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Landtag, 32. Sitzung vom 15.09.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 9

 

Wiener SPÖ ist jemals aufgestanden und hat ganz laut gesagt: Diese Koalition ist so schnell wie möglich zu beenden! Nicht einmal jetzt bei den Turbulenzen. Und die neue Kandidatin für den Vorsitz der Kärntner SPÖ, die als fortschrittliche Kandidatin gilt - der Fortschritt ist dieser fünfte Antritt -, die Soziallandesrätin, die sagt dann ehestens bei ihrer Pressekonferenz oder bei ihrem APA-Interview: Selbstverständlich wird die Koalition fortgesetzt, selbstverständlich steht die Kärntner SPÖ zu ihrem Wort und macht das Arbeitsübereinkommen, die Koalition wird bis zum Ende fortgesetzt. In Kärnten ist das kein Wunder, weil es dort den Ulrichsberg gibt, also offensichtlich seit vielen Jahrzehnten die Tradition, dass man sich dem rechten Rand nicht nur anschleimt, sondern dass man selbst zum Teil diesem rechten Rand zugerechnet werden darf, zugerechnet werden muss.

 

In Wien haben wir die Mutlosigkeit der SPÖ in dem Bereich nicht nur beim Haus der Heimat, wo nach rechts nachgegeben wird, sondern wir haben bei den Ehrengräbern eine Diskussion gehabt, die in dem Haus ewig gedauert hat und die am Ende dazu geführt hat, dass jetzt Ehrengräber für Nazis zwar keine mehr sind, was aber außer uns da herinnen praktisch niemand weiß, weil die SPÖ sich nicht traut - nachdem die "Kronen Zeitung" damals viele, viele Seiten Leserbriefe und Leserinnenbriefe veröffentlicht hat und vor zwei Jahren im Sommer einen medialen Sturm auf den eigenen Seiten angezettelt hat -, jetzt traut sich die SPÖ nicht einmal, dafür einzutreten, dass eine kleine Tafel erklärt, warum zum Beispiel das Grab von Walter Nowotny, dem Nazi-Flieger, kein Ehrengrab mehr ist.

 

Sie gehen immer nur ein Stück weit dorthin, wo es notwendig ist hinzugehen, damit Sie wenigstens im Spektrum der linksliberalen AntifaschistInnen in Wien Stimmen sammeln können. Aber Sie vergessen nie, mit dem rechten Auge genau zu schauen, wie viele Stimmen dort brachliegen und wie viele Stimmen Sie dort holen können. Sie haben bis heute nicht den Nerv, den Mut oder die inhaltliche Überzeugung, dass es ein Deserteursdenkmal in Wien braucht. Auch das wird seit geraumer Zeit in diesem Haus diskutiert, es kommt offensichtlich für die SPÖ nicht in Frage. Warum nicht? Es gibt keinen inhaltlichen Grund, warum es das nicht geben soll, und ich weiß auch, dass Sie mehrheitlich, wenn Sie bei einer geheimen Abstimmung oder bei einer Umfrage am Telefon gefragt würden, vermutlich dafür stimmen würden. Warum tun Sie es dann hier nicht? Warum stimmen Sie hier anders, als Ihre inhaltliche Überzeugung auf den Gängen des Hauses ist? Weil Sie wissen, oder weil Sie befürchten, dass Sie damit mehr Stimmen verlieren als gewinnen! Ausschließlich diese Stimmenmaximierung bestimmt die Grenze, wie weit Sie in Ihrem Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus gehen, und das ist eigentlich sehr schade.

 

Der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien schaltet Inserate, investiert Steuergelder in Hetzblätter der FPÖ, nimmt dann eines heraus, nachdem das die GRÜNEN hier öfter thematisiert haben, und gibt das Geld wieder anderen Blättern, in denen inhaltlich das Gleiche steht wie zuvor. Der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien könnte von Ihnen dazu angehalten werden, unter anderem die Inserate nur dorthin zu vergeben, wo zumindest eines gewährleistet ist, nämlich dass keine rassistischen Parolen erscheinen. Das wäre das Minimum, das können Sie allein machen! Warum machen Sie das nicht? Es gibt überhaupt keinen Grund, sich mit der FPÖ in Wien irgendwie zu arrangieren, das ist überhaupt nicht notwendig.

 

Über das Asylrecht auf Bundesebene hat es einzelne Stellungnahmen in Wien gegeben, die durchklingen ließen, dass Sie mit dem Asylrecht vielleicht nicht so einverstanden sind. Aber eine Woche, nachdem das beschlossen ist, posiert auf wien.at - auf der Coverseite der Print‑Ausgabe - Frau Prokop, die verantwortlich zeichnet, mit dem Herrn Bürgermeister, und alles ist wieder in Ordnung. Alles ist wieder so, wie es sein soll, und kein Mensch hört etwas von einer Kritik. Da stellt sich die Frage, wie konsequent Sie das durchziehen. Mir kommt es immer so vor: Wenn ich bei einem Podium sitze und das Publikum ein anderes ist, wenn nicht der scharf rechte Rand vertreten ist, dann wird eine andere Politik gepredigt als die, die am Ende abgestimmt wird.

 

Man kann es leider nicht anders formulieren in einer Stadt, in der jemand absolut regiert, als in einer Bitte - weil es als Antrag sowieso abgeschmettert wird -, aber überlegen Sie sich das, wie viel Geld Sie dem Haus der Heimat dafür geben, dass sie dort einen Gudenus von morgen erziehen! Sie kennen das Programm; ich glaube, Sie schauen es sich nicht immer an, aber Sie können das Programm immer wieder ansehen. Das war nicht vor ein paar Jahren so, sondern es geschieht laufend, dass dort Leute auftreten, die auch in ihrem Geschichtsbild und ihrer politischen Meinung so weit rechts stehen, dass Sie denen privat sicher keinen Euro spenden würden. Warum Sie 650 000 EUR dafür hergeben, die nicht aus Ihrer eigenen Kasse kommen, ist mir ein Rätsel. Denn ich glaube nicht, dass irgendjemand von Ihnen privat dem Haus der Heimat für diese Vorträge Geld spenden würde.

 

Wir werden in der nächsten Legislaturperiode natürlich wieder Anträge zum Deserteursdenkmal einbringen. Dann ist ja wieder ein paar Jahre Zeit dafür, zwischen den Wahlen geht es vielleicht, möglicherweise gleich am Anfang nach der Wahl. Wir werden wieder Anträge einbringen, dass der PID unter anderem ein Kriterium für Inserate einführen soll, das so heißt: Keine Inserate in Blättern, die auch rassistische Äußerungen beinhalten! Ich hoffe, dass diese Anträge wenigstens in Zukunft Mehrheiten in diesem Haus finden werden.

 

Wenn der Name Gudenus fällt, wie heute am Anfang, und man sich die Liste der FPÖ für den nächsten Gemeinderat anschaut - also für den, der irgendwann im November angelobt werden wird -, dann fällt auf, dass der Name natürlich wieder auftaucht. Das werden wahrscheinlich auch schon alle wissen: Der Sohn von John Gudenus, Johann Gudenus, steht auf der Liste und kandidiert da auch wieder.

 

Wenn man jetzt bedenkt, dass John Gudenus heute einstimmig, gemeinsam mit der FPÖ, für seine "Gaskammern in Zweifel ziehen"-Aussagen ausgeliefert wird

 

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