Solide Finanzen als Basis zur Sicherstellung leistungsfähiger Strukturen

Die Finanzen einer Großstadt wie Wien sind eine komplexe Angelegenheit. Letztendlich ist jedes Budget in Zahlen gegossene Politik: – die größten Ausgabeposten zeigen auch die politischen Schwerpunkte. Wir bekennen uns zu einer antizyklischen Haushaltspolitik: Sparen in guten Zeiten, investieren in schlechten Wirtschaftsjahren. Projekte wie beispielsweise der weitere Ausbau des Öffi-Netzes werfen in Zeiten der Wirtschaftskrise eine doppelte Dividende ab: Sie dienen nicht nur der Lebensqualität, sondern bringen auch Wirtschaftswachstum und damit Arbeitsplätze.

Die durch die anhaltende Ausnahmesituation bedingten Maßnahmen sowie die Steuerreform des Bundes haben zu einem noch nie dagewesenen Einbruch bei den Ertragsanteilen an gemeinschaftlichen Bundesabgaben geführt. Wien ist als bei weitem größte österreichische Stadt und aufgrund der Doppelfunktion als Land und Gemeinde davon besonders betroffen. Es ist daher hoch an der Zeit, für eine Abgeltung der eminent wichtigen Rolle Wiens als Bundeshauptstadt und damit Sitz der höchsten Organe und internationaler Organisationen sowie als Wirtschaftsmotor Österreichs. Der Finanzausgleich muss kurzfristig verlängert, aber langfristig reformiert werden, Aufgaben und Einnahmen der Stadt Wien angemessen berücksichtigt werden.

Die Finanzierung der zahlreichen Aufgaben der Stadt Wien wird in den kommenden Jahren eine Herausforderung darstellen. Wir tätigen bewusst Investitionen, um die Konjunktur zu stützen und damit die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, vor allem am Arbeitsmarkt, abzufedern. Zugleich wird damit den Erfordernissen entsprochen, die das Bevölkerungswachstum von jährlich bis zu 25.000 Personen an die Stadt stellt: Wohnraum, Kindergärten, Volksschulen, aber auch Infrastruktur wie Wasserversorgung beziehungsweise Abwasserentsorgung, öffentlicher Personennahverkehr, Krankenanstalten, Geriatrie, soziale Versorgung und viele andere Leistungen müssen ausreichend zur Verfügung gestellt werden. Diese Investitionen leisten nicht nur für die heutige Lebensqualität der Stadt einen wichtigen Beitrag, sondern schaffen nachhaltige Werte für künftige Generationen.

Abgaben, Gebühren und Steuern sind kein Selbstzweck, sondern leisten – zum Teil zweckgebunden – einen wesentlichen Beitrag für die Daseinsvorsorge und die Infrastruktur der Stadt. Wir bekennen uns zu einer zukunftsorientierten, smarten Abgabenpolitik. Ziel ist eine möglichst bürger_innen- und unternehmer_innen-freundliche Abgabengestaltung, eine Steigerung der Treffsicherheit und weiterhin qualitativ hochwertige Leistungen zu erschwinglichen Preisen.

Daher vereinbaren wir:

  • Überprüfung aller Abgaben mit dem Ziel einer Entbürokratisierung, Entlastung, Ökologisierung und Leistungssicherung: Alle Abgaben, Steuern und Gebühren werden auf Landesebene systematisch einer Überprüfung zur zeitgemäßen Anpassung unterzogen. Ziel ist eine möglichst bürger_innen- und wirtschaftsfreundliche Gestaltung sowie Steigerung der Treffsicherheit, außerdem eine Entlastung der kleinteiligen Wiener Wirtschaft über die Legislaturperiode. Dazu wird das Verhältnis von Verwaltungsaufwand zu Abgabenertrag ebenso berücksichtigt wie ein angepeilter Lenkungseffekt und die Größenordnung der Einnahmen aus einzelnen Tarifposten im Verhältnis zum Gesamtbudget der Stadt. Besonders im Fokus der gemeinsamen Analysen werden Erleichterungen bei der Gebrauchsabgabe stehen. Im Zuge der Evaluierung sollen auch mögliche Lenkungseffekte berücksichtigt werden. So kann beispielsweise eine Ökologisierung von Abgaben zu einer Reduzierung von Umweltbelastungen und einem nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen führen. Die Corona-Krise hat auch das Erfordernis von flexibleren Regelungen im Abgabenvollzug vor Augen geführt. Diese unbürokratischen Lösungen, z. B. für Stundungen von Abgaben, sollen für den Bedarfsfall verstetigt werden. Ebenso vorangetrieben werden sollen die Online-Abwicklung und elektronische Einbringung. Auch diese haben sich in Corona-Zeiten bewährt und sollen dauerhaft eingeführt werden.
  • Doppelbudgets: In Zukunft sollen zeitlich nachhaltigere Voranschläge für mehrere getrennte Finanzjahre (Doppelbudgets) beschlossen werden können, um positive Auswirkungen auf die Stabilisierung und die mittel- bis langfristige Konsolidierung des Haushaltes zu erzielen. Doppelbudgets erlauben mehr Steuerungseffekte und nachhaltige Planungen jedes Ressorts.
  • Nachhaltige Finanzierungsvorschläge durch die Ressorts: Um im Sinne einer Stabilisierung und Konsolidierung des Haushalts über mehrere Jahre gegensteuern zu können, sollen die Dienststellen in Zukunft, im Vorfeld von Überschreitungsanträgen bzw. Anträgen auf außerplanmäßige Auszahlungen nachhaltige und in weiterer Folge auch umzusetzende und zu kontrollierende Finanzierungsvorschläge (Globalbudgetierung, Budget-umschichtungen, Einnahmengenerierungen, Minderauszahlungen, Strukturreformen, etc.) aus dem Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Geschäftsgruppe erarbeiten. Dies gewährleistet die solidarische, gemeinschaftliche Überbrückung der fiskalischen Probleme der Corona-Nachwirkungen auf den öffentlichen Haushalt der Stadt Wien.
  • Finanzierungsübereinkommen: Nachhaltige, stabile Finanzen und deren Planbarkeit haben große Bedeutung. Deshalb sollen für noch mehr ausgegliederte Organisationen und Unternehmungen Finanzierungsübereinkommen mit der Finanzverwaltung der Stadt Wien abgeschlossen werden, die auch zu erheblichen Verwaltungsvereinfachungen führen. Im Zuge dessen sollen auch neue, innovative Wege für Projekt- und Programmfinanzierungen geprüft werden.

Gemeinschaftliche Einnahmen effizient einheben und sinnvoll einsetzen

Wien ist als Bundesland und gleichzeitig Gemeinde für eine Vielzahl von Aufgaben verantwortlich. Zu deren Finanzierung müssen den damit verbundenen Ausgaben auch Einnahmen gegenüberstehen. Steuern werden in Österreich in erster Linie vom Bund eingehoben. Die Bundesländer, aber auch die Gemeinden, dürfen nur in einem eng umrissenen Bereich eigene Steuern einheben. Damit sie ihre Aufgaben durchführen können, ist daher ein Finanzausgleich notwendig. Wichtige Steuern – etwa Lohnsteuer, Umsatz-, Einkommens- oder Körperschaftssteuer – werden nach einem im Finanzausgleich festgelegten Schlüssel auf den Bund, die neun Bundesländer und alle Gemeinden in Österreich aufgeteilt.

Aus dem Finanzausgleich kommt mit Ertragsanteilen von rund 6,5 Milliarden Euro die wichtigste Basis zur Finanzierung Wiens, rund 45 % der Gesamteinnahmen. Die Einnahmen aus Gebühren betrugen zuletzt 522 Millionen Euro, das entspricht lediglich rund 4 % aller Gesamteinnahmen. Berechnet man den Gesamtaufwand und damit den Wert einer Leistung, wie etwa für die Bäder der Stadt Wien, dann zeigt sich rasch, dass die wenigsten Gebühren kostendeckend sind.

Daher vereinbaren wir:

  • Finanzausgleich verlängern: Die Fortschrittskoalition muss jetzt alles tun, um die lokale Wirtschaft zu unterstützen, auch um den Preis höherer Schulden. Derzeit muss von Monat zu Monat evaluiert werden, welche Antworten die richtigen sind, um die Krise zu bewältigen. In Zeiten der Corona-Krise, wo für Gemeinden und Städte so viel unklar ist, haben alle Bundesländer in einem gemeinsamen Beschluss dem Bund vorgeschlagen, die Verhandlungen für den Finanzausgleich auszusetzen und die bestehende solide Vereinbarung um zwei Jahre zu verlängern. Das bringt Sicherheit und Planbarkeit.
  • Wir setzen uns auch weiterhin für eine Ausnahme von Investitionen aus den Verschuldungskriterien der EU ein, um hier den nötigen Spielraum zu schaffen. Um den Vorgaben des Österreichischen Stabilitätspaktes für die folgenden Jahre nahe zu kommen, braucht es die Beibehaltung einer fairen Mittelausstattung.

Transparenter, offener Haushalt und Klimabudget

In den letzten Jahren hat das Interesse der Bürger_innen an Wissen und Transparenz im Finanzbereich stark zugenommen. Es reicht nicht aus, Daten ins Internet zu stellen, die nur Expert_innen verstehen. Darum macht die Stadt Wien ihr komplettes Budget – auch mit den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen früherer Jahre – nicht nur auf wien.at abrufbar, sondern auch auf Webseiten wie „Offener Haushalt“ zugänglich. Mit der Einführung des 3-Komponenten Haushalts durch die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) 2015 wurde auch erstmals eine Eröffnungsbilanz als Grundlage für zukünftige Vermögenshaushalte erstellt. Auch diese Bilanz bringt noch mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit in die Finanzen der Stadt.

Daher vereinbaren wir:

  • Transparente Finanzen: Im Zuge ihrer Open Government Data Initiative peilt die Wiener Stadtregierung an, ihre Voranschläge und Rechnungsabschlüsse künftig auch in elektronisch bearbeitbarer, maschinenlesbarer Form zur Verfügung zu stellen. Zur besseren Information der Wienerinnen und Wiener wird die Stadt ihren Onlineauftritt im Finanzbereich erweitern, mit dem Ziel, die Informationen möglichst gut aufbereitet und verständlich in einfacher Sprache darzustellen. Darüber hinaus wird die Finanzverwaltung als Budgetdienst der Stadt den politischen Organen bei Angelegenheiten zu Budget und Finanzfragen noch intensiver und informativer zur Verfügung stehen.
  • Überblick über das „Haus Wien“: Die Stadt Wien legt neben dem Vermögenshaushalt („Bilanz“) in Zukunft auch den Ergebnishaushalt („GuV“) und den Finanzierungshaushalt („Cash Flow“) transparent und offen vor. Ergänzt wird der Überblick über das „Haus Wien“ durch die Rechnungsabschlüsse von Wiener Gesundheitsverbund, Wien Kanal und Wiener Wohnen sowie übersichtliche Bilanzberichte von Wien Holding und Wiener Stadtwerke Holding.
  • Weiterentwicklung und Optimierung des Beteiligungsmanagements: Den kommunalen Unternehmen Wiens kommt gerade in Zeiten der aktuellen Wirtschaftskrise eine entscheidende Rolle zu. Bei der Evaluierung der Beteiligungen soll das Augenmerk sowohl auf die direkten als auch indirekten Beteiligungen gerichtet werden, um Strukturvereinfachungen bzw. Synergien zu erzielen. Darüber hinaus soll die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verstärkt in den Vordergrund treten. So könnten z.B. die jährlichen Zuschusserfordernisse optimiert (=minimiert) bzw. die Gewinnausschüttungen forciert (=maximiert) werden. Weiters könnten nach der Evaluierung neue Cluster in den Beteiligungseinheiten gebildet oder bestehende erweitert werden, um Synergiepotenziale zu nutzen. Darüber hinaus sollen Beteiligungssteuerung und -management in der Verwaltung professionell weitergeführt und weiter verbessert werden.
  • Das Klimabudget der Stadt Wien: Die Fortschrittskoalition ist sich der großen Herausforderungen durch den Klimawandel bewusst und wird die Aktivitäten weiter ausbauen. Als ein neues Instrument hat der Wiener Gemeinderat die „Einführung eines städtischen Klimabudgets“ beschlossen, das derzeit inhaltlich und konzeptionell ausgestaltet wird. Das Wiener Klimabudget wird als Teil des Voranschlags der Stadt vom Gemeinderat beschlossen und soll sicherstellen, dass alle notwendigen Maßnahmen und Instrumente zur Erreichung der Klimaziele ausgewählt und umgesetzt werden. Eine besondere Rolle im Kontext des Klimabudgets spielt das „Treibhausgas-Budget“ (THG). Für die Klimabudgetierung definiert das städtische THG-Budget die „Habenseite“ und gibt vor, wieviel Treibhausgas-Emissionen maximal „ausgegeben“ - und damit ausgestoßen - werden dürfen, damit ein „Nulldefizit“ beim Klimaschutz erreicht wird. Das THG-Budget basiert auf den Zielvorgaben der Smart City Wien Rahmenstrategie. Als wichtige Quelle für die Maßnahmenauswahl dient die SCWR Roadmap. Ein Teil soll aus einem partizipativen Prozess kommen, bei dem Bürger_innen eingeladen werden, Projektvorschläge einzubringen. Ab dem Voranschlag 2022 wird jährlich ein Klimabudget erstellt. Für die Beteiligung der Bürger_innen wird ein entsprechender Prozess bis Ende 2021 entwickelt.