Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 10.04.2003:
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"Brückenbauer" Lord George Weidenfeld erhielt Ehrenzeichen

"Brückenbauer" Lord George Weidenfeld erhielt Ehrenzeichen

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Wien (RK). Lord George Weidenfeld, eine der wichtigsten Verlegerpersönlichkeiten der Nachkriegszeit, erhielt am Donnerstag im Roten Salon des Wiener Rathauses das "Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien". Die Verleihung nahm Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny vor, die Laudatio hielt Fritz Molden ...

Wien (RK). Lord George Weidenfeld, eine der wichtigsten Verlegerpersönlichkeiten der Nachkriegszeit, erhielt am Donnerstag im Roten Salon des Wiener Rathauses das "Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien". Die Verleihung nahm Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny vor, die Laudatio hielt Fritz Molden.****

In seiner Begrüßung wies Stadtrat Mailath-Pokorny auf die historische Bedeutung des Roten Salons hin. Im Roten Salon sei 1945 die Zweite Republik gegründet worden; er sei der passende und würdige Rahmen für die heutige Auszeichnung an Lord Weidenfeld. "Lord Weidenfeld gehört zu jenen, die 1938 rechtzeitig nach England in die Freiheit emigrieren konnten. An seiner Person werde einmal mehr bewusst, schmerzlich bewusst, welches menschliche und intellektuelle Vakuum in Österreich durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten und deren schrecklichen Folgen entstanden ist." Stadtrat Mailath-Pokorny ging darüber hinaus auf den "Brückenbauer" Lord Weidenfeld ein: Lord Weidenfeld habe Brücken gebaut zwischen den Kulturen und Religionen. Ihm sei es gelungen, den Dialog zwischen Israel und Deutschland sowie zwischen Israel und Österreich einzuleiten und voranzutreiben. Dank seiner Kontakte zu wichtigen Persönlichkeiten und dank seiner bemerkenswerten Fähigkeit, diese Kontakte zu knüpfen und Menschen zusammenzuführen, habe er zur Aussöhnung dieser Staaten beigetragen.

Einen Überblick über Leben und Schaffen Lord Weidenfelds gab Fritz Molden in seiner sehr persönlichen Laudatio: "Lord Weidenfeld hat diese Stadt geliebt; hier hat er seine ersten kulturellen und politischen Fühler ausgestreckt. Hier kam er mit dem Sozialismus, später mit dem Zionismus in Kontakt." In seinem Verlag, "dem vielleicht wichtigsten Verlagshaus des Nachkriegsenglands", habe er die bedeutendsten Autoren seiner Zeit herausgebracht. Lord Weidenfeld habe viele Initiativen angeregt und stets nach vorne geschaut, schloss Fritz Molden.

Lord Weidenfeld bedankte sich für die Anerkennung durch die Auszeichnung; er fühle sich sehr geehrt: "Der heutige Tag ist eine wichtige Station einer Rundreise, die in Wien begann und immer wieder nach Wien führt." Brücken zu bauen und Kontakte zwischen Menschen herzustellen sei für ihn immer eine Lebenseinstellung gewesen, eine Art Sport und eine Vergnügen.

George Weidenfeld wurde 1919 in Wien geboren. Nach dem Piaristen-Gymnasium studierte er Jus und besuchte die Konsularakademie. 1938 gelang George Weidenfeld die Emigration nach England, wo er als Journalist und Kommentator bei der BBC arbeitete. 1948 gründete er gemeinsam mit seinem Kollegen Nigel Nicholson den Verlag Weidenfeld & Nicholson. 1949 ging er für ein Jahr nach Israel als politischer Berater und Chef des Kabinetts von Israels erstem Präsidenten Chaim Weizmann. Nach seiner Rückkehr nach England nahm er seine Verlegertätigkeit wieder auf. Lord Weidenfeld hat die Werke zahlreicher Historiker, die Memoiren angesehener Politiker und Literatur publiziert, darunter Friedrich Heer, Saul Bellow, Vladimir Nabokov und Mary McCarthy. In London setzte er auch seine politische Arbeit als enger Berater von Premierminister Harold Wilson fort. 1976 wurde er auf dessen Vorschlag in den hohen Adelsstand erhoben und erhielt einen Sitz im Londoner Oberhaus. Lord Weidenfeld verstand sich immer als "Brückenbauer". Durch seine hervorragenden Kontakte zu internationalen Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft spielte er eine große Rolle als Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen. Er förderte den Dialog und die Aussöhnung zwischen Israel und Deutschland sowie zwischen Israel und Österreich. 1995 erschien die deutsche Ausgabe seiner Autobiographie "Von Menschen und Zeiten" im Europaverlag. Lord Weidenfeld blieb seinem Geburtsland Österreich immer verbunden; er war bei den "Wiener Vorlesungen" zu Gast ebenso beim Theodor Herzl-Symposium. Im April 2002 erhielt Lord Weidenfeld das Österreichische Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse.

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(Schluss) rar

(RK vom 10.04.2003)