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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 30.05.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 59

 

Nichtübereinstimmung gefährdet die Demokratie. Kehren Sie zurück zu vernünftiger Politik! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.47.20

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wenn man den Titel der heutigen Aktuellen Stunde liest, dann ist einem nicht ganz klar, ob es dabei um ein ganz wesentliches Thema, die Aufarbeitung der grausigen Kapitel unserer Geschichte, oder um Zukunftsfragen dieser Stadt geht. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum einen Thema haben wir hier einiges gehört, zum anderen Thema eigentlich nichts.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Frage der Kriegsheldenverehrung und der Frage des Umgangs mit der Geschichte haben wir uns zu stellen. Man muss nur nachlesen. Gerade wenn es um die Geschichte dieses Hauses geht, möchte ich etwa die Habilitationsschrift von Franz Schausberger erwähnen. Er hat zu dem Thema geschrieben: „Ins Parlament, um es zu zerstören.“ Er beschreibt die Situation des Jahres 1932, als in SA-Uniformen hereinstürzende NSDAP-Gemeinderäte eine Saalschlacht verursachten. Und ich erinnere mich an manche ... (GR Mag Wolfgang Jung: Wer hat denn das Parlament aufgelöst?)

 

Ich glaube, es wäre gut, sich das durchzulesen, um auch zu wissen, mit welcher Geschichte wir hier konfrontiert sind!

 

Oder führen wir uns die beeindruckende Rede vor Augen, die Leopold Kunschak am 9.2.1934 in diesem Haus gehalten hat, als er noch einmal versucht hat, den Brückenschlag zu finden. Wir wissen, dass danach der Bürgerkrieg ausgebrochen ist und damit die Möglichkeit für Österreich verloren gegangen ist, sich des Nationalsozialismus zu erwehren.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesen Fragen haben wir uns auseinanderzusetzen! Wir kennen das Ergebnis: Es hat 27 Millionen tote Soldaten, 23 Millionen tote Zivilisten, und 6 Millionen ermordete Juden gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher war es wichtig, dass im April 1945 von den demokratischen Parteien hier ein Neuanfang gesetzt und eine Demokratie entwickelt wurde, die in der Welt ihresgleichen sucht.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns an Gedenktagen solcher Themen annehmen. Ich würde aber auch bitten – und das wäre ein dringendes Ersuchen an die Regierung in diesem Haus –, dass man sich stärker der Zukunftsfragen annimmt, etwa der Frage, wie wir mit der Integration umgehen. Wir von der ÖVP haben uns hier in den letzten Jahren diesbezüglich immer eingebracht, ob es jetzt um die Frage der Zuwanderungskommission oder ob es um Polizisten mit Migrationshintergrund geht, hinsichtlich welche es eine gemeinsame Vorgehensweise mit den Innenministerinnen der ÖVP gab.

 

Wir sollten Zukunftsfragen stellen. Nur dann, wenn es uns gelingt, die europäischen, die österreichischen und die Wiener Zukunftsfragen zu lösen, ist es sicher, dass wir nicht mehr dorthin gelangen, wo dieses 20. Jahrhundert den traurigen Tiefpunkt hatte. Es wird uns nur dann gelingen, dass es ein „Nie mehr wieder!“ gibt, wenn wir die Probleme, die in diesem Europa und in diesem Land anstehen, lösen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

 

So wichtig der Blick zurück und Sensibilität sind: Die Menschen verlangen von der Politik und gerade auch von dieser Stadtregierung, dass sie die Zukunftsfragen lösen. Daher hätte ich mir erwartet, dass es beispielsweise eine Mitteilung des Bürgermeisters zum Thema Integration und dazu, wie wir diese angehen, gibt. In diese Diskussion würden wir als Volkspartei uns selbstverständlich auch einbringen. Wir müssen uns die Fragen stellen: Wie gehen wir in die Zukunft? Wie gehen wir mit den wirtschaftlichen Themen und den Problemen des Arbeitsmarktes um?

 

Fangen Sie an! Ein halbes Jahr ist verstrichen, und die Bürger verlangen, dass die Zukunftsfragen dieses Landes und dieser Stadt gelöst werden! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Akkilic gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.52.35

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kollegen und Kolleginnen! Werte Besucher und Besucherinnen!

 

Ich sage auch: „Hosgeldiniz!“ Ich glaube nämlich, es gibt auch ein paar türkischsprechende Menschen unter Ihnen!

 

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist deshalb sehr notwendig, weil die Einflüsse einer bestimmten Gesinnung in der Geschichte sich heute nach wie vor fortsetzen, und zwar im Punkte Migration, AusländerInnenfeindlichkeit – wie ich jetzt einmal sage – und Rassismus. Es gibt ganz klar Rassismus. Es gibt in diesem Land eine bestimmte Partei, die diesen betreibt. Ich bedaure es sehr, immer wieder die bestimmte Partei ansprechen zu müssen. Aber die Freiheitliche Partei bricht immer wieder aus diesem Konsens des guten Zusammenlebens aus und macht bestimmte Bevölkerungsgruppen zur Zielscheibe.

 

Ihr Umgang mit der Geschichte ist immer eine Verfälschung und eine Verdrehung der Tatsachen. Herr Herzog! Sie werfen Täter und Opfer in einen Topf, ohne zu unterscheiden. Die Täter des Zweiten Weltkrieges gehören verurteilt. (GR Johann Herzog: Sie wurden verurteilt!) Und sie müssen auch heute ideologisch nach wie vor bekämpft werden. Ihre Amstettner Kollegen haben das aber nicht gemacht.

 

Ein gerechter Umgang mit der Geschichte bedeutet, dass wir auch die Migrationsgeschichte erörtern, und somit bin ich bei der Integrationsfrage und Migrationsfrage, und das ist es ja auch, was den KollegInnen von der ÖVP fehlt. Der Umgang mit der Migrationsgeschichte fordert uns heraus, und wir müssen genauer darstellen und wissenschaftlich untersuchen, was eigentlich seit den 1960er Jahren in diesem Land geschehen ist.

 

Es handelt sich nicht nur um einen Import von Ar

 

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