Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.11.2001:
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Laska bei Gleichenfeier des Hauses für Obdachlose Siemensstraße

Laska bei Gleichenfeier des Hauses für Obdachlose Siemensstraße

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Wien (RK).Die Neuerrichtung des Hauses Siemensstraße und die danach erfolgende Schließung des Hauses Meldemannstrasse sind weitere Schritte, die Wiener Wohnungslosenhilfe zu optimieren. "Der Stufenplan der Stadt Wien zur Reintegration von Obdachlosen wird seit nunmehr 12 Jahren schrittweise realisiert." betonte die ...

Wien (RK).Die Neuerrichtung des Hauses Siemensstraße und die danach erfolgende Schließung des Hauses Meldemannstrasse sind weitere Schritte, die Wiener Wohnungslosenhilfe zu optimieren. "Der Stufenplan der Stadt Wien zur Reintegration von Obdachlosen wird seit nunmehr 12 Jahren schrittweise realisiert." betonte die Vizebürgermeisterin und Sozialstadträtin Grete Laska am Mittwoch. Ziel ist die Vermeidung von Wohnungslosigkeit sowie die Wiedereingliederung der betroffenen Menschen in den normalen Wohnungsmarkt innerhalb der kürzest möglichen Zeit, so Laska weiter.****

Dadurch soll erreicht werden, dass

  • Obdachlosigkeit vermieden wird,
  • ein breites Hilfsangebot alle betroffenen Menschen erreicht und
    von diesen akzeptiert wird,
  • die Umwandlung von unbetreuten Schlafplätzen durchgeführt ist,
  • ausreichend betreute Wohnplätze für alle Problemgruppen zur
    Verfügung stehen,
  • eine rasche Übersiedlung in adäquate Dauerwohnformen
    gewährleistet ist,
  • die Kooperation aller involvierten Einrichtungen funktioniert,
  • eine permanente Evaluierung der geleisteten Arbeit stattfindet.

Mit der organisatorischen Eingliederung der städtischen Herbergen in die MA 12 wird dieses Konzept seit Jänner 2000 auch in diesen Häusern realisiert. Eine sozialarbeiterische Betreuung soll auch dort eine schnellere Wohnrehabilitation bei vielen Bewohnerinnen und Bewohnern gewährleisten.

Durch die Bemühungen der letzten Jahre geht in Wien ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten seit ca. 4 Jahren die Zahl der Wohnungslosen langsam, aber ständig zurück (gemessen an der Besucherfrequenz der MA 12 -Tageszentren und der "Gruft"). Ohne Flüchtlingsbereich (Bundeszuständigkeit) sind innerhalb eines Jahres ca. 4000 bis 4500 Menschen in Wien von Wohnungslosigkeit betroffen.

Nach Abschluss der Abbrucharbeiten des bestehenden Gebäudes wurde im Herbst 2000 mit dem Neubau des Hauses Siemensstraße begonnen. Bezugsfertig wird das Haus voraussichtlich im September 2002 sein. Geplant wurde das Haus von den Architekten Gruss & Gruss. Das Areal liegt zwischen Siemensstraße, Sorgenthalgasse, Richard Neutra Straße und dem Lagerplatz im Norden. Durch das Abrücken des kompakten, geschlossenen Neubaus von der Baufluchtlinie in der Sorgenthalgasse, kann die bestehende Grünzone erhalten werden.

Das neue Haus ist für den Normalbetrieb auf eine Aufnahmekapazität von 240 Personen ausgerichtet.

Im Erdgeschoss befinden sich die Räume für Verwaltung und Sozialarbeit. Der Gemeinschaftsraum liegt auf Kellerniveau, erhält jedoch durch seine Raumhöhe sowohl Licht als auch Sichtverbindung nach innen und außen. Zusätzlich befinden sich im Untergeschoss die Räume für Technik, Lager und Waschküche.

Die Unterkunftszimmer befinden sich ausschließlich in den oberen Ebenen, wobei großes Augenmerk auf die Gestaltung der Zimmer gelegt wurde. Das Raumkonzept basiert auf einer Unterbringung in kleinen Einzelräumen von ca. 6,5 m², wobei für je 12 Unterkünfte die entsprechende Infrastruktur wie Sanitärräume, Aufenthaltsraum und Kochgelegenheit vorgesehen sind.

Durch flexible Zwischenwände können zwei Räume jederzeit als Wohnmöglichkeiten für Paare genutzt werden, womit des Konzept der gemischten Nutzung (Männer, Frauen und Paare) realisiert werden kann. Bei einer weiteren Entspannung der Wiener Wohnungslosensituation kann die Zimmeranzahl auf bis zu 120 Plätze reduziert, aber auch sofort wieder erhöht werden. Damit kann dem Anspruch der Wiener Wohnungslosenhilfe "Qualität vor Quantität" je nach Bedarfssituation stets Rechnung getragen werden. Die Gesamtbaukosten für das Projekt liegen bei rund 100 Millionen Schilling.

Durch die Erfolge des Stufenplans kann nach der Neuerrichtung des Hauses Siemensstraße das vor über 100 Jahren errichtete, "berühmte" Obdachlosenheim Meldemannstraße geschlossen werden. Dies ist ein Symbol für die Abkehr vom früheren Verwahrungssystem hin zur dauerhaften Wohnintegration, die in ca. 70 % der Fälle gelingt. Nur 1% der ehemals wohnungslosen Menschen verliert ihre Gemeindewohnung in späteren Jahren, alle anderen sind erfolgreich integriert.

Die Erfolge dieses planmäßige Vorgehens der Stadt Wien in der Wohnungslosen-hilfe findet zunehmend internationale Beachtung. Bis Mitte der 90er Jahre galt Finnland als europäisches Vorbild in der Wohnungslosenhilfe, inzwischen werden auch die von der Stadt Wien entwickelten Maßnahmen international als "best practise" eingestuft.

Das Projekt FAWOS (Fachstelle für Wohnungssicherung) wurde im Rahmen des HABITAT - Prozesses (UNCHS - United Nations Center for Human Settlement) als eines der 40 weltweit besten Projekte in der Kategorie Siedlungswesen ausgezeichnet. Ein Vertreter der MA 12 wurde jüngst zu zwei Präsentationen nach China eingeladen. Die MA 12 ist ein aktiver Partner bei internationalen Fachkontakten, z. B. mit ExpertInnen aus den Niederlanden und Finnland. Bei einem Projekt im Rahmen des Städtebundes mit Ungarn wird aktuell eine Sachgüterhilfe organisiert.

Nach einem internationalen Kongress in Wien im Jahr 1998, organisiert mit dem Europäischen Wohnungslosendachverband FEANTSA, kamen in den letzten Jahren Delegationen aus Irland, der Schweiz, der Ukraine und aus Deutschland, die am Wiener Modell zur Reintegration von obdachlosen Menschen interessiert waren. Eine Fachdelegation aus Norwegen, die im April 2001 Wien besuchen wird, begründete ihr Interesse wörtlich mit: "because we have heard about some good projects there (gemeint ist Wien) ".

Das neuerrichtete Haus Siemensstraße und die danach erfolgende Schließung des Hauses Meldemannstrasse reihen sich nahtlos ein in die vielen "good projects" ein, mit denen die Stadt Wien erfolgreich versucht, die Größenordnung des sozialen Problems der Obdachlosigkeit in Wien auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

rk-Fotoservice: www.wien.gv.at/

(Schluss) mw

(RK vom 28.11.2001)