6. EU-Beihilfenrecht

6.4 Anmeldepflicht und Durchführungsverbot – Art 108 AEUV

Die Überwachung staatlicher Beihilfen durch die EU basiert im Grundsatz auf einem sogenannten Anmeldeverfahren. Die EK prüft die Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt und erlässt gegebenenfalls rechtsverbindliche Beschlüsse. Im Rahmen des Verfahrens müssen die MS die EK über jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen durch vorherige Anmeldung informieren. Diese Anmeldung wird auch Notifizierung genannt.

Bis zur abschließenden Entscheidung der EK dürfen die geplanten Beihilfen nicht durchgeführt werden. Es besteht somit ein striktes Durchführungsverbot für angemeldete Beihilfen bis zur abschließenden Entscheidung der EK. Wird unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot eine angemeldete Beihilfe vorab gewährt, liegt eine rechtswidrige Beihilfe mit allen negativen Folgen vor. Eine nachträgliche Genehmigung der angemeldeten Beihilfe gilt nur für die Zukunft, weshalb die davor gewährte Beihilfe rechtswidrig bleibt und zumindest teilweise zurückgefordert werden muss.

Grundsätzlich wird im Beihilfenrecht zwischen sogenannten Beihilfenregelungen und Einzelbeihilfen unterschieden:

  • Beihilfenregelungen legen Voraussetzungen fest, unter denen einzelne Unternehmen eine Förderung/Beihilfe beantragen können, ohne selbst eine Beihilfe an konkrete Unternehmen einzuräumen, wie beispielsweise Förderprogramme bzw. Förderrichtlinien, wonach Unternehmen eine Förderung beantragen können, wenn sie ihre Fahrzeuge von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren umstellen.

  • Einzelbeihilfen werden an konkrete Unternehmen gewährt. Eine Einzelbeihilfe kann entweder aufgrund einer Beihilfenregelung, aber auch ohne eine solche gewährt werden. Beispielsweise: Aufgrund einer Förderrichtlinie bekommt die A GmbH für ihre zwei neuen Elektroautos eine Förderung gewährt. Ein österreichischer Fall einer Einzelbeihilfe, die nicht auf Grundlage einer Beihilfenregelung gewährt wurde, stellt die Unterstützung der Austrian Airlines durch Österreich dar. Diese Unterstützung wurde aufgrund der Covid-19-Krise erforderlich.

Einzelbeihilfen aufgrund einer bereits genehmigten Beihilfenregelung sind in aller Regel nicht anmeldepflichtig und unterliegen deshalb auch nicht dem Durchführungsverbot. In Ausnahmefällen kann es jedoch vorkommen, dass genehmigte Beihilfenregelungen für Einzelbeihilfen die Anmeldepflicht vorsehen, z.B. wenn eine Einzelbeihilfe eine gewisse Höhe überschreitet.

Nach Genehmigung durch die EK darf die Beihilfe durchgeführt werden, wobei die EK in diesem Fall auch Auflagen erteilen kann.

Hält die EK die Beihilfe hingegen mit dem Binnenmarkt für unvereinbar, erlässt sie eine sogenannte Negativentscheidung. Die geplante Beihilfe darf nicht gewährt werden.

Auch die Umgestaltung oder die Verlängerung von bereits genehmigten Beihilfen unterliegen der Anmeldepflicht und dem Durchführungsverbot. Für einzelne, geringfügige Änderungen an einer genehmigten Beihilfe ist ein vereinfachtes Anmeldeverfahren vorgesehen. Ausgenommen von der Anmeldepflicht sind lediglich Änderungen, die ausschließlich formaler und/oder verwaltungstechnischer Natur sind.

Die Verpflichtung, Beihilfen vor ihrer Durchführung anzumelden, kann nur dann entfallen, wenn es hierfür eine Rechtsgrundlage im Unionsrecht gibt, die solche Ausnahmen und Erleichterungen vorsieht. Die wichtigsten Erleichterungen, die für die Stadt Wien von Bedeutung sind, werden in den folgenden Kapiteln dargestellt.