6. EU-Beihilfenrecht

6.5 Ausnahmen und Erleichterungen im EU-Beihilfenrecht

6.5.1 Allgemeines

Kommt man zum Ergebnis, dass eine geplante Maßnahme eine Beihilfe darstellt, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob eine Ausnahmeregelung oder Erleichterung zur Anwendung gelangen kann. Ausnahmeregeln finden sich:

  • im AEUV – z.B. Art 93 (für den Verkehrsbereich), Art 106 Abs. 2 (für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse) sowie Art 107 Abs. 2 und 3 AEUV

  • in Rechtsakten (vor allem Verordnungen) der EU

  • in sonstigen Regelungen und Klarstellungen in „ Mitteilungen “ der EK

Die Ausnahmen des Art 107 AEUV:

Das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen erhält durch Art 107 Abs. 2 und 3 AEUV eine Reihe von Ausnahmen, die im Zusammenhang von Fördermaßnahmen von Interesse sein können.

Art 107 Abs. 2 AEUV legt zwingende Ausnahmen fest, bei deren Vorliegen der EK kein Entscheidungsspielraum eingeräumt ist.

Diese Ausnahmen umfassen beispielsweise:

  • Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher*innen, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gewährt werden

  • Beihilfen zur Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen

Art 107 Abs. 3 AEUV bestimmt fünf Gruppen von staatlichen Maßnahmen, die mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden können. Im Gegensatz zu den Ausnahmen des Art 107 Abs 2 AEUV kommt der EK hier ein weites Ermessen zu, ob die konkrete Maßnahme genehmigt werden kann.

Folgende Gruppen von staatlichen Beihilfen sind von dieser Ausnahme umfasst:

  • Beihilfen im Rahmen der Regionalförderung

  • Beihilfen für Vorhaben von europäischem Interesse oder zur Behebung beträchtlicher Störungen einer mitgliedstaatlichen Wirtschaft

  • Sektorale oder regionale Beihilfen zur Wirtschaftsentwicklung

  • Beihilfen zur Kulturförderung

  • Sonstige Beihilfen, die der Rat durch einen Beschluss auf Vorschlag der EK bestimmt

Auf Grundlage der letzten Ausnahmebestimmung wurde eine Reihe weiterer Ausnahmeregelungen erlassen. Diese Ausnahmeregelungen enthalten üblicherweise strikt einzuhaltende Bedingungen.

Ausnahmen in Rechtsakten der EU:

Diese Kategorie von Ausnahmeregelungen sollen die Gewährung von Beihilfen durch die MS vereinfachen und beschleunigen.

Folgende Rechtsakte sind besonders hervorzuheben:

  • Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (kurz: AGVO )

  • De- minimis -Verordnung für Bagatellbeihilfen geringer Höhe

  • Freistellungsbeschluss der EK in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (sogenannter DAWI-Beschluss )

  • De- minimis -Verordnung zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (sogenannte DAWI-De- minimis -Verordnung )

Eine detailliertere Darstellung der für die Abwicklung von Förderungen durch die Förderdienststellen relevanten Rechtsakte erfolgt in Kap. 6.5.2.

Mitteilungen der EK:

Die EK veröffentlicht ihre Rechtsmeinung zu Fragen des EU-Beihilferechts in diversen „Mitteilungen“. Diese Mitteilungen behandeln meist einen spezifischen Bereich oder eine spezielle Frage des Beihilferechts. Obwohl Mitteilungen keine Rechtswirkung für Bürger*innen entfalten, ist die EK in ihrer Vollzugstätigkeit grundsätzlich an die von ihr selbst veröffentlichte Rechtsmeinung gebunden. Mitteilungen sind daher eine wichtige Informationsquelle für Beihilfegeber*innen sowie Beihilfeempfänger*innen, weil diese das Verhalten der EK vorhersehbar machen.

Folgende Mitteilungen können beispielhaft genannt werden:

  • Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe

  • DAWI-Mitteilung

  • DAWI-Leitfaden

  • Analytical grids bezüglich staatliche Beihilfen für Infrastrukturmaßnahmen unter anderem für Kulturstätten, Sport- und Multifunktionsanlagen, Energieinfrastruktur, U-Bahn und Personennahverkehr und andere

  • Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation

Neben diesen Veröffentlichungen besteht eine große Bandbreite weiterer Mitteilungen, die unterschiedliche Bereich betreffen (beispielsweise Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Umweltschutz, Bürgschaften und Haftungen, etc.). Auf der Webseite der Generaldirektion Wettbewerb der EK findet sich eine Sammlung von Rechtsakten und Mitteilungen.

6.5.2 Praxisrelevante Vereinfachungen bei der Förderabwicklung

6.5.2.1 AGVO

Um den Vollzug des Beihilfenrechts zu vereinfachen und den MS eine Möglichkeit zu geben, Beihilfemaßnahmen rasch und ohne langwierige Anmeldung durchzuführen, wurde die AGVO erlassen. Diese Verordnung wird zumeist als allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung bezeichnet und soll nach Ansicht der EK einen Großteil der von den MS gewährten Beihilfen erfassen. Die AGVO ist für die Stadt Wien deshalb eine der wichtigsten Erleichterungen im Bereich des Förderwesens.

Die AGVO umfasst unter anderem so wichtige Bereiche wie:

  • Regionalbeihilfen

  • Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

  • Beihilfen für Forschung und Entwicklung

  • Beihilfen für Ausbildung und Arbeitsmarkt

  • Umweltschutzbeihilfen

  • Beihilfen für Breitband-, Kultur- und Sportinfrastruktur

Die AGVO hat den wesentlichen Vorteil, dass Maßnahmen, die grundsätzlich eine staatliche Beihilfe darstellen, trotzdem nicht bei der EK angemeldet werden müssen. Damit entfällt auch das Durchführungsverbot, womit Maßnahmen schnell und ohne lange Wartefristen umgesetzt werden können.

Diese erhebliche Erleichterung der AGVO kann jedoch nur unter strikter Einhaltung der vorgesehenen Bedingungen in Anspruch genommen werden. Sollte eine Beihilfenregelung – zum Beispiel in Form einer Förderrichtlinie – erlassen werden, die eine Ausnahmeregelung der AGVO in Anspruch nehmen will, sind diese Bedingungen bereits in dieser Grundlage eindeutig vorzusehen. Dabei legt die AGVO für alle Beihilfen geltende allgemeine Voraussetzungen und für jeden Bereich der AGVO zusätzlich spezifische Bedingungen fest, die alle gemeinsam erfüllt sein müssen, um die Anmeldebefreiung beanspruchen zu können.

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen der AGVO ist auf das Rundschreiben 01/2020 bezüglich Einhaltung von Voraussetzungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) hinzuweisen. Das Rundschreiben behandelt in der Praxis gehäuft auftretende Fehler bei der Anwendung der AGVO und weist nachdrücklich darauf hin, dass auch die Nichterfüllung von Formvorschriften dazu führt, dass gewährte Beihilfen rechtswidrig sind. Weiters werden Empfehlungen zur korrekten Handhabung der einzelnen Voraussetzungen der AGVO abgegeben.

Die EK geht bei Einhaltung aller in der AGVO vorgeschriebenen Voraussetzungen davon aus, dass die von einem MS derart durchgeführte staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Durch die Bedingungen der AGVO soll mit anderen Worten sichergestellt werden, dass eine staatliche Beihilfe keine dem Interesse der Union zuwiderlaufende Beeinträchtigung des Binnenmarkts verursacht.

Wesentliche allgemeine Voraussetzungen und Vorschriften der AGVO sind:

  • Geltungsbereich der AGVO (Art 1) : Spezielle Arten von Beihilfen und gewisse Unternehmen sind ausdrücklich von der AGVO ausgeschlossen (siehe hierzu Rundschreiben 01/2020 ).

  • Anmeldeschwellen (Art 4) : Die AGVO legt die maximal zulässige Beihilfenhöhe für ihre einzelnen Bereiche fest. Wird die Anmeldeschwelle überschritten, ist die Beihilfe bei der EK anzumelden.

  • Transparenz der Beihilfe (Art 5) : der Beihilfebetrag muss vorab eindeutig bestimmbar sein.

  • Anreizeffekt (Art 6) : Die Beihilfe muss einen Anreizeffekt aufweisen, ohne den die geförderte Tätigkeit nicht oder nicht in demselben Umfang realisiert würde (z.B. Förderungen für ein breites Kulturangebot, Förderung eines urbanen Jugendkulturzentrums, das ohne Förderung nicht bestehen könnte). Eine Beihilfe soll nur in dem erforderlichen Ausmaß gewährt werden, um das mit der Beihilfe angestrebte Ziel zu erreichen. Die Beihilfe muss demnach zu einer Verhaltensänderung der Beihilfeempfänger*innen führen (z.B. ohne Beihilfe würde ein Vorhaben überhaupt nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang realisiert werden). Wäre ein Vorhaben auch ohne Beihilfe in selber Art und Umfang verwirklicht worden, ist der Anreizeffekt nicht gegeben. (siehe dazu auch Kap. 14.3.3.3.2 )

Beispiele:
Eine Beihilfenregelung/Förderrichtlinie muss vorsehen, dass Projekte, mit denen vor Antragstellung begonnen wurde, von der Förderung ausgeschlossen sind. Beginnt ein Unternehmen nämlich vor Antragstellung mit der Verwirklichung des Projekts, hätte es das Projekt auch ohne Beihilfe realisiert.

Der EuGH hat zuletzt festgehalten, dass kein Anreizeffekt vorlag, als einem Unternehmen im Oktober für die Errichtung einer neuen Produktionslinie eine Förderung genehmigt wurde. Das geförderte Unternehmen hatte aber bereits im August einen Kaufvertrag über Maschinen der neuen Produktion abgeschlossen. Mangels Anreizeffekt war die gesamte Beihilfe samt Zinsen zurückzufordern.

  • Kumulierung (Art 8) : Bei der Beurteilung von Anmeldeschwellen und Beihilfenhöchstbeträgen sind alle gewährten Beihilfen – auch von anderen Beihilfegeber*innen – zusammenzurechnen. (siehe dazu auch Kap. 14.2.1 )

  • Veröffentlichung von wesentlichen Informationen (Art 9) : Der Inhalt einer Beihilfenmaßnahme sowie Informationen über Beihilfen, die im Einzelfall über EUR 500.000 betragen, sind im Internet zu veröffentlichen. Auf diesen Umstand sollte aus Gründen der Rechtssicherheit bereits in einer Beihilfenregelung/Förderrichtlinie hingewiesen und entsprechende Regelungen vorgesehen werden.

  • Monitoring (Art 11 und 12) : Berichterstattungs- und Aufbewahrungspflicht für erforderliche Informationen durch die MS, sodass die EK nachträglich die Einhaltung aller Vorgaben der AGVO überprüfen kann.

Innerhalb des Anwendungsbereichs der AGVO bestehen für bestimmte Gruppen von Beihilfen Ausnahmen, sodass im Einzelfall genau zu prüfen ist, ob eine geplante Maßnahme tatsächlich im Rahmen der AGVO abgewickelt werden kann.

Praxisbeispiel:
Förderrichtlinien für Investitions-und Infrastrukturmaßnahmen im Bereich der Stadtteilkultur und Interkulturalität: Die Stadt Wien fördert Investitions- und Infrastrukturmaßnahmen von kulturellen Institutionen und Vereinigungen im Bereich der Stadtteilkultur und Interkulturalität durch finanzielle Zuschüsse in der Höhe von EUR 1.000 bis EUR 10.000. Diese Beihilfenregelung wurde unter Anwendung der AGVO nicht an die EK notifiziert.

6.5.2.2 De-minimis-VO

Eine staatliche Beihilfe liegt nur dann vor, wenn eine Maßnahme zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, in deren Folge eine Beeinträchtigung des Binnenmarkts auftritt. Geringfügige Förderungen an Unternehmen sind üblicherweise nicht dazu geeignet, derart spürbare Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Binnenmarkt auszuüben. Von dieser Überlegung geleitet, hat die EK für Bagatellfälle von staatlichen Beihilfen – sogenannte De-minimis-Beihilfen – eine erhebliche Erleichterung geschaffen.

Die sogenannte De-minimis-VO legt generelle Voraussetzungen fest, unter denen eine Beihilfe nicht als staatliche Beihilfe angesehen wird. Bei Anwendung der De-minimis-VO bedarf es weder einer Anmeldung bei der EK noch der Beachtung des Durchführungsverbots.

Nach der De-minimis-VO liegt keine staatliche Beihilfe vor, wenn einem Unternehmen von einem MS innerhalb von drei Steuerjahren insgesamt nicht mehr als EUR 200.000 an Fördersumme zukommt. Die von mehreren Stellen eines MS gewährten De-minimis-Beihilfen an ein und dasselbe Unternehmen müssen zusammengezählt werden, weil der Grenzwert sich pro MS versteht und nicht pro Fördergeber*in oder Gebietskörperschaft.

Innerhalb der De-minimis-VO bestehen zum Teil abweichende Höchstbeträge für einzelne Wirtschaftszweige. Darüber hinaus bestehen weitere Vorgaben, die zwingend einzuhalten sind, damit die Eigenschaft einer De-minimis-Beihilfe nicht verloren geht. Insbesondere sind die MS verpflichtet, eine Überwachung der ausbezahlten Fördersummen sicherzustellen, damit es nicht zu einer Überschreitung des Höchstbetrags von EUR 200.000 pro Unternehmen kommt. Dabei sind nicht nur Beihilfen zu beachten, die die Stadt Wien vergibt, sondern vielmehr sämtliche von österreichischen Stellen vergebenen De-minimis-Beihilfen.

Die/der Fördergeber*in muss als Überwachungsmaßnahme vor einer beabsichtigen Gewährung der De-minimis-Beihilfe dem geförderten Unternehmen schriftlich die voraussichtliche Höhe der Beihilfe mitteilen und unter ausdrücklichem Verweis auf die De-minimis-VO mit Angabe ihres Titels und der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union darauf hinweisen, dass es sich um eine De-minimis-Beihilfe handelt.

Besteht als Grundlage für De-minimis-Beihilfen eine Beihilfenregelung/Förderrichtlinie, erscheint es aus Gründen der Rechtssicherheit angebracht, auf diesen Umstand bereits in der Beihilfenregelung/Förderrichtlinie hinzuweisen. Ein solcher Hinweis entbindet die Fördergeberin jedoch nicht von der Pflicht, die Unternehmen in jedem einzelnen Fall vor Gewährung der Beihilfe wie bereits ausgeführt zu informieren (vgl. Art 6 De-minimis-VO).

Außerdem ist vor der Gewährung der Beihilfe von jedem Unternehmen eine Auskunft über andere De-minimis-Beihilfen einzuholen, die von österreichischen Stellen an dieses vergeben wurde und eine entsprechende Prüfung des Sachverhalts erforderlich, um sicherzustellen, dass der Beihilfenhöchstbetrag nicht überschritten wird.

Es bedarf bei Anwendung der De-minimis-VO im Einzelfall einer Prüfung, welche Bedingungen und welcher Höchstbetrag konkret einzuhalten sind.

6.5.2.3 Sonderregeln für DAWI

Nicht alle Aufgaben, die von der öffentlichen Hand zu besorgen sind, haben Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg und Gewinnerzielung. Beispielsweise ist die Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen von den Bundesländern verpflichtend sicherzustellen, obwohl Krankenhäuser massive Kosten verursachen, die durch die erzielten Einnahmen zumeist nicht gedeckt werden können. In diesem Zusammenhang spricht das Unionsrecht von Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) betraut sind. Innerhalb der Stadt Wien spricht man von der sogenannten Daseinsvorsorge.

Die MS haben einen relativ großen Ermessensspielraum bei der Festlegung, welche Tätigkeiten innerstaatlich als DAWI angesehen werden. Als DAWI anerkannt sind beispielsweise Krankenhausleistungen, Altenpflege, sozialer Wohnbau, Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch Verkehrsleistungen, wie Fähren oder Flugverbindungen für abgelegene Regionen und vieles mehr.

Damit notwendige DAWI-Leistungen dauerhaft erbracht werden können, müssen anfallende Verluste ausgeglichen werden. Dieser Umstand wirft die problematische Frage auf, ob die Verlustabdeckung aus staatlichen Mitteln eine staatliche Beihilfe darstellt.

Bei Einhaltung von vier Kriterien stellt eine Verlustabdeckung für eine DAWI-Leistung durch die öffentliche Hand keine staatliche Beihilfe dar:

Die folgenden vier Altmark-Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, damit eine Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt:

  1. Tatsächliche Betrauung des Unternehmens mit der Durchführung einer DAWI sowie klare Definition des Inhalts und Umfangs der zu erbringenden DAWI

  2. O bjektive und transparente Parameter zur Ausgleichsberechnung , die vor der Betrauung des Unternehmens festgelegt sind

  3. Beschränkung des finanziellen Ausgleichs auf erforderliche Verlustabdeckung unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinnes

  4. Betrauung des Unternehmens im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge
    oder
    Bestimmung der Höhe des erforderlichen Ausgleichs anhand der Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens (sog. Benchmarking )

In der Praxis hat sich gezeigt, dass beim vierten Kriterium häufig Probleme auftreten, wenn das Dienstleistungsunternehmen nicht im Rahmen eines Vergabeverfahrens betraut wird. Das Benchmarking verlangt einen Nachweis, dass die Kosten für die DAWI bei einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen mit der erforderlichen materiellen Ausstattung nicht höher wären als bei dem beauftragten Unternehmen. Der Nachweis ist oft sehr schwierig, da hohe Anforderungen gestellt werden. Insbesondere sind belastbare Vergleichsdaten vorzulegen und auch laufend zu aktualisieren.

Die in der Praxis entstandenen Probleme im Zusammenhang mit dem Benchmarking (viertes Altmark-Kriterium), hat die EK für den DAWI-Bereich durch weitere Erleichterungen und Mitteilungen entschärft. Sofern die vier Altmark-Kriterien nicht eingehalten werden können, ist zu prüfen, ob eine dieser Grundlagen herangezogen werden kann.

Die wichtigsten (Rechts-)Akte im Bereich der DAWI sind:

  • DAWI-De-minimis-VO

  • DAWI-Beschluss

  • DAWI-Rahmen

  • DAWI-Mitteilung

Im Vergleich zur generellen De-minimis-VO erlaubt die DAWI-De-minimis-VO höhere Beihilfesummen an Unternehmen, die DAWI erbringen. Diese DAWI-Bagatellbeihilfen fallen nicht unter das Beihilfenverbot, wenn ihre Höhe EUR 500.000 in drei Steuerjahren nicht übersteigt und die sonstigen Voraussetzungen der DAWI-De-minimis-VO eingehalten werden.

Der DAWI-Beschluss der EK stellt die wichtigste Grundlage für eine gelockerte beihilferechtliche Behandlung von DAWI dar. Dieser Beschluss orientiert sich stark an den vier Altmark-Kriterien. Die Erleichterung im Vergleich zu den Altmark-Kriterien liegt im Verzicht auf das Benchmarking. Im Gegenzug werden strenge Voraussetzungen aufgestellt – insbesondere hinsichtlich Transparenz und nachprüfende Kontrolle – die alle ausnahmslos eingehalten werden müssen. Für die unterschiedlichen Arten von DAWI bestehen außerdem unterschiedliche Höchstbeträge für Ausgleichszahlungen, die nicht überschritten werden dürfen. Bei Einhaltung aller Vorgaben des DAWI-Beschlusses sind Ausgleichszahlungen an Unternehmen von der Anmeldepflicht sowie dem Durchführungsverbot ausgenommen.

Der DAWI-Rahmen und die DAWI-Mitteilung stellen Auslegungshilfen der EK dar, die im Vollzug wichtige Hinweise für eine rechtskonforme Ausgestaltung von Fördermaßnahmen geben können.