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Landtag, 7. Sitzung vom 23.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 61

 

Touristen, der gut für unsere Stadt ist. Natürlich ist da aber auch ein gewisses Gefahrenmoment vorhanden, weil damit etwa auch die Übertragung von hochinfektiösen Krankheiten verbunden sein kann.

 

Daher ist die Stadtregierung aufgefordert, mögliche neue Risikogruppen rasch festzustellen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. In der Tuberkulose-Verordnung aus dem Jahr 1998 sind die flächendeckenden Reihenuntersuchungen weggefallen, was ich für richtig halte. Aber sicherlich ist es notwendig, dass man jetzt Risikogruppen beziehungsweise insbesondere Hochrisikogruppen, die es gibt, stärker kontrolliert. (Abg Kurth-Bodo Blind: Welche sind die Risikogruppen?) Ich weiß, es werden die Obdachlosen und die Asylanten ... (Abg Kurth-Bodo Blind: Jetzt geht es wieder auf die Obdachlosen!)

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch eine Minute.

 

Abg Ingrid Korosec (fortsetzend): Diese Personengruppen werden überprüft, und das ist richtig und notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Asyleinrichtungen werden überprüft. Und natürlich gibt es im Gastgewerbe tatsächlich einen Gefahrenherd, das muss man beachten. Da gibt es ein achtfach hohes Risiko, und da sind Sie, Frau Stadträtin, aufgefordert, rasch und effizient Maßnahmen zu setzen! Ich kann mir auch eine Novellierung dieser Verordnung vorstellen, und zwar eine bessere Präzisierung, denn jetzt ist alles sehr allgemein gehalten, und da kann man alles Möglich hinein interpretieren oder auch nicht.

 

Meine Damen und Herren! Eine Verpflichtung haben wir wirklich. Vor 124 Jahren, nämlich 1882, hat Robert Koch den Erreger der Tuberkulose erkannt. Damals war diese „Weiße Pest“ eigentlich die schrecklichste Krankheit und die häufigste Todesursache in Europa.

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Bitte um den Schlusssatz!

 

Abg Ingrid Korosec (fortsetzend): Viele Millionen Menschen verdanken Robert Koch ihre Gesundung, und unsere Aufgabe beziehungsweise natürlich in erster Linie die Aufgabe dieser Stadtregierung ist es, dafür zu sorgen, dass diese „Weiße Pest“ ganz zum Verschwinden kommt! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Johann Hatzl: Zum Wort gelangt Frau Abg Laschan.

 

Abg Dr Claudia Laschan (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Thema der Aktuellen Stunde der FPÖ lautet „Eingeschleppte, hoch ansteckende Krankheiten im Vormarsch – TBC gefährdet unsere Gesundheit". – Offenbar soll hier der Eindruck erweckt werden – und Sie haben es auch gesagt –, dass die TBC im Vormarsch ist, dass die Gefährdung größer wird und die Erkrankungszahlen steigen. – Dazu möchte ich Ihnen vorerst ein paar Fakten liefern.

 

Da die Tuberkulose zu den meldepflichtigen Erkrankungen gehört, ist die Datenlage diesbezüglich sehr eindeutig und genau. (StR Johann Herzog: Man sieht in Kärnten, wie das ist!)

 

Europaweit, und zwar fokussiert auf Westeuropa betrachtet, können wir sagen, dass es durch das Aufkommen von Aids und die Bildung von neuen antibiotikaresistenten Bakterienstämmen Ende der 80er beziehungsweise Anfang der 90er Jahre zu einer Stagnation beziehungsweise zu einem leichten Anstieg der Erkrankungszahlen gekommen ist. In weiterer Folge, nämlich ab Mitte der 90er Jahre, waren die Erkrankungszahlen aber wieder kontinuierlich rückläufig.

 

Jetzt konkret zu Wien: 1992 bis 2005 haben sich die Krankenstandsfälle von 251 Männern auf 150 Männer und von 112 Frauen auf 50 Frauen reduziert. In Krankenstandstagen ausgedrückt, heißt das: 1992 waren es 20 996, und 2005 waren es 6 870.

 

Jetzt zur Inzidenz – also zu den Neuerkrankungen – pro Jahr in Wien: 1990 waren es zirka 600, bis 2005 gab es einen Rückgang auf etwas über 400. Das heißt, es gab einen Rückgang um etwa 200 Neuerkrankungen.

 

Weiter zur Prävalenz in Wien. – Unter Prävalenz versteht man die Gesamtzahl an Erkrankten: Das kumuliert sozusagen, wenn jedes Jahr neue Fälle dazu kommen, werden es mehr. Ich will das nur erklären, damit das auch eindeutig ist. (Abg DDr Eduard Schock: Wissen Sie auch, wie viele Tote es gegeben hat?) Die Zahl kommt dann noch! Von Beginn der 80er Jahre bis heute hat sich die Zahl der Tuberkulosenkranken in Wien von zirka 1 900 auf zirka 700 reduziert.

 

Nun zur Mortalität, als den Todesfällen pro Jahr: Im Jahr 2005 waren es 15. (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Da muss ich Sie korrigieren! 1981 waren es noch 104. Dazu muss ich aber erklären, dass in dieser Mortalitätszahl auch jene enthalten sind, bei denen der TBC-Herd erst bei der Obduktion entdeckt wurde, wo sich also ein alter TBC-Herd in der Lunge alter verstorbener Menschen befand, die sich vielleicht im Zweiten Weltkrieg infiziert hatten, als diese Krankheit noch viel stärker verbreitet war.

 

An diesen Zahlen gibt es nichts zu rütteln. Sie beweisen, dass die Bedrohungsszenarien, die Sie da aufstellen, wie so oft jeder Grundlage entbehren. Mir geht es bei diesem Thema jetzt vor allem um die politische Dimension, und ich frage mich: Was will eine Partei und diesfalls die FPÖ, mit solchen falschen, angsterzeugenden Behauptungen erreichen?

 

Wissen Sie übrigens, warum die Tuberkulose international die „Wiener Krankheit“ genannt wurde? – Weil vor dem Ersten Weltkrieg die Wohnsituation in Wien ausnehmend schlecht war und daher die Tuberkulose sehr verbreitet war. Und zur historischen Aufklärung: Erst die Leistungen des roten Wien haben hier eine Wende gebracht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg DDr Eduard Schock: Frau Kollegin! Wollen Sie 15 Tote herunterreden?)

 

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Frau Abgeordnete! Sie haben noch eine Minute.

 

Abg Dr Claudia Laschan (fortsetzend): Damals wurden nämlich schon Fürsorgestellen eingerichtet, die sich ausschließlich mit der Verbreitung und mit der

 

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