1. Naturschutz mit Recht

1.1 Aktuelle Entwicklungen im Naturschutz auf europäischer Ebene

EU-Notverordnung

Die Verordnung des Rates der EU zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien („EU-Notverordnung“) ist am 30. Dezember 2022 in Kraft getreten.

In der EU-Verordnung werden für Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen wie etwa Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen, Windkraftanlagen, Repowering-Projekte etc. Maßnahmen zur Beschleunigung behördlicher Genehmigungsverfahren festgelegt.

Relevant sind diese Regelungen auch für naturschutzbehördliche Verfahren. Die EU-Verordnung wird zunächst für 18 Monate gelten.

Wiederherstellungsverordnung

Die Europäischen Kommission hat einen Vorschlag für eine EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur ausgearbeitet. Der vorgelegte Entwurf hat die Wiederherstellung diverser Ökosysteme – auch außerhalb von Natura 2000 Gebieten – zum Ziel und legt dazu (erstmalig) quantitative Werte bzw. Indikatoren fest. Der Verordnungsentwurf ist Teil der EU-Strategie 2030 zur Erhaltung der biologischen Vielfalt (Biodiversitätsstrategie im Rahmen des Green Deal).

Im Verordnungsentwurf wird ein Mindestmaß der geforderten Werte zur Zielerreichung festgelegt sein. 20 % der beinträchtigen Land- und Meeresfläche der Union sind bis 2030, sämtliche Ökosysteme, die einer Wiederherstellung bedürfen, sind bis 2050 wiederherzustellen. Für städtische Ökosysteme gibt es die Zielvorgabe, dass kein Nettoverlust vorhandener Grünflächen (inkl. Baumkronen) eintreten darf und dass städtische Grünflächen und Baumüberschirmungsflächen zu vergrößern sind. Die Mitgliedsstaaten müssen Wiederherstellungspläne zur Zielerreichung erstellen.

Derzeit wird der Entwurf in den Tagungen der Ratsarbeitsgruppe (RAG) „Umwelt“ noch diskutiert.

Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Österreich

Die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, in dem Österreich vorgeworfen wird, dass Art. 4 und Art. 6 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der Vogelschutzrichtlinie in Natura 2000-Gebieten nicht ausreichend umgesetzt seien.

Die Europäische Kommission wirft Österreich vor, dass die Ausweisung von 19 Europaschutzgebieten noch nicht erfolgt ist. Auch sind laut Meinung der Europäischen Kommission die festgelegten Erhaltungsziele und –maßnahmen noch nicht ausreichend bestimmt, nicht messbar und teilweise nicht rechtsverbindlich.

In der Stellungnahme Wiens zu diesen Vorwürfen wurde ausgeführt, dass:

  • von Wien sämtliche Europaschutzgebiete (insgesamt fünf) durch die Europaschutzgebietsverordnung fristgerecht ausgewiesen und unter Schutz gestellt wurden,

  • in Wien detaillierte Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen für Europaschutzgebiete rechtsverbindlich in Gesetzen und Verordnungen, aber auch im Arten- und Lebensraumschutzprogramm der Stadt Wien – Netzwerk Natur und weiteren Projekten – vorgesehen sind. So wurde beispielsweise das Förderprojekt im Lainzer Tiergarten „SinaweB – Sicherungsmaßnahmen an naturschutzfachlich wertvollen Bäumen“ (Projektzeitraum: 2020-2022) von der NGO „Kuratorium Wald“ als Best Practice Beispiel für ein Europaschutzgebiet hervorgehoben („ Best Practice Natura 2000 – erfolgreiche Naturschutzprojekte in Österreichs Wäldern “),

  • sich in Wien die Wirksamkeit der in Europaschutzgebieten bereits umgesetzten Ziele und Maßnahmen zeigt, da der Erhaltungszustand gefährdeter Arten verbessert werden konnte und etwa der Bestand des europaweit gefährdeten Alpenbockskäfers im Europaschutzgebiet Lainzer Tiergarten Dichten erreicht, die in Mitteleuropa einzigartig sind,

  • aus der Sicht des Landes Wien die Vorgaben der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie umgesetzt sind.