2. Biodiversität in der Stadt

2.1 Die Wiener Wald- und Wiesen-Charta (WWWC)

Die Charta

Die Wiener Wald- und Wiesen-Charta (WWWC) ist eine neue Naturraum- und Klimaschutz-Initiative und ein Bekenntnis zum Schutz der Wälder, Wiesen und Gewässer im wachsenden Wien. Sie wurde im Wiener Gemeinderat beschlossen – ergänzt durch drei Aktionspläne mit konkreten Maßnahmen für die Bereiche Wald, Artenschutz und Gewässer. Die Wiener Wald- und Wiesen-Charta sichert, fördert und stärkt den Grüngürtel.

Hier sind Details nachzulesen: https://www.wien.gv.at/umweltschutz/naturschutz/wald-und-wiesen-charta.html

Wiese im Wald am Bisamberg
Wiese am Bisamberg, © Josef Mikocki Stadt Wien-Umweltschutz

Maßnahmen der WWWC – Aktionsplan Artenvielfalt

Freiwillige Außer-Nutzung-Stellung – Dokumentation der Waldentwicklung im Rahmen des Waldfonds – Biodiversitätsprojekt Gippel-Preintal – Waldfonds Maßnahme 10 / Antragsnr. BMLRT/III-2021-M10/4 (FAI.6)

Messgerät im lichten Hochwald auf der Gippelleiten
Gippelleiten, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb

Der alpine Bereich ist besonders vom Klimawandel betroffen, sodass sich auch die Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Pflanzen, Tieren und Pilzen verändern. Dies wird zu gravierenden Änderungen im Aufbau und in der Struktur von Waldökosystemen führen.

Die Stadt Wien hat 2021 ein rund 80 Hektar großes Wald/Latschen/Alm-Gebiet im Revier Preintal der Forstverwaltung Quellenschutz (Katastralgemeinde Schwarzau im Gebirge) von einer Seehöhe von 1250 bis 1600m als Lehr- und Lernobjekt zu den Themen Biodiversität und Waldumbau durch Borkenkäfer in der Gippelleiten freiwillig außer Nutzung gestellt.

Unterstützt durch finanzielle Mittel aus dem Waldfonds wird der Waldzustand in seiner Veränderung durch wiederholte Befliegungen mit Drohnen, mittels permanenter Stichproben und einer Standortkartierung dokumentiert. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Wald wird eine meteorologische Klimastation im Wald und im Freiland betrieben, um Veränderungen in den Klimabedingungen festzuhalten.

Forschungsaktivitäten auf der Brandfläche Mittagstein – Hirschwang an der Rax

Brandfläche im lichten Hochwald am Schneeberg
Brandfläche Schneeberg, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb, Mrkvicka

Unmittelbar nach der zirka zweiwöchigen Löschaktion des am 25.10.2021 entdeckten Waldbrandes am Mittagstein wurde mit der Planung eines Dokumentationsfluges unter Einsatz einer Multispektral-Drohne der Firma Skyability begonnen. Die Befliegung des Gebietes (ca. 120 Hektar) konnte im November 2021 abgeschlossen werden – die Übergabe der durch Image-Matching erstellten Orthofotos zur weiteren Bearbeitung erfolgte im Dezember 2021.

Parallel erfolgte in Zusammenarbeit mit der Waldbrandforschungsgruppe des Instituts für Waldbau der Universität für Bodenkultur eine Begehung zur Ableitung der erforderlichen Sofort-Maßnahmen und eine Kartierung der nach den Auswirkungen auf Boden und Vegetation differenzierten Brandzonen im Gelände.

Noch im Herbst wurde auf ausgewählten Plätzen Grassaaten sowie Aufforstungen von Bäumen und Sträuchern als Erosionsschutz-Maßnahme vorgenommen. Begleitend wurden in Zusammenarbeit mit der Forstbehörde Zaunflächen zur Dokumentation des Wildeinflusses sowie nicht behandelte Null-Flächen eingerichtet. Die Waldbrandfläche wird im Sinne einer Schwerpunktbejagung intensiv bejagt, um den Verbiss von wieder aufkommender Bodenvegetation und Naturverjüngung zu minimieren. Die Erfolgskontrolle dieser Maßnahmen erfolgt durch das Revierpersonal und Kollegen der Forstverwaltung Quellenschutz.

Um das Absterben bzw. gegebenenfalls Überleben von verschiedenen Baumarten in den auskartierten Brandintensitätszonen zu dokumentieren, wurden im noch im Frühwinter ca. 130 Bäume permanent markiert und in ihrem Zustand beschrieben.

Im Rahmen von Arbeiten am Institut für Waldbau wird der Einfluss von Brandgutmengen auf die Brandintensität untersucht: Anlegen von 10 Versuchsflächen zur Erhebung von Vegetation, Totholz und Streuschicht (organische Bodenhorizonte), Auswertung hinsichtlich Brandgutmenge (Tonnen pro Hektar) und dem Einfluss von Brandintensität auf Reduktion der Brandgutmenge

Lage der Versuchsflächen auf einem Satellitenbild
Abb 1. Lage der Versuchsflächen, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb
Verbrannte Strauchschicht im Wald
Abb. 2 Verbrannte Strauchschicht, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb
Versengte Kronen von unten gegen den Himmel fotografiert
Abb. 3 Versengte Kronen, © Stadt Wien – Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb

Eine Arbeit am Institut für Waldökologie der Universität für Bodenkultur (Danil Covanti – Betreuung Prof. Gratzer) soll die Auswirkung der Anlage von Femellöchern auf Brandintensität und Begrünungspotential untersuchen. Es werden für gebrannte und ungebrannte Flächen die Kohlenstofffraktionen im Boden charakterisiert und Kohlenstoffvorräte von Femellöchern und angrenzendem Bestand verglichen. Baumverjüngung, Totholz und eventuell von den Randbäumen von Femellöchern gebildeter Leiterbrennstoff werden quantifiziert. Die Ergebnisse der Arbeit sollen ökologische Aspekte der Anlage von Femellöchern auf brandgefährdeten Waldstandorten beleuchten und damit eine Grundlage für Bewirtschaftung und Umbau sekundärer Schwarzkiefernbestände liefern.

Weiters werden auf einigen Probeflächen die Änderungen der Bodeneigenschaften (Humuszusammensetzung und Pilzmilieu) vor und nach dem Brand von der Uni Wien studiert. Diese Bodenproben wurden im Hinblick auf ihren Kohlenstoffgehalt, die Kohlenstoffzusammensetzung, das Bodenmikrobiom und die mögliche Entstehung und Mobilisierung von Schadstoffen untersucht. Neben Basisparametern wie pH, Kohlenstoffgehalt und gelöste Makronährstoffen wurde auch die Auswaschung von einer Reihe an Metallen und Metalloiden untersucht sowie persistente freie Radikale im Boden gemessen.

Wiederbegrünung in der Krautschicht 1 Jahr nach Waldbrand, Rindenabplatzungen an Rotbuche und teils noch unklares Weiterleben von Schwarzkiefern mit unterschiedlich starken und hoch hinaufreichenden Brandspuren
Bild vom 11.11.2022 – partielle Wiederbegrünung in der Krautschicht 1 Jahr nach Waldbrand, Rindenabplatzungen an Rotbuche und teils noch unklares Weiterleben von Schwarzkiefern mit unterschiedlich starken und hoch hinaufreichenden Brandspuren, © Fleck