3. Lebenswerte Klimamuster-Stadt

3.2 Klimaverträglicher Verkehr

Der Verkehr ist eine zentrale Herausforderung für das Klima. Daher werden die CO2-Emissionen des Verkehrssektors pro Kopf bis 2030 um 50 % reduziert sowie der Anteil der Pkw-Pendler_innen, die nach Wien kommen, ebenfalls bis 2030 halbiert. Wirtschaftsverkehre innerhalb des Stadtgebietes sind 2030 weitgehend CO2-frei. Damit schaffen wir eine echte Verkehrswende. Dafür sind der konsequente Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, die Ausweitung des Rad- und Fußverkehrs sowie der Umstieg auf CO2-freie Antriebe die zentralen Instrumente.

Zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor werden wir insbesondere folgende Maßnahmen setzen:

  • Die Wiener Taxiflotte sowie andere Fahrdienstanbieter_innen und Car Sharing-Fahrzeuge sollen bis 2025 auf Elektroautos umgestellt werden. Dazu bedarf es der Errichtung einer entsprechenden Ladeinfrastruktur.
  • Für den städtischen Fuhrpark wird ein Aktionsprogramm zum forcierten Umstieg auf alternative Antriebe wie zum Beispiel Elektromobilität und alternative Brennstoffe inklusive Wasserstoff in der kommenden Legislaturperiode erarbeitet.
  • Die verpflichtende Leerverrohrung für Elektro-Ladestellen bei Neubau und Sanierung von Gebäuden ist in der Bauordnung verankert.
  • Beim Ladevorgang soll Preistransparenz gewährleistet werden.
  • Wien wird die erste europäische Metropole, die eine Landstromversorgung für Flusskreuzfahrtschiffe errichtet, um Emissionen aus deren Dieselgeneratoren zu vermeiden. Wir setzen uns dafür ein, dass dies auch für andere Anlegestellen an der Donau realisiert wird.

Unsere Positionen für die Bundesebene

Um die im Kampf gegen den Klimawandel notwendige Energiewende zu erreichen, werden derzeit auf Bundesebene – leider mit Verspätung - tiefgreifende Anpassungen an die energierechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen im sogenannten Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) Paket verhandelt. Wir fordern für die diesbezüglichen Verhandlungen Nachfolgendes, wobei die Umsetzung der Forderungen die Nagelprobe ist, wie ernst die Bundesregierung den Klimaschutz nimmt:

  • Die Fernwärme nimmt schon jetzt eine zentrale Rolle im Energiesystem ein. Sie muss in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Einerseits hilft das dabei, die Integration von erneuerbaren Energien und Abwärmequellen zu forcieren. Andererseits wird so eine effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors vorangetrieben. Für die Förderung des Fernwärmeausbaus in Österreich ist das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz (WKLG) vorgesehen. Dieses muss umgehend mit mindestens 30 Millionen Euro pro Jahr dotiert werden. Bereits eingereichte Projekte, die die Kriterien erfüllen, müssen diese Förderung auch erhalten. Nur so kann die Integration von erneuerbaren Energien und Abwärmequellen über die Fernwärme forciert und eine effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors umgesetzt werden.
  • Um den massiven Ausbau erneuerbarer Energien zu ermöglichen, müssen in der so genannten Netzreserve ausreichend flexible Kapazitäten zur Bewältigung von möglichen Engpässen bereitgestellt werden. So können mögliche Blackouts vermieden werden. Die Zahl der KWK-Einsätze (Kraft-Wärme-Kopplung) zur Netzstabilisierung hat sich in den vergangenen Jahren verzehnfacht. Dabei hat die KWK ihre Eignung zur Bewältigung von Engpässen eindrucksvoll bewiesen. KWK-Anlagen sind die günstigste Möglichkeit zur Bereitstellung der Netzreserve. In der neuen Regelung zur Netzreserve muss daher die faire Teilnahme von KWK-Anlagen gesichert sein, um die Stabilität des heimischen Stromnetzes zu gewährleisten.
  • Das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) sieht derzeit eine Gas-Anschlusspflicht vor. Dadurch entsteht Konkurrenz zwischen aus klimapolitischen Gesichtspunkten optimalen Fernwärmeanschlüssen und neu herzustellenden Gasanschlüssen. Dies behindert die Erreichung der Klimaziele und daher darf in der Novelle des GWG keine Anschlusspflicht mehr vorgeschrieben werden.
  • Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Photovoltaikanlagen in der Freifläche einen Förderabschlag von 30 % erhalten. Agrarphotovoltaik-Anlagen, die eine sinnvolle Doppelnutzung der verfügbaren Flächen einerseits für die landwirtschaftliche Produktion und andererseits für die Erzeugung erneuerbarer Energie ermöglichen, fallen derzeit noch unter diese Regelung. Eine Ausnahme der Agrarphotovoltaik-Anlagen von der 30 %-Förderabschlagsregelung ist unbedingt notwendig, um die ambitionierten PV-Ausbauziele Wiens und Österreichs zu erreichen.

Wien passt sich dem Klimawandel an

Ein Phänomen des Klimawandels sind Urban Heat Islands. Aufgrund der vielen aufgeheizten Betonflächen – entwickeln sich im urbanen Raum sogenannte Hitzeinseln. -Dadurch kühlt sich die Stadt in der Nacht nicht mehr ausreichend ab. Seit längerem steuert die Stadt Wien mit zahlreichen gezielten Maßnahmen dagegen, darunter der intensive Ausbau der Grünflächen, Baumpflanzungen und Fassadenbegrünungen, wie auf den Zentralen der MA 48 und von Wiener Wasser, sowie einem konkreten Maßnahmenkatalog für Cooling- und Begrünungsmaßnahmen für Wiens Bezirke. Auch 63 km Gratis-Zugänge zu Badestränden in der ganzen Stadt und 1.000 Trinkbrunnen und „Wasserfontänen“ sowie Nebelduschen und Wasserspiele auf öffentlichen Plätzen sind ein aktiver Beitrag zur Kühlung. Die Menschen sollen sich in Wien wohlfühlen, unabhängig von ihrer Wohngegend oder ihren finanziellen Möglichkeiten. Für die Fortschrittskoalition ist Klimapolitik untrennbar und zentral mit sozialer Gerechtigkeit und Ausgewogenheit verbunden.

Dazu gehören folgende Punkte:

Grüne Infrastruktur

Mehr als die Hälfte der Stadtfläche ist Grünraum und das bei einer wachsenden Stadt! Gerade im innerstädtischen Bereich sind Schatten spendende Bäume und kühlende Grünanlagen besonders wichtig. Daher werden jedes Jahr rund 4.500 Stadtbäume gepflanzt. Umgerechnet entsteht alle 18 Tage ein neuer Park für die Wienerinnen und Wiener. Die neuen Wiener Stadtbäume sind klimafit und überstehen auch Hitzesommer – v.a. durch das Schwammstadtprinzip, ein eigens entwickeltes Wiener Baumsubstrat, sowie die intensive Betreuung etwa mit Gießsäcken.

Daher vereinbaren wir:

  • 25.000 neue Bäume im Straßenraum, davon bis zu 3.000 an neuen Standorten zu pflanzen.
  • Ausbau der Aktion „Wald der jungen Wiener_innen“.
  • Schaffung neuer Parks und Erhöhung des derzeitigen Grünflächenanteils von 53 % an der Gesamtfläche der Stadt.
  • Anpassung bestehender Parks an den Klimawandel („Cooling Parks“).
  • Im Rahmen des Programms „Raus aus dem Asphalt“ werden Asphaltflächen aufgebrochen und mit Sträuchern sowie Blumen bepflanzt.
  • Schaffung großer, zusammenhängender Naherholungsgebiete vor allem in bevölkerungsstarken Bezirken (Norbert-Scheed-Wald, Rendezvousberg, Neue Lobau zwischen Aspern und dem Nationalpark Donauauen, Goldberg, Bisamberg-Vorland, etc.). Alle diese Erholungsgebiete sind gemeinsam mindestens so groß wie der Grüne Prater und dienen dem Ausbau der Grünen Lunge einer wachsenden Stadt.
  • Neben der Entwicklung von neuen großen Erholungsgebieten wird sichergestellt, dass für Erholung und Naturschutz bedeutende Flächen im gesamten Stadtgebiet unangetastet bleiben. Die Schaffung dieser neuen Gebiete ist ein weiterer Schritt zur Schließung des Grüngürtels rund um Wien.
  • Im Zuge der Stadtplanung wird die Verpflichtung verankert, dass bereits bei der Entwicklung kleinerer Stadtteile und jedenfalls bei größeren Stadterweiterungsgebieten signifikante Grünräume mit tauglichen Baumbeständen miterrichtet werden. Eine wesentliche Rolle spielt die Begrünung von Straßen(räumen) und Plätzen sowie von Fassaden, Dächern und Innenhöfen.
  • Forcierung naturnaher und damit auch kostengünstiger „Stadtwildnis“-Projekte in den Parks und Grünanlagen.
  • Das Schwammstadt-Prinzip wird überall dort, wo es möglich ist, angewandt. Dabei wird unter der befestigten Oberfläche eine Schicht aus grobkörnigem Schotter sowie feineren, wasserspeichernden Materialien angelegt. Das gesamte Oberflächenwasser wird nicht in den Kanal, sondern in diesen Rückhaltebereich geleitet und dort gespeichert. Die Bäume können sich so aus dem gespeicherten Regenwasser – vor allem während der sommerlichen Hitzeperioden – über längere Zeit selbst versorgen.

Förderprogramm „Lebenswerte Klimamusterstadt“

  • Wir entwickeln gemeinsam ein Förderprogramm für die nächsten fünf Jahre von jährlich 20 Millionen Euro für nachhaltige Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen. Die Projekte sollen in jedem Bezirk zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Die Bezirke können die Förderungen im Rahmen der Umgestaltung von öffentlichen Räumen abrufen.
  • Gefördert werden klimawandelanpassende und die Aufenthaltsqualität steigernde Umbaumaßnahmen des öffentlichen Raumes, mit denen möglichst effizient positive Veränderungen des Mikroklimas erreicht werden. Darunter fallen z.B.:
    • Die Entsiegelung von Flächen durch Schaffung von Grünraum und Wasserläufen, Wasserrinnen, Wasserflächen oder Brunnen sowie Wasserspielen, Nebelduschen, Sprühnebel und mobilen Trinkbrunnen mit Sprühnebelfunktion als lokale Kühlzonen.
    • Die Pflanzung von Bäumen bzw. - wo Bäume nicht möglich sind – der Einsatz von Modulen aus dem Programm „Raus aus dem Asphalt“ (d.h. Asphaltflächen werden aufgebrochen und begrünt, um Grätzl noch attraktiver zu machen). Für Bezirke stehen drei Module (je nach Lage: Sonne, Halbschatten, Schatten) dieser neuartigen Begrünungsmaßnahme zur Auswahl.
    • Einsatz des Schwammstadt-Prinzips..
    • Förderung der Schaffung von Grätzlhauptplätzen unter Einhaltung folgender Qualitätskriterien.
    • Erhöhung des Grünanteils.
    • Generelle Attraktivierung.
    • Erhöhung der Aufenthaltsqualität.
    • Möglichkeiten für regionale Nutzung schaffen (Märkte, kleine Veranstaltungen etc.).
  • Für alle Kinder ist das Spielen mit Wasser ein Vergnügen und in Hitzesommern eine Notwendigkeit – daher verdoppeln wir die Zahl der Wasserspielplätze bis 2025.
  • Wir bekennen uns im Rahmen dieses Programmes ausdrücklich zu einer fairen Neuverteilung des öffentlichen Raums zwischen den Nutzer*innengruppen.
  • Maßnahmen, die die Umgestaltung des öffentlichen Raums beinhalten, sind abhängig von der Größe des Projektes durch Wettbewerbe und partizipative Formate zu unterstützen.