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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 30.05.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 59

 

beitskräften, die nach Österreich angeworben und nach Österreich gebracht wurden, weil der Arbeitsmarkt Arbeitskräfte gebraucht hat. Sie stellen in Ihren Ausführungen immer dar, die Ausländer seien von selbst gekommen. Das ist Ihr Zugang zur Politik: Sie machen damit die Migranten und Migrantinnen zur Zielscheibe, und Sie stellen sie als böse Kräfte in diesem Land dar, wenn es um Arbeitslosigkeit oder Kriminalität geht! Wenn dann aber mein Kollege David Ellensohn mit kriminellen Beispielen aus den Reihen der FPÖ kommt, verlangen Sie einen Ordnungsruf! Diesbezüglich sind wirklich Ehrlichkeit und Anstand geboten!

 

Wir sind der Meinung, dass seit den 1960er Jahren nicht nur Arbeitskräfte ins Land gekommen sind, sondern dass diese Entwicklung zu einer wahnsinnigen Veränderung in der österreichischen Gesellschaft geführt hat: Diese Gesellschaft ist, wie ich meine, nicht in Inländer und Ausländer geteilt, sondern es ergibt sich ein gesamtes Bild, und das gesamte Bild bedeutet, dass wir einander in unserem Zusammenleben immer näher kommen, dass wir auch sogenannte Migranten und Migrantinnen zu Lebens– beziehungsweise EhepartnerInnen haben. Und auf Grund dessen darf diese Unterscheidung zwischen Inländern und Ausländern nicht mehr stattfinden.

 

Diese Geschichte muss auch in unser Bildungssystem Eingang finden. Diese Geschichte muss an die Kinder und Jugendlichen herangebracht werden, denn ich weiß, dass im Verborgenen die Geschichte bei den einen so erzählt wird: Die Österreicher mögen unsere schönen Augen und Augenbrauen nicht, sondern unsere Arbeitskraft. Und die anderen sagen: Wir haben die nie gebraucht, die sind von selber gekommen!

 

Beide Darstellungen sind falsch! Die richtige Darstellung wäre: Wir brauchen einander zum Zusammenleben! – Darauf müssen wir aufbauen.

 

Das ist die Zukunftsfrage. Das möchte ich Herrn Kurz nahelegen. Ich gönne ihm, dass er Erfolg hat, und ich lobe, dass er neue Worte in die Reihen der ÖVP gebracht hat, etwa die Ablehnung des Begriffes Leitkultur und die Anerkennung der Mehrsprachigkeit. Das lobe ich. Das finde ich gut! Und ich finde auch gut, dass er Freunde und Freundinnen mit Migrationshintergrund beziehungsweise mit Migrationsvordergrund hat. Das hat anscheinend Einfluss auf ihn, und ich hoffe, dass die ÖVP in dieser Richtung etwas verändert.

 

Zum Schluss möchte ich sagen, dass uns der interkulturelle Ansatz in Zukunft mehr beschäftigen soll. Herr Kurz ist herzlich eingeladen, mit uns über diesen Ansatz zu sprechen. Der interkulturelle Ansatz beschreibt nicht nur einen kulturellen Zustand, sondern er ist wirtschaftspolitisch, integrationspolitisch und bildungspolitisch sehr wichtig und stellt einen Markt dar, der uns allen etwas bringen kann, weil sich das nicht nur auf Migrationshintergrund stützt.

 

Ich möchte meine Worte damit abschließen, dass ich wieder meine freiheitlichen Kollegen anspreche.

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl (unterbrechend): Ich darf Sie um das Schlusswort bitten!

 

GR Senol Akkilic (fortsetzend): Ich reiche Ihnen als jemand mit Migrationshintergrund die Hand, und ich fordere Sie auf: Hören Sie auf mit Ausländerfeindlichkeit! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Reischl. Ich erteile es ihr.

 

10.58.12

GRin Hannelore Reischl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Stichwort: Kriegsheldenverehrung. Ich persönlich kann die Kriegsheldenverehrung in der heutigen Zeit nicht verstehen. Jene Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte bei Kriegsereignissen ums Leben kamen, haben sich größtenteils nicht freiwillig zu diesen Kriegshandlungen gemeldet. Daher sind für mich jene Menschen, die dabei ihr Leben lassen mussten, nicht unbedingt Helden, sondern sie sind für mich bedauernswerte Menschen gewesen, genauso wie all jene Menschen, die im Krieg sterben mussten und leider heute noch immer sterben müssen.

 

Ebenso unverständlich sind für mich Aussagen von manchen FPÖ-Mandataren und Mandatarinnen zu den Geschehnissen während der NS-Zeit, und es bekümmert mich zutiefst, dass dieses Gedankengut 65 Jahre nach Ende dieser Schreckensherrschaft noch immer von manchen Leuten hochgehalten wird.

 

Sie von den Freiheitlichen werfen uns immer vor, dass wir Sie ganz ins rechte Eck beziehungsweise schon fast ins braune Eck stellen. – Darauf sage ich Ihnen: Es fällt auch mir sehr schwer, das nicht zu tun, und wie Kollege Ellensohn möchte auch ich nur einige Namen in Erinnerung rufen, etwa Nationalrat Graf oder Nationalrätin Susanne Winter, die auch rechtskräftig wegen ihrer Aussagen verurteilt wurde.

 

Damit ist das aber nicht abgetan und gestoppt. Es gibt noch immer Mandatare aus Ihren Reihen, die so etwas tun. Sie werden heute genauso die Zeitungen gelesen haben wie auch ich, und da haben Sie sicherlich auch gelesen, dass es wieder einen Gemeinderat in Kärnten gibt, der ein Tattoo mit dem Motto der Hitlerjugend trägt.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte darauf aber nicht weiter eingehen, sondern ich möchte auf das Thema Integration eingehen. Tatsache ist, dass Menschen aus den verschiedensten Herkunftsländern zu uns kommen, und natürlich ist es schwierig, bei all den verschiedensten Lebensgewohnheiten, die diese Menschen haben, diese so zu vereinen, dass alle mit den neu entstandenen Lebensverhältnissen zurechtkommen können. Es ist aber nur dann möglich, miteinander auszukommen, wenn wir alle das Miteinander vor das Gegeneinander stellen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Wien ein sehr gut funktionierendes Integrationskonzept. Wir haben in der Bildungspolitik ebenso wie im Wohnbereich zahlreiche Maßnahmen für ein gut funktionierendes Miteinander gesetzt. Wir haben uns aber bei all diesen Maßnahmen für die Menschen, die zu uns kommen, auch immer dazu bekannt, dass diese Rechte ebenso wie Pflichten haben.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist unser sozialdemokratischer Weg. (GR Mag Johann Gude

 

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