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Landtag, 13. Sitzung vom 07.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 57

 

Ich versuche ja auch ... (Abg Sonja Kato: Ich möchte vermeiden, dass Sie sich bloßstellen!) Sie wollen vermeiden, dass ich mich bloßstelle. Noch einmal: Ich bemühe mich, Überlegungen, die mir wichtig sind, hier öffentlich hier anzustellen, als Mann an dieser Diskussion teilzunehmen und jetzt nicht, ich könnte ja jetzt genauso die vierzehnte Rede halten über die absurde Politik der Bundesregierung. Ein paar Dinge bringe ich an, ich halte das aber nicht für die primäre Sache, die mir jetzt ein Anliegen ist. Ich möchte nur sagen, die einfache Forderung, jetzt drehe ich es einmal um, und ich sage es jetzt nicht aus einer Anti-SPÖ-Gesinnung: Wie sehr hat sich die Einkommensschere Männer – Frauen unter einer SPÖ-Regierung, also 1970 bis 1999, wie stark hat sie sich reduziert. Nicht in dem Ausmaß, und nicht, weil es nicht gewollt war.

 

Es ist nicht so einfach. Das will ich damit nur sagen. Und wenn man einmal den großen Berg sieht, der vor einem liegt - und nichts anderes will ich argumentieren -, weil es sehr viel mit Einstellungen zu tun hat, da es sehr viel mit Vorurteilen zu tun hat, mit tiefen Verankerungen zu tun hat, mit Haltungen zu tun hat, dann kommen wir der Sache, glaube ich, etwas näher und vielleicht auch, wenn realistische Ziele avisiert werden und nicht ausschließlich appellativ und vorwurfsvoll argumentiert wird - womit ich jetzt niemanden im Speziellen meine -, dann kommen wir einen Schritt weiter.

 

Also, das Einkommensgleichstellungsgesetz sehe ich nirgendwo. Was sehe ich? Ich sehe eine der relevantesten Möglichkeiten im Bereich von Selbstverständlichkeiten gerade am Beispiel Frankreichs, am Beispiel Dänemarks, dass ganztägige Schulformen als Selbstverständlichkeit eine wesentliche Entlastung darstellen. Ich zweifle zweitens an der Sinnhaftigkeit permanent ausgedehnter Karenzzeiten, die von vielen gewünscht, als Errungenschaft gesehen werden, die aber, wenn wir uns die Zahlen anschauen, die Möglichkeit des Wiedereinstiegs sehr stark reduzieren. Und ich sehe - jetzt kommt wieder eine Fragestellung - eine Grundhaltung.

 

Eine Grundhaltung, ich kann zwar nicht französisch, leider, aber in Gesprächen mit Frauen aus Frankreich – wenn eine Frau ein Kind bekommen hat und nach eineinhalb, zwei, zweieinhalb Jahren nicht wieder arbeitet, muss sie vor ihren Freundinnen, Freunden und Bekannten die Frage sachlich begründen: Sag’ einmal, warum, was ist das Problem?

 

In Österreich ist es umgekehrt: Wenn jemand nach wenigen Monaten arbeitet und das Glück oder die ökonomische Voraussetzung hat, es sich leisten zu können, sich eine qualitätsvolle Kinderbetreuung organisieren zu können oder sich in diesem diffusen Schwarzmarkt, der leider ein Schwarzmarkt in Wien oder in Österreich ist, umschaut und wenn man sagt: Ja, ich will weiter arbeiten, ich will aber, dass mein Kind von früh bis abends, während ich als Vater, als Mutter berufstätig unterwegs bin, eine qualitätsvolle Kinderbetreuung hat, dann muss man sich vor vielen Männern wie Frauen rechtfertigen und viele auch vor sich selbst.

 

Das ist ein Punkt, den wir ins Auge fassen sollten, woran diese Haltungsunterschiede liegen, wo ich auch kein Schlechtes-Gewissen-Gesetz hier sehe. Man muss es ansprechen und sagen, dass viele in dieser Zerrissenheit, in diesem Suchen, in diesem Druck einer Umgebung eine Ursache sehen, dass dann so reagiert wird, wie reagiert wird.

 

Und jetzt erzähle ich Ihnen, was mir vorgestern auch in diesem Zusammenhang passiert ist, das mir sehr zu denken gegeben hat, obwohl, als ich nachher einmal nachgedacht habe, mir gedacht habe: Ja, ist eigentlich klar, wie wenig erfolgreich der Gesetzgeber in den letzten 30 Jahren war.

 

Ich habe einen nicht remunerierten, muss ich hier leider dazu sagen, Lehrauftrag auf der WU und weil mich diese Dinge interessieren, habe ich ein Thema für das kommende Semester ausgegeben: "Die Ökonomie der Kleinstkinderbetreuung in Österreich im europäischen Vergleich". Ganz viele Hände gingen in die Höhe, die sich dafür interessiert haben: von 50 Studierenden 10, von 13 Themen 4. Da hab’ ich gesagt: Ah danke, aber es würde mich noch interessieren, Entschuldigung, noch einmal die Hände in die Höhe - und dann habe ich gezählt: Von den 10, die sich dafür interessiert haben, waren es 10 Frauen - WU-Studierende 2003. Dann habe ich gesagt: He, das gibt es ja nicht, da wird es doch auch einen Mann geben, der sich für dieses Thema interessiert, und dann war lange Pause. Dann hat einer aufgezeigt und hat gesagt: Ja mir sind die Themen eh wurscht, ich mache das auch. Da hab’ ich gesagt: Nein, Sie können sich das ersparen, es machen diese Themen 10 Frauen, 10 Studentinnen.

 

Was ich damit sagen will: Da liegt der Kern, über den wir nachdenken und wo wir handeln sollten, dass bei einem Großteil der 20- bis 25-jährigen Männer - die Väter in den nächsten Jahren sein werden - das Thema Kinderbetreuung kein Thema ist, denn wenn sie an ihre Karriere denken sagen sie, es wird ohnedies einen Kindergarten geben, oder sie denken an gar nichts, weil das ohnedies eine Selbstverständlichkeit ist oder sie das durchaus okay finden, dass Frauen na selbstverständlich gleich viel verdienen sollen und sie es als selbstverständlich ansehen, dass Frauen einen Beruf ergreifen und sich als sehr emanzipiert betrachten. Es ist ihnen kein Problem. Es ist aber für Frauen sehr wohl eine Frage, wie sie das managen.

 

Und das ist der Punkt und auf den will ich hin. Es geht hier um einen Prozess, wo es einerseits um Konkurrenz geht – noch einmal: Macht, Geld, Zeit, Karriere - zwischen Männern und Männern, der sehr hart ausgetragen wird. Und in dem Maß, in dem Frauen legitimerweise und richtigerweise und umgesetzterweise sagen: He, wir kämpfen genauso mit um Macht, Geld und Zeit, werden sie zu Konkurrenten von Männern, aber auch von Frauen zu Frauen.

 

Dahin zielt meine mehr fragende als große Weisheiten verkündende, auch in einer gewissen Weise ratlose Diskussion: Wie eine Weiterentwicklung dieser Diskussion stattfinden kann, wo zum Beispiel Frauen sagen – und da würden Leute wie ich, die gerne an dieser

 

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