«  1  »

 

Gemeinderat, 65. Sitzung vom 25.03.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 96

 

Was aber notwendig ist, ist ein kleiner gemeinsamer Nenner. Dieser kleine gemeinsame Nenner fängt einmal bei der Sprache an, und das ist hier Deutsch. Wir haben es in den Ausführungen meiner Kollegin Isabella Leeb auch schon gehört, dass es auch am Arbeitsmarkt wichtig ist, in der Schule wichtig ist, um Missverständnisse auszuräumen. Denn wie wir alle wissen, wir waren oft genug auch schon im Ausland, wenn wir die Sprache nicht sprechen, fehlt es an Kommunikation. Und diese Kommunikation ist identitätsstiftend. Man muss hier Ressourcen aufbringen, ob man jetzt zum Arzt gehen möchte, Kleinigkeiten einkaufen möchte, um sich zu verständigen. Wenn man nicht verstanden wird, dann hat man immer das Gefühl, ein Außenseiter zu sein.

 

Das will man hier nicht, das wollen wir auch nicht und deswegen ist es grundsätzlich notwendig, hier Förderungen zu machen, gerade im Vorschulbereich, aber auch dann im schulischen Bereich, um gerade den Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache das zu ermöglichen, um auch später hier Arbeit zu finden, einen ordentlichen Wohnplatz zu haben und sich auch finanzieren zu können, ohne dass sie in die Armutsfalle hineinfallen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich glaube, dass auch die bisherigen Systeme oder Förderungen der Stadt Wien zu überdenken sind und dass hier nicht noch viele Anstrengungen gemacht werden sollen, das weiterhin so zu betreiben, sondern vielleicht auch andere Wege zu gehen sind. Es gibt ja auch schon in Städten wie Berlin Überlegungen, es gibt auch schon sehr viele Studien dazu. Herr Dr Häußermann hat schon sehr oft gesagt, dass man gerade im Wohnbereich anfangen muss, wo Schule und Wohnbereich zusammendriften Sozialstrukturen zu machen und auch zu überlegen, eventuell in Problemgebieten mit einer ethnischen Konzentration gerade im Schulbereich oder im Kindergartenbereich schon im Vorfeld einzugreifen.

 

Das sind Überlegungen, die wir auch in Wien starten sollten. Es braucht aber auch mehr Unterstützung gerade für die Eltern von Migrationskindern, wenn Probleme auftauchen – im Unterricht, in der Schule, im Miteinander. Es gilt, sich zu überlegen, wie man da vorgehen kann, was man mit den Eltern besprechen kann, wie man in den familiären Bereich hineingehen kann, um schon da Missverständnisse auszuräumen. Ich glaube, das sind Sachen, die wir angehen sollten und noch mehr forcieren sollten.

 

Ich lege es Ihnen wirklich ans Herz, auf Maßnahmen zu verzichten, die bisher keine Wirksamkeit gehabt haben, die die Stadt Wien, die Steuerzahler sehr viel Geld gekostet haben und bei denen wir bis dato keine echten Outputs haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Zu Wort gelangt Frau GRin Mag Wurzer. – Bitte.

 

10.47.39

GRin Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich bin ja fast versucht, jetzt „Griaß eich“ zu sagen, denn auch als Tirolerin muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht ganz ordentliches Deutsch zu sprechen. Das kann also vorkommen, dass das hier am RednerInnenpult passiert, wir werden das alle miteinander aushalten.

 

Ganz grundsätzlich und ganz ernsthaft möchte ich sagen: Mehrsprachigkeit ist ein Geschenk in unserer pluralistischen Welt, und für die rot-grüne-Stadtregierung ist der Respekt vor der Herkunft unserer Mitmenschen eine ganz wesentliche Grundlage für ein gelingendes Zusammenleben. Und ja, es ist richtig, über 50 Prozent der Kinder beispielsweise in Wiens Kindergärten sind mehrsprachig, auch das ist grundsätzlich sehr erfreulich. Unser Ziel ist es – daran arbeitet die rot-grüne-Stadtregierung –, ein möglichst hochentwickeltes Sprachniveau in allen Sprachen und in allen gesprochenen Sprachen zu erreichen. Alle Sprachen, die ein Kind spricht, sollen wertgeschätzt und gefördert werden.

 

Wenn wir aber Kindern vermitteln, dass die Sprache, die sie mitbringen, nichts wert oder sogar verboten ist, kann sich das sehr negativ nicht nur auf ihren weiteren Sprachgebrauch, sondern insgesamt auf ihre weitere Bildungskarriere und auf ihre weiteren Chancen im gesamten Bildungsweg auswirken. Wir schneiden Kindern, denen wir ausrichten, sie sollen sich auf nur eine Sprache beschränken, von ihren Potenzialen ab, wir verhindern das Aufblühen dieser Stadt, die besonders blüht, wenn sie international ist – genau dann geht es dieser Stadt am besten. Das würden wir, wenn es nach uns geht, auf keinen Fall zurückfahren, wir halten das für einen enormen Gewinn. Es gibt sogar – das will ich aber gar nicht so sehr verstärken – Studien, die das in Exporterlösverlusten beziffern, die uns da verloren gehen. In Exporterlöse, die uns durch mangelnde breite Sprachbildung gerade in den berufsbildenden Schulen verloren gehen, denn es ist zu wenig, heute nur Französisch, Englisch und Spanisch anzubieten. Gerade wir haben das Potenzial unserer Kinder zu nutzen und genau in Türkisch, BKS und anderen Sprachen auch natürlich auf Maturaniveau Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, später in ihrer beruflichen Karriere damit sehr große und sehr erfolgreiche Schritte machen zu können. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Eine stabile Erstsprache, eine stabile Muttersprache fördert und erleichtert den Erwerb der Zweitsprache und aller anderen Sprachen, darüber ist sich die Wissenschaft sehr einig. Leider wird Kindern trotzdem verboten, sich im Kindergarten oder in der Schule in ihrer eigenen Muttersprache zu unterhalten. Es gibt Parteien, die sich dafür sehr stark einsetzen. Das zeugt nicht nur von mangelnder Sensibilität – von der gehörigen Portion Ethnozentrismus, Herr Kollege Aigner, spreche ich jetzt einmal überhaupt nicht –, es verhindert auch – und das ist wesentlich –, dass das Verständnis des Unterrichtsstoffs untereinander gesichert wird, dass die Kinder einander helfen und auch voneinander lernen können.

 

Wenn wir von Sprachförderung sprechen, ist es zu kurzschlüssig, dabei nur ans Deutschlernen zu denken. In der Wissenschaft besteht breiter Konsens, dass sinnvolle Sprachförderung darin besteht, sowohl die Erstsprache als auch die Mehrheitssprachen aktiv zu unterstützen, aktiv zu fördern. Wir haben als rot-grüne Stadtregierung ein Forschungsteam für den Spracherwerb

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular