Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 25.08.2008:
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Fußballdoktor "Michl" Schwarz im Wiener Stadt- und Landesarchiv

Fußballdoktor "Michl" Schwarz im Wiener Stadt- und Landesarchiv

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Wien (RK). Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965.**** "I oba, Herr Doktor, wird' Ihna ...

Wien (RK). Das große Fußball-Fest der Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich wirkt weiter. Das Wiener Stadt- und Landesarchiv bringt eine Serie von - alphabetisch gereihten - elf Biographien zu berühmten Persönlichkeiten des Wiener Fußballs zwischen 1920 und 1965.****

"I oba, Herr Doktor, wird' Ihna immer grüß'n!" Matthias Sindelar reagierte auf seine Weise, als nach der nationalsozialistischen Machtübernahme der langjährige Austria- Präsident Emanuel "Michl" Schwarz durch den neu installierten Vorstand kaltgestellt und mit Grußverbot belegt worden war. Der weltbeste Mittelstürmer erinnerte sich gut, war doch der "Fußballdoktor" sein maßgeblicher Förderer gewesen und hatte ihn 1925 zu einer Meniskusoperation gedrängt - ein zum damaligen Zeitpunkt hoch riskanter Eingriff, der letztlich die Karriere Sindelars retten sollte.

Die Austria Wien, so eine Selbstdarstellung des Vereins, repräsentiere eine ganz eigene Marke, sei ebenso sehr ein Gesellschafts- wie ein Fußballklub, an dessen Spitze stets ein Doktor oder Professor stünde. Die Inkarnation dieses Prinzips war Emanuel Schwarz: brillanter Student bei den Größen der berühmten Wiener medizinischen Schule, Kurarzt, Weltkriegsoffizier, Vertrauensarzt der 'haute bourgeoisie' der Stadt. Fußballspieler pflegte er kostenlos zu behandeln; dafür, so meinte er, würden ja "die Rothschilds und die Starhembergs" zahlen. Zwei Mitropacupsiege (1933 und 1936) waren die Glanzpunkte einer Präsidentschaftsära, die 1938 jäh zu ihrem Ende kam. Der Ex- Austriaspieler , "Illegale" und SA-Sturmbannführer Hermann Haldenwang sollte den Verein als "Ostmark" neu organisieren, ein Gutteil des alten Vorstandes war vom Verbot "jüdischer Tätigkeit im Sport" betroffen.

Schwarz selbst traf, mittlerweile 60-jährig, die nötigen Vorbereitungen. Er meldete sich aus seiner Wohnung in der Wollzeile ab und begab sich Ende Mai 1939 mit Unterstützung des italienischen Verbandspräsidenten Avvocato Giovanni Mauro nach Bologna. Mit der unter Lebensgefahr geleisteten Hilfe seiner Frau und einer Bürgschaft des FIFA-Präsidenten Jules Rimet gelangte Schwarz nach Paris, später nach Grenoble und in das westfranzösische Angoulème. Er schlug sich als Sportmasseur durch und hielt Verbindung zu seiner Familie, über Kanäle, die nicht zuletzt über Spieler wie "Bimbo" Binder liefen, der an der Westfront im Einsatz war und gelegentlich nach Wien abgestellt wurde. Schließlich wurde Schwarz aufgegriffen und in eines der zahlreichen Internierungslager an der Kanalküste verbracht. Hier geschah das Unfassliche: Der Lagerkommandant setzte ihn über ein nächtlich unversperrtes Tor in Kenntnis. Der Doktor ergriff die Chance, schlug sich zu Fuß nach Paris durch und nahm dort Kontakt mit alten Bekannten wie dem Ex-Hakoahspieler Fritz Donnenfeld - Barbesitzer und unter den Decknamen "Donny" und "Marquis" für die Resistance tätig - auf.

Am 6. Dezember 1945 feierte Österreich mit einem 4:1 Erfolg gegen Frankreich den Wiedereintritt in das internationale Sportgeschehen. Mit dem französischen Team war auch Michl Schwarz nach Österreich gekommen. Er, der um sein persönliches Schicksal niemals viel Aufhebens gemacht hatte, übernahm wie selbstverständlich für ein Jahrzehnt wieder das Präsidentenamt bei der Austria, das ihm seit 1938, wenn auch notwendigerweise inoffiziell, reserviert worden war.

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat Dr. Emanuel "Michl" Schwarz eine der "11 Biographien" von Persönlichkeiten des Wiener Fußballs gewidmet. Diese sind im Rahmen der gemeinsam mit der Wienbibliothek im Rathaus konzipierten Ausstellung "Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920- 1965" zu sehen. Die Spezialausstellung "11 Biographien" ist im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs im Gasometer D in Simmering (Zugang über Gasometer A) Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr zu besichtigen, der Eintritt ist frei.

  • "11 Biographien"
    Die Eleganz des runden Leders - Wiener Fußball 1920-1965
    Ausstellung im Foyer des Wiener Stadt- und Landesarchivs
    Simmering, Gasometer D (Zugang über Gasometer A)
    Kurator: Wolfgang Maderthaner
    Ausstellungsdauer: bis 26. September 2008

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) red

  • Rückfragehinweis für Medien:
    Wiener Stadt- und Landesarchiv
    Mag. Manuel Swatek
    Tel.: 4000/84827
    E-Mail: manuel.swatek@wien.gv.at

(RK vom 25.08.2008)