Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.08.2008:
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Karl Sesta im Wiener Stadt- und Landesarchiv

Karl Sesta im Wiener Stadt- und Landesarchiv

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Wien (RK). Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965: Eine Reportage der Illustrierten ...

Wien (RK). Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965:

Eine Reportage der Illustrierten Wochenpost aus dem Jahr 1933 sprach von einem überquellenden Kraftmenschen, einem ebenso sonnigen wie urwüchsig-genialen Temperament, einem echten Kind der Vorstadt und würdigen Vertreter der "Stadt der starken Männer": Karl Sesta (auch Seszta oder Sesztak), im Wunderteam Nachfolger des überragenden "Weltmeisters" Pepi Blum, Verteidiger des WAC (später der Austria), Stolz von Simmering. Seine Fußballlaufbahn begann er bei Vorwärts 11, ehe ihn der berühmte Verteidiger Ferdinand Swatosch zur großen Mannschaft des Simmeringer Sportklubs um Horvath, Viertel und Danis holte. Mit den Simmeringern ging der damals knapp Achtzehnjährige 1924 auf Tournee nach Schweden, wo er in den jeweiligen Pausen zwischen den beiden Hälften der Fußballspiele, die er selbstverständlich zur Gänze bestritt, als Ringer in Schaukämpfen agierte. Es waren Aktionen wie diese, die "den Bladen" zu einem besonderen Liebling der Massen werden ließen. Für kurze Zeit hatte er eine Gesangsausbildung absolviert, sein Repertoire reichte vom klassischen Wienerlied bis zu den aktuellsten Tonfilmschlagern. Wann immer Verbandskapitän Hugo Meisl auf den ausgedehnten Tourneen des österreichischen Teams es für geboten hielt, trat er an Sesta mit der Aufforderung heran: "Blader, singen Sie!" Dieser hatte seine Mittel der subtilen Revanche: Von der internationalen Presse einmal auf die viel gerühmte Multilingualität Meisls angesprochen, kommentierte er trocken: "Unser Teamchef böhmakelt in vierundzwanzig Sprachen."

Der auf dem Feld so kompromisslose, ja gefürchtete Verteidiger war der Inbegriff vorstädtischer Schlagfertigkeit und des Wiener Schmähs mit der ihm inne wohnenden Tendenz zur Relativierung, Selbstironie und Subversion. Wie nicht zuletzt in jener wohlbekannten Anekdote zum Ausdruck kommt, die noch Generationen von Fußballanhängern weitererzählen sollten. Unmittelbar vor Beginn der großen Auseinandersetzung des Wunderteams mit England an der Londoner Stamford Bridge (7. Dezember 1932) wurden die Wiener Spieler dem jüngeren Sohn des englischen Königs, Prince George, vorgestellt. Zu Sesta gewandt, meinte das Mitglied des britischen Königshauses in Anspielung auf dessen erlernten Beruf, er habe gehört, dass der Wiener Spieler ein schönes Handwerk ausübe. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, antwortete dieser: "Oba ihna Hockn is a ned die Schlechtaste".

Sein Debüt im Wunderteam hatte Sesta relativ spät, am 22. Mai 1932 gegen die Tschechoslowakei in Prag gegeben, als er den Mythos der Unbesiegbarkeit der Wiener - die zwar durch Sindelar in Führung gegangen war, dann aber mit zehn Mann ein Rückzugsgefecht lieferten - praktisch im Alleingang rettete. Zum historischen 2:0 Sieg im "Versöhnungsspiel" zwischen dem Altreich und der Auswahl der "Ostmark" am 3. April 1938 trug er ein "Jahrhundertgoal" aus mehr als fünfzig Metern bei. Wie andere Österreicher auch - am prominentesten wohl Willi Hahnemann, den sie ob seines dunklen Teints den "Zigeuner" nannten - stand er, wenn auch insgesamt nur drei Mal, in der reichsdeutschen Auswahl. Die mehr oder minder spektakulären Aktionen von Renitenz und Resistenz des überzeugten Antimilitaristen, seine Auseinandersetzungen mit dem "Reichsführer" des Nazisports, Tschammer von Osten, sind zu Recht Legende.

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat Karl Sesta eine der "11 Biographien" von Persönlichkeiten des Wiener Fußballs gewidmet. Diese sind im Rahmen der gemeinsam mit der Wienbibliothek im Rathaus konzipierten Ausstellung "Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920- 1965" zu sehen. Die Spezialausstellung "11 Biographien" ist im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer D in Simmering (Zugang über Gasometer A) Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr zu besichtigen, der Eintritt ist frei.

  • "11 Biographien"
    Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920-1965
    Ausstellung im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs
    Simmering, Gasometer D (Zugang über Gasometer A)
    Kurator: Wolfgang Maderthaner
    Ausstellungsdauer: bis 26. September 2008

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) red

  • Rückfragehinweis für Medien:
    Wiener Stadt- und Landesarchiv
    Mag. Manuel Swatek
    Telefon: (+43 1) 4000 84827
    E-Mail: manuel.swatek@wien.gv.at

(RK vom 28.08.2008)