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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 74

 

holt und damit quasi eine virtuelle Gegenregierung macht. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass es so sein kann. Das ist nicht die Mission für Public Netbase gewesen und es ist auch nicht für die Kunsthalle der wesentliche Auftrag. (Zwischenruf des GR Günter Kenesei.)

 

Lieber Kollege Kenesei! Wenn Sie wirklich ehrlich der Auffassung sind, dass es die wesentliche Aufgabe einer Kulturinstitution ist, Parteipolitik zu machen, und zwar die Ihrer eigenen Partei, nämlich die der grünen Partei, und nichts anderes, wenn das Ihr Verständnis von Kulturpolitik ist, dann bin ich sehr froh darüber, dass Sie nicht im Kulturausschuss sitzen. (Beifall bei der ÖVP. - GR Günter Kenesei: Was ist mit dem Verein "Zukunft Wien"?) Über den Verein "Zukunft Wien" können wir heute gerne diskutieren, ich bin bestens auch darauf vorbereitet. Offensichtlich macht er aber keine Parteipolitik, weil sonst würde nicht ein neuer Stadtrat, der bekannterweise den Sozialdemokraten angehört, einen ÖVP-parteipolitischen Verein weiterführen. Also, ich glaube, soviel Machtverständnis und soviel politische Intelligenz trauen Sie den Sozialdemokraten hoffentlich schon zu.

 

Ich möchte noch zur Kunsthalle ein paar Worte sagen. Das Entscheidende kann also nicht sein, dass Teile des Museumsquartiers die Aufgabe einer politischen Opposition erfüllen. Das ist auch keine gescheite Positionierung, sage ich sehr klar. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist zwar eine sehr große, aber es kann durchaus einmal in den nächsten 10, 15, 20 Jahren eine andere Bundesregierung geben. Was ist denn dann mit all den Institutionen, die jetzt als ihre Hauptaufgabe den Kampf gegen die blau-schwarze Bundesregierung sehen? Was ist denn dann mit denen? Schließen sie dann alle mangels eines Gegners? Oder werden sie dann zur Propagandainstitution einer anderen, vielleicht einer rot-grünen Regierung? - Das ist doch nicht gescheit. Das kann doch nicht der Sinn einer Kulturinitiative sein, sich selbst von einer Bundesregierung und dem Kampf gegen eine spezifische Bundesregierung abhängig zu machen. Das führt sich doch alles ad absurdum.

 

Was ist die Aufgabe der Kunsthalle? - Die Aufgabe der Kunsthalle ist es selbstverständlich, moderne, zeitgenössische Kunst in einer Art und Weise in diese Stadt zu bringen, wo es für neue Zielgruppen interessant ist, provokative Kunst innerhalb der Räume dort zu machen. Aber das sage ich auch sehr deutlich: Ein bissel habe ich den Eindruck, dass hier schon die Letztphase des Peymann vor sich geht, der Großartiges am Burgtheater am Beginn geleistet hat; am Schluss hat der Skandal leider dann meistens eher in den Interviews und nicht mehr auf der Bühne des Burgtheaters stattgefunden. Und ich wünsche mir bei der Kunsthalle, dass die Aufregung, die Empörung, die Spannung, die Dramatik in der Kunsthalle stattfindet, aber bitte nicht unbedingt nur in sehr provokanten Interviews außerhalb. Das ist sicher nicht die Art und Weise von zeitgenössischer Kulturpolitik, wie wir uns das alle wünschen.

 

Was wir uns wünschen, ist zweifelsohne ein spannendes Museumsquartier, in dem es eine tolle Auseinandersetzung gibt zwischen Zeitgenössischem, zwischen Tradition, zwischen Moderne, wo die Künstler große Möglichkeiten haben, sich neu zu präsentieren.

 

Was wir nicht wollen, ist, jetzt eine Nutzung festzuschreiben für die nächsten 100 Jahre, an der sich nichts ändern kann, egal, was auf der Welt passiert und welche neuen Entwicklungen es gibt. Wir wollen ja offen sein dafür, dass auch neue Dinge kommen und dass auch neue Initiativen dort Einzug halten. Ich sage einmal dazu: Ich halte es auch nicht für gescheit, dass wir die gesamte Debatte über das Museumsquartier auf 5 Prozent der Nutzung reduzieren. Wir sollten das Gesamte sehen, wir sollten es als etwas Positives sehen und es nach außen transportieren.

 

Und ich sage es ganz ehrlich: Ich habe auch kein Problem damit, wenn der eine oder andere neue Tourist in diese Stadt kommt, angelockt durch das Museumsquartier. Wir freuen uns über jeden Touristen. Ich sehe das nicht als etwas Negatives, ich sehe das als etwas Positives, wenn sie zu uns kommen.

 

Ich gebe zu, wahrscheinlich stimme ich mit Ihnen sehr überein, was die architektonische Qualität betrifft, das ist gar keine Frage, aber eines muss man auch sehen - weil Sie ja das Guggenheim-Museum in Bilbao genannt haben -: Das Tolle ist, Wien ist halt insgesamt Gott sei Dank eine sehr, sehr spannende Stadt, in der es sehr viele interessante Gebäude gibt. Daher freuen wir uns darüber, dass wir eine zusätzliche Attraktion haben, warum möglichst viele Leute, Kunstinteressierte und an der Stadt Wien Interessierte in Zukunft in diese Stadt kommen werden. Ich bin mir auch ganz sicher, dass es tagtäglich für die Wienerinnen und Wiener genug Anreiz geben wird, in dieses tolle neue Museumsquartier zu gehen, und darüber sollten wir uns freuen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön. - Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Als neues Mitglied im Kulturausschuss war eines der ersten Dinge, die ich auf meinem Schreibtisch vorgefunden habe, die Einladung zur Eröffnung des Museumsquartiers am 29. Juni 2001.

 

Heute steht auf der Tagesordnung eine außerplanmäßige Ausgabe für das Tanzhaus, der wir zustimmen, in der Höhe von 17,5 Millionen S. Dieser Tagesordnungspunkt ist irgendwie zu einer allgemeinen Diskussion über das Museumsquartier geraten, außer vielleicht bei der Frau Kollegin Ringler, weil ihr ging es offenbar nur um ihren kleinen Bereich, um das Weiterbestehen dieses Vereins. Wenn man sich vor Augen führt, dass das Museumsquartier 60 000 Quadratmeter hat - ich weiß, die Architektur ist von uns immer kritisiert worden -, so sind es eben

 

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