Soziale Klimapolitik für alle

Die Stadt Wien will den richtigen Rahmen setzen, damit die Bedürfnisse von uns Wiener*innen bestmöglich und zukunftsgerecht gedeckt werden können. Dafür ist entscheidend zu wissen, für wen wir genau eine klimagerechte Zukunft gestalten wollen: Wer sind wir Wiener*innen? Was sind unsere Bedürfnisse?

Tabelle 1: Wir Wiener*innen; eigene Darstellung nach [7]

Nimmt man uns näher unter die Lupe, wird schnell klar: Wir sind vielfältig. Ein bunter Haufen. Eine Wiener Melange. Dementsprechend vielfältig sind auch unsere Bedürfnisse. In Bereichen wie Mobilität, Wohnen, Konsumentscheidungen und Energieverbrauch zeigen sich deutlich geschlechts-, alters- und herkunftsspezifische Verhaltensmuster und Einstellungen. Mit unserem täglichen Verhalten tragen wir in unterschiedlich hohem Ausmaß zum Klimawandel bei. Kinder anders als Erwachsene, Männer anders als Frauen. Jeder und jede auf eine ganz eigene Art und Weise. Dabei zeichnet sich ab, dass sich Menschen mit höherem Einkommen eher klimaschädlich verhalten. Wer mehr Geld hat, verbraucht meist mehr Energie und Ressourcen. Ein schwereres Auto, größere Wohnungen und häufigere Flugreisen zählen zu den wichtigsten Faktoren, die unsere Klimabilanz stark beeinflussen. Der Kauf von Bio-Lebensmitteln oder eine gute Mülltrennung kann dies nicht wettmachen [12].

Unabhängig von unserem Verhalten sind wir aber alle von den Folgen des Klimawandels betroffen. Hitze, Sturm und Hochwasser machen keinen Unterschied zwischen den Menschen. Dabei haben wir nicht die gleichen Möglichkeiten, uns an die neuen klimatischen Bedingungen anzupassen oder vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen [13].

Beispiel für die ungleiche Auswirkung der Klimakrise

Unter Hitzewellen leiden vor allem ältere Personen und die einkommensschwache Bevölkerung. In beiden Gruppen sind Frauen stark überrepräsentiert: Während der großen Hitzewelle in Europa im Jahr 2003 starben um 75 Prozent mehr Frauen als Männer gleichen Alters [14]. Eine Dramatik, die angesichts der wachsenden Zahl an Hitzetagen auch in Wien zunehmen wird.

Klimaschutz sowie die Erhaltung guter Lebensbedingungen für uns und die künftigen Generationen sind nicht verhandelbar! Dementsprechend sind klimaschädliche Handlungen Schritt für Schritt zu reduzieren. Dabei geht gut gemachte Klimapolitik Hand in Hand mit sozialer Gerechtigkeit. Denn die Klimakrise ist auch eine soziale Krise. Wirksame Klimapolitik bedeutet eine langfristige Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. Umgekehrt müssen soziale Maßnahmen immer auch unter dem Aspekt der Klimarelevanz und der Nachhaltigkeit gedacht werden.

Während Wohlhabende den Klimawandel durch ihre Handlungen vielfach noch befeuern, treffen die Effekte vor allem ärmere Menschen. Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion, zur Anpassung an Klimafolgen und zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen müssen auch dazu beitragen, dass sich soziale Ungleichheit verringert. Wird der Klimawandel nicht gebremst und passen wir uns nicht aktiv an die neuen Gegebenheiten an, dann wird soziale Ungleichheit jedenfalls verstärkt. Die Politik steht daher vor der zentralen Aufgabe, Maßnahmen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung so zu gestalten bzw. durch begleitende Maßnahmen dahingehend abzufedern, dass sie den sozialen Ausgleich befördern bzw. soziale Ungleichheit verringern. Gleichzeitig muss soziale Klimapolitik alle auf dem Weg in die Klimaneutralität mitnehmen, die Menschen motivieren, Akzeptanz schaffen und damit den Grundstein für Veränderung legen. Soziale Klimapolitik muss die mittel- und langfristigen Chancen, die sich durch Klimamaßnahmen ergeben, unterstreichen, Lösungen für den Übergang bieten und damit den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft stärken. Soziale Klimapolitik gibt daher auch jeder und jedem die Möglichkeit, sich in den gesellschaftlichen Veränderungsprozess einzubringen.

Schließlich ist es Teil sozial gerechter Klimapolitik, jene zu unterstützen, die es aus eigener Kraft nicht schaffen, klimaschonend und klimaangepasst zu leben. Denn die gerechte und faire Gestaltung von klimapolitischen Maßnahmen garantiert am Ende auch deren Wirksamkeit. Klimapolitik lässt niemanden zurück, ist für uns alle da und nur dann stark!