Dieser Abschnitt beschäftigt sich auf Grundlage von Daten der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung mit Fragen zu den Arbeitszeiten der in Wien lebenden Bevölkerung. Dabei wird nicht nur darauf eingegangen, wie viel gearbeitet wird, sondern auch, wann diese Arbeit geleistet wird.

Ausschöpfung der potenziellen Arbeitszeit

Die Länge der Arbeitszeit hat einen wichtigen Einfluss auf das Einkommen und damit auf die gesellschaftlichen Möglichkeiten einer Person und ihres Haushalts. Dies betrifft nicht nur das aktuelle Einkommen, sondern im Fall von Arbeitslosigkeit oder Pension auch künftige Einkommen. Ebenso beeinflusst die Länge der Arbeitszeit aber auch die Arbeitsteilung im Haushalt und die Position der Haushaltsmitglieder zueinander sowie die Zeitreserven, die potenziell für andere Aktivitäten als Erwerbsarbeit zur Verfügung stehen.

Die Ausschöpfung der potenziellen Arbeitszeit ist eine verfeinerte Form der Erwerbstätigenrate, welche das Ausmaß der Erwerbstätigkeit berücksichtigt.

Chart

Tabelle

kein Migrationshintergr. BA AT, MigH EU/EFTA BA AT, MigH Drittstaaten BA Ausl., MigH EU/EFTA BA Ausl., MigH Drittst.
2007 – 10 71,14 62,74 54,46 59,11 45,82
2008 – 11 71,86 63,8 55,41 58,17 46,36
2009 – 12 72,15 65,92 56,71 57,48 47,01
2010 – 13 72,81 67,66 57,97 58,29 46,03
2011 – 14 73,17 68,32 55,3 59,07 43,38
2012 – 15 73,25 67,89 52,9 57,23 40,45
2013 – 16 72,99 66,36 49,69 57,08 39,36
2014 – 17 72,25 66,41 50,96 58,78 38,86
2015 – 18 72,71 67,19 53,05 60,09 39,4
2016 – 19 72,13 65,66 55,77 60 40,77
2017 – 20 73,19 68,04 54,05 59,11 40,91
2018 – 21 73,05 68,44 53,87 58,95 40,19
2019 – 22 73,07 71,01 55,01 60,16 38,84

Abb. 10a: Ausschöpfung der potenziellen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden durch Frauen in Wien im erwerbsfähigen Alter, ohne Personen unter 25 Jahren in Ausbildung, nach Geschlecht (in %).

Chart

Tabelle

kein Migrationshintergr. BA AT, MigH EU/EFTA BA AT, MigH Drittstaaten BA Ausl., MigH EU/EFTA BA Ausl., MigH Drittst.
2007 – 10 82,33 87,05 74,19 78,83 69,2
2008 – 11 81,07 85,36 73,86 78,36 69,61
2009 – 12 80,97 84,53 72,45 79,22 70,38
2010 – 13 80,87 82,21 73,35 80,16 68,77
2011 – 14 80,73 84,52 71,4 80,18 64,64
2012 – 15 79,43 82,55 71 78,94 61,59
2013 – 16 77,82 81 67,96 77,32 58,37
2014 – 17 78,24 78,83 66,77 76,84 57,44
2015 – 18 80,05 77,92 66,45 77,35 57,26
2016 – 19 81,63 75,72 71,24 78,38 58,73
2017 – 20 81,15 76,59 74,21 77,32 60,46
2018 – 21 79,35 79,04 74,08 76,9 60,82
2019 – 22 77,85 79,26 71,74 76,23 62,32

Abb. 10b: Ausschöpfung der potenziellen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden durch Männer in Wien im erwerbsfähigen Alter, ohne Personen unter 25 Jahren in Ausbildung, nach Geschlecht (in %).

Im vorangehenden Abschnitt wurde bei den Erwerbstätigenraten untersucht, ob Personen erwerbstätig sind oder nicht.

Jedoch spielt es für das Einkommen, die Aufstiegschancen, die häusliche Arbeitsteilung und vieles andere eine wichtige Rolle, ob die wöchentliche Erwerbsarbeitszeit 10, 20, 30 oder 40 Stunden beträgt. Wenn man nun jeder Person im erwerbsfähigen Alter, die nicht in Ausbildung ist, eine potenzielle Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche zuschreibt (und dabei darüber hinwegsieht, dass in vielen Kollektivverträgen andere Normen als 40 Stunden festgeschrieben sind), so kann die vertragliche Arbeitszeit zu diesem Potenzial in Beziehung gesetzt werden. Der so berechnete Indikator zur „Ausschöpfung der potenziellen Arbeitszeit“ ist damit letzten Endes eine verfeinerte Form der Erwerbstätigenrate, in der Beschäftigung nicht einfach mit ja oder nein, sondern mit ihrem wöchentlichen Ausmaß berücksichtigt wird.

Bei den Frauen ist eine relativ klare Schichtung der Ausschöpfung zu beobachten, die sich in erster Linie nach dem Migrationshintergrund richtet. Bei Personen ohne Migrationshintergrund lag die Ausschöpfung mit einem Wert von 73 % um zwei Prozentpunkte höher als bei Personen mit Bildung aus Österreich und einem Migrationshintergrund aus der EU/EFTA, wobei es bei letzterer Gruppe zu einer deutlichen Zunahme bei der Ausschöpfung der Arbeitszeit kam. Bei Personen mit einem Bildungsverlauf aus dem Ausland und Migrationshintergrund aus der EU/EFTA lag der Wert mit zuletzt 60 % deutlich darunter, wenngleich bei dieser Gruppe eine allmähliche leichte Zunahme zu verzeichnen war. Bei Frauen mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat kam es zu einer Wiederherstellung des Niveaus der Arbeitszeit um 2010, der Wert blieb mit 55 % jedoch niedrig. Frauen mit ausländischem Bildungsabschluss und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat wiesen mit zuletzt 39 % den niedrigsten Wert auf. Insgesamt ergibt sich damit ein Bild, welches den Erwerbstätigenraten zwar ähnelt, aber noch etwas stärker akzentuiert ist.

Männer mit österreichischen Bildungsabschlüssen und EU/ EFTA-Migrationshintergrund wiesen mit einem Wert von 79 % in der letzten Berichtsperiode die höchste Ausschöpfung der Arbeitszeit aus. Dieser Prozentsatz liegt jedoch nach wie vor unter früheren Spitzenwerten dieser Gruppen, der bei bis zu 87 % (Berichtsperiode 2007–2010) lag. Bei Männern ohne Migrationshintergrund gab es zuletzt eine leichte Abwärtstendenz, sie schöpften ihre potenzielle Arbeitszeit in der Periode 2019–2022 zu 78 % aus. Bei Männern mit Bildung aus der EU/EFTA lag dieser Wert zuletzt mit 77 % knapp darunter. Das Niveau der Männer mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat hat sich etwas den Niveaus der vorher beschriebenen Gruppen angenähert und lag zuletzt bei 72 %. Bei Männern mit ausländischer Bildung und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat war der Abstand schließlich trotz leichter Zunahme in den letzten Perioden immer noch groß, der Wert lag zuletzt bei 69 % (Abb. 10).

Verteilung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit

Große Teile der Wertschöpfung der Wiener Wirtschaft beruhen auf den Leistungen von zugewanderten Menschen und deren Kindern. Mit den Daten der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung zur tatsächlich geleisteten Arbeitszeit kann dieser Anteil darstellt werden. Die tatsächlich gearbeiteten Stunden sind eine volkswirtschaftlich relevante Größe und werden für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) benötigt.

In Wien werden 47 % der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von Wiener*innen mit Migrationshintergrund erbracht.

Chart

Tabelle

kein Migrationshintergru BA AT, MigH EU/EFTA BA AT, MigH Drittstaaten BA Ausl., MigH EU/EFTA BA Ausl., MigH Drittst.
2007 – 10 63,67 3,26 8,74 7,72 16,61
2008 – 11 63,07 3,31 9,05 7,85 16,72
2009 – 12 62,13 3,43 9,39 8,14 16,91
2010 – 13 61,87 3,48 9,66 8,5 16,5
2011 – 14 62,08 3,72 9,87 9,18 15,16
2012 – 15 61,11 4,24 10,16 10,02 14,47
2013 – 16 59,77 4,67 10,05 10,92 14,6
2014 – 17 58,39 4,8 10,35 11,47 14,98
2015 – 18 57 4,84 10,85 12,1 15,22
2016 – 19 55,72 4,77 11,7 12,37 15,44
2017 – 20 54,9 5,18 11,71 12,53 15,68
2018 – 21 54,34 5,71 11,99 12,32 15,64
2019 – 22 53,01 6,31 12,82 12,23 15,63

Abb. 11: Verteilung der volkswirtschaftlich relevanten Arbeitszeit in der Wiener Bevölkerung, ohne Personen unter 25 Jahren, die sich in Ausbildung befinden, nach Bildungsort und Migrationshintergrund (in %) (Rundungsdifferenzen).

In der Berichtsperiode 2007–2010 lag der Beitrag der Wiener Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei rund 64 % der tatsachlich geleisteten Arbeitszeit. Bis zur letzten Periode 2019–2022 sank dieser Wert auf 53 %, während die Anteile der Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund anstiegen. Nur bei der Bevölkerung mit einem ausländischen Bildungsverlauf und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat sank der Anteil an der tatsachlich geleisteten Arbeitszeit von 17 % auf 14 % und stieg zuletzt wieder auf 16 % (Abb. 11).

Sozial ungünstige Arbeitszeiten

In der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung wurde bis zur Periode 2018–2021 einerseits nach Schicht-, Spät- und Nachtdiensten sowie andererseits nach Samstags- und Sonntagsdiensten und der Regelmäßigkeit der Arbeitszeit gefragt. Die Lage der Arbeitszeit hat einen bestimmenden Einfluss auf den Tages- und Wochenablauf. Daher kann sie sich sowohl auf die Wahrnehmung von Terminen wie Geselligkeiten, Vereins- und Weiterbildungsteilnahmen, Elternsprechtagen oder Ähnliches auswirken, aber auch auf das Familienleben und auf die Tätigkeiten, die man in der Familie ausüben kann. Auch unregelmäßige Arbeitszeiten können diese Möglichkeiten beeinträchtigen, da sie praktisch ausschließen, sich an regelmäßig stattfindenden Aktivitäten zu beteiligen. Aus diesen Gründen werden die oben genannten Arbeitszeitlagen oft unter der Bezeichnung „sozial ungünstige Arbeitszeiten“ zusammengefasst. In der letzten Periode, in welcher sozial ungünstige Arbeitszeiten im Mikrozensus erfasst wurden (2018–2021), waren rund 36 % der Beschäftigten in Wien von solchen direkt betroffen.

Sozial ungünstig liegende Arbeitszeiten können sich finanziell positiv auf das Gehalt auswirken. Sie sind immer wieder Gegenstand von Kollektivvertragsverhandlungen. Teilweise müssen sie durch Zuschläge zum Lohn abgegolten werden, teilweise kann das auch durch Freizeitblöcke geschehen. Die Lohnzuschläge können solche Arbeitszeiten attraktiv machen, besonders für jene Personen, die niedrige Stundenlöhne erhalten oder in kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienen wollen.

In allen Bevölkerungsgruppen ist der Anteil der Personen mit sozial ungünstigen Arbeitszeiten leicht gesunken, liegt aber bei Personen mit Migrationshintergrund aus einem Drittstaat nach wie vor bei über 40 %.

Am niedrigsten war der Anteil mit sozial ungünstigen Arbeitszeiten durchgängig bei den Erwerbstätigen ohne Migrationshintergrund. Während der Berichtsperiode 2018–2021 betrug er rund 32 %. Mit zuletzt 33 % lag der Anteil bei den Erwerbstätigen mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus EU/EFTA-Staaten leicht darüber. Bei dem Bevölkerungsteil mit ausländischen Bildungsverläufen und Migrationshintergrund aus einem EU/EFTA-Staat sank der Anteil kontinuierlich und lag in der Periode 2018–2021 bei rund 35 %. Deutlich darüber waren die Anteile der Wiener Erwerbstätigen mit Bezug zu Drittstaaten: Sowohl jene mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund aus einem Drittstaat als auch die im Ausland gebildeten erwerbstätigen Wiener*innen aus einem Drittstaat waren zu 45 % von sozial ungünstigen Arbeitszeiten betroffen (Abb. 12).

Chart

Tabelle

kein Migrationshintergr. BA AT, MigH EU/EFTA BA AT, MigH Drittstaaten BA AT, MigH EU/EFTA BA Ausl., MigH Drittst.
2007 – 10 34,63 39,67 43,27 40,36 42,93
2008 – 11 34,05 37,76 42,59 40,05 43,16
2009 – 12 33,64 41,04 43,04 40,22 43
2010 – 13 33,94 41,95 44,8 38,68 42,21
2011 – 14 33,91 41,96 44,98 37,68 42,12
2012 – 15 33,97 37,93 44,58 37,35 43,79
2013 – 16 33,79 37,95 44,19 37,86 45,82
2014 – 17 34,06 37,67 44,25 38,61 47,14
2015 – 18 34,18 39,52 43,9 38,68 46,87
2016 – 19 34,3 38,39 45,1 37,97 47,44
2017 – 20 33,45 35,96 45,81 36,29 45,92
2018 – 21 32,28 33,02 45,28 35,08 44,68

Abb. 12: Anteil der Beschäftigten mit sozial ungünstigen Arbeitszeiten an den Beschäftigten im erwerbsfähigen Alter insgesamt, ohne in Ausbildung befindliche Personen unter 25 Jahren (in %).