11. Alleinerziehende

11.2 Zur Lage der Alleinerziehenden in Wien

Bevölkerungsentwicklung: Anzahl der alleinerziehenden Väter in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen

Der Großteil der Alleinerziehenden sind Frauen. Die Zahl der alleinerziehenden Väter hat sich jedoch im Zehnjahresvergleich deutlich erhöht. 2013 waren rund 9.700 Väter in Ein-Eltern-Familien, 2022 sind es rund 12.200. Bisheriger Höchststand war im Jahr 2018 mit rund 14.000 männlichen Alleinerziehenden, wobei im selben Jahr auch die insgesamt höchste Anzahl an Ein-Eltern-Haushalten (rund 81.900 Haushalte) der letzten zehn Jahre zu verzeichnen war. Von 2018 bis 2021 sank die Anzahl der Ein-Eltern-Haushalte kontinuierlich; mit 2022 erhöhte sich die Anzahl wieder, gegenüber dem Vorjahr um 9 %. Im Jahr 2022 sind rund 12.200 Männer und rund 64.600 Frauen in Ein-Eltern-Haushalten. Bei den alleinerziehenden Frauen hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr erhöht (+11 %), während sie bei den Männern geringfügig zurückgegangen ist (–3 %).

Armutslage: Jede zweite Ein-Eltern-Familie ist armutsgefährdet

Rund 34.000 Ein-Eltern-Haushalte in Wien sind von Armut bedroht. Mit einer Armutsgefährdungsquote von 42 % ist fast jeder zweite Ein-Eltern-Haushalt gefährdet. Kinder von Alleinerziehenden sind besonders stark von Armut betroffen. Sie sind zu 50 % armutsgefährdet, während die allgemeine Armutsgefährdungsquote der Minderjährigen bei 32 % liegt. Die Armutsgefährdungsquote der Alleinerziehenden ist im Zehnjahresvergleich von 25 % auf 42 % gestiegen. Nur im Jahr 2018 war die Quote mit 51 % noch höher als 2022.

Höchste Ausgrenzungsquote bei Ein-Eltern-Haushalten

Alleinerziehende haben eine Ausgrenzungsquote von 56 %, wobei nicht österreichische Alleinerziehende mit 67 % und österreichische Alleinerziehende mit 46 % betroffen sind. 63 % der Kinder von Alleinerziehenden sind von Ausgrenzung betroffen und 17 % von materieller Deprivation. Die Zahlen zeigen, dass Familien in Ein-Eltern-Haushalten die am meisten armutsbetroffene Personengruppe darstellen.

Armut führt zu sozialer Isolation

Ein-Eltern-Familien sind überdurchschnittlich von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen

Alleinerziehende und ihre Kinder sind in Österreich im Vergleich zur restlichen Bevölkerung überdurchschnittlich von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Erwerbstätigkeit und Elternschaft lassen sich für Alleinerziehende besonders schwer vereinbaren, da die Betreuungsarbeiten mehrheitlich individuell organisiert werden müssen. Eine Vollzeitbeschäftigung ist aufgrund struktureller Hindernisse und wegen der Betreuungspflichten schlechter möglich. Zudem hängt die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit dem Alter des jüngsten Kindes sowie mit der Anzahl der Kinder zusammen. Ein ausreichend hohes Erwerbseinkommen lässt sich nur mit entsprechender Qualifizierung und hoher Erwerbsaktivität lukrieren. Somit erhalten Alleinerziehende weniger Erwerbseinkommen und sind öfter auf Einkommen aus Sozialleistungen angewiesen.

Armutsbetroffene können laufende monatliche Kosten nicht oder nur schwer bewältigen

Das Referenzbudget der Schuldnerberatung dient als Orientierungshilfe für die monatlichen Ausgaben von österreichischen Haushalten. Ohne Berücksichtigung der Teuerung wurde als Referenzbudget eine Summe von 2.307,00 Euro für einen Ein-Eltern-Haushalt mit einem Kind (7 J.) errechnet, bei zwei Kindern (7+14 J.) sind es 3.183,00 Euro.

Der Mindeststandard, angelehnt an den gesetzlichen Ausgleichszulagenrichtsatz, sieht für das Jahr 2022 (Alleinerziehende und arbeitsfähig) bei einem Ein-Eltern-Haushalt mit einem Kind lediglich 1.241,98 Euro und bei zwei Kindern 1.506,02 Euro vor. Auch wenn man die Familienbeihilfe von 121,90 Euro bzw. 141,50 Euro dazurechnet, kann eine Ein-Eltern-Familie, die auf Sozialleistungen angewiesen ist, ihre laufenden monatlichen Kosten nur schwer oder gar nicht bewältigen.

Soziale Teilhabe der Kinder gefährdet

Armutsbetroffene Alleinerziehende können ihren Kindern kaum soziale Teilhabe ermöglichen. Soziale Teilhabe und ein Zugang zu außerschulischen Angeboten im Bereich Bildung, Kultur und Freizeit sind für die kindliche Entwicklung jedoch unerlässlich. Zudem ist die Teilhabe an gesellschaftlichen Aktivitäten eingeschränkt, was die Entwicklung eines Zugehörigkeitsgefühls erschwert. Dieses ist ein wichtiger Stabilitätsfaktor und fördert die Entstehung von sozialer und emotionaler Kompetenz. Armutserfahrungen wirken sich somit auf unterschiedliche Lebensbereiche der Kinder aus und beeinflussen ihre zukünftigen Lebenschancen.