Neue Biodiversitäts-Lehrpfade am Cobenzl sowie im ‚Garten der Vielfalt‘ in Wien-Essling

Foto von einem Schild im Garten der Vielfalt mit Zeichnung einer Wiese und Beschreibungstexten
Schilder Garten der Vielfalt, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb, Ableidinger

Im Rahmen des INTERREG-Projektes SYM:BIO wurden von der Bio Forschung Austria am Cobenzl sowie im „Garten der Vielfalt“ in Essling neue Biodiversitäts-Lehrpfade geschaffen. Ziel des grenzüberschreitenden Projekts SYM:BIO war es, die biodiversitätsfördernde und trockenheitsangepasste Bewirtschaftung von Grünflächen nachhaltig zu fördern und die Schlüsselakteure von Grünraumgestaltung und -pflege miteinander zu vernetzen. In grenzüberschreitender Kooperation mit tschechischen und niederösterreichischen Partnern wurden Know-how und Best Practice Beispiele ausgetauscht.

Der Biodiversitäts-Lehrpfad am Cobenzl wurde auf einer ca. 1 ha großen Wiese der Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb neben dem Landgut Cobenzl, in der Nähe des Kinderbauernhofs, angelegt. Ein gemähter Wiesenweg leitet die Besucher*innen von der Landwirtschafts-Geräteausstellung zum Landgut Cobenzl, durch die Lehrpfad-Stationen bis zur Trockensteinmauer im obersten Teil der Wiese.

Die Pflege der Wiese wurde umgestellt, um die Wiese artenreicher werden zu lassen. Mit einer regelmäßigen Mahd und dem Abtransport des Mähguts soll wieder ausreichend Licht und Luft auf die Bodenfläche gelangen, sodass die Keimung von Wiesenblumen begünstigt wird. Auf einem Teil der Fläche wurde 2022 zusätzlich regionales Wildblumensaatgut ausgesät, um die Artenvielfalt weiter zu erhöhen. Mit der Förderung der Wiesenblumen wird die Lebensraumstruktur und das Nahrungsangebot für Insekten, besonders von Wildbienen und Schmetterlingen gefördert. Davon profitieren auch Vögel und andere Tiere in der Umgebung.

Die auf der Wiese vorhandenen Obstbäume alter Sorten wurden in den Lehrpfad integriert. Der neue Naturlehrpfad informiert Familien und Schulklassen über die Bedeutung der Biodiversität in der Natur- und Kulturlandschaft. Zehn Schautafeln erläutern die Themen „Lebensraum Wiese“, „Lebensraum Totholz“, „Wildbienen“, „Tagfalter“, „Obstbäume, Alte Sorten“, „Trockensteinmauer“, „Wertvolle Sträucher für Tiere“ und „Kleinstrukturierte Landschaft“.

Die Stationen erklären, wie zum Beispiel Totholz und Steinmauern die Artenvielfalt fördern und warum Wildbienen und Tagfalter Naturwiesen so dringend zum Überleben brauchen. Wer die Quizfragen auf jeder Tafel richtig beantwortet, erfährt zum Schluss das Erfolgsrezept der Natur: Vielfalt!

Der zweite Biodiversitäts-Lehrpfad befindet sich im 22. Bezirk und führt durch den „Garten der Vielfalt“ der Bio Forschung Austria in Wien-Essling. Auf dem 1,5 ha großen Areal werden zahlreiche alte und seltene Nutzpflanzensorten kultiviert. Neben ackerbaulichen Versuchsflächen und einer Sammlung alter und neuer Obstgehölze sind auch Gemüseraritäten mit von Jahr zu Jahr wechselndem Schwerpunkt zu besichtigen. Ein weiteres Highlight ist die Wurzelarena, die größte ihrer Art in Europa. An einer 3 m breiten und 2,5 m tiefen Glasscheibe kann man das Wurzelsystem unterschiedlicher Pflanzenarten im Boden beim Wachsen beobachten.

Daneben schaffen artenreiche Wiesen, Brachen, Hecken, Totholz-Objekte, Nisthilfen und ein Feuchtbiotop unterschiedliche Lebensräume. So beheimatet der Garten über 30 verschiedene Tagfalterarten, von denen einige, wie z. B. der Kleine Sonnenröschen-Bläuling (Aricia agestis) oder der Große Feuerfalter (Lycaena dispar) auf der Roten Liste der bedrohten Arten Wiens zu finden sind. Neben den Schmetterlingen findet man auch eine beträchtliche Anzahl an Wildbienen. Von den rund 400 in Wien bekannten Arten wurden bereits 147, darunter auch z. B. die seltene Mohn-Mauerbiene (Hoplitis papaveris), im „Garten der Vielfalt“ nachgewiesen.

Der „Garten der Vielfalt“ kann im Rahmen von Führungen oder während der Öffnungszeiten des Instituts frei besichtigt werden.

Das Projekt SYM:BIO wurde durch den EFRE-Fonds der EU im Rahmen des Programms INTERREG V-A Österreich-Tschechische Republik 2014-2020 sowie durch die Wiener Umweltanwaltschaft kofinanziert.

Gemeinsam Obstbäume pflanzen, pflegen und ernten

Eine Gruppe von Kindern und ein Erwachsener beim Planzen eines Obstbaums
Obstbäume am Steinhof © Obststadt Wien

Obstbäume am Steinhof sind vielgeschätzte und prägende Elemente der Landschaft und für die Besucher nicht mehr wegzudenken. Viele Bäume der ehemaligen Obstgärten der psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalt sind teils über 100 Jahre alt, teilweise bereits durch das Alter in sich zusammengebrochen und wurden 2022 gemeinsam mit der Obststadt Wien (Ökosoziales Forum und Verein Umblick), Obstbaumpat*innen, Schüler*innen und Kindergartenkindern nachgepflanzt: 110 neue Obstbäume, 60 Sorten, darunter viele alt bewährte und sehr geschmackvolle Apfel-, Birnen-, Marillen- und Kirschen-Sorten bis hin zu lustig klingenden Sorten wie der Winterapfel „Breitarsch“. Über die Homepage https://wien.obststadt.at/steinhof.html findet man die Sortenliste, alle Standorte in Wien (Fruitmap) und weitere gute Tipps zum Mitmachen. Die Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb pflanzt seit vielen Jahren laufend neue Obstbäume nach. Das Besondere 2022 ist jedoch das Gemeinsame mit der Bevölkerung. Das Mitmachen der Baumpat*innen und Schüler*innen ermöglicht bleibende positive Emotionen, das gemeinsame Arbeiten von Erholungssuchenden und Stadtverwaltung schafft gegenseitiges Vertrauen, fördert den direkten Austausch und zeigt sich nachhaltig an der Wertschätzung des Erholungsgebietes. Streuobstwiesen liefern gesunde, geschmackvolle Früchte und sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas!

Das erste Wiener Wäldchen (tiny forest) am Gürtel

Informationstafel vor dem holzumzäunten Wiener Wäldchen. Im Hintergrund Häuser und Autos.
Wiener Wäldchen © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb

Im November wurde das erste Wiener Wäldchen auf 280 m² Wiese im Stefan-Weber Park an der Bezirksgrenze zwischen Margareten und Meidling von mehreren Dienststellen und 2 Schulklassen gepflanzt. Neben den ökologischen Vorteilen eines Mini-Waldes wie z. B., dass sich Pflanzen über Wurzeln austauschen, einander beim Wachsen helfen und sich besser an die veränderten Klimabedingungen anpassen, ist die soziale Bedeutung an diesem Standort besonders hervorzuheben. Schon beim Ankommen der Kinder war die Begeisterung spürbar. Die erste Frage, die gestellt wurde, als wir auf die frisch umgegrabene Erde zugegangen sind: „Ist das Erde? Darf ich sie anfassen?“. Folgendes Video zeigt die Begeisterung: https://www.tiktok.com/@stadtwien/video/7167650075466829061?is_from_webapp=v1&item_id=7167650075466829061

Aktionen wie Wald der jungen Wiener*innen schaffen im Stadtrandgebiet seit über 30 Jahren die Möglichkeit, Wälder zu pflanzen und zu erleben. Mit dem Wiener Wäldchen holen wir die Wälder in die Stadt als Möglichkeit, neue soziale Gruppen für Natur und Wald zu begeistern.

Gepflanzt wurden 610 heimische Bäume und Sträucher von 13 verschiedenen Arten nach Beispielen des „Tiny Forest“. Das ist ein sehr dichter, äußerst biodiverser und schnell wachsender Mini-Wald von der ungefähren Größe eines Tennisplatzes, welcher nach den Prinzipien der „Miyawaki Methode“ angelegt wird. Tiny Forests sind bewusst geschaffene, eingezäunte Wildnisflächen („Urwald“), die mitten in der Stadt gepflanzt werden können. Erste Mini-Wälder dieser Art wurden bereits in den 70er Jahren in Japan gepflanzt, oftmals im Auftrag großer Industrie-Unternehmen. In den letzten Jahren wurden auch in vielen europäischen Städten erste Tiny Forests angelegt (z. B. in Zaandam, Niederlande; Ormeignies, Belgien; Paris, Frankreich) bzw. sind in Planung.

Weiterführende Informationen: https://www.wien.gv.at/umwelt/wald/wiener-waeldchen.html

Start der Ausgestaltung im Südteil Grünzug Donaufeld

Der Grüne Weg wird durch eine große Wiese gebaut. Im Hintergrund ein Bagger und Hochhäuser an der Donau
Der Grüne Weg wird gebaut © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb

2022 konnte die Stadt Wien ein 5.000 m2 großes Stück Wald- und Wiesengürtel im Grünzug Donaufeld südlich der Nordmanngasse ankaufen.

Entsprechend den Planungen für den gesamten Grünzug wurde auf dieser Fläche, die derzeit aufgrund des angrenzenden Grundstückseigentums noch keine Verbindung Richtung Drygalskiweg hat, vom Forstbetrieb der Stadt Wien mit der Anlage von „frühem Grün“ begonnen. Dabei wurde im Sinne von Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf die Nutzung von bereits vorhandener Vegetation großen Wert gelegt.

Auf etwa zwei Dritteln der Fläche – vorher ein Acker – wurden eine Wiese angesät, Baumgruppen und Sträucher mit klimafitten, heimischen Arten gepflanzt und ein grüner Weg angelegt. Der Weg wird bewusst nicht befestigt oder versiegelt, sondern mit Gras begrünt und mehrmals jährlich gemäht, um den Kühleffekt der Vegetation zu nutzen.

Gemeinsam mit der Feuerwehrjugend Floridsdorf wurden im November 2022 auch 75 Alleebäume, Feld-Ahorn und Baumhaseln, entlang des Weges gepflanzt. Dafür wurden kleinere Pflanzen ausgewählt, die einerseits eine bessere Klimabilanz aufweisen als Großbäume und andererseits auch besser anwachsen, da sie mit weniger Wasser auskommen. Der Zeitfaktor ist ein wesentlicher Vorteil beim „frühen Grün“ – durch rechtzeitige Ausgestaltung können Kosten und CO2 eingespart werden und die Grün- und Erholungsgebiete haben Zeit, sich zu entwickeln, bevor die intensive Nutzung beginnt.

Weiters wurden am bestehenden (provisorischen) Verbindungsweg zwischen Nordmanngasse und An der Schanze Sträucher und im südlichsten Teil des Grünzugs Donaufeld am Drygalskiweg gemeinsam mit der Initiative Obststadt 30 Obstbäume gepflanzt.

Renaturierung Liesing

Im Rahmen des Projekts „Integrativer Hochwasserschutz Liesingbach“ wird der gesamte hart verbaute Abschnitt der Liesing, zwischen Kaiser-Franz-Josef Straße und Großmarktstraße mit einer Länge von 9,2 Kilometern, renaturiert. Dabei werden sowohl die Hochwassersicherheit als auch die Gewässer- und Wasserqualität des Liesingbaches verbessert. Ein erster Bauteil, zwischen Liesinger Platz und Rudolf-Waisenhorn-Gasse mit einer Länge von ca. 330 m, wurde bereits im Frühjahr 2021 fertiggestellt.

Die Bauarbeiten für den Abschnitt zwischen Großmarktstraße und Gutheil-Schoder Straße mit einer Länge von 2,9 km wurden nun im Herbst 2022 gestartet. Vorgesehen ist, die bestehende Sohlpflasterung aufzubrechen und eine naturnahe Gewässersohle wiederherzustellen. Aus Klimaschutzgründen und zur Schonung der Umwelt werden die Fahrwege während der Bautätigkeiten so kurz wie möglich gehalten und vor Ort anfallende recyclingfähige Materialien weitgehend wiederverwendet. So werden die beim Aufbruch der harten Verbauung anfallenden Steine mittels einer Recyclinganlage gebrochen und als Bettungsmaterial wiederverwendet. Zur Sohl- und Ufersicherung kommen vorwiegend ingenieurbiologische Bauweisen zur Anwendung, um die Strukturen im und am Gewässer zu verbessern. Zusätzlich ist eine Aufweitung des Bachbettes im Bereich zwischen Neilreichgasse und Laxenburger Straße geplant. Die Fertigstellung des Abschnitts ist für das Jahr 2025 vorgesehen.

Hart verbauter Abschnitt an der Liesing mit begradigtem und versiegeltem Flussbett
Hart verbauter Abschnitt an der Liesing © Stadt Wien – Wiener Gewässer
renaturierter Abschnitt an der Liesing mit Sträuchern und entsiegeltem Flussbett
Abb.: Bereits renaturierter Abschnitt an der Liesing, © Stadt Wien – Wiener Gewässer

Wiesenpflegeaktionen

Frauen und Männer beim Einsatz auf der Weiderwiese
Abbildung: Einsatz auf der Weiderwiese, © BPWW/J.Scheiblhofer

Bereits zum dritten Mal war der Verein Hebebühne gemeinsam mit naturinteressierten Personen aus der näheren Umgebung auf der Weiderwiese in Purkersdorf im Einsatz für die Natur. Auch Mitarbeiter*innen von Pernod Ricard stellten sich beim Pappelteich in den Dienst der heimischen Artenvielfalt. Die Firma Nespresso unterstützte bei der Landschaftspflege auf der Waldschafferin-Wiese. Für ihr Engagement im Steinbruch Eichkogel in Wien-Liesing danken wir den Mitarbeiter*innen von Sky Österreich.

Mitarbeiter*nnen der Firma Sky im Steinbruch am Eichkogel beim Pflegeeinsatz
Abbildung: Pflegeeinsatz von Mitarbeiter*innen der Firma Sky im Steinbruch am Eichkogel, © BPWW/J. Scheiblhofer

Gemeinsam mit Schulen gab es im Jahr 2022 Pflegeeinsätze auf der Himmelswiese, der Schafbergwiese, der Salzwiese und erstmals im Hörndlwald. Insgesamt halfen rund 1.000 Schüler*innen aus 50 Klassen mit. Durch diese Maßnahmen werden Schüler*innen die artenreichen und schützenswerten Naturräume in der Stadt Wien nähergebracht und sie werden für deren Schutz sensibilisiert. Die Schüler*innen setzten sich wie jedes Jahr mit großer Begeisterung für den Lebensraum von Gottesanbeterin, Segelfalter und Co. ein.

Im Juni fanden sich freiwillige Helfer*innen im Lainzer Tiergarten beim Nikolaitor ein, um gemeinsam die Goldrute zu bekämpfen. Neophyten, also Pflanzen, die ursprünglich bei uns nicht vorkamen, können für die heimische Natur problematisch werden, da sie sich stark vermehren und die anderen Pflanzen verdrängen. Unter den Stauden sind das Drüsige Springkraut und die Goldrute eine rasch wuchernde Gefahr für heimische Arten. Sie sollen nach Möglichkeit gleich ausgegraben oder ausgerissen werden, um so eine Verbreitung der Samen zu verhindern.

Tag der Artenvielfalt

Stadt Wien – Umweltschutz und das Biosphärenpark Wienerwald Management kooperierten im Jahr 2022 in mehreren Projekten miteinander:

Am 10. und 11. Juni 2022 fand in Wien Ottakring der Tag der Artenvielfalt statt. Rund um die 1. Wiener Waldschule, die Expert*innenstützpunkt und Veranstaltungsort für das große Fest der Artenvielfalt war, begaben sich etwa 80 ehrenamtliche Expert*innen ins Feld. In der naheliegenden Kernzone Moosgraben, aber auch auf den Steinhofgründen und den Satzbergwiesen wurden nach einer ersten Schätzung knapp 900 verschiedene Tier-, Pflanzen- und Pilzarten nachgewiesen. Aus naturschutzfachlicher Sicht besonders erfreulich waren unter anderem der Nachweis des Eichenheldbocks, von zwei Wildbienen-Arten – der seltenen Schenkelbienen –, sowie der vermutlich schönste Bestand Wiens der Schopf-Traubenhyazinthe. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von Biosphärenpark Wienerwald Management, dem Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien und Stadt Wien – Umweltschutz abgehalten. Die Veranstaltungspartner*innen bedanken sich auch an dieser Stelle nochmals herzlich bei allen Expert*innen, ohne deren Einsatz die Veranstaltung nicht möglich wäre!

Expert*innen-Gruppen-Foto am Tag der Artenvielfalt 2022. Großteils rot gekleidete Menschen auf Wiese, dahinter Wald
Abbildung : Expert*innen-Foto Tag der Artenvielfalt 2022 (Foto: BPWW/N. Novak)

Am 30. November wurden nach pandemiebedingter Pause die Ergebnisse der Tage der Artenvielfalt-Veranstaltungen von 2016 und 2018 im Lainzer Tiergarten im Naturhistorischen Museum Wien vorgestellt. Im Rahmen der Veranstaltungen konnten über 3.300 Arten im Lainzer Tiergarten nachgewiesen werden. Die bildreiche Publikation ist für Interessierte kostenlos im Besucherzentrum Lainzer Tiergarten verfügbar!