6. Grünräume in der Stadt

6.1 Ökologische und soziale Tragfähigkeit der Erholungsräume in Wien

Die Bevölkerungszahlen in Wien sind in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Seit dem Jahr 2004 ist Wien um die Größe von Graz gewachsen und wird in Zusammenhang mit der Fertigstellung bzw. Verbauung der geplanten Stadtentwicklungsgebiete auch in den kommenden Jahren noch mehr Bewohner*innen aufweisen. Der damit einhergehenden Zunahme an versiegelter Fläche für Wohnraum und damit in Verbindung stehender notwendiger Infrastruktur steht der zur Verfügung stehenden Fläche an qualitativem Erholungsraum gegenüber und der sich verändernden Vorstellungen von einer naturnahen Erholungsnutzung in Verbindung mit dem sich ändernden Freizeitverhalten der insbesondere jüngeren Generation. Von entscheidender Bedeutung der für die hohe Lebensqualität in Wien so entscheidenden Grünräume ist neben der Anzahl an Entspannung und Aktivität suchenden Erholungssuchenden insbesondere deren Verhalten in den Naturräumen und deren Verständnis für ihren umgebenden Raum.

Corona und die daraus resultierenden Lockdowns haben aufgezeigt, wie wichtig städtische Grün- und Freiräume für die physische und psychische Erholung der Bewohner*innen einer Stadt sind. Vor allem für diejenige, die keinen Zugang zu persönlichen Freiräumen (Garten, Terrasse) vorweisen können. Da Freizeiteinrichtungen und innerstädtische Parkanlagen v. a. in dieser Zeit in Wien überfüllt bzw. temporären Schließungen unterworfen waren, suchten die Bewohner*innen Entspannung in den großen Erholungsräumen Wiens, wie dem Wienerwald, der Lobau oder am Bisamberg und in bisher eher weniger frequentierten Erholungsräumen (z. B. nördlich und südlich der Stadterweiterungsgebiete rund um die Seestadt Aspern). Dabei erfolgte die Erholung auf unterschiedlichen Wegen, einige bevorzugen den simplen Spaziergang, andere gingen aktiveren, sportlichen Tätigkeiten nach, wie Mountainbiken. Jeder weitere Lockdown führte in den Naherholungsgebieten zu einer intensiveren Nutzung mit Folgen wie Überbelastung oder Verschmutzung.

Das geplante Projekt knüpft an die Ziele und Leitsätze der Wald- und Wiesen-Charta an und stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviel intensiven Nutzungsdruck die Wiener Naherholungsgebiete „ertragen“ können und welche Auswirkungen auf die Wiener Erholungsräume damit einhergehen. Dieses spezielle Projekt ist der erste Teil eines vierteiligen Projektes.

Projektinhalt:

„Aufbereitung und Analyse von Aufenthaltsmustern und Bewegungsströmen von Besucher*Innen der Erholungsgebiete anhand von Mobilfunkdaten am Beispiel von zwei ausgewählten Untersuchungsgebieten in Wien.“

Bei qualitativ hochwertigen Ergebnissen der Methode der Mobilfunkdatenanalyse ist eine wienweite Analyse angedacht.

In zwei Testgebieten, hierbei handelt es sich um ausgewählte Gebiete im 19. und 22. Wiener Gemeindebezirk, soll eine Bewegungsanalyse mit Mobilfunkdaten durchgeführt werden, in dem Bewegungsprofile, Besucher*innendichten, Aufenthaltsdauer und -zeit, Art der Anreise, u. ä. für diese zwei Gebiete herausgearbeitet und mit vorhandenen Daten zur Infrastruktur analysiert werden. Untersucht wurden die Daten zu den Jahren 2019, 2020 und 2021 für die Monate März bis Oktober, wobei die Daten der Monate März bis Juni 2019 noch nicht vorhanden waren. Eine Vergleichbarkeit mit den Jahren 2020 und 2021 ist somit nur für diese Monate gegeben. Diese Gebiete sind auch Teil der Wiener Landschaftsschutzgebiete Döbling und Donaustadt.

Zusammenfassend konzentriert sich dieses durch die EU gefördertes Projekt auf folgende Fragestellung: In welcher Form und in welchem Ausmaß geben die analysierten Mobilfunkdaten das Nutzungsverhalten in den Gebieten wieder und welche qualitativen Aussagen lassen sich aus den Daten gewinnen?

Die Ergebnisse der Studie wurden einerseits in ein Tableau-Dashboard integriert, um die Ergebnisse auch räumlich darstellen zu können. Andererseits wurde eine Motivbefragung an ausgesuchten Standtorten innerhalb der Untersuchungsgebiete durchgeführt. Denn die Art der Nutzungen sowie die Unterscheidung von alters- bzw. geschlechtsspezifisch bevorzugten Nutzungen ist nicht direkt über Mobilfunkbewegungsdaten ableitbar.

Die Untersuchung brachte interessante Ergebnisse, v. a. in der Hinsicht darauf, dass die Besucher*innenzahlen 2021 im Vergleich zu den anderen Jahren nicht signifikant gestiegen sind, die Länge der Aufenthalte in diesen Gebieten jedoch länger geworden sind. Dies stellt den Naturschutz vor weitere Aufgaben, denn der nächste Schritt ist es herauszufinden, welche Auswirkungen diese längeren Aufenthalte auf die ökologische und soziale Tragfähigkeit haben.

Wiener Bezirkskarte mit den ausgewählten Untersuchungsgebiete am Stadtrand
Abb.: ausgewählten Untersuchungsgebiete, © Stadt Wien – Umweltschutz
Bildschirmfoto vom Tableau Dashboard
Abb.: Tableau Dashboard Beispiel woher Besucher*innen in das Gebiet Donaustadt kommen im Jahr 2019, © Stadt Wien – Umweltschutz
Weiteres Bildschirmfoto der Tableau Applikation Weiteres Bildschirmfoto der Tableau Applikation
Abb.3: Dashboard Ansicht – „Wie bewegen sich Besucher*innen“.Hier anhand des Beispiels Döbling für das Jahr 2020. Rechts sind „Restvehre“ zu sehen. Darunter versteht man alle Bewegungsarten außer zu Fuß gehen. Links eine gemittelte Darstellung für das „zu Fuß“ gehen. Je dünkler eine Rasterzelle, desto höher ist der Anteil. © Stadt Wien – Umweltschutz
Weiteres Bildschirmfoto der Tableau Applikation
Abb.: Tableau Dashboard Beispiel für die Fragestellung, wo sich Besucher*innen zu welchen Zeitpunkten aufhalten. Einerseits ist die gemittelte Verteilung der Besucher*innen im zeitlichen Verlauf für das gesamte Jahr sichtbar, andererseits ist die räumliche Verteilung der Besucher*innen auf der Karte dargestellt. © Stadt Wien – Umweltschutz
Balkendiagramm: Verteilung der Besucher*innen nach Geschlecht, Jahr und den beiden LE-Gebiet Döbling und Donaustadt
Tab.: Verteilung der Besucher*innen und Geschlecht / Jahr. © Stadt Wien – Umweltschutz
Balkendiagramm: Wie bewegen sich die Besucher*innen vor Ort nach Jahren? Zu Fuß oder anders. Die beiden LE-Gebiete Döbling und Donaustadt im Vergleich
Tab.: Wie bewegen sich die Besucher*innen vor Ort, © Stadt Wien – Umweltschutz
Balkendiagram: Verteilung der Besucher*innen nach Monat und Geschlecht von Juli 2019 bis Oktober 2021
Tab.: Verteilung der Besucher*innen nach Monat und Geschlecht © Stadt Wien – Umweltschutz