12. Anwendungsbereich und Ausnahmen

12.1 Anwendungsbereich für Förderungen im engeren Sinn

Ausgehend von und aufbauend auf den Kap. 1.2.1 aufgezeigten unterschiedlichen Förderbegriffen gilt der gesamte Besondere Teil dieses Handbuch für Förderungen im engeren Sinn und somit für

  1. nicht rückzahlbare Geldzuwendungen,

  2. welche die Stadt Wien (= Fördergeberin)

  3. einem Rechtssubjekt (= Fördernehmer*in)

  4. auf Grundlage eines privatrechtlichen Fördervertrages (= Privatwirtschaftsverwaltung)

  5. aus öffentlichen Mitteln der Stadt Wien

  6. für eine von diesem erbrachte oder beabsichtigte förderwürdige Leistung,

  7. an welcher ein von der Stadt bzw. vom Land Wien wahrzunehmendes öffentliches Interesse besteht,

  8. ohne dafür unmittelbar eine angemessene geldwerte Gegenleistung zu erhalten,

gewährt.

Ad 1. Nicht rückzahlbare Geldzuwendungen:

Eine nicht rückzahlbare Geldzuwendung ist die Gewährung und Zahlung eines Geldbetrages (Förderbetrag) an die/den Fördernehmer*in, ohne dass dieser/diesem von vorne herein die Verpflichtung zukommt, den Förderbetrag zu einem späteren Zeitpunkt an die/den Fördergeber*in zurückzuzahlen. (Eine rückzahlbare Geldzuwendung wäre demgegenüber beispielsweise ein Darlehen oder ein Kredit.)

Der Begriff „nicht rückzahlbar“ bezieht sich jedoch selbstverständlich nur auf den Zeitpunkt der Gewährung der Förderung, in welchem davon ausgegangen wird, dass die/der Fördernehmer*in die förderwürdige Leistung auch tatsächlich erbringt. Sollte sich im Rahmen der Verwendungskontrolle herausstellen, dass die förderwürdige Leistung nicht erbracht, die Fördermittel missbräuchlich verwendet, der Förderzweck nicht erreicht, Förderbedingungen/Auflagen verletzt bzw. sonstige Widerrufsgründe verwirklicht wurden, kann bzw. muss die/der Fördernehmer*in selbstverständlich zur Rückzahlung verpflichtet werden.

Ad 2. Stadt Wien als Fördergeberin:

Fördergeberin ist die Stadt Wien, vertreten durch die jeweilige Förderdienststelle, die nach der Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien (GEM) für die Abwicklung der Förderung zuständig ist. Die Gewährung einer Förderung bedarf aber der Genehmigung des nach der Wiener Stadtverfassung zuständigen Organs (siehe dazu auch Kap. 14.3.7.2).

Als Förderdienststellen gelten jene Dienststellen, denen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (ohne zugrundeliegende Materiengesetze bzw. Durchführungsverordnungen) auf Grundlage des Geschäftsbesorgungsmonopols des Magistrats der Stadt Wien (Art 117 Abs. 7 B-VG, § 105 Abs. 1 WStV) die Abwicklung von Förderungen obliegt. Dienststellen, die ausschließlich als auszahlende Stelle fungieren, gelten nicht als Förderdienststellen.

Ad 3. Rechtssubjekt als Fördernehmer*in:

Die in Betracht kommenden Adressaten einer Förderung, also die potentiellen Fördernehmer*innen, sind in den unterschiedlichen Rechtsdefinitionen der „Förderung“ nicht abschließend geregelt. Das BHG 2013 sowie die VRV 2015 sprechen jeweils nur von einer „natürlichen oder juristischen Person“. Die ARR 2014 hat den Adressatenkreis dahingehend ergänzt, dass zusätzlich zu den natürlichen oder juristischen Personen auch die Fördergewährung an eine „im Firmenbuch eingetragene Personengesellschaft“ (also OG und KG) umfasst ist.

Streng genommen wären nach diesen Rechtsdefinitionen als Fördernehmer*innen nur natürliche, juristische und im Firmenbuch eingetragene Personengesellschaften denkbar bzw. zulässig, allerdings werden in der Praxis Förderungen mitunter auch an Wohnungseigentümer-gemeinschaften, Kirchen oder Schulen gewährt, die unter keine der drei Kategorien eingeordnet werden können.

Nach dem von der Lehre entwickelten Begriff der Förderung, den auch der OGH in seiner Judikatur immer wieder verwendet, ist Adressat einer Förderung ganz allgemein ein „Privatrechtssubjekt“, also ein Träger von Rechten und Pflichten. In der Praxis kommt es jedoch auch vor, dass eine Förderung beispielsweise einer Gebietskörperschaft (z.B. Gemeinde) oder einer Kirche gewährt wird. Diese stellen jedoch als „Körperschaften öffentlichen Rechts“ keine Privatrechtssubjekte dar, sodass Adressat einer Förderung ganz allgemein ein „Rechtssubjekt“ – also ein potentieller Träger von Rechten und Pflichten (= Rechtsfähigkeit) – ist.

Damit kommen auch Wohnungseigentümergemeinschaften als Fördernehmer*innen in Betracht, da diese in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden können (§ 18 Abs. 1 WEG 2002) – somit haben Eigentümergemeinschaften in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Teilrechtsfähigkeit und können Vertragspartner*innen des Fördervertrages werden.

Auch den Schulen wurde eine Teilrechtsfähigkeit zuerkannt (§ 128c Schulorganisationsgesetz – SchOG sowie § 80a Wiener Schulgesetz – WrSchG), sodass mit diesen Förderverträge geschlossen werden können.

Durch die gesetzliche Anerkennung einer Kirche oder Religionsgesellschaft wird dieser eine öffentlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit verliehen, wodurch ihr die Stellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zukommt. Diese beinhaltet auch die privatrechtliche Rechtsfähigkeit.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die/der jeweilige Fördernehmer*in Rechtspersönlichkeit besitzt, also dazu berechtigt ist, den Fördervertrag zu schließen. In letzter Konsequenz muss die Stadt Wien nämlich auch dazu in der Lage sein, Klage gegen die/den Fördernehmer*in einbringen zu können (z.B. für den Fall, dass die Förderung widerrufen wird, aber die Förderung trotz Widerruf/Rückforderung und Mahnungen nicht zurückgezahlt wird).

Ad 4. Privatwirtschaftsverwaltung:

Das B-VG kennt keinen allgemeinen Kompetenztatbestand hinsichtlich der Gewährung von Förderungen. Für die Gewährung von Förderungen sind die allgemeinen Regeln der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung maßgeblich, das heißt jede Gebietskörperschaft kann somit jedenfalls jene Materien durch (hoheitlich oder nicht hoheitlich ausgestaltete) Maßnahmen fördern, die ihr kompetenzrechtlich zugeordnet sind.

In Materien, die außerhalb des verfassungsgesetzlichen Zuständigkeitsbereiches einer Gebietskörperschaft liegen, kann diese ebenfalls Förderungen gewähren, wenn dabei nicht hoheitlich, sondern im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung vorgegangen wird. Aufgrund von Art 17 B-VG verfügen der Bund und die Länder über privatrechtliche Kontrahierungsfähigkeit, die sie weitgehend ohne Bindung an die Kompetenzverteilung ausüben können. Dies erlaubt prinzipiell auch den Erlass von Selbstbindungsgesetzen als Grundlage der nicht-hoheitlichen Fördergewährung im betreffenden Bereich (z.B. Wiener Parteienförderungsgesetz).

Der Staat kann Förderungen entweder durch Bescheid gewähren oder privatrechtlich kontrahieren – einen dritten Fall der Fördergewährung gibt es nicht.

Eine Förderung kann somit entweder im Rahmen der Hoheitsverwaltung, also durch Erlassung eines Bescheides, erfolgen oder im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, bei der sich der Staat bzw. eine andere Gebietskörperschaft sich jener Rechtsformen des Privatrechts bedient, die auch anderen Rechtsunterworfenen zur Verfügung stehen, etwa durch einen zweiseitigen Vertrag oder eine einseitige Auslobung. Daraus ergeben sich Unterschiede im Hinblick auf die behördlichen Zuständigkeiten und insbesondere bezüglich des Rechtsschutzes. Bei der Entscheidung, ob eine Förderung hoheitlich oder privatrechtlich gewährt wird, steht der Vollziehung jedoch kein Wahlrecht zu, sondern ist die jeweils zutreffende Rechtsform aus der Auslegung des Gesetzes zu ermitteln.

Wichtigstes Indiz für das Vorliegen eines im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vollziehenden Bereiches sind mangelnde Vorgaben zur Erlassung von Hoheitsakten (Bescheiden). Im Zweifel ist bei Fördermaßnahmen von einer Vollziehung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung auszugehen.

Ad 5. Öffentliche Mittel der Stadt Wien:

Öffentliche Mittel der Stadt Wien sind jene Mittel, die aus dem Haushalt der Stadt Wien stammen. Öffentliche Mittel aus anderen Haushalten, beispielsweise vom Bund, anderen Bundesländern oder der EU (EU-Förderungen) sind nicht umfasst.

Ad 6. und 7. Förderwürdige Leistung im öffentlichen Interesse der Stadt Wien:

Eine förderwürdige Leistung liegt dann vor, wenn an ihr ein öffentliches Interesse und ein Bezug zur Stadt Wien besteht (siehe dazu auch Kap. 14.3.2).

Das Vorliegen einer förderwürdigen Leistung, die der Gewährung der Förderung gegenübersteht, unterscheidet die Förderung (im engeren Sinn) insbesondere von „Transferleistungen“, welche die öffentliche Hand ohne Vorliegen einer „förderwürdigen Leistung“ durch die/den jeweiligen Empfänger*in auszahlt.

Bei Förderungen ieS muss eine förderwürdige Leistung im öffentlichen Interesse erbracht werden, die im Rahmen der Abrechnung durch die/den Fördernehmer*in nachgewiesen und im Rahmen der Kontrolle der widmungsgemäßen Verwendung seitens der Förderdienststelle überprüft werden muss.

Ad 8. Nichtvorliegen einer unmittelbaren angemessenen geldwerten Gegenleistung:

Das Kriterium des Nichtvorliegens einer unmittelbaren angemessenen geldwerten Gegenleistung unterscheidet eine Förderung von einem öffentlichem Auftrag (Leistungsaustausch), bei dem ein unmittelbarer Leistungsaustausch mit der öffentlichen Hand stattfindet und die/der Auftragnehmer*in der öffentlichen Hand aufgrund der Entstehung eines Schuldverhältnisses die Erbringung einer bestimmten und vorab definierten Leistung schuldet, während ein/e Fördernehmer*in lediglich zu einem förderkonformen Verhalten verpflichtet ist (siehe dazu auch Kap. 1.2.2).

Gegenleistung bei einer Förderung ist (nur) das förderkonforme Vorgehen bzw. Verhalten der Fördernehmer*innen bei Ausführung der förderwürdigen Leistung.