Beim EU-LIFE-Projekts DICCA (Climate Change Adaptation of the Ecosystem Danube Island) werden Maßnahmen zur Steigerung der Klimaresistenz und -resilienz auf der Donauinsel umgesetzt. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Sicherung und Neuschaffung von strukturreichen Habitaten, um die Biodiversität auf der Donauinsel zu fördern und nachhaltig zu sichern. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung der Funktion der Donauinsel als Grünkorridor durch die Stadt.

Im Rahmen des Projekts wurden auch 2022 wieder einige naturschutzrelevante Teilprojekte umgesetzt:

Sedimentbaggerungen Donauinsel

Im Zuge der Errichtung des Kraftwerks Freudenau wurden am linken Donauufer (rechtes Donauinselufer) neun künstliche Uferstrukturen geschaffen, welche einen sehr wichtigen Lebensraum für Jungfische, aber auch viele andere wassergebundene Arten wie etwa Amphibien, Libellen, Wasservögel sowie zahlreiche aquatische und semi-aquatische Pflanzen darstellen. 15 Jahre nach Fertigstellung 1998 wurden diese Strukturen im Rahmen einer umfangreichen Studie der Universität für Bodenkultur evaluiert. Dabei wurde festgestellt, dass alle Habitate bereits mehr oder weniger starke Anlandungen aufwiesen. Da die kraftwerksnahen Habitate aufgrund der zur Ableitung der Wassermassen erforderlichen Wehrlegung bei größeren Hochwässern teilweise auch trockenfallen, können diese zu Fischfallen werden.

In den betroffenen Habitaten wurden daher im Rahmen des LIFE-Projekts nun größere Tiefstellen („Fischrettungstümpel“) gebaggert bzw. – wo dies möglich war –, das bei Hochwasser abgelagerte Feinsediment zur Gänze entfernt. Die Baggerungen erfolgten größtenteils mittels Seilbagger, bereichsweise auch mittels Saugbagger.

Insgesamt wurden innerhalb weniger Wochen fast 25.000 m3 Hochwassersediment von den Buchtsystemen wieder in den Hauptstrom der Donau umgelagert und damit die Funktionsfähigkeit der Uferbuchten wiederhergestellt.

Baggerschiff bei der Sedimentbaggerung an der Donauinsel
Sedimentbaggerung, © Stadt Wien – Wiener Gewässer
Wiederhergestellte Uferbucht umsäumt von Bäumen
Wiederhergestellte Uferbucht zwischen Ostbahnbrücke und Steinspornbrücke, © Stadt Wien – Wiener Gewässer

Neue Streuobstwiese

Obstbäume bieten Insekten und Vögeln Unterschlupf und Nahrung, spenden Schatten und wirken kühlend auf die Umgebung. Die Blüten werden besonders von Bienen und anderen Insekten geschätzt, die Früchte stellen auch eine wertvolle Nahrung für Vögel dar.

Im Rahmen des LIFE-Projekts wurden daher bereits in den letzten Jahren zwei Streuobstwiesen auf der Donauinsel angelegt, 2022 wurde nun oberhalb der Ostbahnbrücke eine weitere geschaffen. Gepflanzt wurden dabei Apfel, Marille, Birne, Zwetschke, Kirsche, Ringlotte, Pfirsich, Quitte, Mispel und Edelkastanie.

Streuobstwiese mit jungen, noch gestützten Baumsetzlingen
Abb. Streuobstwiese, © Stadt Wien – Wiener Gewässer

Pflegehandbuch Donauinsel

Die Biodiversität auf der von Menschen hergestellten und durch Erholungsnutzung stark beeinflussten Donauinsel steht und fällt mit der Vielfalt an Standorten: von feucht und nährstoffreich an den Uferbereichen bis trocken und nährstoffarm auf den Böschungen und Dammkronen in unterschiedlicher Exposition sowie unterschiedliche Strukturen und Vegetationsformen wie Wälder, Gebüsche, Wiesen, Rasen und Offenboden-Bereiche bis hin zu künstlich geschaffenen Feuchtlebensräumen.

Über die letzten 30 Jahre haben sich auf der Donauinsel, vor allem auf den Böschungen zur Neuen Donau hin, großflächige, artenreiche Wiesen entwickelt. Diese sind im Nord- und Südteil der Donauinsel auf einem großen Teil ihrer Länge mit Trespen-Halbtrockenrasen bewachsen. Sie können, obwohl überwiegend künstlich eingesät, mittlerweile als besonders wertvolle Wiesen aus vegetationsökologischer Sicht bezeichnet werden. Im Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) ist dieser Lebensraumtyp unter dem EU-Code 6210 – Naturnahe Kalktrockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia) als „naturnaher Lebensraum von gemeinschaftlichem Interesse gelistet“.

Im Rahmen der Vorarbeiten konnten auf der Donauinsel zudem 44 geschützte und gefährdete Pflanzenarten – davon 16 streng geschützte Arten – festgestellt werden.

Mit dem Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren ist in Wien auch der Nutzungsdruck auf den Freiraum stark gestiegen. Auch auf der Donauinsel sind Pflegeintensität und Flächennutzung wichtige Themen. Wälder, Wiesen und Gewässer müssen einen möglichst großen Flächenanteil ausmachen, um ihre herausragende Klimafunktion erfüllen zu können. Erhaltungs- und Pflegearbeiten sollen sowohl unterschiedliche Nutzungen als auch die Erhaltung der Biodiversität ermöglichen.

Im Rahmen des LIFE-Projekts wurde daher ein Pflegehandbuch entwickelt, welches vor allem darauf abzielt, die Biodiversität auf der Donauinsel zu erhalten und zu fördern. Das Pflegehandbuch umfasst vier eigenständige Teile zu den Themenbereichen Wiesen, Teiche, Beweidung und Neophytenmanagement, in denen Ziele, Bestand und Pflegemaßnahmen erörtert werden.

Herbstliche Wiesenflächen auf der Donauinsel mit Bäumen und Büschen im Hintergrund
Abb. Wiesenflächen auf der Donauinsel, © Stadt Wien – Wiener Gewässer

Neues EU-Projekt LIFE Boat 4 Sturgeon für das Überleben der Störe

Ein erfolgreicher Schutz der Störe erfordert eine internationale Kooperation zum Schutz von Flusssystemen und Küstengebieten sowie ein breites Spektrum an Maßnahmen: Schutz der verbleibenden genetischen Vielfalt, Wiederherstellung von Lebensräumen, Entfernung von Migrationsbarrieren bis hin zur Unterstützung von Restpopulationen durch die Freisetzung angepasster Jungfische. Der „Pan-European Sturgeon Action Plan“ betont insbesondere die Notwendigkeit, genetisch vielfältige Muttertiere in sehr kleinen Restpopulationen in Gefangenschaft zu halten und Nachkommen in die Wildnis freizusetzen, um die Populationen zu stabilisieren, bis die Bedingungen in freier Wildbahn eine Erholung durch natürliche Fortpflanzung zulassen.

Ein neues EU-Projekt der Universität für Bodenkultur mit internationalen Partner*innen widmet sich dem Überleben von vier Stör-Arten in der Donau. Das Projekt folgt auf das 2022 erfolgreich abgeschlossene Projekt LIFE-Sterlet, bei dem die Universität für Bodenkultur in Kooperation mit der Stadt Wien – Wiener Gewässer eine Sterlet- Aufzuchtstation auf der Donauinsel in Wien betrieben hat. Insgesamt rund 240.000 Jung-Sterlets konnten im Rahmen des Projekts in Donau und March ausgesetzt werden. Dadurch wurde die stark gefährdete Population dieser letzten in Österreich noch vorkommenden Stör-Art unterstützt, um langfristig wieder eine selbstreproduzierende Population ausbilden zu können.

Das internationale Nachfolgeprojekt erweitert das Artenschutzprogramm nun auf vier Stör-Arten. Zusätzlich zum Sterlet sollen nun auch die Arten Waxdick, Sternhausen und Hausen nachgezüchtet und damit vor dem Aussterben bewahrt werden. Auch bei diesem Vorhaben ist die Stadt Wien wieder Projektpartner. Die schwimmende Aufzuchtstation zur Haltung von Mutterfischen und zur Aufzucht von Jungtieren wird am Ufer der Donauinsel im Bereich der Inselinfo verheftet. Der Liegeplatz sowie die gesamte landseitige Infrastruktur wird von der Stadt Wien – Wiener Gewässer errichtet. Zwei weitere Aufzuchtstationen sollen in Ungarn und Slowenien etabliert werden.

Das Projekt läuft seit Herbst 2022 bis Ende 2029 mit einem Gesamtprojektvolumen von 11,8 Millionen Euro, wobei 67 % im Rahmen des EU-LIFE Programms gefördert werden.

Ein Sterlet in klarem Gewässer
Sterlet, © Stadt Wien – Wiener Gewässer
Waxdick in den Händen eines Menschen
Waxdick (Acipenser gueldenstaedtii), © Christian_Fürthner

Alte Donau – Flachwasserzone, Amphibienteiche, Reptilienstrukturen

Die Alte Donau unterliegt aufgrund ihrer Lage und Attraktivität für die Naherholung einem sehr hohen Nutzungsdruck. Ungestörte Rückzugsräume und insbesondere wechselfeuchte Flachwasserzonen, aber auch für Amphibien und Reptilien geeignete Habitate sind kaum vorhanden.

Im Bereich des Gänsehäufels konnten aber geeignete Bereiche gefunden werden, um entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Sowohl am nördlichen als auch am südlichen Ende des Gänsehäufels konnte Anfang 2022 auenökologische Maßnahmen umgesetzt werden. In beiden Fällen wurde die Gewässerfläche der Alte Donau durch eine Bucht erweitert. Im Norden wurde ein Teil des entnommenen Materials im Uferbereich vorgeschüttet, um so die neu geschaffene Flachwasserzone auch vor der Bucht möglichst auszuweiten. Flachwasserzonen und wechselfeuchte Bereiche bieten Fischen wertvolle Laichplätze und sind auch Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und wirbellose Tiere. Zusätzlich wurden Amphibientümpel und Strukturen für Reptilien, wie Zauneidechsen und Ringelnattern, geschaffen. Die Planungen erfolgten in Kooperation mit der Österreichischen Fischereigesellschaft gegr. 1880, welche das Fischereirecht an der Alten Donau ausübt.

Frisch angelegte Flachwasserzone, am Rand noch ohne Bewuchs, im Nordteil des Gänsehäufels
Abb. Flachwasserzone im Nordteil des Gänsehäufels, © Stadt Wien – Wiener Gewässer

Wasserzuleitung Pappelteich

Der Pappelteich im 23. Wiener Gemeindebezirk ist ein beliebtes Ausflugsziel und Lebensraum für Amphibien und andere geschützte Tierarten. Der bereits im 18. Jhd. künstlich angelegte Landschaftsteich ist im Wesentlichen nur von Niederschlägen gespeist. In den letzten Jahren sind in sehr trockenen Perioden immer wieder sehr niedrige Wasserstände aufgetreten. Um der Austrocknung entgegenzuwirken, wurde im Frühjahr eine Wasserzuleitung zum Pappelteich gebaut, um das Wasserdefizit ausgleichen zu können.