Wirtschaft und Arbeit
Leitbild Wirtschaft und Arbeit
Um weiterhin und sogar verstärkt Orte für produktive Arbeit anzubieten, definiert das Leitbild entsprechende Zonen und Regeln für eine „produktive Stadt“. Anforderungen der Energie- und der Kreislaufwirtschaft erhalten in der klimagerechten Stadt einen immer höheren Stellenwert und sind ebenfalls zu berücksichtigen. Die dargestellten Vorrangzonen für Büro- und Cityfunktionen ergänzen das bereits umfangreich vorhandene Standortangebot Wiens für solche Nutzungen. Verschiedenste kleinteiligere Dienstleistungstätigkeiten sollen in das ganze Stadtgebiet integriert vorzufinden sein und benötigen daher keine planliche Zonierung. Regelungen zu Zentren, insbesondere zum Einzelhandel, zeigt das Leitbild Urbane Zentren.
Legende
Industriell-Gewerbliches Gebiet („Rote Zone“)
Diese Gebiete sind langfristig industriell-gewerblichen Tätigkeiten vorbehalten und geben ihnen damit Investitionssicherheit. Sie sind für wirtschaftliche Aktivitäten reserviert, die aufgrund ihrer Emissionen und Verkehrswirkungen, Größe der Objekte bzw. Liegenschaften und anderer Anforderungen ein Umfeld benötigen, das ihren störungsfreien Betrieb ermöglicht. Sie liegen bewusst auch im Wiener Stadtgebiet, um kurze Transportwege und eine bestmögliche Integration in Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.
Das industriell-gewerbliche Gebiet soll baulich verdichtet, aber auch um rund 100 ha erweitert werden.
- Nutzungen folgender Art sind in diesen Zonen erwünscht: Handwerk | industrielle Warenherstellung | Logistik | Lager | Labor | Forschungs- und technische Bildungseinrichtungen | Großhandel | Reparatur | Wartung | Kreislaufwirtschaftsbetriebe wie Reparaturzentren, Mistplätze, Lager für weiterverwendbare Baumaterialien, Anlagen für Nähstoffrückgewinnung | Datencenter (nur mit Abwärmenutzung) | Bauwesen | Anlagen der Energiewirtschaft sowie mit den vorgenannten Tätigkeiten verbundene Büros und Schauräume
- Darüber hinaus sind – nach entsprechenden fachlichen Abwägungen – folgende Nutzungen möglich: industrienahe Dienstleistungen | Gastronomie und Beherbergung, sofern ein klarer Zusammenhang zur hauptsächlichen wirtschaftlichen Nutzung am Standort vorliegt | Maker Spaces | experimentelle Betriebsflächen (Start-ups) | Bürohäuser | Betriebe in Zusammenhang mit kulturellen Zwecken | emissionsintensive und / oder großmaßstäbliche Veranstaltungsstätten | Vertical Farming | Bildungseinrichtungen
- Nicht vorzusehen sind: Wohnnutzungen und wohnungsähnliche Nutzungen | gewerbliche Garagen, die nicht den Nutzer*innen des Betriebsgebiets dienen
- In industriell-gewerblichen Gebieten soll keine über den Status quo hinausgehende Bodenfläche für Handelseinrichtungen in Anspruch genommen werden. Einzelhandelseinrichtungen für die Nahversorgung des industriell-gewerblichen Gebiets sollen möglich sein.
- An industriell-gewerbliche Gebiete heranrückende Entwicklungen, insbesondere sensible Nutzungen wie Wohnbebauung, haben geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des störungsfreien Betriebs zu entwickeln (z. B. Pufferzonen, passiven Lärmschutz, Orientierung, Grundrisse etc.). Im Gebiet bereits rechtmäßig bestehende Wohnnutzungen können erhalten bleiben.
- Die bestehenden Reserveflächen innerhalb der Betriebszonen sowie leerstehende Gebäude sollen für betriebliche Nutzungen aktiviert werden.
- Die nachhaltige Energieversorgung in diesen Gebieten gewinnt an Bedeutung, die Anforderungen an das Stromnetz, die lokale Energiegewinnung und -speicherung sowie die Abwärmenutzung werden jedenfalls steigen. Ausgewählte Gebiete werden an das Fernwärmenetz oder an das Grüngasnetz angeschlossen, um Prozesse zu ermöglichen, die darauf angewiesen sind. In den restlichen Gebieten sind lokale Wärmenetze sowie die Nutzung von Synergieeffekten (z. B. Nutzung von Abwärme als Raumwärme) anzustreben.
- Isoliert gelegene industriell-gewerbliche Gebiete, die durch einen Einzelbetrieb geprägt sind, sollen im Falle einer fundamentalen Veränderung dieses Betriebs anlassbezogen gesondert bewertet werden. Die gewerbliche Funktion des Standorts ist dann anhand wirtschaftspolitischer und stadtplanerischer Aspekte zu überprüfen.
Gewerbliches Mischgebiet („Rosa Zone“)
In den gewerblichen Mischgebieten wird eine Intensivierung der Nutzung und Attraktivierung der Gebäude und Außenräume angestrebt. Mehrgeschoßige Gewerbegebäude sind anzustreben. Im Falle einer betrieblichen Bestandsnutzung sind diese und ihre Entwicklungsmöglichkeit zu bewahren. In untergeordnetem Ausmaß können auch Wohnungen diese Gebiete ergänzen.
- Die Gebiete haben einen dominierend gewerblichen Charakter. In diesen Zonen sind mindestens 60 % der nach Weiterentwicklung des betrachteten Areals vorhandenen BGF (Brutto-Grundfläche) für Nutzungen in den Widmungskategorien GB-BG oder IG vorzusehen. Innerhalb der als GB-BG vorgesehenen Fläche ist ein standortadäquater Anteil produktionsgeeigneter Gebäudeflächen vorzusehen und mit den Möglichkeiten des Bebauungsplans abzusichern. Diesem Ziel entgegenstehende Nutzungen sollen ausgeschlossen werden.
- Bis zu 15 % der nach Weiterentwicklung des betrachteten Areals vorhandenen BGF können für Nutzungen verwendet werden, die in der Widmungskategorie GB zulässig sind (z. B. Wohnen, Beherbergung), sofern es die städtebauliche Situation erlaubt. Die Widmung „Gebiete für geförderten Wohnbau“ kommt für diesen Flächenanteil nicht zur Anwendung.
- Sofern es die städtebauliche Situation erlaubt, können bis zu weitere 25 % der nach Weiterentwicklung des betrachteten Areals vorhandenen BGF für geförderten Wohnbau vorgesehen werden. An stadträumlich besonders geeigneten Standorten kann, durch einen auf den konkreten Einzelfall bezogenen Beschluss der Stadtentwicklungskommission, der Anteil des geförderten Wohnbaus geringfügig weiter erhöht werden, solange ein überwiegender Anteil der Gesamt-BGF auf die Widmungskategorien GB-BG oder IG entfällt.
- In begründeten Ausnahmefällen kann in diesen Zonen die Realisierung von Infrastruktureinrichtungen im zwingenden öffentlichen Interesse erfolgen. Die Errichtung von Wohnungen in diesen Gebieten setzt u. a. voraus, dass die dafür erforderliche grüne und Bildungsinfrastruktur gesichert ist.
- Um Nutzungskonflikte vorausschauend ausschließen zu können, muss ein nachvollziehbares Gesamtkonzept vorgelegt werden. Damit soll jedenfalls auch der Nachweis erbracht werden, dass sich beabsichtigte neue Nutzungen nicht negativ auf die betriebliche Funktion auswirken. Gegebenenfalls sind für neue Nutzungen geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines störungsfreien Betriebs zu entwickeln und zu realisieren. Synergien innerhalb der Zone sind anzustreben.
- Bauplatzübergreifende bauliche Entwicklungen mit einer nicht aliquoten Aufteilung der Nutzungsanteile sind möglich, sofern eine gemeinsame Entwicklungsabsicht aller betroffenen Liegenschaftseigentümer*innen nachgewiesen ist und diese Verschiebungen in einem Plandokument des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans abgesichert werden.
- Das Spektrum erwünschter produktiver Nutzungen in diesen Gebieten umfasst u. a.
- alle Formen kompakt organisierbarer materieller Arbeit, wie z. B. Handwerk, Servicebetriebe, Urban Manufacturing,
- Gewerbehöfe, Co-Working-Spaces,
- Flex-Space, Schau- und Lagerräume,
- wirtschaftsbezogene Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen,
- Einrichtungen für die Last-Mile-Logistik.
- Neue Einzelhandelsflächen sollen nur zur Ergänzung der Nahversorgungsfunktion des Gebiets selbst im Sinne der „Stadt der kurzen Wege“ errichtet werden, sofern diese im fußläufigen Einzugsgebiet nicht vorhanden ist.
- Die Gebiete sollen mit Leistungen der Stadt unterstützt werden, z. B. die Gestaltungsqualität öffentlicher Frei- und Straßenräume, Stromversorgung, öffentlicher Verkehrsanschluss, Unterstützung durch ein Management etc.
Einzelstandort (planlich nicht dargestellt)
- Einzelstandorte sind alle Flächen, die aufgrund der Flächenwidmung oder der Bebauungsbestimmungen für betriebliche Nutzungen vorgesehen, aber nicht Teil des „industriell-gewerblichen Gebiets“ oder des „gewerblichen Mischgebiets“ sind. Sie sind im räumlichen Leitbild planlich nicht dargestellt, es gilt das beschlossene Plandokument. Die aktuelle Nutzung des Standorts ist für die Behandlung als Einzelstandort nicht maßgeblich.
- Flächen dieses Typs sind wertvoll für den Wirtschaftsstandort Wien und sollen daher ihre Funktion durch eine betriebliche Weiter- oder Nachnutzung behalten. Auch im Fall einer Betriebsverlagerung soll die betriebliche Funktion des Standorts erhalten bleiben.
- Die betriebliche Funktion zumindest im Ausmaß der bestehenden Rechtslage bleibt weiterhin das Entwicklungsziel, darüber hinaus sollen damit verträgliche Nutzungen ermöglicht werden. Sollte die Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans für einen solchen Standort beabsichtigt werden, ist dessen Eignung für die betriebliche Nutzung seitens der Dienststellen und Institutionen der Stadt Wien in den Bereichen Stadt- und Wirtschaftsentwicklung fachlich zu prüfen. Eine vom Entwicklungsziel der betrieblichen Nutzung abweichende Festlegung ist nur zulässig, wenn die Eignung nicht mehr vorliegt oder die Fläche für öffentliche Zwecke dringender benötigt wird.
Vorrangzone für neue Büro- und Cityfunktionen
- Werden zusätzliche Büroflächen benötigt oder ist der Wegfall nicht mehr zeitgemäßer Bürostandorte zu kompensieren, sind diese Vorrangzonen geeignete ergänzende Standorte. Neue, größere Büroprojekte sollen daher an den bestehenden Bürostandorten sowie in diesen Vorrangzonen konzentriert werden. Hier sollen die für die Büronutzer*innen erforderlichen Eigenschaften Erreichbarkeit im ÖV, Angebot an urbanen Einrichtungen wie Restaurants, persönliche Dienstleistungen und Geschäfte sowie hochwertige öffentliche Räume und Grünräume gestärkt werden.
Übergangsbestimmung:
Vorhaben in industriell-gewerblichen Gebieten, gewerblichen Mischgebieten und an Einzelstandorten, die nachweislich bereits anhand festgelegter städtebaulicher Zielsetzungen seitens der Stadtplanung gestartet wurden, die vor dem Wien-Plan festgelegt wurden, können weiterverfolgt werden, auch wenn sie von den Vorgaben des Wien-Plans abweichen.
Regeln und Vorgaben
Raum für nicht-mischfähige betriebliche Nutzungen in der Stadterweiterung
Mittel- bis langfristig werden weitere Flächen außerhalb der bereits ausgewiesenen Flächen für betriebliche und industrielle Nutzungen für nicht-mischfähige Betriebe erforderlich. Daher sollen auch die Bedarfe nicht mischfähiger betrieblicher Nutzungen (große Grundstücke, Erschließung mit Fahrzeugen des gewerblichen Gütertransports, Emissionen aus dem Betrieb etc.) in der Stadtentwicklung berücksichtigt werden.
Behandlung bestehender Bürostandorte
- Bestehende Büros an dafür geeigneten Standorten sollen beibehalten werden, um den Neubaubedarf an weniger geeigneten Standorten zu begrenzen und bestehende Bausubstanz weiter zu nutzen. Nutzungsänderungen von Büro zu Wohnen werden daher ab einer Projektgröße von mehr als 10.000 m2 Brutto-Grundfläche (BGF) dahingehend überprüft. Vorrangzonen für neue Büro- und Cityfunktionen sind für neue Büronutzungen jedenfalls als geeignet anzusehen.
- Sofern die Umnutzung zu Wohnen zu befürworten ist, ist von Projektwerber*innen zu zeigen, dass die dafür nötige soziale, technische und grüne Infrastruktur zur Verfügung steht bzw. wie sie sichergestellt wird. Zumindest die EG-Zone soll im Sinne des Ziels der Nutzungsmischung und der Belebung des öffentlichen Raums weiterhin Flächen für kleinteilige Büronutzungen wie Co-Working-, Teleworking- und Kleinbüros oder auch Räumlichkeiten für nicht-kommerzielle und gemeinwohlorientierte Nutzungen enthalten. Letztere sind explizit erwünscht und als Mehrwert in die Beurteilung von Vorhaben einzubeziehen.
Was uns sonst noch anleitet
WIRTSCHAFTS- UND INNOVATIONSSTRATEGIE DER STADT WIEN
Mit dieser Strategie fokussiert Wien auf jene Themen, für die am Standort Wien bereits Stärken existieren und bei denen große Herausforderungen in den kommenden Jahren zu erwarten sind. Stadtplanung muss zu diesen Zielsetzungen der Wiener Wirtschaftspolitik beitragen. Besonders große Schnittmengen bestehen zu den Spitzenthemen „Lösungen für die klimaneutrale Stadt“ und „Smarte Produktion in der Großstadt“ sowie dem Handlungsfeld „Flächen & Infrastrukturen“.