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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 74

 

60 000 Quadratmeter Kunst und Kultur, und Public Netbase, das ist ein vielleicht 100, 200 Quadratmeter kleiner Schrebergarten des Widerstands gegen Andersdenkende. Aber auf das will ich gar nicht weiter eingehen. Wir haben heute noch Gelegenheit, bei einem anderen Tagesordnungspunkt im Bereich der Subventionen über deren Abrechnung zu sprechen.

 

Ich habe die Gelegenheit genützt, mich ein bisschen in die Historie auch einzulesen. Historie kann man durchaus sagen, weil das ist ja irgendwie der Kulturstreit Wiens der letzten Jahrzehnte gewesen.

 

Bereits 1977 wurde erstmals die Idee einer Kapazitätserweiterung der Bundesmuseen im Bereich des Messepalastes erwähnt. Dann ist einmal eine jahrelange Diskussion gefolgt. 1986 hat man ein zweistufiges Projekt ausgeschrieben. 1990 hat sich dann eine Jury für Ortner & Ortner entschieden. Die haben den Nutzungsmix ungefähr in der Form, wie wir ihn heute haben, vorgesehen, damals noch mit einem Leseturm. 1990 wurde auch diese Betriebsgesellschaft gegründet, die übrigens 1994 vom Rechnungshof auf Grund ihrer finanziellen Gebarung mehr oder weniger vernichtet worden ist. Ein kleines Detail am Rande: In einem dieser Drittnutzer findet sich der Herr Bogner auch wieder, der seinerzeit ausgeschieden ist.

 

In diesen Jahren 1990 bis 1997 hat eine durchaus hitzige kontroversielle Diskussion stattgefunden, bevor es überhaupt zu einer Bescheiderteilung gekommen ist. Da sind 750 Millionen S geflossen, auch interessant. Ich sage das jetzt absichtlich, weil es allgemein üblich ist, dass die Freiheitlichen als Kulturbanausen bezeichnet werden und dass man uns sozusagen alles hinschiebt, was schlecht ist. Jetzt habe ich ein paar andere Beispiele. Der Prof Lötsch hat damals vom Kultur-AKH gesprochen. Die FPÖ ist immer für eine sanfte Revitalisierung des Fischer-von-Erlach-Baus und für eine Bewahrung des Alten, der historischen Bausubstanz eingetreten. Das ist klar. Aber wir sind ebenso eindeutig immer für eine Nutzung dieses Areals für Kultur und für museale Zwecke eingetreten.

 

Wir waren natürlich nicht die Einzigen, wie gesagt. Da gab es Bürgerinitiativen, da gab es Künstler, Wissenschafter, Journalisten. Günther Nenning hat erst jetzt im Mai seine Meinung unter dem Titel "Lob des Hässlichen" zur jetzigen Form, zur Kompromissform sozusagen, des Museumsquartiers abgegeben. Es gab bedeutende internationale Kunsthistoriker. Gombrich hat das als Kateridee bezeichnet. Internationale Persönlichkeiten haben gesagt, dass postmodernistische Achtziger-Jahre-Architektur die großartigen Anlagen unverschämt umgestaltet. Ich sage das nur - ich versuche mich auch kurz zu halten - als kleinen historischen Rückblick, weil in diesem Zusammenhang, 25 Jahre Diskussion, muss man einen historischen Rückblick machen. Ein Prof Kadinowski hat von der Arroganz einiger zeitgenössischer Architekten gesprochen. Der Herr Prof Kudelka von der Uni Brünn sogar von Barbarei.

 

Also, es gibt da viele, viele Beispiele. Es gab internationale Organisationen - mein Vorredner von unserer Fraktion hat das schon erwähnt - und es gab nicht zuletzt die ÖVP. Das ist ein Punkt, den ich auch ganz kurz anschneiden will. Ich habe mich wirklich bemüht. Ich habe Reden, viele Reden gelesen. Es ist sehr spannend, diese Reden von 1991 an durchzulesen. Und da ist mir aufgefallen, dass zum Beispiel der Herr Salcher gemeint hat: "Die Freiheitliche Partei ist dagegen, dass moderne Architektur, zeitgenössische Architektur im Stadtzentrum stattfindet."

 

Das ist natürlich nicht so. Wir sind nur dagegen, wenn gleichzeitig die Zerstörung historischen Kulturgutes, denkmalgeschützten Kulturgutes damit einhergeht.

 

Aber dieser Satz und sozusagen das zur Schau getragene "Wir sind jetzt die Kulturpartei mit unserem neuen Stadtrat" hat mich schon veranlasst, ein bissel in die Geschichte zurückzugehen. Und da finde ich eine Rede vom damaligen GR Czerny, der 1993 noch ganz andere Töne angeschlagen hat, der 1993 gemeint hat: "Das Technische Museum hat ohnehin Platzprobleme, da könnte man die Gasometer dafür nutzen, das Technische Museum in die Gasometer zu geben, die Sammlung Leopold ins Technische Museum. Das Messeareal kann man renovieren - auch in unserem Sinne hat er das vorgeschlagen - und könnte daraus eine Erweiterung vom Kunst- und Naturhistorischen Museum machen und mit einem Shop - wie sagt man da so schön? -, Museumsshop, zusätzliche Einnahmequellen schaffen."

 

Dann hat er sich auch noch zum Karlsplatz geäußert und das ist auch sehr nett. Da hat er nämlich zu dem Container gemeint: "Der hässliche Container" - ich sage das nur, weil die ÖVP in den letzten Jahren doch eine tragende Kulturrolle gespielt hat - "am Karlsplatz könnte augenblicklich abgerissen werden, um eine sinnvollere Verwendung etwa als Müllcontainer" und so weiter. "Beifall bei der ÖVP."

 

Also, es ist wirklich nicht so, dass hier die Freiheitlichen die einzigen Buhmänner sind und auf das wollte ich hinaus.

 

Am 29. Juni 2001 wird nunmehr dieses Projekt von Ortner & Ortner in der abgewandelten Form eröffnet, offiziell eröffnet. Das ist für kompromisslose Befürworter des ursprünglichen Projekts sicher eine Verwaschung. Für kompromisslose Befürworter des Denkmalschutzes ebenso. Aber für die meisten ist es irgendwie ein Kompromiss, der in diesen Jahrzehnten des politischen Diskurses zustande gekommen ist.

 

Und wenn sich jetzt SPÖ und ÖVP ein bissel auf die Schulter klopfen, muss ich schon sagen: Ohne FPÖ wäre die Reithalle, die jetzt die Veranstaltungshalle ist für die Festwochen - hoffentlich nicht zu oft für Großveranstaltungen der SPÖ und der Gewerkschaft -, in dieser Form nicht bestehen geblieben. Ohne die FPÖ wäre beispielsweise die Kunsthalle nicht in der Form gekommen, wie sie sich jetzt in das Ensemble einfügt. Das ist durchaus auch unser Verdienst, unser Verdienst vielleicht durch die Kritik, die

 

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