3. Lebenswerte Klimamuster-Stadt

3.1 Der Wiener Klimapakt

Die Fortschrittskoalition ist sich der großen Herausforderung durch den Klimawandel sehr bewusst. Die Folgen werden immer stärker spürbar und die Zeit zum Handeln knapper. Wien engagiert sich seit vielen Jahren aktiv im Klimaschutz, 1999 wurde das erste Klimaschutzprogramm (KliP) beschlossen. Damit ist es gelungen, die CO2-Emissionen um 40 % zu senken. Wien ist das Bundesland mit den geringsten CO2-Emissionen pro Kopf. Das aktuelle Programm „Klimamusterstadt Wien“ listet 50 konkrete Maßnahmen auf, damit wir diesen Spitzenplatz verteidigen und weiter ausbauen.

2014 beschloss der Wiener Gemeinderat die erste Smart City Wien Rahmenstrategie (SCWR) als zentrale Dachstrategie für alle Bereiche der Stadt. Nach der Evaluierung 2019 wurde sie aktualisiert und es wurden die Klimaschutzziele verschärft. Die Leitziele der SCWR und die Ziele in den zwölf Themenbereichen definieren die Vorgaben für die Bereichsstrategien, -programme und -konzepte.

In der SCWR ist außerdem dargestellt, wie Wien zur Erreichung der UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) beiträgt. Die SCWR ist somit auch die zentrale Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt.

Zugleich ist der Fortschrittskoalition bewusst, dass noch mehr getan werden muss, um den Klimawandel auf ein verträgliches Maß einzudämmen. Deshalb setzen wir auf noch stärkere und konkrete Maßnahmen, um die Zukunft der nächsten Generationen zu sichern und Wien zur CO2-neutralen Metropole zu machen.

Die durch unseren Kampf gegen den Klimawandel ausgelösten Investitionen sind eine wichtige und nachhaltige Konjunkturspritze zur Belebung der regionalen Wirtschaft. Das sichert tausende Arbeitsplätze und sorgt dafür, dass Wien auch künftig die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt.

Ein zentrales Anliegen beim Klimaschutz ist die soziale Gerechtigkeit. Denn sozial Schwächere, Ältere und Kranke leiden besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels.

Die drei zentralen Handlungsfelder, die in allen Bereichen von Politik, Verwaltung und Gesellschaft mitgedacht werden müssen, sind:

  • Klimaschutz – die klimaneutrale Stadt
  • Klimaanpassung – die resiliente Stadt
  • Kreislaufwirtschaft – die zirkuläre Stadt

Der Klimaschutz umfasst alle Maßnahmen in Wien, die dazu führen, die Emissionen an Treibhausgasen und den damit verbundenen Temperaturanstieg zu verringern. Dieser führt bereits dazu, dass es in der Stadt heißer wird und extreme Wetterereignisse zunehmen. Daher setzen wir Maßnahmen zur Klimaanpassung, um alle Bevölkerungsgruppen, insbesondere aber sozial Schwächere, Ältere und Kranke vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen.

Ein Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen ist der hohe Verbrauch an Produkten, Materialien und Rohstoffen aller Art. Daher setzen wir auf massive Ressourcenschonung durch die Transformation des Wirtschaftssystems in eine Kreislaufwirtschaft.

Darstellung der drei zentralen Handlungsfelder - Klimaschutz, Klimaanpassung, Kreislaufwirtschaft

Daher vereinbaren wir:

Wien wird bis 2040 klimaneutral.

Wien wird bis 2040 CO2-neutral. Dazu wird 2021 das Klimaschutzziel für 2040 auf netto null Treibhausgase angepasst und es werden entsprechende Treibhausgas-Budgets als Vorgaben für das Wiener Klimabudget festgelegt.

Ein Wiener Klimaschutzgesetz.

Im Kampf gegen den Klimawandel bündelt die Fortschrittskoalition alle ihre Maßnahmen, Zielsetzungen, Werkzeuge und Gremien im neuen Wiener Klimaschutzgesetz.

Dadurch soll der Klimaschutz noch effizienter, effektiver und verbindlicher auf allen Entscheidungsebenen und in allen relevanten Gebieten umgesetzt werden.

Über das neu geschaffene hochrangige politische Steuerungsgremium wird eine starke politische Verankerung sichergestellt. Diese ermöglicht eine umfassende Maßnahmenumsetzung und eine abgesicherte sowie effiziente Realisierung der Klimaschutzziele. Weiterhin wird ein Klimaschutzressort mit den relevanten Agenden betraut. Das Klimabudget und der Klimarat werden als zentrale Pfeiler am Wiener Weg zur CO2-neutralen Metropole etabliert.

Darstellung des zukünftigen Wiener Klimaschutzgesetz, als Dach für alle Klimaschutz-Aktivitäten der Stadt - Klimavorgaben & Strategien, Klimatools, Governance

Das Wiener Klimabudget.

Ab dem Voranschlag 2022 wird jährlich ein nochmals erweitertes Klimabudget inklusive Treibhausgas-Budgets, Klimachecks für Projekte und Umsetzungsevaluierung erstellt. Damit wird eine noch wirkungsvollere Auswahlund Umsetzungder Maßnahmenzur Erreichungder Klimazieleerreicht.

Das Wiener Klimabudget wird als Teil des jährlichen Voranschlags vom Gemeinderat mitbeschlossen. Als wichtige Quelle für die darin enthaltene Maßnahmenauswahl dient die Smart City Roadmap, die Maßnahmenbündel und Instrumente zur Zielerreichung enthält, und die regelmäßig aktualisiert wird.

Klimacheck.

Neue Vorhaben der Stadt werden künftig im Voraus einen „Klimacheck“ durchlaufen. Das betrifft relevante Projekte und Maßnahmen im eigenen Wirkungsbereich wie auch alle relevanten klimapolitischen Instrumente, etwa neue gesetzliche Regelungen. Damit können bei der Entscheidungsfindung über die Realisierung eines Vorhabens auch die Auswirkungen auf das Klima berücksichtigt und optimiert werden.

Der Klimacheck wird stufenweise und verhältnismäßig aufgebaut sein, eine detaillierte Bewertung wird nur für Projekte durchgeführt, bei denen wesentliche Klimaauswirkungen zu erwar- ten sind, unverhältnismäßiger Aufwand in der Projektplanung soll jedenfalls vermieden werden.

Der Wiener Klimarat

hat die wichtige Aufgabe, Politik und Verwaltung der Stadt Wien bei der Entwicklung klimapolitischer Vorhaben zu beraten. Die neue Stadtregierung bekennt sich zu diesem Gremium und sieht den Klimarat als wichtige Stütze und Inputgeber auf dem Weg zur CO2-neutralen Metropole.

Klimaverträgliche Beschaffung – ÖkoKauf 2.0

Die öffentliche Beschaffung der Stadt ist ein effektiver Hebel, um den Wandel zu einem klimaverträglichen, nachhaltigen Wirtschaftssystem zu unterstützen. ÖkoKaufWien ist das ökologische und nachhaltige Beschaffungsprogramm der Stadt. Seit 1998 werden im Magistrat Produkte möglichst umweltfreundlich eingekauft und verwendet.

Die Ökokauf-Kriterien werden unter den Gesichtspunkten Klimaschutz, Klimaanpassung und Kreislaufwirtschaft bis Ende 2021 geprüft und falls erforderlich um neue Einkaufsbereiche erweitert. Die verbindliche Umsetzung der Ökokauf-Kriterien der Stadt in allen Dienststellen und Unternehmungen wird regelmäßig kontrolliert und sichergestellt.

Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen

Das Wiener Klimaschutzziel ist nur mit einem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien erreichbar. Daher soll der Wiener Endenergieverbrauch 2030 zu 30 % aus erneuerbarer Energie gedeckt werden. Die Erzeugung erneuerbarer Energien im Stadtgebiet soll bis 2030 gegenüber 2005 verdoppelt werden.

Die Energieerzeugung im Wirkungsbereich der Stadt Wien wird schrittweise dekarbonisiert. Daher werden Projekte zur Steigerung des Erneuerbaren-Anteils im Wiener Fernwärme- und Stromsystem im Rahmen von Behördenverfahren (Wasser-, Bau-, Betriebsanlagenrecht, Widmung etc.) bestmöglich unterstützt.

Zukünftig wird dezentrale Energieerzeugung, die sich an Bedürfnissen und am Nutzer_innenverhalten orientiert, eine wichtige Rolle spielen. Vor allem neue Stadtteile sind ressourcenschonend auszuführen und müssen ihren Energiebedarf weitgehend lokal decken.

  • Wien steigert die Stromerzeugung mittels Photovoltaik (PV) im Stadtgebiet bis 2025 auf zumindest 250 MWpeak und bis 2030 auf 800 MWpeak. Diese Ziele werden im Jahr 2023 auf ihre technische und wirtschaftliche Machbarkeit überprüft und nach Möglichkeit erhöht:
    • Ebenso sollen notwendige Anpassungen vorgenommen werden, um eine Mehrfachnutzung von Flächen für die Energieerzeugung (Verkehrsflächen, Wandflächen, Deponien, Agrarflächen etc.) sowie von temporär ungenutzten Flächen (z.B. Bauland, Friedhofserweiterungsflächen) zu ermöglichen.
    • Entsprechende Förderungen werden eingerichtet bzw. weitergeführt, um es allen Wienerinnen und Wienern sowie Wirtschaftstreibenden zu ermöglichen, sich an der Erreichung der Ziele zu beteiligen.
    • Die Wien Energie realisiert ihr ambitioniertes PV-Ausbauprogramm von 600 MWpeak bis 2030 in und um Wien.
  • Alle Gebäude der Stadt Wien werden bis 2022 auf ihre Eignung zur Erzeugung von Solarenergie geprüft und dort, wo es möglich ist, bis 2025 mit entsprechenden Anlagen ausgerüstet werden.
  • Wir unterstützen den Weiterbetrieb aller bestehenden erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten zumindest bis 2030. Dazu gehören das Waldbiomassekraftwerk Simmering, die Klärgas-Verstromung sowie Wind- und Wasserkraftwerke.
  • Wir unterstützen aktiv die Entwicklung von Technologien zur Erzeugung von grünem Gas inklusive Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen. Dieses soll in Wien für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder andere energetisch hochwertige Verwendungszwecke anstatt für Heizung und Warmwasser genutzt werden.
  • Gebäude werden zum aktiven Teil der Infrastruktur für das Energiesystem, indem sie in die Bereitstellung und Speicherung von Energie eingebunden werden und eine aktive Rolle im Lastmanagement bei Elektrizität und Wärme übernehmen.
  • Energiegemeinschaften - also der Beitrag jeder Einzelnen und jedes Einzelnen - spielen bei der Erfüllung der Energieziele der Stadt eine wichtige Rolle.
  • Die Kapazität der Wiener Biogasanlage wird verdoppelt.

Heizen, Kühlen und Warmwasser ohne Öl und Gas

Am Weg zur CO2-neutralen Stadt ist auch eine Wärmewende unerlässlich, die zu einem weitgehenden Ausstieg aus fossilen Energieträgern für Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung bis 2040 führt:

  • Innerhalb der nächsten zwei Jahre wird ein Konzept für den schrittweisen Umstieg fossiler Heizsysteme in Bestandsgebäuden bis 2040 zu Fernwärme und erneuerbaren Heizformen erarbeitet, inklusive der Förderung von Nachverdichtung der Fernwärme und dem Wechsel zu CO2-freien Heizsystemen. Dabei werden auch Quartiersbetrachtungen/Sanierungszonen berücksichtigt. Ein entsprechendes Konzept zur effizienten Umsetzung wird gemeinschaftlich erarbeitet.
  • Wir forcieren die Dekarbonisierung der Fernwärme durch die Erschließung der Tiefengeothermie, die Nutzung von Umgebungs- und Abwärme mit Großwärmepumpen und die Einbindung betrieblicher Abwärmequellen. Das Pilotprojekt Geothermie wird weiter zügig vorangetrieben, um im geplanten Endausbau 135.000 Haushalte mit erneuerbarer Wärme zu versorgen. Die Integration betrieblicher Abwärme (Datencenter, Prozesswärme aus Betrieben etc.) in das Fernwärmenetz und der Ausbau von (kurzfristigen bis saisonalen) Wärmespeichern werden weiterhin forciert.
  • Um den Umstieg von fossilen Heizsystemen zu beschleunigen, wird der Ausbau der Fernwärmeleitungen vor allem in Bestandsgebieten mit ausreichender Wärmedichte intensiviert. Zur Verringerung der Kosten und zur Beschleunigung werden die notwendigen Rohrverlegungsarbeiten mit Umbaumaßnahmen des Straßenraums optimal koordiniert.
  • In der Kläranlage Wien wird die größte Wärmepumpe Mitteleuropas zur grünen Versorgung von bis zu 106.000 Haushalten errichtet.
  • Der massive Ausbau der Fernkälte, die durch Nutzung von Abwärme um 70 % energieeffizienter als herkömmliche Klimaanlagen ist und rund 50 % des CO2 einspart, wird unterstützt und forciert.

Die Förderung der thermischen Sanierung von Gebäuden wird weiter forciert, insbesondere durch aktive Kommunikation. Die neu gestartete Beratungsstelle „Hauskunft“ wird zur zentralen Servicestelle für Gebäudesanierung in Wien ausgebaut. Unter dem Motto „Wir SAN Wien“ startet die Stadt Wien die nächste Sanierungsoffensive.