Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 19.08.2005:
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Wehsely: Familiäre Gewalt ist kein privates Schicksal

Wehsely: Familiäre Gewalt ist kein privates Schicksal

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Wien (RK). "Misshandelt zu werden, ist kein privates Schicksal. Gewaltausübung ist auch dann ein strafrechtliches Vergehen, wenn sie in den eigenen vier Wänden passiert. Es liegt in der Verantwortung der Politik, alles zu unternehmen, um Frauen und Kinder, die von Gewalt in der Familie bedroht oder betroffen sind, zu ...

Wien (RK). "Misshandelt zu werden, ist kein privates Schicksal. Gewaltausübung ist auch dann ein strafrechtliches Vergehen, wenn sie in den eigenen vier Wänden passiert. Es liegt in der Verantwortung der Politik, alles zu unternehmen, um Frauen und Kinder, die von Gewalt in der Familie bedroht oder betroffen sind, zu schützen und jenen, die Opfer von Gewalt wurden, die bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen", unterstrich Frauenstadträtin Sonja Wehsely am Freitag im Rahmen eines Mediengesprächs zum Thema Gewaltschutz in Wien. Gemeinsam mit der Vorsitzenden des Vereins Wiener Frauenhäuser, Gemeinderätin Martina Ludwig und der Geschäftsführerin des Vereins Andrea Brem präsentierte Wehsely den Tätigkeitsbereicht der Wiener Frauenhäuser 2004.

Wien hat beim Thema Gewaltschutz seit jeher eine Vorreiterrolle. Gewaltopfer finden in Wien ein gut ausgebautes Netz von Hilfs-, Beratungs- und Betreuungseinrichtungen. Vor allem die vier Frauenhäuser und die ambulante Beratungsstelle des Vereins Wiener Frauenhäuser sind unverzichtbare Bestandteile der städtischen Gewaltschutzarbeit. Einrichtungen wie der 24-Stunden- Frauennotruf der Stadt Wien, das Amt für Jugend und Familie, Krisenzentren, zahlreiche Mädchen- und Frauenberatungsstellen sowie die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie leisten einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung von Gewaltopfern.****

Finanzierung der Frauenhäuser gesichert - Kritik an Bundesregierung

"Gewaltschutz ernst nehmen, heißt auch, genügend finanzielle Mittel in diesen Bereich zu investieren und Hilfs- und Beratungseinrichtungen bestmöglich auszustatten", unterstreicht die Frauenstadträtin. In Wien steigen die Investitionen in den Gewaltschutz: Im Jahr 2000 betrug die jährliche Förderung für den Verein Wiener Frauenhäuser rund 2,8 Millionen Euro, im Jahr 2001 waren es rund 3,6 Millionen Euro und im Jahr 2004 hat Wien rund 4 Millionen in die Frauenhäuser investiert.

Kritik übt Wehsely an der Bundesregierung: Die von Frauen- und Innenministerium zu gleichen Teilen finanzierten Interventionsstellen haben mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie wurden mit dem Gewaltschutzgesetz 1997 verpflichtend für alle Bundesländer vorgeschrieben und sollen Gewaltopfer nach einer Täterwegweisung betreuen. Momentan ist der Wiener Interventionsstelle eine flächendeckende Betreuung von Gewaltopfern jedoch unmöglich: Auf Grund unzureichender finanzieller und personeller Ausstattung werden derzeit die Bezirke 18, 19, 21, 22 und 23 nicht betreut - "ein untragbarer Zustand", so Wehsely. Diese vom Bund verschuldete Situation sei eine Belastung für das gesamte Wiener Gewaltschutznetz.

Der seit 27 Jahren bestehende Verein "Wiener Frauenhäuser" führt derzeit vier Frauenhäuser, eine ambulante Beratungsstelle und 26 Nachbetreuungswohnplätze. Insgesamt gibt es 164 Wohnplätze für Frauen und Kinder. Die Mehrzahl der rund 80 Mitarbeiterinnen des Vereins sind Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen. Allein im Vorjahr haben 516 Frauen mit insgesamt 453 Kindern Schutz und Unterkunft in den vier Wiener Frauenhäusern gesucht und gefunden. Insgesamt wurden 53.434 Aufenthaltstage von Frauen und Kindern gezählt. Im ersten Halbjahr 2005 haben bereits 326 Frauen Unterkunft in einem der vier Frauenhäuser gefunden.

"Besonders dramatisch sind die Folgen familiärer Gewalt für Kinder - egal, ob sie nun selbst misshandelt werden oder die Misshandlung ihrer Mutter oder Geschwister miterleben müssen", betont Wehsely. Kinder, die Gewalthandlungen miterleben, zeigen die gleichen Symptome und Folgeerscheinungen wie misshandelte Kinder. Sie haben Schwierigkeiten mit sozialen Kontakten, zeigen eine Reihe von psychosomatischen Beschwerden, leiden unter Schlafstörungen und Ängsten, haben Lern- und Leistungsprobleme und legen ein unkindliches Verhalten an den Tag. Frauenhausmitarbeiterinnen sind daher auch Expertinnen für von Gewalt betroffene Kinder.

In insgesamt 26 Wohnungen betreut der Verein Wiener Frauenhäuser zusätzlich Frauen, die zwar nicht mehr so bedroht sind, dass sie den Schutz des Frauenhauses benötigen, aber noch etwas Zeit brauchen, um sich psychisch zu festigen oder ihre selbstständige Existenz aufzubauen. Im Vorjahr waren diese Wohnungen das ganze Jahr besetzt: 45 Frauen mit 45 Kindern fanden dort eine Unterkunft.

Erfreut zeigte sich Wehsely über das von Justizministerin Gastinger angekündigte Anti-Stalking-Gesetz. "Sollte es tatsächlich zu einem raschen Beschluss kommen, wäre das ein großer Erfolg für die Wiener Frauenpolitik." Wien hat die Bundesregierung bereits im Vorjahr mit zahlreichen Initiativen und einer Anti-Stalking-Resolution auf die bestehende Gesetzeslücke aufmerksam gemacht. "Es freut mich außerordentlich, wenn es mir als Wiener Frauenstadträtin gelungen ist, die Bundesregierung wachzurütteln. Denn die Opfer von Stalking - zu 80 Prozent Frauen - brauchen rasche Hilfe."

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

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  • Rückfragehinweis:
    Maga Marianne Lackner
    Mediensprecherin Stadträtin Maga Sonja Wehsely
    Tel. 01/4000-81840
    Handy: 0664/82 68 767
    E-Mail: marianne.lackner@magwien.gv.at

(RK vom 19.08.2005)