernkinder - es waren nur Bauernkinder dort - und für mich. Dieses Fräulein Reisinger ... Ich habe dann viel später in meinem Berufsleben einmal in einem Interview, in einem Rundfunkinterview das Fräulein Reisinger erwähnt. Dass das ein Glück ist für ein Kind, solche Lehrer zu haben, und ich hab den Namen gesagt. Und ich hab einen Brief bekommen aus einem Altersheim in Linz von dem Fräulein Reisinger. In dem hat sie mir geschrieben, jetzt weiß sie, warum der Herrgott sie so lange leben lässt. Damit sie das erfährt und sie hat diesen Beruf so gern gehabt. Das ist also Seewalchen am Attersee. Dann war Internat in Gmunden. Das war alles natürlich, ich bin 1933 geboren, in der Kriegszeit. Aber für ein Kind ... Ein Kind hat keine Vergleiche. Also für ein Kind ist die Zeit, in der es lebt, jede Erfahrung neu und frisch. Und ich konnte nicht vergleichen. Vorher war's besser oder wie oder was. Für mich, 1933 geboren, ist es immer besser geworden. Die Marlene Dietrich hat in einem Interview einen wunderbaren Satz gesagt, der einfach perfekt stimmt: "Was man nicht kennt, vermisst man nicht." Wenn man noch keine Banane gegessen oder gesehen hat, weiß man nicht, wie eine Banane schmeckt und man kann auch keine Sehnsucht nach einer Banane haben. Und genauso war es in dieser ganzen Zeit im Krieg. Hunger hatte ich erst - Hunger! Gott, ja, Hunger hatte ich erst 1945. Bis '45 hatte ich keinen Hunger. Ich hab am Land gelebt und es hat saure Äpfel gegeben und da waren die Leute froh, wenn man sie ... .. nicht verfaulen hat lassen und so. Also es ... Es gab keinen Überfluss. Und für mich, ich sprech jetzt für mich, das ist alles sehr subjektiv, was ich sage. Mich hat das geprägt, ich bin nie ... .. im späteren Leben dem Überfluss auf den Leim gegangen. Also ich hab immer sehr gut unterscheiden können, was notwendig ist und einen Sinn hat, und was sinnlos ist und absolut nicht notwendig. Das Einzige, was für mich ... .. mit Krieg ... .. in Verbindung war: dass der Vater weg war. Der Vater war in Stalingrad. Und der Vater kam auf Urlaub. Und die Zeit dazwischen ... .. war die Mutter ... Wie gesagt, eine wunderbare Mutter. Sie war die verantwortliche Person für das tägliche Leben. Und für alles Drum und Dran sowieso. Aber sie war auch die, die ... .. versucht hat, den Kontakt zu dem abwesenden Vater in Russland ... Was die Fantasie eines Kindes unendlich angeregt hat: Der ist in Russland, der ist in Russland und es ist Krieg. Das hat sie immer versucht nicht zu verstecken vor einem. Aber sie hat gesagt: "Wir müssen sehr an den Vater denken und dass ihm nichts passiert." "Und dann wird er da sein, im Urlaub." Und dieser Urlaub ... .. war dann natürlich von einer Intensität an Erlebnis für die Kinder. Wir waren damals nur zwei, meine Schwester und ich. Und ... auf diesen Urlaub hin ist alles gegangen, wann er kommt. Und dann war er da, zwei Wochen. Und das ... Um Gottes willen, ich will nicht, dass das jetzt ... .. dass da etwas Falsches herauskommt von dem, was ich sag. Das war ein Glück und eine Intensität, die in einem täglichen Beieinandersein so ja gar nicht möglich ist. In einem täglichen Beieinandersein ärgert einen der Vater und vor allem wir ärgern den Vater. Aber wenn er da diese Woche oder diese zwei Wochen da war, und er brachte ... Ich weiß es noch sehr gut und es tut mir bis zum heutigen Tag leid, dass diese Sachen nicht mehr da sind. Er hat mit anderen Soldaten mir eine Burg gebaut in Russland, aus Holz. Und mein Vater war jung, ich hatte ganz junge Eltern, muss ich noch sagen. Meine Mutter war noch nicht 18, wie ich auf die Welt kam, und mein Vater noch nicht 20. Es ist ein unbeschreibliches Glück, so junge Eltern zu haben. Aber diese Burg und auch russsisches Spielzeug, Holzpuppen für meine Schwester und so, das ist nimmer da. Und das ist nicht mehr da, weil wir Deutsche sind. Waren. Und 1945 ... aus Österreich ausgewiesen wurden. So einen Irrsinn kann man sich schon fast nicht mehr vorstellen. Und da gibt es jetzt schwachsinnige Leute, die gegen Europa sind. Weil wir ausgewiesen worden sind und nur das Nötigste mitnehmen durften, hat meine Mutter - mein Vater war noch in Stalingrad - natürlich nicht dieses Spielzeug mitgenommen. Das tut mir sehr leid. Ich hatte überhaupt für das Theatralische, was es dann später wurde, keine Vorbilder. Aber noch einmal, ich hatte eine Mutter, die ... .. Gedichte und Balladen, vor allem von Schiller, unendlich liebte. Und meine Mutter war Gott sei Dank frei genug und nicht verlegen. Sie hat meiner Schwester und mir ... Schillerballaden vorgelesen. Die meisten konnte sie auswendig. Das war meine Fantasie. Alles andere war schon damals ... Das muss man mir jetzt einfach glauben, sonst tät ich's nicht sagen: Das war dem Leben zuschauen und der Natur zuschauen. Ich habe gehen gelernt, das ist noch in Ingolstadt. Es gibt etwas, was man sehr schwärmerisch sagen kann, was in meinem ganzen Leben immer geblieben ist. Das war die Donau. Ingolstadt an der Donau. Wien an der Donau. Ich habe mit meinem Urgroßvater gehen gelernt. Und zwar wir sind immer an der Donau gegangen. Weil er ein sehr alter Herr war ... Er war Leibkoch beim Prinzregenten Luitpold in Bayern und er war ein alter Herr und er hatte einen Spazierstock. Und als Kind hab ich gesagt: "Das möcht ich auch." Und ich ... Ich glaub, es gibt nicht viele Kinder, die mit einem Spazierstock gehen lernen. Ich habe wirklich mit zwei Jahren schon einen Spazierstock gehabt, der noch ein paar Mal bis zum fünften Lebensjahr mit mir gewachsen ist. Ich bin mit dem Urgroßvater, der einen Spazierstock hatte, an der Hand und mit dem Spazierstock gegangen. Nein, also, die Fantasie, die theatralische Fantasie, das ist bei mir das Leben und die Literatur und ich hab gute Ohren, glaube ich. Und so kam sehr, sehr ... direkt, aber vielfältig, die Musik. Also nicht eine ... Nicht eine Musik, wo man sagt, dass ist eine gute oder schlechte Musik. Ich würde sagen, ich hab immer Leute gehört, die gern Musik gemacht haben. Irgendwer hat gesungen und das hat mir gefallen. Aber Radio und so ... Das war ja die ersten fünf Lebensjahre überhaupt nicht. Und dann war es auch sehr spärlich und für mich war das alles gut. Na ja, wie gesagt, 1945 als deutsche Staatsbürger aus Österreich ausgewiesen werden. Wirklich auf einem Viehwagen. In Schärding über die Grenze und dann in ein Flüchtlingslager. Es ist so grauslich. Ich weiß nicht, wenn man das nicht als Kind erlebt hätte, ob ich es dann genauso grauenhaft fände, so unmenschlich. Dass man irgendjemand, der ... ja ... Österreich ist ein zutiefst katholisches Land. Da würde ich doch erwarten, dass jemand von Maria und Josef, die Herberge suchen ... Dass sich das ein bisschen verfangen hat in den Hirnen. Nein, es hat nicht verfangen! Weil es gibt sehr viele Marias und Josefs oder wie sie heißen, die aus der Welt kommen und Herberge wollen. Man ist gegen die, aber in der Kirche ist man nicht gegen die. Also diese Zeit, die war wirklich schwer. Wieder einmal für mich und meine zwei Jahre jüngere Schwester nicht so schwer wie für meine Mutter. Für Kinder, wenn sie einigermaßen Fantasie haben, ist alles ein Abenteuer. Ein neues Abenteuer und noch ein Abenteuer. Und so war diese erste Zeit in Ingolstadt, wo wir hinkamen ... Weil wir ja aus Ingolstadt waren, hat uns Ingolstadt wieder aufgenommen oder aufnehmen müssen. Das war .. Das war sehr hart. Das war vor allem für meine Mutter wahnsinnig hart, weil ... .. sie ... einfach nicht wusste, wie sie diese Kinder anziehen soll. Wie diesen Kindern nicht immer kalt sein soll. Und dafür müssen sie essen. Dafür müssen sie essen. Ich war ein ... Ich hatte Fantasie und meine Schwester war mein williges Publikum und mein williger Kompagnon. Ich habe zu meiner Schwester gesagt, wir gehen zu Bauern. Wir sind betteln gegangen. Ich war der Anführer. Und ... Ich habe mit meiner Mutter viel später darüber geredet, zuerst hat sie sich so geschämt. Wofür sie sich geschämt hat, hab ich ihr als Erwachsener gesagt. "Wofür hast du dich geschämt?" "Dass wir in einer jämmerlichen Situation waren, für die wir, du am allerwenigsten, etwas konntest?" "Nein, was die Leute denken." Und da hab ich gesagt: "Gott sei Dank!" Ein Kind denkt überhaupt nicht an so was, sondern es denkt an den Erfolg. Und ich hatte unendlichen Erfolg beim Betteln. Ich hab Krautköpfe bekommen, Eier, ich hab da ein Stückl Speck bekommen, ich hab da fünf Erdäpfel bekommen. Ich hab was bekommen! Und wir sind einmal ... Also, das klingt jetzt wie Weihnachtswunder. Aber es war Ostern, muss ich dazu sagen. Es war ein Osterwunder, wenn Sie wollen. Wir sind mit so viel nach Hause gekommen. Ich habe geredet und meine Schwester hat mehr mich angeschaut wie die Leute. Ich hab die Situation geschildert, alles gesagt. Ich hab nichts hinterm Berg gehalten. Ich war zwölf, nicht? Zwölf und nicht verblödet. So war das. Und ich glaube, insgesamt ... Und dann hab ich's der Mutter nicht mehr angetan ... Aber dreimal hab ich so was gemacht. Ich möchte gerne erklären, wie es zu diesem Namen Michael Heltau gekommen ist. Nämlich wie es zu Heltau gekommen ist. Michael war ja. Das war in Ingolstadt am Gymnasium. Ich bin vor einem Buchgeschäft gestanden. Vor diesem Buchgeschäft stand ich auf jedem Schulweg hin und zurück und hab geschaut. Und irgendwann sagte eine ... .. ältere Dame: "Hast du Bücher gern?" Ich sag: "Ja, wahnsinnig, aber ich hab keine." Da hat sie gesagt: "Aber ich könnte dir doch Bücher borgen manchmal." Sag ich: "Ja, Wahnsinn." Sie wollte wissen, wo ich wohnte - in der Dollstraße. Das war um's Eck, in Ingolstadt Zentrum, sozusagen. Da habe ich ihr meinen Namen gesagt, wie ich heiße. Und meine Mutter ... "Hast du eine Mutter?" Kurz und gut, diese Frau ... Erna Labitzky, ein Flüchtling aus Karlsbad, eine Hotelbesitzerin aus Karlsbad, die mit ihrer alten Mutter ausgewiesen wurde, auch so ein Schicksal, hat sich sehr mit meiner Mutter angefreundet. Und ... über diese Erna Labitzky hab ich zum ersten Mal über Wien wirklich etwas gehört. Wie gesagt, diese Erna Labitzky und ihre Mutter waren Hoteliers in Karlsbad. In dem Hotel in Karlsbad waren immer viele Künstler aus Wien. Zum Beispiel: Fred Liewehr, mein späterer Lehrer am Max-Reinhardt-Seminar. Zum Beispiel Raoul Aslan. Sänger von der Hofoper und so. Und ich habe jetzt Geschichten gehört, Theatergeschichten. Aber nicht Theater gesehen. Und für mich, und ich glaube, für alle Kinder: Zu viel Spielzeug tötet die Fantasie. Ein bissl Spielzeug und kein blödes Spielzeug und wenn möglich, kein Plastikspielzeug, regt die Fantasie an. Und so peu á peu kam das. Und dann irgendwann kam das, ich war bei der katholischen Jugend und war Ministrant, und natürlich, wenn man Ministrant ist im Liebfrauenmünster in Ingolstadt, erlebst du sehr viel Theater und prachtvolles - Barocktheater. In den wirklichen Gewändern der Geistlichen. Und ich hab auch da sehr leidenschaftlich mitgetan. Und habe die Musik, die Farben, die Gerüche, den Weihrauch, alles ... so. Das ist also dieser theatralische Weg, das theatralische Fundament würd ich jetzt sagen, von mir mal. Das ist aus den verschiedensten Bereichen bei mir gewachsen. Und wie's dann zur Matura kam, bin ich eigentlich ... .. bin ich in die Falle gegangen. Und zwar, ich hatte eine Kollegin, die sagte, sie will Schauspielerin werden. Irene Oeser hieß sie. Ich habe gesagt: "Aha, du willst also nicht mehr Lehrerin werden?" Weil ich wollte Lehrer werden. "Nein, ich möchte lieber Schauspielerin werden." "Und ich habe mich angemeldet zur Aufnahmeprüfung an den Kammerspielen München." "Und du musst mir helfen." Ich hab gesagt: "Wie?" "Ja, ich spreche da Szenen vor, und da brauch ich einen, der mir Stichworte gibt." Alles neu damals für mich, ich sag das jetzt so professionell. Aber damals ... Sie hat mit mir geübt. Das heißt, sie hat geübt und sie hat mich dressiert. Sie hat von Grillparzer "Medea" gesprochen und ich war Jason. Ich glaub, ich war der harmloseste Jason, den es je gegeben hat, weil ich von der ganzen Geschichte ... Aber kurz und gut. Nach München. Vorsprechen. Aufnahmeprüfung, Kammerspiele. Jetzt muss ich was erzählen, was ... auch da war. Wir sind nicht mit der Bahn gefahren, denn sie hatte wenig Geld und ich hatte gar keines. Ich hätte nicht sagen können, ich brauche Geld für eine Fahrkarte. Aber ... die Amerikaner. Das war amerikanische Besatzungszone. Und die Amerikaner, die zwischen Nürnberg und München hin und her fuhren ... Man konnte fast wie zu einem Bus gehen. Eine Bushaltestelle. Man konnte sich fast ... Einer nahm dich so mit. Und man hat auch immer Kaugummi bekommen oder ... Die waren hinreißend. Kurz und gut, Aufnahmeprüfung Kammerspiele München. Irene Oeser, ich mit auf der Bühne. Es hat sehr kurz gedauert, leider. Ich mein, ich sag das jetzt so und lach. Ich weiß, wie schmerzlich und grauslich Vorsprechen ist. Nein, sofort weg. Bah. Und wir standen in diesem Hof hinten in den Kammerspielen. Und sie war furchtbar traurig, schrecklich traurig. Für mich war alles neu. Ich hab nicht wirklich Gefühle gehabt, ich kann mich auch an nichts erinnern. Nur, dass sehr viele junge Leute dort waren. Sichere junge Leute - ich war wirklich nicht sicher. Aber auch nicht unsicher, mich hat's nicht betroffen. Und es kam ein Herr heraus und sagte: "Ja, Sie." Das war ich. "Was wollen denn Sie machen? Wir möchten Sie auch hören." Ich hab gesagt: "Nein, ich hab ja gar nichts." "Aber Sie sollen hereinkommen." Und ich kam hinein. Wieder auf diese Bühne. Und ich kann nur glauben, dass ... ich so gar keine Absicht hatte. Und nichts wollte. Was bei dem Beruf und in dem Leben das Entscheidende ist. Indem du etwas willst, verbaust du dir alles. Und die Ausstrahlung ist weg. Und die sagten: "Nein, aber Sie - das hat uns so gefallen." Weil ich nichts wollte - das hab ich nicht da gesagt. Ob ich nie daran gedacht hätte, auch Schauspieler ... Damals hat man Leute gebraucht, das muss ich einfügen. Das muss ich schon sagen, der Gerechtigkeit halber. Ich hab vorher irgendwann gesagt, es konnte nur aufwärts gehen. Ob ich nicht ... und Gedichte. Ich hab jetzt wirklich angefangen, das Repertoire meiner Mutter herzustammeln. Und dann war's ... Sie würden mir einen Vorschlag machen: Ich solle mir etwas aussuchen, studieren. Und in vier Wochen - da war die zweite Prüfung - wieder kommen. Das hab ich gemacht. Und hab die Aufnahmeprüfung bestanden. Aber weil ich meinen armen Eltern eine so unsichere Sache nicht antun wollte, hab ich gesagt, ich traue der Sache nicht. Aber zumindest will ich noch eine zweite Sache bestehen und das war dann die Aufnahmeprüfung am Seminar. Na ja, das Reinhardt-Seminar waren wieder einmal die großen Persönlichkeiten. So wie die Erna Labitzky, die mir den Namen gegeben hat - Heltau wäre schön. Warum, weiß ich bis heute nicht, ich hab sie auch nicht gefragt. So waren dann am Reinhart-Seminar ... .. eigentlich ... .. alle Lehrer, die wir dort hatten ... Vom Sprechen her: der Kestranek und die Balser-Eberle. Vom Fechten her: die Ellen Müller-Preis. Der Fred Liewehr als Schauspiellehrer. Die Kitty Stengl, der Alfred Neugebauer. Und jetzt für mich überhaupt das Prägendste: die Helene Thimig. Ich koche sehr gerne. Ich bin ein guter Koch, das hat so mendelsche Sprünge gemacht von meinem Urgroßvater her. Ich sagte immer, ich hab bei ihm Kochen gelernt. Weil ein Kind bis zum fünften Lebensjahr schaut zu, wenn wer was macht. Er hat immer gesagt: "Schau, was ich jetzt mach." Und ich weiß, die Zutaten sind das Wichtigste. Das ist beim Kochen wie im Leben und im Theaterspielen das Wichtigste. Also das Material, mit dem ein Schauspieler umgeht. Wenn es Literatur ist. Wenn es ... Wenn dann die Musik dazu kommt. Du musst dich ständig entscheiden zwischen ... Was ist gut? Was ist noch besser? Und was ist nicht gut? Das heißt, äh ... Du musst dir immer treu bleiben. Und das hat mir die Helene Thimig wörtlich so gesagt. "Wenn Sie sich treu bleiben, kann eigentlich nichts passieren." Und ich muss sagen: Das war eine Lebensfreundschaft, die Helene Thimig, eine Lebensgemeinschaft sogar. Also wirklich eine Gemeinschaft mit Leben miteinander und so. Heute kann ich sagen, das war ein so ... .. klarer wie ... .. einfacher, nicht immer leicht ... .. zu lebender Satz. "Bleib dir treu." Aber letztendlich die einzige Möglichkeit, es gibt kein Rezept. Die Leute glauben so oft, Erfolg hat ein Rezept. Ich bin so oft gefragt worden, wie ich das mache. Oder auch Leben hat ein Rezept. Oder wie wird man 80 Jahre? Da sag ich immer: "Nicht von einem Tag auf den anderen." Sondern - bap, bap, bap, bap, bap, ba. Und das ist etwas, glaube ich ... Etwas habe ich begriffen. Man darf vor allem, wenn man einen Erfolg hat ... Also, wenn man einen Erfolg hat, darf man nicht auf sich selber hereinfallen. Man muss sagen: "Das war's. Weiter." Nein, 60 Jahre Berufsjubiläum ist natürlich wirklich ein starkes Stück, kann ich nur sagen. Vor allem, wenn man eigentlich von Anfang an ... .. das Glück hatte und die Verantwortung natürlich - weil Glück ist Verantwortung -, dass man immer ... .. keine ... beiläufigen Aufgaben hatte. Sondern immer wirklich gleich die Chancen bekommen hat. "Und jetzt schau mal." Was das Glück war und was sich absolut sehr geändert hat: Alle Theater in Wien - mein erstes war die Josefstadt, von dort wurde ich von Leo Epp und Gustav Manker als Gast ans Volkstheater geholt. Dann kam eben das Burgtheater. Im Burgtheater hab ich auch zuerst als Gast gespielt. Weil ich einen Vertrag mit der Josefstadt hatte. Und man hat mir auf Drängen der anderen - ich konnte nicht drängen, das wär nicht möglich gewesen ... Aber Epp, Manker und Haeussermann haben erreicht, dass ich als Gast am Burgtheater spielen durfte. Alle diese Häuser hatten ein Ensemble und das ist vorbei. Also kein ... am ehesten noch, am ehesten noch tut die Josefstadt so, als hätte sie ein Ensemble. Ich sag das jetzt einmal so ... so überspitzt. Weil gerade die Josefstadt, die bis heute von dem sehr bürgerlichen Josefstadtpublikum ... .. identifiziert wird, sagt: Das Ensemble, das war der Leopold Rudolf, das war die Almassy, das war der Erik Frey, der Anton Edthofer. Und das war die Lotte Lang und und und ... Und das waren die Jungen. Das war die Heesters, das war die Nentwich. Das war der Lohner, das war ich. Das war der junge Otto Schenk. Als es war wirklich ein Ensemble. Und genauso unverwechselbar und eigen und ... .. ein besonders starkes Ensemble, so wie ich es fand, hatte das Volkstheater. Also mit Schauspielern wie dem unglaublichen Karl Skraup und der Neff, also ein ganz prachtvolles Ensemble. Und über's Burgtheaterensemble ... ... hat man, wie ich finde, zurecht nur geschwärmt. Also, wenn man sagt, Alma Seidler, wenn man sagt, als Gast, aber immerhin, Oskar Werner, und Ewald Balser. Und ... und Inge Konradi und Judith Holzmeister. Das kann ich jetzt gar nicht, weil dann bin ich ein Lexikon. Das ist vorbei. Die Theater sind eigentlich ... .. das, was ich mir wünsche, dass die Öffentlichkeit für das Leben wär: Sie sind fremdenfreundlich. Nicht fremdenfeindlich, sondern die Theater sind offen für alle jetzt geworden. Also du kannst, je nachdem, was sich ein Theater leisten kann ... Das Burgtheater kann sich mehr oder weniger, so wie ich es sehe ... Gottlob, wenn das Geld richtig ausgegeben wird, ist das ja herrlich. Es kann sich mehr leisten als jedes andere Theater. Sie können sich auch alle Schauspieler leisten. Das war nicht so, es war auch nicht nötig. Weil das Publikum hat sich mit den Schauspielern der jeweiligen Ensembles identifiziert. Also es war beispielsweise ... .. eine Karriere - dieses Wort, ich sag's halt jetzt - wie ich sie gemacht hab, war eine Karriere ... Ich habe mit dem Publikum ... .. in 60 Jahren eine gemeinsame Biographie. Das heißt, die Zuschauer haben einen sehr jungen Schauspieler, ein bisschen über 20, gesehen, die haben dem zugeschaut in dem Beruf. Die Rollen, das war der "Hamlet", das war der "Romeo", das war der "Jura" im "Konzert". Und das waren die vielen Schnitzler-Rollen. Und es waren dann die großen Klassiker im Burgtheater, "Richard der Zweite" und der "Zerrissene". Und dann war's der "Bluntschli" in einem Musical. Dann war's der "Wallenstein" und wieder bei Schnitzler diese Rollen. In der Josefstadt, wo der Leopold Rudolf und ich gespielt haben. Dann war's der "Anatol". Ich kann mir nicht vorstellen, dass es im Moment, weil das müsste ja schon da sein, dass ein Schauspieler noch einmal ... .. in Wien diese Chance hatte ... Das heißt jetzt nicht, dass ich so gut war, wohlgemerkt. Natürlich, wenn ich immer daneben g'haut hätt, wär's auch nicht gegangen. Aber das waren die Ensembles. Man war immer in einem Ensemble. Also wenn ich allein meine Bühnenmütter und meine Bühnenväter, als junger Schauspieler - das ist unvorstellbar! Das war der Leopold Rudolf und die Degischer und die Almassy, das waren im Burgtheater die Paula Wessely, der Paul Hoffmann und die Käthe Gold und und und ... Also unvorstellbar. Und es ist ein bisschen, ich sag das immer so, wir hatten am Burgtheater in der Zeit von Achim Benning sehr wunderbare englische Regisseure, die neue Stoppard-Stücke oder "Amadeus" gemacht haben. Und die haben mir immer gesagt, es ist in London so. Das Londoner Theater ist nach wie vor, wie ich finde, intakt. Nämlich es gibt Schauspielern und dem Publikum die Möglichkeit, Entwicklungen zu beobachten. Es ist doch nichts in dem Beruf - in meinem Beruf ... Nichts in dem Beruf ist so schön und so berauschend und im Nachhinein sage ich, so leicht, entdeckt zu werden. Man ist entdeckt und ich hab dann gesagt, aber ein paar Mal muss man riskieren, vergessen zu werden, um wiederentdeckt werden zu können. Ich nenne es das "Flohmarkt-Gefühl". Man geht auf den Flohmarkt und sagt: "Schau ... Gott, ist das ... Hast du schon so einen Knopf gesehen?" Und du nimmst diesen Knopf mit. Das ist das Flohmarktgefühl. Und so gehst du ins Theater und siehst einen jungen Schauspieler und bist entzückt und bezaubert. Weil das erste Mal ist das erste Mal. Und auf einmal immer wieder ein Leben lang Theater spielen. Wo du zuallererst älter wirst. Gut, das ist, wie soll ich sagen, gerecht und versöhnlich. Aber wenn das Publikum ins Theater kommt und nur sieht, der Herr oder die Dame sind nur älter geworden und sonst nichts, dann kaufen sie das nächste Mal keine Karten mehr. Für Alter kauft man keine Karte. Irgendjemand hat einmal gesagt, das war jemand sehr wichtiger, die Adrienne Gessner, die hat gesagt ... Alles hat irgendwie gestimmt, was sie gesagt hat. Auch wenn es manchmal sehr scharf war. Sie hat über mich gesagt, und zwar ist das auch zweischneidig: "Der Michl ist ein Menschenfänger." So weit, so gut. Jetzt müsste man sofort, wenn man kritisch ist, sagen, mit welchen Mitteln fängt er? Fängt er mit Qualität oder fängt er ... Wie auch immer, ich bin ein Menschenfänger. Und sehr viel später ... hat mir das ... .. ein Lebensfreund, nämlich der Giorgio Strehler, gesagt. Er hat gesagt: "Schauspieler müssen interessant sein für das Publikum, bevor sie den Mund aufmachen." "Und bevor man noch weiß, worum's geht." Und dieser Giorgio Strehler ... .. hat gesagt, wenn man diese Qualität oder diese Eigenschaft, nennen wir es nicht Qualität ... Wenn man diese Eigenschaft hat, dann muss man ... .. ständig ernsthaft an der Seriosität arbeiten. Weil sonst wird man - ich sage es, wie er es gesagt hat - eine Hure. Das ist sehr, sehr direkt ausgesprochen. Und es ist die Wahrheit. Weil man kann nicht sagen: "Ich bin ein Künstler." Aber ... man muss zumindest alles lassen, was nicht ein Künstler ist. Und das ist der ... das ist der ... Ich kann nur sagen, das ist mein ... .. mein entscheidendes Leben. Wenn nicht diese Menschen, die Helene Thimig, meine Urgroßeltern noch mehr als meine Eltern ... Dann natürlich der Giorgio Strehler, diese 30-jährige ... Dieser 30-jährige, ständige, lebendige, also nicht so mit Brimborium oder heilig, sondern direkt. Diesen Beruf und die Literatur und was ist denn Theater, immer wieder nehmen und beuteln und so. Das ist der Giorgio Strehler und da bin ich sehr, sehr stolz, dass er sagte: Da war ich in seinem ganzen Leben der wichtigste Partner. Mehr ... Etwas Schöneres ... .. gibt es nicht. Wenn ich es jetzt hier sage, dann bin ich voller Dank. Das heißt aber nicht, dass einem das immer über alles hinweghilft. Weil ein Mensch, jeder Mensch hat auch das Recht, und das nehm ich mir heraus, kleinmütig zu sein. Und natürlich bin ich oft auch kleinmütig, selbstverständlich. Aber mein Mut ... .. ist nie kleinmütig. Dass ich nicht mehr spiele. Relativ lange und drum auch überzeugend. Das hat einen Grund, der heißt ... Giorgio Strehler. Als der Klaus Bachler Burgtheater- direktor wurde, hat das ... Er sagte mir immer: als allererstes mit Giorgio Strehler, den er von den Festwochen her kannte. Weil Bachler war vorher Festwochenintendant. Er hat als allererstes mit dem Strehler gesprochen und gesagt: "Ich bin jetzt Burgtheaterdirektor." "Und ich möchte Sie haben." So oft und wie und was und so und so. Dann hat ihm der Strehler gesagt: "Ja." Er hat gesagt, er möchte mit Micki - mit mir - "Lear" machen. Er hat es dem Bachler gesagt, der hat es mir gesagt. Der Bachler war selig. Im zweiten Jahr. Und Strehler starb. Und ich habe es ... Wieder aus einem Instinkt heraus habe ich mir gedacht: "Aha." "Das hat was zu bedeuten." Dass der Strehler tot ist, hatte für mich sehr viel zu bedeuten. Aber es hatte etwas für das "Lear"-Projekt zu bedeuten. Bachler wollte einen Regisseur für den "Lear" finden. Ich sagte: "Für 'Lear' auf keinen Fall, eventuell für etwas anderes." Ich bin mit dem Bachler sehr befreundet. Mit dem kann ich so reden. Das ist einer der Direktoren, die ich mir freiwillig zum Reden ausgesucht hätte. Da habe ich gesagt: "Nein, das nicht, aber für was anderes." Dann waren ein paar Projekte, die alle sehr, sehr ... schon ... Darüber war nachzudenken, zum Beispiel "Nathan" und so. Ich hab mit ein paar Regisseuren, mit denen er mich zusammenbringen wollte, gesprochen und da hab ich etwas gemerkt: Dass die Veränderungen, die die Zeit bringt, für das Theater hoffentlich viel Gewinn bringen. Aber in meinem Fall, was mir sehr wichtig ist, zu wissen, was war denn vor mir? Und vor uns? Was war denn da am Theater? Und das hat diese jungen Leute, diese viel jüngeren Regisseure, nicht interessiert. Mich hat das unendlich interessiert. Ich hab so viel profitiert davon, dass ich mich für Vergangenheit interessiert hab. In der Literatur, in allem, in allem. Jetzt machen alle Leute Dokumentationen. Überall im Fernsehen sind ununterbrochen Dokumentationen. Es gibt niemanden mehr, über den es keine Dokumentation gibt. Das war nicht so in meiner Zeit, ich musste mir diesen ... Ich musste mir das holen. Über Bücher, über Erzählungen, über Zuschauen, über Zuhören. Also kurz und gut, ein konkreter Satz, als es um "Nathan der Weise" ging. Ich sagte diesem Regisseur: "Na ja, das ist schon eine ... .. gewaltige Sache, die wir da zu tun haben." "Was stellen Sie sich vor?" Er sagte: "Das wollen wir doch zusammen erfinden." Das war natürlich für mich, wo die Alarmglocken geläutet haben. Das kann man nicht erfinden, das ist da. Na ja und noch ein paar solche Unterhaltungen. Und dann muss ich auch jetzt sagen, hat sich das Theater, das sind Sachen, die mir gefallen haben - das Theater, wie es bei uns stattfindet, muss ich sagen. Nicht das internationale Theater, das englische Theater nicht. Von dem bin ich nicht weit weg. Aber da kam ich immer weiter weg. Sodass ich gesagt habe, ich wäre eigentlich ein ... Jetzt auf einer Probe würde ich fehl am Platz sein. Alles, was mich im Leben beeindruckt hat und im Beruf beeindruckt hat, waren Menschen. Das waren zum Teil berühmte Menschen, wie ich sie genannt hab, Giorgio Strehler etwa. Oder Helene Thimig oder Susanne von Almassy. Es waren immer Menschen. Aber es waren auch im Privatleben immer Menschen, die man nicht kennt. Ich hab zum Beispiel kennengelernt, weil ich musste an der Hand operiert werden, da habe ich die Hildegunde Pisa kennengelernt. Und diese Hildegunde Pisa ist für mich ein ... ja, das ist genau diese Kategorie. Und wissen Sie, um es jetzt zu sagen. Wenn man ... .. nicht das Glück hatte, die wirkliche Spitze im Leben kennenzulernen, geht man orientierungslos durch die Welt. Ich habe in meinem privaten und beruflichen Leben die absolute Spitze kennengelernt. Und dort oben war man ... ist man ... geht man miteinander ... .. offen um, man sagt sich alles. Und tut sich nicht weh. Das ist das Wunder dieser Leute, dieses Ensembles. Na ja, also ... Wie kann man sagen? Wie kommt man zum Bluntschli - "Helden, Helden"? Weil ich mit der Susanne von Almassy im "Konzert" von Herrmann Bahr am Volkstheater den Jura spielte. Dieser Jura war eine Bombe. Bei der Premierenfeier nachher hat hinter dem Rücken seiner Frau Susanne von Almassy der Direktor Kutscherer zu mir gesagt: "Können Sie singen?" Hab ich gesagt: "Wie?" "So, für die Bühne?" Sag ich: "Nein, das glaub ich nicht." Was ein bissl falsch war, weil ich hab in der Josefstadt mit der Stimme ... Die Sachen gehen so wie Fäden durchs Leben. Da musste ich hinter der Bühne in einer kleinen Rolle singen. * Er singt eine Melodie. * Und unseligerweise sagte die Vilma Degischer: "Du hast eine hübsche Stimm." Mehr hat's nicht gebraucht, ich hab das zu einer Pavarotti-Arie ausgebaut. So, dass die Degischer dann sagte: "Aber jetzt langt's." Das habe ich aber vergessen, als der Kutscherer mich fragte. Und ich hab vorgesungen dann. Ich hab dem Fehring vorgesungen. Mein Gott, ich weiß, was ich vorgesungen hab. Aus dem "Mann von La Mancha". Also .... (singt:) Ein Traum ... ein Traum ... Hat mir nicht gefallen, weil ich es so pathetisch fand. Aber ich hab's gemacht, wie die fanden, dass es gehört. Und ich hatte den "Bluntschli". Und jetzt kommt eine wirklich gute Geschichte. Dann so ein paar Monate später wurde uns in einem Probensaal, Udo Jürgens ... Wir alle, die Besetzung, die Seefried und die Gabi Jakoby, wir alle waren da und der Udo Jürgens spielte allen vor, was sie zu singen haben. War wahnsinnig glücklich und so. Und die Hauptrolle - der "Bluntschli" - am Schluss, hieß es so. Und ich sagte: "Der singt doch ned." Na dieses Entsetzen. Vor allem der Kutscherer hatte sehr viel Temperament und sprang wie ein Wahnsinniger herum. Er sagte: "Er ist wahnsinnig!" Zum Jürgens, er soll gar nicht zuhören, was ich da für einen Blödsinn gesagt hab. Nur der Fehring, der Dirigent, lachte. Dann sagte der Kutscherer: "Warum singt er nicht?" Hab ich gesagt: "Er ist ein Schweizer." Das gab einen Lacher, aber nicht so ... Ich hab wirklich nur eine einzige Phrase gesungen. Eine einzige Phrase und das war der Name des Mädchens, in das der Bluntschli verliebt ist. Und das war irgendwie so ... (singend:) Raina! Das wollte ich wie eine Mozart-Phrase singen. Damit war die Musik in meinem Leben, nämlich für die Leute. Vorher war sie mein ganzes Leben schon da. Aber dann kamen die Schallplatten und dann kam der Jacques Brel. Der Loek Huisman hat mich mit dem Jacques Brel in Antwerpen durch einen Zufall zusammengebracht. Weil wir mit der Josefstadt dort gastiert haben und nachher in ein Kaffeehaus gegangen sind. Dort ist der Brel aufgetreten und wir haben zusammen gesungen. Als die dann eine Schallplatte von mir wollten ... Jetzt ist das im Zeitraffer, sonst ist das ermüdend langweilig. Als die eine Schallplatte wollten, fragte ich, was ich singen soll. "Das wird alles für Sie geschrieben." Und da hat der Werner Schneider mit dem Opratko Lieder für mich geschrieben, die absolut hüsch und nett waren. Absolut. Aber ich habe gesagt: "Nein, das nur unter der Bedingung, wenn ich ..." Da waren immer sechs Lieder auf jeder Plattenseite. "Wenn ich auf der anderen Seite Jacques Brel singen darf." "Was ist das?" Aber der Werner Schneider hat Blut geleckt und sehr gut übersetzt, wie ich finde. Diese Schallplatte war ein Hit. Weil auf dieser Schallplatte war "Amsterdam" und "Franz". Und so einfach ist es, wenn's passt. Und dann kam der Liederzirkus 16 Jahre. Und viele Konzerte. Dann kam der "Higgins". Elf Jahre "Higgins". Also es ist die Musik, die sich ergeben hat. Ich nenn es wirklich - die Dinge müssen auf einen zukommen. Wissen Sie, man verbraucht so viel Kraft, um etwas zu machen, wenn man es will, dass man keine mehr hat, wenn man's dann machen soll. Also die Vorbereitung, ich will, ich will ... Und wenn du's dann endlich sozusagen erreicht hast diese Rolle oder diese Show, dann hast du keine Kraft mehr, es zu machen. Das ist es jetzt, was mich letztlich und endlich auch zu diesen Solo-Abenden im Burgtheater gebracht hat. Und natürlich war ich dann auch ... .. wie soll ich sagen - "Bleib dir treu!", noch einmal. Ich mach bei diesen Soloabenden alles, was ich gern hab. Und das sind Wienerlieder. Und ich hab in der Operette Sachen gefunden. Nämlich ... Wenn ich jetzt sagen würde, wie ich das mache. Ich höre zu, was die Leute gern haben. Und dann sag ich: "Aha." "Warum hat das das Publikum so gern?" "Ist da was dran?" Und wenn da was dran ist, das heißt, wenn es nicht verlogen ist, dann singe ich auch ... (singt:) "Meine Liebe, deine Liebe, die sind beide gleich." Stimmt. (singt:) "Jeder Mensch hat nur ein Herz und nur ein Himmelreich." "Wenn der Herrgott nicht will, nutzt das gar nichts." Das ist eine Weisheit, ein Lebensgefühl. Das mach ich und das misch ich an einem Abend. Und das wird eine Geschichte, die am Schluss einen Titel hat. Ja und das ist es. Wien ist in Österreich aber ganz anders. Man ist nicht zufällig ... .. seit seinem 17. Lebensjahr in einer Stadt, wenn man auch ... .. in Berlin am Theater willkommen war. Oder in Hamburg am Theater willkommen war. Oder in Deutschland ... Stellen Sie sich vor, ich hab ein ganzes Jahr in Paris den "Mackie Messer" gespielt. Nein, nein, man ist nicht zufällig in Wien. Und man ist nicht nur in Wien, ich zumindest, weil ich hier Schauspieler bin.

Archiv-Video vom 12.08.2014:
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Michael Heltau (Schauspieler)

Michael Heltau kam 1933 im bayrischen Ingolstadt als Michael Heribert Huber auf die Welt und zog noch vor seiner Einschulung ins Salzkammergut. 1945 flüchtete die Familie zurück nach Ingolstadt, doch schon wenige Jahre später ging Heltau nach Wien ans Max-Reinhardt-Seminar, das damals von Helene Thimig geleitet wurde. Nach seinem Debüt in Würzburg und einem Intermezzo am Residenztheater in München wurde Heltau an die Josefstadt engagiert und dpsielte auch im Volkstheater in Wien, wo er 1963 als Troilus in Shakespeares "Troilus und Cressida" seinen Durchbruch feierte. Zwischendurch gastierte er in Berlin, Hamburg und bei den Ruhrfestspielen. 1964 trat er zum ersten Mal bei den Salzburger Festspielen auf. Ein Jahr später zeigte er dorteinen neuen Bassa Selim in Giorgio Strehlers legendärer Inszenierung von "Die Entführung aus dem Serail", die bis 1974 gespielt wurde.

Länge: 51 Min. 20 Sek.
Produktionsdatum: 2013
Copyright: Stadt Wien

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Wiener Märkte digital

Wiener Märkte digital

Wiens Märkte werden digital: Standler*innen können nun Marktplätze bequem via PC, Handy oder Tablet buchen – das natürlich rund um die Uhr. Der Marktplatz kann dann am gebuchten Markttag sofort bezogen werden. Auch Anträge können im One-Stop-Shop der Stadt Wien unter www.mein.wien.gv.at für zum Beispiel fixe Zuweisungen, Schanigärten oder marktbehördliche Bewilligungen online gestellt werden. Ein weiteres Service: der Status der Anträge ist auf der Übersichtsseite abrufbar.
Länge: 1 Min. 51 Sek. | © Stadt Wien - Magistratsabteilung 59
Enthüllung neue Pionierinnen

Enthüllung neue Pionierinnen

Zum Frauentag holt die Stadt Wien zwei neue „große Töchter“ vor den Vorhang: Im Arkadenhof des Rathauses werden für Ingeborg Bachmann und Luise Fleck zwei Gedenktafeln in der Pionierinnengalerie enthüllt. Die Galerie stellt außergewöhnliche Frauen der Stadt, ihr Engagement, ihr Handeln und ihre Leben in den Mittelpunkt. Ingeborg Bachmann war eine heimische Schriftstellerin, die als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts gilt. In ihren Werken widmete sich die Klagenfurterin Themen wie die Rolle der Frau in der männlich geprägten Gesellschaft oder den Konsequenzen und dem Leid von Kriegen. Sie verstarb 1973 in Rom, seit 1977 wird jährlich der Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen. Luise Fleck war die erste österreichische und weltweit zweite Frau, die als Filmregisseurin und Produzentin Erfolg hatte. Sie führte bei mehr als 100 Filmen Regie und schrieb auch 20 Drehbücher. Besondere Bekanntheit erlangte sie in der Zeit während der Wende von Stumm- zu Tonfilmen. Sie starb 1950 in Wien. Die nun 30 Porträts der großen Töchter der Stadt können noch bis 31. März im Arkadenhof des Wiener Rathauses besichtigt werden.
Länge: 2 Min. 47 Sek. | © Stadt Wien / KOM

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